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Hightech in der Steinzeit? - Archäologie in Sachsen

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Ste<strong>in</strong>zeit - Die Forschungsbereiche<br />

von Axel Wagner<br />

Rund 30 Wissenschaftler nutzen das „liv<strong>in</strong>g science“-Projekt zur Ste<strong>in</strong>zeit, um mit <strong>in</strong>sgesamt zehn Forschungs-<br />

vorhaben gezielt ihre Fragen aus <strong>Archäologie</strong>, Anthropologie, Mediz<strong>in</strong>, Psychologie etc. zu beantworten.<br />

Zahnmediz<strong>in</strong>er und Anthropologen <strong>der</strong> Universität Freiburg untersuchen etwa an <strong>der</strong><br />

„Ste<strong>in</strong>zeit“-Sippe, was passiert, wenn wir uns acht Wochen nicht die Zähne putzen. Die<br />

Ergebnisse werden anschließend an Gebissbefunden aus <strong>der</strong> Jungste<strong>in</strong>zeit diskutiert.<br />

Speichelproben und Zahnstatusbefunde, die vor, während und nach <strong>der</strong> achtwöchigen<br />

Projektzeit erhoben werden, sollen die Verän<strong>der</strong>ungen im Mund wissenschaftlich be-<br />

schreiben. Von beson<strong>der</strong>em Interesse ist für die Forscher die Entwicklung <strong>der</strong> bakteriellen<br />

Zusammensetzung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mundhöhle, die auf mangelnde Hygiene zurückzuführen se<strong>in</strong><br />

wird. Vor 5.000 Jahren wusste man sich durch Weidenruten und ihre des<strong>in</strong>fizierenden<br />

Säfte als Mittel <strong>der</strong> Zahnpflege zu helfen. Außerdem gab es ke<strong>in</strong>en Industriezucker. Wie<br />

aber reagiert das Gebiss e<strong>in</strong>es Menschen von heute auf die Zeit ohne Zahnbürste?<br />

In e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Forschungsvorhaben untersuchen Biologen <strong>der</strong> Universität Regensburg<br />

die Wirksamkeit <strong>der</strong> beiden „klassischen“ Mückenschutzmittel, die noch heute von<br />

Naturvölkern e<strong>in</strong>gesetzt werden: Rauch und Erde. Archäologen unterstellen die Ver-<br />

wendung dieser Mittel auch für die Epoche <strong>der</strong> Jungste<strong>in</strong>zeit. Für diesen Test werden<br />

Probanden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em def<strong>in</strong>ierten Zeitraum mit e<strong>in</strong>er def<strong>in</strong>ierten Anzahl von Mücken kon-<br />

frontiert. Die Anzahl <strong>der</strong> Stiche und <strong>der</strong> erfolgreich abgewehrten Tiere soll Aufschluss<br />

darüber geben, wie wirksam diese Mittel s<strong>in</strong>d bzw. waren.<br />

Die Wissenschaftler vermuten, dass das Ste<strong>in</strong>zeitleben die körperliche Fitness sowie das<br />

Schlafverhalten und den Biorhythmus verän<strong>der</strong>n. Sportmediz<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Unikl<strong>in</strong>ik Freiburg<br />

bestimmten mit Hilfe e<strong>in</strong>es <strong>Hightech</strong>-Multi-Sensor-Armbandes den Energieumsatz unter<br />

Normal- und Ste<strong>in</strong>zeitbed<strong>in</strong>gungen. Durch die ergänzende Erfassung <strong>der</strong> Ernährungsge-<br />

wohnheiten und durch umfangreiche Messungen von Blutwerten, Körperkomposition<br />

und Leistungsfähigkeit vor und nach dem ,Aufenthalt <strong>in</strong> <strong>der</strong> „Ste<strong>in</strong>zeit“‘ lässt sich zeigen,<br />

ob und wie das Leben unter ste<strong>in</strong>zeitlichen Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong>nerhalb von acht Wochen<br />

auf lebensstilabhängige und für die Gesundheit maßgelbliche Faktoren E<strong>in</strong>fluss nimmt.<br />

Die gemessenen Daten werden u.a. von Sportmediz<strong>in</strong>ern und Schlafforschern <strong>der</strong> Uni-<br />

versitätskl<strong>in</strong>ik Freiburg ausgewertet.<br />

Auch die Ste<strong>in</strong>zeit-Kleidung stößt auf wissenschaftliches Interesse: Durch die Rekon-<br />

struktion <strong>der</strong> vermutlich als Umhang genutzten Matte aus Grasgeflecht, die bei <strong>der</strong> Glet-<br />

schermumie „Ötzi“ gefunden wurde, und mithilfe <strong>der</strong> Nachbildung weiterer Kleidungs-<br />

stücke bis h<strong>in</strong> zu rekonstruierten Schuhen, soll <strong>der</strong> Tragekomfort dieser Bekleidung ge-<br />

messen werden. Die Abteilung Bekleidungsphysiologie <strong>der</strong> Hohenste<strong>in</strong>er Institute wird<br />

die Isolierung, Schweißtransparenz und weitere Parameter ermitteln, die <strong>in</strong> dieser Form<br />

erstmals die Tragequalität <strong>der</strong> rekonstruierten Kleidungsstücke wissenschaftlich be-<br />

schreiben. Am Ende werden wir wissen, wie bergtauglich „Ötzis“ Ausrüstung war, wie<br />

weit Grasmantel und Goretex heute ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong> liegen.<br />

Jedes <strong>der</strong> zehn Forschungsvorhaben ist e<strong>in</strong>em von drei Forschungsbereichen zugeordnet.<br />

Forschungsbereich 1 geht mit mediz<strong>in</strong>isch-naturwissenschaftlicher Ausrichtung <strong>der</strong> Frage<br />

nach: Was erfahren wir durch das Projekt „Ste<strong>in</strong>zeit“ über unser Leben heute? Die Kern-<br />

frage von Forschungsbereich 2, <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s auf archäologisch-anthropologische As-<br />

pekte abzielt, lautet: Was erfahren wir durch „Ste<strong>in</strong>zeit“ über unsere Vorfahren? Forschungs-<br />

bereich 3 schließlich widmet sich <strong>der</strong> geplanten Überquerung <strong>der</strong> Alpen durch zwei Mit-<br />

glie<strong>der</strong> <strong>der</strong> „Ste<strong>in</strong>zeit“-Sippe. Die Vorhaben aus diesem Forschungsbereich gestalten<br />

Sportmediz<strong>in</strong>er und Psychologen <strong>der</strong> Universität Freiburg geme<strong>in</strong>sam mit Archäologen<br />

und Anthropologen.

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