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Hightech in der Steinzeit? - Archäologie in Sachsen

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www.DasErste.de<br />

<strong>Hightech</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ste<strong>in</strong>zeit?<br />

Die kannten doch nur...


-2-<br />

Statements<br />

Fernsehjournalisten widmen sich – unter an<strong>der</strong>em<br />

– <strong>der</strong> schönen Aufgabe, ihren Zuschauern das Leben<br />

<strong>der</strong> Menschen <strong>in</strong> fremden Kulturen nahezubr<strong>in</strong>gen.<br />

Für unser Fernsehprojekt „Ste<strong>in</strong>zeit – leben wie vor<br />

5.000 Jahren“ arbeiten Journalisten und Wissenschaftler zusammen, um<br />

den Menschen <strong>der</strong> Jungste<strong>in</strong>zeit näherzukommen: ihren Fähigkeiten,<br />

ihren Technologien, ihrem Alltag. Für zwei Monate versetzt <strong>der</strong> SWR<br />

dazu e<strong>in</strong>e „Sippe“ <strong>in</strong>s Neolithikum: 13 Menschen leben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en<br />

Ste<strong>in</strong>zeitsiedlung im H<strong>in</strong>terland des Bodensees. Zwei von ihnen werden<br />

sogar die Alpen überqueren. E<strong>in</strong> Feldversuch, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Wissenschaft e<strong>in</strong><br />

neues Forum geben soll – und neue Erkenntnismöglichkeiten. Archäologen,<br />

Mediz<strong>in</strong>er, Anthropologen, Materialkundler aus Universitäten,<br />

Instituten und Museen nutzen e<strong>in</strong> Fernsehformat für ihre Forschung.<br />

Prof. Peter Voß<br />

Intendant des Südwestrundfunks<br />

Das „Ste<strong>in</strong>zeit“-Projekt br<strong>in</strong>gt nicht e<strong>in</strong>e weitere<br />

Zeitreise auf den Bildschirm, son<strong>der</strong>n nutzt die Welt<br />

vor 5.000 Jahren als großes wissenschaftliches<br />

Experimentierfeld. Beim neuen Format des Südwestrundfunks<br />

im Ersten wird das Fernseh-Set zum Labor: Wie gesund<br />

ist ste<strong>in</strong>zeitliches Essen? Lassen sich die Alpen besser mit Gras- o<strong>der</strong> mit<br />

Le<strong>der</strong>schuhen überqueren? Und: Welchen Schlaf- und Bewegungsrhyth-<br />

mus hat das Mitglied e<strong>in</strong>er „Sippe“ im Neolithikum? Was für die beteiligten<br />

Wissenschaftler vor allem e<strong>in</strong>e reizvolle Versuchsanordnung darstellt,<br />

ist für die Bewohner des Ste<strong>in</strong>zeitdorfs e<strong>in</strong> spannendes Abenteuer. Für<br />

die Zuschauer aber bedeutet es e<strong>in</strong>e neuartige Fernseherfahrung, die<br />

sie Wissenschaft im wahrsten S<strong>in</strong>ne des Wortes erleben lässt.<br />

Bernhard Nellessen<br />

SWR-Fernsehdirektor


Ste<strong>in</strong>zeit - Leben wie vor 5.000 Jahren<br />

von Rolf Schlenker und Gerolf Karwath<br />

Mit <strong>der</strong> Fernsehdokumentation „Ste<strong>in</strong>zeit“ macht <strong>der</strong> SWR (<strong>in</strong> Koproduktion mit dem BR) e<strong>in</strong>en weiteren Schritt<br />

<strong>in</strong> Richtung spannendes Wissensfernsehen. Durch das Zusammenspiel <strong>der</strong> Komponenten „Erlebnisdokumentation“,<br />

„Vermittlung angewandter Wissenschaft“ und jetzt auch „Forschung“ entsteht e<strong>in</strong> neues Format: „liv<strong>in</strong>g science“.<br />

Wie bei „Schwarzwaldhaus 1902“ steht e<strong>in</strong>e Familie im Mittelpunkt. Genauer gesagt e<strong>in</strong>e<br />

zusammengehörende Sippe, bestehend aus 13 Personen: Männer, Frauen und K<strong>in</strong><strong>der</strong>. In<br />

diesem Sommer traten sie ihre Reise an, die sie 5.000 Jahre zurück führte, <strong>in</strong> e<strong>in</strong> jungste<strong>in</strong>-<br />

zeitliches Pfahlbaudorf im H<strong>in</strong>terland des Bodensees. Auf zwei <strong>der</strong> Zeitreisenden wartete<br />

e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>es Abenteuer. Sie g<strong>in</strong>gen „e<strong>in</strong>kaufen“ – aber so wie es vor 5.000 Jahren ge-<br />

macht wurde. Um Kupfer o<strong>der</strong> Feuerste<strong>in</strong> e<strong>in</strong>tauschen zu können, mussten oft weite<br />

Wege zurückgelegt werden. Für unsere Protagonisten bedeutete das: Sie mussten nach<br />

Norditalien wan<strong>der</strong>n, über die Alpen, auf den Spuren „Ötzis“. Vor allem aber: mit dessen<br />

Ausrüstung, die von Fachleuten m<strong>in</strong>utiös nachgearbeitet wurde.<br />

Auch bei <strong>der</strong> „Ste<strong>in</strong>zeit“ handelt es sich um e<strong>in</strong>e Zeitreise, freilich mit e<strong>in</strong>em großen<br />

Unterschied zu an<strong>der</strong>en Projekten: Bislang war die Zeitreise das Ziel, jetzt ist sie e<strong>in</strong> Mittel.<br />

Die Wissenschaftsredaktion des SWR, („Schwarzwaldhaus 1902“, „Von Null auf 42“) nutzt sie,<br />

um spannende Methoden <strong>der</strong> <strong>Archäologie</strong> und experimentellen <strong>Archäologie</strong>, wissenschaft-<br />

liche Erkenntnisse und Forschung zu vermitteln – die Zeitreise wird zur Forschungsreise!<br />

Warum gerade <strong>in</strong> die Jungste<strong>in</strong>zeit? Die Jungste<strong>in</strong>zeit ist e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> fasz<strong>in</strong>ierendsten Wen-<br />

depunkte <strong>in</strong> unserer Geschichte. Der Wechsel <strong>der</strong> Sammler- und Jäger- zu e<strong>in</strong>er Bauern-<br />

und Hirtenkultur trägt nicht zu Unrecht den Namen „neolithische Revolution“: Erst mit<br />

<strong>der</strong> Sesshaftwerdung legten die Menschen den Grundste<strong>in</strong> zu dem, was wir heute mit<br />

„Kultur“ bezeichnen. Sie entwickelten effiziente Anbau- und Zuchtmethoden, sie erfanden<br />

den Hausbau und erforschten Schritt für Schritt neue Werkstoffe. Sie revolutionierten<br />

Kleidung, Waffen- und Werkzeugtechnologie und die Mediz<strong>in</strong>: So wussten die Neolithiker<br />

um den Heilstoff <strong>der</strong> Weide – late<strong>in</strong>isch salix. Ihre R<strong>in</strong>de enthält den Wirkstoff Salicylsäure<br />

