Weiße Prostitution im Zwielicht der kolonialen ... - Golf Dornseif
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Sogar während des Boxer Aufstands <strong>im</strong>provisierten die internationalen Militär-Kontingente eigene<br />
Bordelle, wie <strong>der</strong> Gefreite Sagewka aussagte: „Ein Haus unter ärztlicher Kontrolle beherbergte tagsüber<br />
die Chinesinnen, die morgens mit Sänften gebracht und abends wie<strong>der</strong> he<strong>im</strong>wärts transportiert<br />
wurden, denn sie konnten wegen ihrer bandagierten Füße nicht auf eigenen Füssen laufen!“<br />
Anfang Juli 1913 meldete <strong>der</strong> Oberarzt des III. See-Bataillons seinen Vorgesetzten: „Infektionen<br />
durch Geschlechtskrankheiten nehmen erheblich zu bei <strong>der</strong> Truppe: 21 <strong>im</strong> Quartal (Tripper 14, Syphilis<br />
7). Die Männer meiden unsere Bordelle und vergnügen sich <strong>im</strong> Freien mit den Frauen, also<br />
ohne jede Kontrolle. Neuerdings werden alle Seesoldaten bestraft, die keine Prophylaxe nach<br />
Dienstvorschrift anwenden. Die erfor<strong>der</strong>lichen Arzne<strong>im</strong>ittel verteilt ein Kommando mit zwei Unteroffizieren<br />
in den Moltke Baracken <strong>im</strong> Zusammenhang mit Registrierung. Nur acht von 21 Erkrankten<br />
haben die Prophylaxe bei sich angewandt ...“<br />
Die Geishas in Tsingtau taten sich unter an<strong>der</strong>em auch durch ihre originellen Tätowierungen hervor,<br />
was die Marine-Infanteristen zur Nachahmung veranlasste. Die Schildkröte symbolisierte ein langes<br />
glückliches Leben auf <strong>der</strong> nackten Haut, und <strong>der</strong> Tiger appellierte an die Tapferkeit. Den Seesoldaten<br />
lagen vor allem Anker am Herzen, doch die Mädchen ließen ihre Formen auch mit den Namen von<br />
Stammkunden verzieren. Glücklicherweise hatten die Japanerinnen stets zierliche und wohlgestaltete<br />
Füße <strong>im</strong> Gegensatz zu den Chinesinnen, und die Matrosen wussten dies zu schätzen be<strong>im</strong> Liebesspiel<br />
gegen Kasse.<br />
Immerhin verbot Gouverneur Yüan <strong>im</strong> April 1909 offiziell das weitere Schnüren und Verkrüppeln<br />
weiblicher Füße und drohte mit Geldstrafen bei Zuwi<strong>der</strong>handlung bzw. mit Besteuerung dieser Unsitte.<br />
Um 1910 lebten in Tsingtau etwa 34.000 Chinesen, und 1913 zählte man schon über 53.000<br />
Menschen. Sexuelle Gewalt gegenüber Kin<strong>der</strong>n unter 12 Jahren wurde streng mit <strong>der</strong> chinesischen<br />
Todesstrafe geahndet, was beachtlich erscheint! Deutsche Gerichte urteilten sehr milde in solchen<br />
Fällen.<br />
Wegen Notzucht erhielt ein Chinese in Tsingtau zur Strafe ein Jahr Haft und 100 Stockhiebe mit<br />
Ausweisung aus dem Pachtgebiet durch die einhe<strong>im</strong>ische Justiz, In Tsinanfu existierte tatsächlich ein<br />
„Frauenhaus“ als Schutzeinrichtung, wie die Lokalpresse berichtete: „Wird eine Prostituierte von <strong>der</strong><br />
Bordellmutter schlecht behandelt, kann sie in dieses Frauenhaus flüchten und dort gesetzlichen<br />
Schutz sowie Obdach erhalten. Eine vom Ehemann verlassene Ehefrau, eine alleinstehende Witwe<br />
o<strong>der</strong> ein von Menschenhändlern verschlepptes Mädchen können dort sich wie<strong>der</strong> sicher fühlen. Die<br />
jungen Frauen erhalten Unterricht in allerlei Fertigkeiten, und die Behörden vermitteln ihnen auf<br />
Wunsch ordentliche Männer mit gutem Charakter für die Zukunft. Solche Männer müssen Bürgschaften<br />
leisten, ihre Vergangenheit preisgeben und Referenzen bringen ...“<br />
(1910 wurde in China sowohl Menschenhandel als auch Sklaverei abgeschafft. Gewöhnliche Mädchen<br />
kosteten bis dahin 60 bis 100 Mark, max<strong>im</strong>al 400 Mark).