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Weiße Prostitution im Zwielicht der kolonialen ... - Golf Dornseif

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ons und intonierte unter an<strong>der</strong>em das Berliner Couplet „und wenn Frau Eva Wäsche hat, dann<br />

wäscht sie nur ihr Feigenblatt...“<br />

Empört und erregt suchte die Wirtschafterin in <strong>der</strong> Nachbarschaft ihre beste Freundin auf, die <strong>im</strong><br />

Haushalt eines alleinstehenden Gehe<strong>im</strong>rats des Gouvernements ihren Aufgaben nachkam, und<br />

berichtete atemlos, was sie gerade erblickt hatte. Die Köchin wollte es nicht glauben und drängte<br />

darauf, auch einmal durch das Schlüsselloch gucken zu dürfen an einem <strong>der</strong> folgenden Tage. So<br />

geschah es, doch die Köchin konnte ihren Mund nicht halten und erzählte dem Gehe<strong>im</strong>rat von ihren<br />

jüngsten Eindrücken.<br />

Dem Juristen lief das Wasser <strong>im</strong> Mund zusammen, aber er ließ sich nichts weiter anmerken. In strengem<br />

Ton verdonnerte er seine Hausangestellte zu eisernem Schweigen, denn <strong>der</strong>artige Schlüsselloch-Spionage<br />

sei strafbar wegen Verletzung <strong>der</strong> Int<strong>im</strong>sphäre. Im Amt musste sich <strong>der</strong> Baron vor dem<br />

Vorgesetzten rechtfertigen und bekam zu hören, dass er seine sogenannte Privatsekretärin sofort<br />

entlassen müsse, um einen Skandal in Grenzen zu halten.<br />

Der Baron nickte zähneknirschend, eilte nach Haus und brüllte seine geschwätzige Wirtschafterin an,<br />

dass sie sich zum Teufel scheren sollte. Kurz danach tauchte die Soubrette auf und wedelte mit<br />

Rechnungen für Damengar<strong>der</strong>obe in Höhe von 3600 Mark, die <strong>der</strong> Kavalier bezahlen durfte. Der<br />

Baron konnte es nicht fassen und goss sich erst einmal einen doppelten Cocgnac ein, um<br />

nachzudenken.<br />

Inzwischen rauschte die Soubrette in aufreizen<strong>der</strong> Gar<strong>der</strong>obe in den Gouverneursgarten, um etwas<br />

zu flanieren und neue Pläne zu schmieden. Der Gehe<strong>im</strong>rat unternahm zur gleichen Stunde einen<br />

Spaziergang, sah die Skandaldame auf einer schattigen Bank sitzen und setzte sich artig grüßend zu<br />

ihr, um seine Zeitung zu studieren – zumindest tat er so als ob ...<br />

Es dauerte nicht lange, und <strong>der</strong> freundliche Herr begann eine Plau<strong>der</strong>ei mit seiner Nachbarin über<br />

das ostafrikanische Kl<strong>im</strong>a und die gesundheitlichen Vorzüge eines Aufenthalts in Kapstadt und Umgebung,<br />

erfrischt von kühlen Brisen. Dorthin wollte er demnächst zur Erholung reisen, doch fühle man<br />

sich als Junggeselle doch ziemlich einsam und wäre überglücklich, wenn sich passende Gesellschaft<br />

ergeben könnte ...<br />

Die Sängerin willigte schließlich ein, den Herrn Gehe<strong>im</strong>rat als ehrbare Gesellschafterin zu begleiten,<br />

und <strong>der</strong> Hagestolz dankte vorerst mit verschämten Handküssen, die ihm huldvoll gewährt wurden.<br />

Der langen Rede kurzer Sinn: die Herrschaften reisten in getrennten Kabinen Erster Klasse mit dem<br />

nächsten Dampfer nach Capetown, während <strong>der</strong> Baron unverzagt <strong>im</strong> Hotel Kaiserhof auf neue Brautschau<br />

ging, befreit von <strong>der</strong> schweren finanziellen Bürde seiner Soubrette!

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