– heute noch wichtiger Bestandteil vieler Medikamente.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus unterhielten unsere Ste<strong>in</strong>zeit-Vorfahren Kontakte bis an alle Küsten des<br />

Kont<strong>in</strong>ents. Europa war von e<strong>in</strong>em Netz an Tauschhandelswegen überzogen: Von <strong>der</strong><br />

Ostsee wurde Bernste<strong>in</strong> <strong>in</strong> Richtung Süden gebracht, von <strong>der</strong> Adria, den Less<strong>in</strong>ischen<br />

Alpen und dem V<strong>in</strong>schgau kamen Salz, Feuerste<strong>in</strong>, Kupfer und an<strong>der</strong>e Waren <strong>in</strong> den Nor-<br />

den. Was hier vor 5.000 Jahren existierte, war e<strong>in</strong>e hochkomplexe Gesellschaft, e<strong>in</strong>e Art<br />

„Ste<strong>in</strong>zeit-EU“.<br />

Wie hat man all das herausgefunden? Wieso kann man z.B. bis auf den Monat genau<br />

sagen, wann <strong>der</strong> Stamm für e<strong>in</strong> Pfahlhaus gefällt wurde? Woher wissen wir, aus welchen<br />

Materialien Objekte gefertigt wurde? Woher, wie alt diese s<strong>in</strong>d, wie man sie anwendet<br />

o<strong>der</strong> wofür man sie nutzt? Wie können wir heute e<strong>in</strong> ganzes Ste<strong>in</strong>zeitdorf aufbauen?<br />

Und was sagt uns die Ste<strong>in</strong>zeit über unser Leben hier und heute?<br />

Viele Fragen und viele überraschende Fakten und E<strong>in</strong>sichten - Wissenschaftsfernsehen<br />

für e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressierte M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit? Ne<strong>in</strong>! Wir gehen davon aus, dass wir viele Zuschauer<br />

mit diesen Zusammenhängen und dieser Zeit fasz<strong>in</strong>ieren können. Denn die Menschen<br />

des Neolithikums s<strong>in</strong>d unsere Vorfahren, sie liefern uns e<strong>in</strong> weiteres Antwortmosaik auf<br />

e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> ganz großen Menschheitsfragen: „Woher kommen wir?“ Und dann ist durch<br />

den Fund des Gletschermannes vom Tisenjoch die Jungste<strong>in</strong>zeit auch noch zu e<strong>in</strong>em<br />

massenattraktiven Mythos geworden. Diese beiden Chancen will die Wissenschaftsredak-<br />

tion des SWR nutzen.


-4-<br />

Ste<strong>in</strong>zeit - Die experten<br />

Dr. Gunter Schöbel<br />

Archäologe<br />

Leiter des Pfahlbaumuseums <strong>in</strong> Unteruhld<strong>in</strong>gen<br />

Die Menschen aus <strong>der</strong> Ste<strong>in</strong>zeit und das, was sie <strong>der</strong> Nachwelt h<strong>in</strong>terlassen haben,<br />

haben ihn schon immer fasz<strong>in</strong>iert. Als 15-Jähriger machten ihm Grabungstechniker <strong>in</strong><br />

Stuttgart e<strong>in</strong>en Ferienjob schmackhaft, <strong>der</strong> se<strong>in</strong>en beruflichen Weg entscheidend bee<strong>in</strong>-<br />

flussen sollte: In den Schulferien besserte er fortan se<strong>in</strong> Taschengeld bei Ausgrabungen<br />

auf. Für Gunter Schöbel war die Freude bei dieser Arbeit schließlich ausschlaggebend bei<br />

<strong>der</strong> Wahl se<strong>in</strong>es Studiums. Er wollte se<strong>in</strong> Hobby zum Beruf machen. Schöbel studierte<br />

Ur- und Frühgeschichte <strong>in</strong> Tüb<strong>in</strong>gen und Freiburg.<br />

1990 wird Gunter Schöbel wissenschaftlicher Leiter des Pfahlbaumuseums Unteruhl-<br />

d<strong>in</strong>gen am Bodensee, vier Jahre später Museumsdirektor. In „se<strong>in</strong>em“ Museum ist er mit<br />

Leib und Seele bei <strong>der</strong> Sache. Er sieht se<strong>in</strong>en Auftrag nicht nur dar<strong>in</strong>, zu forschen, son<strong>der</strong>n<br />

auch zu vermitteln. Es ist ihm wichtig, alle Zielgruppen zu erreichen – von den Kle<strong>in</strong>en<br />

bis zu den Großen. Das Pfahlbaumuseum hat rund 275.000 Besucher jährlich. Die Nach-<br />

bauten und detailgetreuen Rekonstruktionen <strong>der</strong> Pfahlbausiedlungen vermitteln den<br />

Besuchern e<strong>in</strong>en umfassenden und spannenden E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> das Leben <strong>der</strong> Prähistorie.<br />

Der ausgebildete Taucharchäologe mit Schwerpunkt auf den ste<strong>in</strong>- und bronzezeitlichen<br />

Ufersiedlungen hat mehrere Unterwasserausgrabungen am Bodensee durchgeführt. Er setzt<br />

sich aktuell mit besucherorientierten Ausstellungskonzepten, <strong>der</strong> experimentellen Archä-<br />

ologie und <strong>der</strong> Entwicklung europäischer Netzwerke <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> so genannten „liv<strong>in</strong>g<br />

history“-Museen ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>. Gunter Schöbel gehört zusammen mit se<strong>in</strong>em Team von<br />

Fachleuten zu den engsten wissenschaftlichen Fachberatern des Ste<strong>in</strong>zeit-Projektes.<br />

Das Pfahlbaumuseum<br />

http://www.pfahlbaumuseum.de<br />

Dr. Urs Leuz<strong>in</strong>ger<br />

Archäologe<br />

Leiter des Museums für <strong>Archäologie</strong> Thurgau<br />

<strong>in</strong> Frauenfeld (Schweiz)<br />

Leiter <strong>der</strong> Ausgrabung <strong>in</strong> Arbon Bleiche 3<br />

Kaum den Diplomabschluss <strong>der</strong> Universität Basel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tasche, soll Urs Leuz<strong>in</strong>ger im<br />

Auftrag des Amts für <strong>Archäologie</strong> Thurgau die Ausgrabungen von Pfahlbauten auf <strong>der</strong><br />

Schweizer Seite des Bodensees leiten. Bald wird klar, dass Urs Leuz<strong>in</strong>ger an e<strong>in</strong>em ar-<br />

chäologischen Juwel arbeitet. E<strong>in</strong>e Feuersbrunst zerstörte 3.370 v. Chr. das Pfahlbaudorf<br />

von Arbon Bleiche. E<strong>in</strong>e kurz darauf e<strong>in</strong>setzende Regenflut begrub die verkohlten Reste.<br />

Für die Schweizer Archäologen, die mehr als fünf Jahrtausende später die Trümmer freile-<br />

gen, ist die Katastrophe e<strong>in</strong> „Riesenglücksfall“. Urs Leuz<strong>in</strong>ger gerät <strong>in</strong>s Schwärmen: „Der<br />

Brand, die schnelle Überschwemmung, die meterdicke Sandschicht haben alles konser-<br />

viert.“ Sogar grüne Mistelzweige und Fischschuppen s<strong>in</strong>d erhalten.<br />

