Weiße Prostitution im Zwielicht der kolonialen ... - Golf Dornseif
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Rabaukentum und grobes Benehmen war verpönt, und <strong>im</strong> Bordell herrschten „gute Sitten“, an die<br />
sich viele Seeleute erst einmal gewöhnen mussten. Man konnte nicht so einfach „zur Sache kommen“<br />
unter <strong>der</strong> fürsorglichen Obhut energischer „Tanten“, die wie Zuhälterinnen agierten und die Zügel<br />
in <strong>der</strong> Hand hielten.<br />
Dienstmädchen-Schicksale in Südwest<br />
Böse Zungen lästerten einst über <strong>kolonialen</strong> „Mädchenhandel“ und die sogenannten „Weihnachtskisten<br />
mit jungfräulichem Frischfleisch“, über den zwielichtigen Heiratsmarkt für grobschlächtige Farmer-Junggesellen<br />
mit offizieller Gutheißung. Die Wahrheit lag irgendwo in <strong>der</strong> Mitte und war nicht<br />
<strong>im</strong>mer erfreulich aus heutiger Sicht.<br />
Die Mitbegrün<strong>der</strong>in und langjährige Vorsitzende des „Frauenbunds <strong>der</strong> Deutschen Kolonial-Gesellschaft“<br />
(gegründet 1907), Hedwig Heyl, bezeichnete es als ihre wichtigste Aufgabe „Frauen und<br />
Mädchen in <strong>der</strong> He<strong>im</strong>at für die Kolonisten auszusuchen und anzuwerben, Siedlungen durch Eheför<strong>der</strong>ung<br />
zu festigen und GEEIGNETES MÄDCHEN-MATERIAL in das Schutzgebiet DSWA zu verschicken...“<br />
Der Bund zählte 1914 fas 19.000 zahlende Mitglie<strong>der</strong> mit Geschäftsstellen in 145 reichsdeutschen<br />
Städten zwischen Ostpreußen und Elsass-Lothringen, durchweg von Offiziersfrauen und Damen <strong>der</strong><br />
besseren Gesellschaft geleitet. Um den Export armer Mädchen ohne Zukunftsperspektive zu forcieren,<br />
richtete man auch Kolonialfrauenschulen in Bad Weilbach bei Wiesbaden und Witzenhausen bei<br />
Kassel ein. Bis 1913 wan<strong>der</strong>ten auf diesen Wegen nahezu 1500 junge Frauen nach Südwest aus.<br />
Einerseits mussten korrekte Verträge mit den jeweiligen Arbeitgebern in <strong>der</strong> Kolonie <strong>im</strong> voraus abgeschlossen<br />
werden, wobei die Interessentinnen Leumundszeugnisse in Berlin vorzuweisen hatten,<br />
ebenso Angaben zur Ehetauglichkeit und Gebärfähigkeit (Altersgrenze 20 bis 35 Jahre). Von 348<br />
Mädchen und Frauen, die zwischen 1909 und 1912 unter <strong>der</strong> Schirmherrschaft des Frauenbundes<br />
mit finanzieller Unterstützung nach Swakopmund abdampften, zählten 303 zur Kategorie <strong>der</strong> Dienstmädchen.<br />
An<strong>der</strong>e hatten eine Berufsausbildung, die zur Ehelosigkeit verpflichtete: Kin<strong>der</strong>gärtnerinnen,<br />
Lehrerinnen, Krankenschwestern und Gouvernanten.