Öffnen - Naturgarten eV
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DER AUEROCHSE ALS GÄRTNER- ODER: WARUM SIND<br />
NATURGÄRTEN SCHÖN. Gedanken zum Zusammenspiel von<br />
Evolution, Landschaftsbild und Gartenbild<br />
Ulrike Aufderheide, Fachbetrieb für naturnahe Grünplanung, D-Bonn<br />
Die schöne Landschaft und der schöne Garten: Weite und Geborgenheit<br />
Wer einen Baum darstellt, malt Stamm und Krone. Wo aber sehen Bäume so aus,<br />
wie wir sie malen? Bäume auf dem freien Feld sind zumeist bis unten beastet, der<br />
Stamm ist kaum zu erahnen. Bäume im Wald haben gut sichtbare Stämme, aber statt<br />
einer definierten Krone verliert sich das Astwerk im obersten Stockwerk des Waldes.<br />
Wir kennen sie trotzdem, Bäume mit Stamm und Krone: Baumschulen und Gärtner<br />
verwenden viel Mühe darauf, Bäume entsprechend unserem Bild vom Baum zu „erziehen".<br />
„Bilderbuchbäume“ ohne gärtnerische Erziehung entstehen auf Weiden:<br />
Dort werden die unteren Äste, soweit die Tiere reichen können, abgefressen: Stamm<br />
und Krone werden sichtbar.<br />
Entsprechendes finden wir beim Landschaftsbild: Wir fühlen uns wohl in halboffenen<br />
Landschaften, wie sie entstehen, wo Tiere weiden und Wiesen gemäht werden.<br />
Wenn ich aber um eine Fläche einen Zaun ziehe, Kühe, Pferde etc. heraushalte<br />
und nichts tue, dann entsteht dort Laubmischwald. Ein Ort, wo wir uns nur über kurze<br />
Zeit wohl fühlen. Wir atmen auf, wenn wir aus dem Wald auf eine Lichtung oder in<br />
die Feldflur hinaustreten. Wir brauchen also in der Landschaft und im Garten ein<br />
ausgewogenes Verhältnis von Geborgenheit und Weite.<br />
Der Grund für dieses ästhetische Leitbild liegt in der Evolution des Menschen: das<br />
menschliche Gehirn entwickelte sich in einer halboffenen Landschaft. Ja, seine<br />
Entstehung wurde durch die klimabedingte Entstehung der Savanne ausgelöst.<br />
Erst in dieser ‚Weite' gab es einen Selektionsdruck zum aufrechten Gang. Für die<br />
langarmigen Großen Menschenaffen war am Boden der aufrechte Gang energiesparender<br />
als das Gehen auf vier „Beinen". Gleichzeitig konnten die Urmenschen<br />
in den Herden großer Pflanzenfresser (Megaherbivoren) energiereiche Nahrung<br />
jagen. Erst das Fleisch der Megaherbivoren machte es möglich, dass sich das<br />
menschliche Großhirn mit seinem hohen Energiebedarf entwickelte.<br />
Die potentielle natürliche Vegetation:<br />
Das Landschaftsbild der Botaniker und Förster<br />
Seit dem Mittelalter, in dem es durch Übernutzung kaum noch Wald gab, schufen<br />
sich Fürsten durch Einzäunung von Flächen „Forsten“ als Jagdreviere, wo durch<br />
den Ausschuss der Waldweide wieder Wald entstand, scharf getrennt vom Feld.<br />
Aus dieser Erfahrung entstand der Eindruck, „natürlich“ sei der Zustand unter<br />
Ausschluss der Weidetiere, Mitteleuropa sei eigentlich ein Waldland, Waldgesellschaften<br />
die „Potentielle Natürliche Vegetation". Die hohe Biodiversität der<br />
halboffenen Kulturlandschaft ist in diesem Bild sekundär entstanden.<br />
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