Tausend Quadratmeter des Dorfes graben die Archäologen <strong>in</strong> den neunziger Jahren aus,<br />

registrieren m<strong>in</strong>utiös jeden noch so w<strong>in</strong>zigen Fund: hier e<strong>in</strong> Stück Bauholz, dort e<strong>in</strong>e<br />

Tierrippe, Getreide, Schmuckperlen. Sechs Jahre dauert die Auswertung. Der e<strong>in</strong>malige<br />

Fund bietet verblüffend detaillierte E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> das ste<strong>in</strong>zeitliche Leben am Bodensee.<br />

Urs Leuz<strong>in</strong>ger lehrt seit dem W<strong>in</strong>tersemester 2005/06 an <strong>der</strong> Universität Innsbruck und<br />

arbeitet dort mit Professor Walter Leitner zusammen. Er unterstützt als wissenschaftlicher<br />

Fachberater das Projekt „Ste<strong>in</strong>zeit“.<br />

Amt für <strong>Archäologie</strong> des Kantons Thurgau<br />

http://www.archaeologie.tg.ch


Barfußlaufen<br />

D i e k a n n t e n d o c h n u r. . .<br />

TREKKINGSCHUH, Modell: oetzi<br />

ca. 3.300 v. Chr./ Rekonstruktion<br />

Fundort: Tisenj och, Oetztaler Alpen


-6-<br />

Ste<strong>in</strong>zeit - Die experten<br />

Harm Paulsen<br />

Archäotechniker<br />

Mitarbeiter des Archäologischen Landesmuseums<br />

Schloss Gottdorf <strong>in</strong> Schleswig<br />

Harm Paulsen kann auf 43 Arten Feuer machen – er braucht dazu we<strong>der</strong> Streichholz<br />

noch Feuerzeug. Harm Paulsen rekonstruiert E<strong>in</strong>bäume, Hütten, Werkzeuge und Waffen,<br />

schärft Feuerste<strong>in</strong>kl<strong>in</strong>gen – und das alles mit den Mitteln <strong>der</strong> Ste<strong>in</strong>zeit. Ganz nebenbei<br />

hat er es im Schießen mit se<strong>in</strong>en archäologisch detailgetreu nachgebauten Waffen zur<br />

nordischen Meisterschaft gebracht.<br />

Eigentlich ist Harm Paulsen Radartechniker von Beruf, aber von K<strong>in</strong>desbe<strong>in</strong>en an hat er<br />

sich dafür <strong>in</strong>teressiert, wie Menschen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ste<strong>in</strong>zeit gelebt haben. Ihm hat es nicht ge-<br />

reicht, Bücher zu wälzen o<strong>der</strong> Funde zu kartieren. Er wollte die Ste<strong>in</strong>zeit leben.....<br />

Der experimentelle Archäologe ist durch se<strong>in</strong> Wissen und se<strong>in</strong>e Fähigkeiten zu e<strong>in</strong>em<br />

<strong>der</strong> führenden Spezialisten auf diesem Gebiet geworden. Durch se<strong>in</strong>e zahlreichen Expe-<br />

rimente mit orig<strong>in</strong>algetreuen Nachbauten hat er manch trockene Hypothese <strong>der</strong> Archä-<br />

ologie wi<strong>der</strong>legen können. Unbequem, aber hochgeschätzt, wird er von Fachleuten aus<br />

ganz Europa für Gutachten und Rekonstruktionen zu Rate gezogen.<br />

Harm Paulsen arbeitet heute am Archäologischen Landesmuseum Schloss Gottdorf <strong>in</strong><br />

Schleswig. Im „Ste<strong>in</strong>zeit“-Projekt übernimmt Harm Paulsen die Funktion des „<strong>in</strong>structors“<br />

– e<strong>in</strong>er Figur, die immer dann e<strong>in</strong>spr<strong>in</strong>gt und Hilfe leistet, wenn die Protagonisten im Ex-<br />

periment an Grenzen stossen und mit dem harten Ste<strong>in</strong>zeitalltag nicht zurecht kommen.<br />

Archäologisches Landesmuseum<br />

http://www.schloss-gottorf.de<br />

Anne Reichert<br />

Experimentelle Archäolog<strong>in</strong><br />

Die temperamentvolle Experimentalarchäolog<strong>in</strong> aus Ettl<strong>in</strong>gen ist e<strong>in</strong>e anerkannte Spe-<br />

zialist<strong>in</strong> für Rekonstruktionen aus Fasern, Holz, R<strong>in</strong>de, Le<strong>der</strong>, Fell und Lehm. Ihre Hände<br />

ruhen nie. Bei e<strong>in</strong>em Gang über die Wiese werden Gräser gerupft und sofort auf ihre Taug-<br />

lichkeit zum Zwirnen überprüft.<br />

Die Regale ihrer Wohnung stehen voller Materialsammlungen, selbstgetöpferter Ste<strong>in</strong>-<br />

zeitgefäße und an<strong>der</strong>er Rekonstruktionen. Auch „Ötzis“ Ausrüstung versteckt sich <strong>in</strong><br />

dem Durche<strong>in</strong>an<strong>der</strong>. Der Mann vom Tisenjoch hatte die gleiche Schuhgröße wie die Ex-<br />

perimentalarchäolog<strong>in</strong>. Größe 37. Die Rekonstruktionen passt Anne Reichert daher an<br />

ihren eigenen Fuß an und ist begeistert von <strong>der</strong> Funktionalität und dem Aufbau des<br />

5.000 Jahre alten Schuhwerks.<br />

Die Ergebnisse ihrer praktischen Arbeit kann man <strong>in</strong> vielen Museen bewun<strong>der</strong>n. Durch<br />

ihre <strong>in</strong>tensive Beschäftigung mit Material und Technik hat Anne Reichert auch die For-<br />

schung immer wie<strong>der</strong> auf neue, spannende Details aufmerksam gemacht.<br />

Anne Reichert stellte für die Alpenüberquerung detailgetreue Rekonstruktionen von<br />

„Ötzis“ Fellschuhen und se<strong>in</strong>er Grasmatte her.<br />

http://people.freenet.de/neolithikum/AnneR06.pdf


Klamotten<br />

D i e k a n n t e n d o c h n u r. . .<br />

aus Bärenfell<br />

Stoff, Le<strong>in</strong>wandb<strong>in</strong>dung<br />

3.370 v. Chr./ Fragment<br />

Fundort: A rbon Bleiche, Bodensee (CH)


-8-<br />

Ste<strong>in</strong>zeit - Die experten<br />

Univ.-Prof. Dr. Walter Leitner<br />

Institutsleiter am Institut für <strong>Archäologie</strong>n<br />

<strong>der</strong> Universität Innsbruck<br />

Walter Leitner ist Mitglied des <strong>in</strong>ternationalen Wissenschaftlerkollektivs zur Erfor-<br />

schung <strong>der</strong> Gletschermumie vom Tisenjoch („Ötzi“) und erkundet seit Jahren die Prähi-<br />

storie des Alpenraums. Se<strong>in</strong>e Forschungsschwerpunkte s<strong>in</strong>d das archäologische Umfeld<br />

des Mannes aus dem Eis und die hochalp<strong>in</strong>e <strong>Archäologie</strong>. Walter Leitner betreut Ausgra-<br />

bungen von ste<strong>in</strong>zeitlichen Jagdstationen <strong>in</strong> Osttirol, Nordtirol und Vorarlberg.<br />

Da zwei <strong>der</strong> Protagonisten des Projektes <strong>in</strong> ste<strong>in</strong>zeitlicher Ausrüstung über die Alpenkette<br />

nach Norditalien gehen sollten, stellen sich wichtige Fragen: Welche Wege könnten die<br />

ste<strong>in</strong>zeitlichen Alpenüberquerer gegangen se<strong>in</strong> und wie haben sie sich dabei orientiert?<br />

Wie schnell s<strong>in</strong>d sie voran gekommen? Was taugte die Ausrüstung, die „Ötzi“ bei sich<br />

trug? Z.B. se<strong>in</strong> Grasumhang, von dem man mittlerweile weiß, dass er e<strong>in</strong> Vorläufer <strong>der</strong><br />

Isomatte war? Wie läuft es sich <strong>in</strong> dreilagig aufgebauten Grasschuhen? Und wie könnten<br />

sich die Menschen <strong>der</strong> Ste<strong>in</strong>zeit unterwegs mit Nahrung versorgt haben? Zusammen<br />

mit <strong>der</strong> SWR-Wissenschaftsredaktion hat Walter Leitner die Route <strong>der</strong> Alpenüberque-<br />

rung ausgearbeitet.<br />

Institut für Ur- und Frühgeschichte sowie Mittelalter-<br />

und Neuzeitarchäologie <strong>der</strong> Universität Innsbruck<br />

http://www.uibk.ac.at/urgeschichte/<br />

Thomas Patzle<strong>in</strong>er<br />

Überlebenstra<strong>in</strong>er<br />

Schon früh <strong>in</strong>teressierte sich <strong>der</strong> ausgebildete Heilmasseur Thomas Patzle<strong>in</strong>er für die <strong>in</strong>-<br />

dianische Kultur. Zu Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> 90er Jahre lebte er e<strong>in</strong>ige Zeit <strong>in</strong> Oregon bei den Apache-<br />

Indianern. Vertraut mit <strong>in</strong>dianischen Zeremonien und Fertigkeiten, wuchs se<strong>in</strong>e Neugier<br />

auf das Leben an<strong>der</strong>er Naturvölker. Auf Reisen rund um den Globus hat er se<strong>in</strong>en Blick<br />

für die Natur geschult und se<strong>in</strong> Wissen ausgebaut.<br />

In den USA lernte Patzle<strong>in</strong>er den Survival-Spezialisten Tom Brown jr. kennen, <strong>der</strong> ihn bis<br />

heute bee<strong>in</strong>flusst und tra<strong>in</strong>iert. Nach se<strong>in</strong>er Rückkehr gründete Thomas Patzle<strong>in</strong>er 1997<br />

die „Überlebensschule Tirol“. In dieser Schule geht es darum Wissen und Fähigkeiten<br />

unserer Vorfahren und <strong>der</strong> Naturvölker zu vermitteln – D<strong>in</strong>ge, die es ermöglichen im<br />

Gleichklang mit <strong>der</strong> Natur zu leben. „Survival“ im S<strong>in</strong>ne von Thomas Patzle<strong>in</strong>er ist Wissen-<br />

schaft, Kunst und Philosophie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em: „Wenn Menschen beg<strong>in</strong>nen, ihre Wahrnehmung<br />

und Achtsamkeit gegenüber <strong>der</strong> Welt, die sie umgibt, zu erweitern, s<strong>in</strong>d die Resultate<br />

bemerkenswert. Sie nehmen sich die Zeit, auf ihre <strong>in</strong>nere Stimme, auf ihre Intuition und<br />

ihr Herz zu hören. Sie beg<strong>in</strong>nen, ihre Umwelt zu achten, zu respektieren und zu schützen.<br />

Wir glauben, dass Mensch und Natur nicht zu trennen s<strong>in</strong>d.“<br />

Thomas Patzle<strong>in</strong>er schulte im „Ste<strong>in</strong>zeit“-Projekt die beiden Alpenwan<strong>der</strong>er. Auf <strong>der</strong> Tour<br />

vom Bodensee nach Südtirol waren sie <strong>der</strong> rauen Natur <strong>in</strong> den Alpen ausgesetzt. Über-<br />

nachtet wurde schließlich nicht <strong>in</strong> den Hütten des Alpenvere<strong>in</strong>s, son<strong>der</strong>n nach neoli-<br />

thischem Vorbild unter freiem Himmel. Thomas Patzle<strong>in</strong>er brachte unseren „Ötzis“ über-<br />

lebenswichtige Techniken bei und stand ihnen während <strong>der</strong> ersten Tage <strong>der</strong> Wan<strong>der</strong>ung<br />

erklärend und unterstützend zur Seite.<br />

Überlebensschule Tirol<br />

http://www.ueberlebensschule-tirol.at


die<br />

D i e k a n n t e<br />

Keule<br />

n d o c h n u r. . .<br />

J a gdwaffen / Rekonstruktion<br />

Bekan nt <strong>in</strong> Mitteleuropa seit ca. 10.000 v. Chr.


-10-<br />

liv<strong>in</strong>g science - e<strong>in</strong>e neue Formatidee<br />

von Walter Sucher<br />

Die Welt <strong>der</strong> Wissenschaft ist den meisten Fernsehzuschauern fremd, sie verstehen sie nicht o<strong>der</strong> f<strong>in</strong>den sie schlicht langweilig.<br />

Und die Wissenschaftler selber halten Fernsehen meist nur für Zeitverschwendung. Wer sich wirklich <strong>in</strong>formieren will, liest. Wa-<br />

rum gibt es dann trotzdem heute mehr Wissenschaftsberichterstattung im Fernsehen als je zuvor?<br />

Weil Wissens-Formate erfunden wurden, die nicht nur die kle<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>de <strong>der</strong> Technikfreunde und Wissenschafts<strong>in</strong>teressierten<br />

bedienen, son<strong>der</strong>n auch e<strong>in</strong> größeres Publikum erreichen.<br />

Diese neuen Sendeformen wollen e<strong>in</strong>e „gute Geschichte“ spannend und verständlich erzählen. Sie setzen ke<strong>in</strong> großes Vorwissen<br />

voraus und muten den Zuschauern wissenschaftliche Details nur dann zu, wenn es wirklich nötig ist, um „die story“ zu verstehen.<br />

Ihre Erfolgsformel heißt: vere<strong>in</strong>fachen, zuspitzen, personalisieren. Fernsehen als Unterhaltungsmasch<strong>in</strong>e.<br />

Das neue SWR-Format „liv<strong>in</strong>g science“ will so viele Zuschauer wie möglich erreichen –<br />

auch solche, die sich nicht vors Gerät setzen mit dem ausdrücklichen Wunsch, e<strong>in</strong>e Stun-<br />

de Wissenschaft pur zu konsumieren. Wir nennen diesen Ansatz „liv<strong>in</strong>g science“, weil<br />

wir die Zuschauerwelt <strong>der</strong> Fernsehgeschichten zusammenbr<strong>in</strong>gen wollen mit <strong>der</strong> nur<br />

angeblich langweiligen, unverständlichen, wi<strong>der</strong>sprüchlichen Welt <strong>der</strong> Wissenschaft.<br />

„Ste<strong>in</strong>zeit“ will e<strong>in</strong>e Welt zum Leben br<strong>in</strong>gen, über die wir wenig sicher wissen, e<strong>in</strong>e<br />

schriftlose Welt, über die nur wenige Grabungsfunde Auskunft geben. Und doch ist die-<br />

se Welt nur 170 Großmütter von uns entfernt, 170 stumme (?) Generationen.<br />

„Liv<strong>in</strong>g science“ ist e<strong>in</strong> „Was wäre, wenn...?“-Format. Auch Fragen, welche die Forschung<br />

stellt o<strong>der</strong> gestellt hat, s<strong>in</strong>d Gegenstand <strong>der</strong> Geschichte, die sich entwickelt. Wir wollen<br />

das Wissen über die Jungste<strong>in</strong>zeit ke<strong>in</strong>eswegs auf Kosten <strong>der</strong> Seriosität popularisieren.<br />

Wir filmen e<strong>in</strong>en Feldversuch, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Forschung e<strong>in</strong> neues Forum geben wird. Wissen-<br />

schaftler beteiligen sich aktiv am Fortgang <strong>der</strong> Erzählung.<br />

Dabei s<strong>in</strong>d Kontext und Zielgruppen <strong>der</strong> Sendungen unterschiedlich, Themenbreite und<br />

Aufbereitung variieren, nicht zuletzt auch die „E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gtiefe“. Die SWR-Wissenschafts-<br />

und die Geschichtsredaktion nutzen die Programmvielfalt <strong>der</strong> ARD, um Inhalte auf meh-<br />

reren Ebenen unterschiedlich <strong>in</strong>tensiv zu behandeln. Sie schnüren Wissenspakete, die<br />

auf verschiedene Programmplätze verteilt werden. u


ohes<br />

D i e k a n n t e n d o c h<br />

Fleisch<br />

n u r. . .<br />

Schwarzer Emmer<br />

Kulturpflanze im Neolithikum


-12-<br />

liv<strong>in</strong>g science - e<strong>in</strong>e neue Formatidee<br />

Wissenspakete nach Mass<br />

Die mehrteilige Dokumentation im Ersten (vorraussichtlich 1. Halbjahr 2007) ist das For-<br />

mat für die ganze Familie. Hier werden die Inhalte im Kontext e<strong>in</strong>er Zeitreise präsentiert,<br />

<strong>in</strong> „Wissensfenstern“, die den Vergleich mit unserer heutigen Lebenserfahrung ziehen.<br />

E<strong>in</strong>blendungen im Bild weisen außerdem auf das weiterführende, umfangreiche Inter-<br />

netangebot h<strong>in</strong>.<br />

E<strong>in</strong>e zweite Gruppe von Sendungen wendet sich an Zuschauer, die sich ausdrücklich und<br />

zuerst für die Welt <strong>der</strong> Wissenschaft <strong>in</strong>teressieren. In den Wissensmagaz<strong>in</strong>en <strong>der</strong> ARD<br />

wie „W wie Wissen“ (Das Erste), „Odysso“ (SWR Fernsehen) und z.B. im Bildungspro-<br />

gramm „Planet Wissen“ von SWR, WDR und BR werden auch komplexe Themen wie die<br />

Methoden und Ergebnisse unserer „Ste<strong>in</strong>zeit“-Forschungsvorhaben behandelt. Ebenso<br />

mit dabei ist das Multimediale Schulfernsehen des SWR.<br />

Das ARD-K<strong>in</strong><strong>der</strong>programm und <strong>der</strong> KiKa, <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>kanal, werden das Projekt <strong>in</strong> drei ei-<br />

genen Dokumentationen für die jungen Zuschauer aufbereiten: „Ste<strong>in</strong>zeit“ aus <strong>der</strong> Sicht<br />

<strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>der</strong> Sippe. Die Erlebnisse und Inhalte werden sich von denen <strong>der</strong> Erwachsenen<br />

deutlich unterscheiden.<br />

„Liv<strong>in</strong>g science“ will die Ste<strong>in</strong>zeit auch <strong>in</strong> Service- und Unterhaltungsprogramme tragen,<br />

außerdem <strong>in</strong>s Radio und <strong>in</strong> die schöne neue Welt des Video-PODcast<strong>in</strong>g. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

planen <strong>der</strong> SWR, das Landesdenkmalamt Baden-Württemberg, das Pfahlbaumuseum<br />

Unteruhld<strong>in</strong>gen und das Archäologische Landesmuseum <strong>in</strong> Schleswig e<strong>in</strong>e bundesweite<br />

Ausstellungsreihe.<br />

Wissenschaft im Fernsehen – früher war das e<strong>in</strong> bärtiger Professor, <strong>der</strong> ziemlich wichtig tat<br />

und meist etwas umständlich D<strong>in</strong>ge erklärte, bei denen wir nicht immer sicher waren, ob<br />

wir sie wirklich <strong>in</strong> ihrer ganzen Schönheit verstehen wollten. Wissenschaft im Fernsehen<br />

hat heute ke<strong>in</strong>en Bart mehr, hat sich verän<strong>der</strong>t, ist fröhlicher geworden, unprätentiöser.<br />

Und vielfältiger. „Ste<strong>in</strong>zeit – liv<strong>in</strong>g science“ ist das neueste Beispiel.


Fische<br />

D i e k a n n t e n d o c h<br />

fangen<br />

n u r. . .<br />

mit <strong>der</strong> Hand<br />

Fischernetz, Le<strong>in</strong>faser<br />

ca. 3.900 v. Chr./ Rekonstruktion<br />

Fundort: Hornsta ad, Bodensee


-14-<br />

Mythos Pfa hlbauten<br />

von Gunter Schöbel<br />

Seit ihrer Entdeckung im W<strong>in</strong>ter 1853/54 <strong>in</strong> Meilen am Zürichsee <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schweiz, als zum ersten Mal Ansammlungen von Scherben, Ste<strong>in</strong>beilen<br />

und schwarzen Pfählen als Wohnstätten aus grauer Vorzeit gedeutet wurden, fasz<strong>in</strong>ieren diese Überreste <strong>der</strong> „Pfahlbauten“ jung und alt.<br />

Die hervorragende Erhaltung von Funden unter Luftabschluss im Seesediment begründete schon bald ihren archäologischen Weltruf.<br />

Textilien, Holzgefäße, Pfahlbaubronzen, E<strong>in</strong>bäume, Schwerter, gefüllte Schmuckdosen,<br />

Reste von Auerochsen und mächtigen Holzhäusern, am Wasser von Palisaden umgeben,<br />

schufen Räume für Vorstellungswelten schon im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t, die nicht nur auf<br />

Weltausstellungen, son<strong>der</strong>n auch <strong>in</strong> prächtigen Ölgemälden, Festumzügen, Gedichten,<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>büchern und Theaterstücken ihren gesellschaftlichen und künstlerischen Nie<strong>der</strong>-<br />

schlag fanden.<br />

„Was den Ägyptern die Pyramiden, das s<strong>in</strong>d den Schweizern und Süddeutschen ihre Pfahl-<br />

bauten“ – hieß es bald zu Recht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zunft <strong>der</strong> Ausgräber und <strong>Archäologie</strong>begeisterten.<br />

Pfahlbauer stehen daher bis heute neben den Höhlenbewohnern <strong>der</strong> Altste<strong>in</strong>zeit, den<br />

Nean<strong>der</strong>talern, den Kelten und Wik<strong>in</strong>gern ganz hoch im Kurs, wenn es um die Geschichte<br />

vor Christus <strong>in</strong> den frühen schriftlosen Kulturen bei uns im Norden Europas geht.<br />

Die über 150-jährige Erforschung dieser Siedlungen an den Seen und <strong>in</strong> den Mooren<br />

nördlich und südlich <strong>der</strong> Alpen hat <strong>in</strong>zwischen über 700 Siedlungsstellen aus Ste<strong>in</strong>- und<br />

Bronzezeit (4.000 – 850 v. Chr.) erbracht. Die Erklärung zum Unesco-Weltkulturerbe wird<br />

gegenwärtig vorbereitet. Ihre Funde lagern heute <strong>in</strong> allen großen Museen von London<br />

über Paris bis nach St. Petersburg. Selbst <strong>in</strong> Nordamerika gibt es <strong>in</strong> mehreren Museen<br />

davon zu sehen. Das „Pfahlbaufieber“ des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts, das sich <strong>in</strong> großflächigen<br />

„Schürfungen“ an den Seen und e<strong>in</strong>er überbordenden Sammelwut ausdrückte, bis ent-<br />

sprechende Schutzgesetze erlassen wurden, hat diese „Siedlungen auf Stelzen“ weltbe-<br />

rühmt gemacht.<br />

Der Mythos „Pfahlbauten“ lebt davon, dass je<strong>der</strong> e<strong>in</strong>mal gerne e<strong>in</strong>en Tag <strong>in</strong> die Haut dieser<br />

Menschen am Wasser schlüpfen wollte und fernab <strong>der</strong> heutigen Zivilisation e<strong>in</strong> wenig<br />

Ste<strong>in</strong>zeitluft schnuppern und das freie Leben im verme<strong>in</strong>tlichen Paradies über den sanft<br />

gekräuselten Wellen o<strong>der</strong> im E<strong>in</strong>baum genießen möchte. Ob es allerd<strong>in</strong>gs wirklich immer<br />

so romantisch herg<strong>in</strong>g, darf nach dem Fund von „Ötzi“, <strong>der</strong> zeitgleich lebte und viele<br />

Blessuren erlitt, auch bezweifelt werden.


Le<strong>der</strong>beutel<br />

D i e k a n n t e n d o c h n u r. . .<br />

Wan<strong>der</strong>rucksack, Modell: oetzi<br />

ca. 3.300 v. Chr./ Rekonstruktion<br />

Fundort: Tisenj och, Oetztaler Alpen


-16-<br />

Ste<strong>in</strong>zeit - Die Forschungsbereiche<br />

von Axel Wagner<br />

Rund 30 Wissenschaftler nutzen das „liv<strong>in</strong>g science“-Projekt zur Ste<strong>in</strong>zeit, um mit <strong>in</strong>sgesamt zehn Forschungs-<br />

vorhaben gezielt ihre Fragen aus <strong>Archäologie</strong>, Anthropologie, Mediz<strong>in</strong>, Psychologie etc. zu beantworten.<br />

Zahnmediz<strong>in</strong>er und Anthropologen <strong>der</strong> Universität Freiburg untersuchen etwa an <strong>der</strong><br />

„Ste<strong>in</strong>zeit“-Sippe, was passiert, wenn wir uns acht Wochen nicht die Zähne putzen. Die<br />

Ergebnisse werden anschließend an Gebissbefunden aus <strong>der</strong> Jungste<strong>in</strong>zeit diskutiert.<br />

Speichelproben und Zahnstatusbefunde, die vor, während und nach <strong>der</strong> achtwöchigen<br />

Projektzeit erhoben werden, sollen die Verän<strong>der</strong>ungen im Mund wissenschaftlich be-<br />

schreiben. Von beson<strong>der</strong>em Interesse ist für die Forscher die Entwicklung <strong>der</strong> bakteriellen<br />

Zusammensetzung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mundhöhle, die auf mangelnde Hygiene zurückzuführen se<strong>in</strong><br />

wird. Vor 5.000 Jahren wusste man sich durch Weidenruten und ihre des<strong>in</strong>fizierenden<br />

Säfte als Mittel <strong>der</strong> Zahnpflege zu helfen. Außerdem gab es ke<strong>in</strong>en Industriezucker. Wie<br />

aber reagiert das Gebiss e<strong>in</strong>es Menschen von heute auf die Zeit ohne Zahnbürste?<br />

In e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Forschungsvorhaben untersuchen Biologen <strong>der</strong> Universität Regensburg<br />

die Wirksamkeit <strong>der</strong> beiden „klassischen“ Mückenschutzmittel, die noch heute von<br />

Naturvölkern e<strong>in</strong>gesetzt werden: Rauch und Erde. Archäologen unterstellen die Ver-<br />

wendung dieser Mittel auch für die Epoche <strong>der</strong> Jungste<strong>in</strong>zeit. Für diesen Test werden<br />

Probanden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em def<strong>in</strong>ierten Zeitraum mit e<strong>in</strong>er def<strong>in</strong>ierten Anzahl von Mücken kon-<br />

frontiert. Die Anzahl <strong>der</strong> Stiche und <strong>der</strong> erfolgreich abgewehrten Tiere soll Aufschluss<br />

darüber geben, wie wirksam diese Mittel s<strong>in</strong>d bzw. waren.<br />

Die Wissenschaftler vermuten, dass das Ste<strong>in</strong>zeitleben die körperliche Fitness sowie das<br />

Schlafverhalten und den Biorhythmus verän<strong>der</strong>n. Sportmediz<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Unikl<strong>in</strong>ik Freiburg<br />

bestimmten mit Hilfe e<strong>in</strong>es <strong>Hightech</strong>-Multi-Sensor-Armbandes den Energieumsatz unter<br />

Normal- und Ste<strong>in</strong>zeitbed<strong>in</strong>gungen. Durch die ergänzende Erfassung <strong>der</strong> Ernährungsge-<br />

wohnheiten und durch umfangreiche Messungen von Blutwerten, Körperkomposition<br />

und Leistungsfähigkeit vor und nach dem ,Aufenthalt <strong>in</strong> <strong>der</strong> „Ste<strong>in</strong>zeit“‘ lässt sich zeigen,<br />

ob und wie das Leben unter ste<strong>in</strong>zeitlichen Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong>nerhalb von acht Wochen<br />

auf lebensstilabhängige und für die Gesundheit maßgelbliche Faktoren E<strong>in</strong>fluss nimmt.<br />

Die gemessenen Daten werden u.a. von Sportmediz<strong>in</strong>ern und Schlafforschern <strong>der</strong> Uni-<br />

versitätskl<strong>in</strong>ik Freiburg ausgewertet.<br />

Auch die Ste<strong>in</strong>zeit-Kleidung stößt auf wissenschaftliches Interesse: Durch die Rekon-<br />

struktion <strong>der</strong> vermutlich als Umhang genutzten Matte aus Grasgeflecht, die bei <strong>der</strong> Glet-<br />

schermumie „Ötzi“ gefunden wurde, und mithilfe <strong>der</strong> Nachbildung weiterer Kleidungs-<br />

stücke bis h<strong>in</strong> zu rekonstruierten Schuhen, soll <strong>der</strong> Tragekomfort dieser Bekleidung ge-<br />

messen werden. Die Abteilung Bekleidungsphysiologie <strong>der</strong> Hohenste<strong>in</strong>er Institute wird<br />

die Isolierung, Schweißtransparenz und weitere Parameter ermitteln, die <strong>in</strong> dieser Form<br />

erstmals die Tragequalität <strong>der</strong> rekonstruierten Kleidungsstücke wissenschaftlich be-<br />

schreiben. Am Ende werden wir wissen, wie bergtauglich „Ötzis“ Ausrüstung war, wie<br />

weit Grasmantel und Goretex heute ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong> liegen.<br />

Jedes <strong>der</strong> zehn Forschungsvorhaben ist e<strong>in</strong>em von drei Forschungsbereichen zugeordnet.<br />

Forschungsbereich 1 geht mit mediz<strong>in</strong>isch-naturwissenschaftlicher Ausrichtung <strong>der</strong> Frage<br />

nach: Was erfahren wir durch das Projekt „Ste<strong>in</strong>zeit“ über unser Leben heute? Die Kern-<br />

frage von Forschungsbereich 2, <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s auf archäologisch-anthropologische As-<br />

pekte abzielt, lautet: Was erfahren wir durch „Ste<strong>in</strong>zeit“ über unsere Vorfahren? Forschungs-<br />

bereich 3 schließlich widmet sich <strong>der</strong> geplanten Überquerung <strong>der</strong> Alpen durch zwei Mit-<br />

glie<strong>der</strong> <strong>der</strong> „Ste<strong>in</strong>zeit“-Sippe. Die Vorhaben aus diesem Forschungsbereich gestalten<br />

Sportmediz<strong>in</strong>er und Psychologen <strong>der</strong> Universität Freiburg geme<strong>in</strong>sam mit Archäologen<br />

und Anthropologen.


Schmutz<br />

D i e k a n n t e n d o c h n u r. . .<br />

und Dreck<br />

Ruetchenkaemme / Wolliger Schneeball, l<strong>in</strong>denbast<br />

ca. 2.900 v. Chr./ Rekonstruktion<br />

Fundort: Portalban, Westschweiz


-18-<br />

Ste<strong>in</strong>zeit - Die Pa rtner<br />

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br.<br />

und Univeritätskl<strong>in</strong>ikum Freiburg<br />

• Institut für Humangenetik und Anthropologie<br />

Biologische Anthropologie<br />

• Mediz<strong>in</strong>ische Universitätskl<strong>in</strong>ik<br />

Abteilung Rehabilitative und Präventive Sportmediz<strong>in</strong><br />

• Department Orthopädie und Traumatologie<br />

Sportorthopädie/-traumatologie<br />

• Sektion für Kl<strong>in</strong>ische Psychologie und Psychophysiologie<br />

/ Schlafmediz<strong>in</strong><br />

Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie<br />

• Universitätskl<strong>in</strong>ik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde<br />

Abteilung für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie<br />

Ste<strong>in</strong>zeit - d as Tea m<br />

Autoren Rolf Schlenker<br />

Gerolf Karwath<br />

Lene Keml<strong>in</strong>g<br />

Stefanie von Ehrenste<strong>in</strong><br />

Axel Wagner<br />

Regie Mart<strong>in</strong> Buchholz<br />

Regie Alpen Harold Woetzel<br />

Pfahlbaumuseum Unteruhld<strong>in</strong>gen<br />

• Freilichtmuseum und Forschungs<strong>in</strong>stitut<br />

Amt für <strong>Archäologie</strong> des Kantons Thurgau<br />

Archäologischer Dienst des Kantons Bern<br />

Leopold-Franzens-Universität Innsbruck<br />

• Institut für <strong>Archäologie</strong>n (Ur- und Frühgeschichte)<br />

Archäologisches Landesmuseum <strong>in</strong> <strong>der</strong> Stiftung<br />

Schleswig-Holste<strong>in</strong>ische Landesmuseen Schloss<br />

Gottorf<br />

Kamera Ralf Nowak<br />

Michael Merkel<br />

Kamera Alpen Jochen Schmoll<br />

Schnitt Susanne Heller<br />

Produktionsleitung Ingrid Eckerle<br />

Universität Regensburg<br />

• Institut für Zoologie / Fa. Biogents<br />

Forschungs<strong>in</strong>stitut Hohenste<strong>in</strong><br />

• Abteilung Bekleidungsphysiologie<br />

Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg<br />

Prüf- und Forschungs<strong>in</strong>stitut Pirmasens<br />

• Abteilung Physikalische Materialprüfung<br />

Überlebensschule Tirol<br />

Redaktion Rolf Schlenker (SWR)<br />

Gerolf Karwath (SWR)<br />

Astrid Harms (BR)<br />

Leitung Walter Sucher<br />

Produzent Egon Mayer


-19-<br />

Glossar<br />

Aktometer:<br />

Bezeichnung für e<strong>in</strong> Multi-Sensor-Armband, das am rechten Oberarm getragen wird.<br />

Dieses misst und speichert fortlaufend physiologische Signale, u.a. Beschleunigung,<br />

Wärmefluss, Leitfähigkeit <strong>der</strong> Haut, Haut- und körpernahe Temperatur, und berechnet<br />

daraus den gesamten Energieumsatz, Dauer und Intensität <strong>der</strong> körperlichen Aktivität,<br />

die Schlafdauer und den gesamten Biorhythmus. Das Armband kommt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ernäh-<br />

rungswissenschaft, Kardiologie, Diabetologie, Pädiatrie, Psychiatrie, Rehabilitation,<br />

Sport- und Arbeitsmediz<strong>in</strong> zum E<strong>in</strong>satz.<br />

Experimentelle <strong>Archäologie</strong>:<br />

Methode <strong>der</strong> <strong>Archäologie</strong>, Entstehungsprozesse von archäologisch gefassten Gegenstän-<br />

den, Lebensumständen und Befundsituationen nachzuvollziehen, diskussionsfähige<br />

Modelle (Rekonstruktionen) zu bilden und daraus Prognosen und Schlüsse für schrift-<br />

lose Kulturen abzuleiten.<br />

Forschungsbereiche (FB):<br />

Neben dem Bereich <strong>der</strong> Alpenüberquerung, <strong>der</strong> mit zahlreichen Fragestellungen <strong>in</strong> ver-<br />

schiedenen Vorhaben wissenschaftlich bearbeitet wird (FB3), dienen zwei weitere Fra-<br />

gen <strong>der</strong> Abgrenzung <strong>der</strong> drei Bereiche, <strong>in</strong> die alle „liv<strong>in</strong>g science“-Projekte e<strong>in</strong>geteilt<br />

s<strong>in</strong>d: „Was erfahren wird durch das Projekt „Ste<strong>in</strong>zeit“ über unser Leben heute? (FB1)“<br />

Und: „Was erfahren wir durch das Projekt „Ste<strong>in</strong>zeit“ über das Leben damals? (FB2)“ Mit<br />

e<strong>in</strong>er vornehmlich naturwissenschaftlich-mediz<strong>in</strong>ischen Ausrichtung rückt somit die<br />

Gegenwart, mit e<strong>in</strong>er anthropologisch-archäologischen Ausrichtung die Vergangenheit<br />

<strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>grund <strong>der</strong> Betrachtung.<br />

Forschungsvorhaben:<br />

Durch die Entwicklung wissenschaftlicher Projekte <strong>der</strong> beteiligten Forschungse<strong>in</strong>rich-<br />

tungen sucht „liv<strong>in</strong>g science“ nach Antworten zu bisher unbeantworteten Fragen an<br />

das Neolithikum. Sowohl die Ergebnisse aus diesen unterschiedlichen Vorhaben aber<br />

auch bereits die Datenerhebung und wissenschaftliche Arbeit während des Projektzeit-<br />

raumes s<strong>in</strong>d fester Bestandteil <strong>der</strong> medialen Präsentation. Somit rücken Medien und<br />

Forschung näher ane<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, um <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Forschungsreise die spannende<br />

Entstehung von neuem Wissen über die Ste<strong>in</strong>zeit erlebbar zu machen.<br />

Jungste<strong>in</strong>zeit:<br />

(<strong>in</strong> Mitteleuropa) Zeit des geschliffenen Ste<strong>in</strong>beils, <strong>der</strong> Keramik und des erstmaligen<br />

Auftauchens bäuerlicher Wirtschaftsformen wie Ackerbau und Viehzucht.<br />

„liv<strong>in</strong>g science“:<br />

Bezeichnung für e<strong>in</strong>e neue Formatidee des SWR. Der Wissenschaft wird e<strong>in</strong> neuartiges<br />

Forum gegeben. Das TV-sett<strong>in</strong>g wird nicht nur zur Vermittlung angewandter Wissen-<br />

schaft genutzt, son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong> Forschung angeboten: Die „Forschungsvorhaben“ s<strong>in</strong>d<br />

dramaturgisch wichtiger Bestandteil <strong>der</strong> Doku-Reihe, sie zielen immer wie<strong>der</strong> über den<br />

Zeitrahmen h<strong>in</strong>aus und geben so reizvolle Impulse. Darüber h<strong>in</strong>aus wird „liv<strong>in</strong>g science“<br />

auf mehreren Kanälen und <strong>in</strong> unterschiedlichen Medien als aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> abgestimmtes<br />

Wissenspaket angeboten.


-20-<br />

Glossar<br />

„Neolithische Revolution“:<br />

Übergangszeit von „Wildbeutergesellschaften“ <strong>der</strong> Älteren und Mittleren Ste<strong>in</strong>zeit mit<br />

Schwerpunkt auf Sammeln und Jagd zu Ackerbau und Viehzucht betreibenden Geme<strong>in</strong>-<br />

schaften. Der Wandel f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> Mitteleuropa nicht überall gleichförmig und daher auch<br />

nicht immer als „Revolution“ um etwa 6.000 v. Chr. statt. Der Vorgang nimmt se<strong>in</strong>en<br />

Ausgang für uns im „fruchtbaren Halbmond“ zwischen Türkei, Irak und Iran und wan-<br />

<strong>der</strong>t über die Donau und das Rhônetal nach Deutschland e<strong>in</strong>. Ökonomische und ökolo-<br />

gische Krisen lassen aber über die Jahrtausende auch immer wie<strong>der</strong> Rückschritte weg<br />

vom sesshaften Bauerntum h<strong>in</strong> zu den alten Organisationsformen des mobilen und <strong>in</strong><br />

Kle<strong>in</strong>gruppen agierenden Jägers erkennen.<br />

Pfahlbauten:<br />

Siedlungsform auf Stelzen zum Schutz vor Hochwasser und zur Nutzung <strong>der</strong> für die Er-<br />

nährung, Handel, Fischfang, Mobilität siedlungsgünstigen Randstreifen von Seen mit<br />

Spiegelschwankungen . Verbreitet an den Seen nördlich und südlich <strong>der</strong> Alpen <strong>in</strong> Mittel-<br />

europa. Inzwischen auch <strong>in</strong> Griechenland, Lettland o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Spanien als Son<strong>der</strong>siedlungs-<br />

form <strong>der</strong> Ste<strong>in</strong>zeit während trockener Klimaabschnitte nachgewiesen.<br />

„Ste<strong>in</strong>zeit EU“:<br />

Kunstbegriff des GEO Magaz<strong>in</strong>s (2004). Deutet an, dass nationale Grenzen wie heute<br />

o<strong>der</strong> vor 100 Jahren <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ste<strong>in</strong>zeit noch nicht bestanden und sich weitgreifende Bezie-<br />

hungen und Handelskontakte während bestimmter Zeitabschnitte anhand von Funden<br />

quer durch das Gebiet <strong>der</strong> heutigen Europäischen Union, wenn auch auf ganz an<strong>der</strong>er<br />

wirtschaftlicher Basis, verfolgen lassen. Neben dieser großen, an Flüssen und Gebirgen<br />

orientierten Welt <strong>der</strong> Ste<strong>in</strong>zeit mit all ihren Verb<strong>in</strong>dungen gab es aber immer auch durch-<br />

gängig die kle<strong>in</strong>teilig organisierten Stammesterritorien mit Grenzen, die es für jeden<br />

fremden Reisenden mit dem entsprechenden Geschick zu durchqueren galt.<br />

Fotonachweise<br />

S. 11 :<br />

DLR RNH, Hermann Heidweiler<br />

S. 13, Zeichnung:<br />

Pfahlbaumuseum Unteruhld<strong>in</strong>gen,<br />

Michael K<strong>in</strong>sky<br />

S. 13, gr. Foto:<br />

Pfahlbaumuseum Unteruhld<strong>in</strong>gen,<br />

Peter Walter<br />

S. 5:<br />

Anne Reichert<br />

Rückseite:<br />

SWR, Peter Hollenbach<br />

S. 7, gr. Foto:<br />

www.archaeologie.tg.ch,<br />

Daniel Ste<strong>in</strong>er<br />

S. 4, S. 6, S. 8 :<br />

Privat<br />

alle an<strong>der</strong>en:<br />

SWR


Höhlen<br />

D i e k a n n t e n d o c h n u r. . .<br />

Pfahlbauhaus; ca. 3.900 v. Chr.<br />

Rekonstruktion: Pfahlbaumuseum Unteruhld<strong>in</strong>gen<br />

Fundort: Hornsta ad, Bodensee


IMPRESSUM<br />

Herausgeber<br />

SWR Programmpresse<br />

76522 Baden-Baden<br />

www.SWR.de/presse<br />

Christoph Mohr (Leitung)<br />

Tel. 0711/929-3624<br />

christoph.mohr@swr.de<br />

Pressekontakt<br />

Oliver Kopitzke<br />

Tel. 07221/929-4281<br />

oliver.kopitzke@swr.de<br />

Pressefotos<br />

Eva-Maria Lohe (Leitung)<br />

Tel. 07221/929-3852<br />

eva-maria.lohe@swr.de<br />

www.ard-foto.de<br />

Redaktion<br />

Oliver Kopitzke<br />

Stefanie von Ehrenste<strong>in</strong><br />

Gestaltung<br />

SWR Design 2006<br />

Kar<strong>in</strong> Held<br />

Aktometer:<br />

Mo<strong>der</strong>ne Forschung im Ste<strong>in</strong>zeitdorf

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