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Weiße Prostitution im Zwielicht der kolonialen ... - Golf Dornseif

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Sexualdelikte <strong>im</strong> Tanzania State Archive<br />

Das Staatsarchiv <strong>der</strong> gegenwärtigen Republik Tanzania, früher als Deutsch-Ostafrika bekannt, umfasst<br />

zahlreiche Strafakten aus <strong>der</strong> Kolonialzeit, wobei Sittlichkeitsdelikte mit nur weißen Beteiligten<br />

interessante Aufschlüsse vermitteln:<br />

Strafanzeige des Hotelbesitzers und Kaufmanns Wilhelm Kontzi aus Kilossa gegen den ehemaligen<br />

Geschäftsführer seines Betriebs, Ben<strong>der</strong>, wegen „Nötigung einer Missionsschwester zum Beischlaf“<br />

(1911, Az: G 21/398.)<br />

Strafanzeige des Kaufmanns Wilhelm Bartscher gegen den Uhrmacher Levinsohn in Dar-es-Salaam<br />

wegen Verführung seines min<strong>der</strong>jährigen Mündels Eugenie Gerhardine Sprick (1912, Az: G 21/42)<br />

Ermittlungssache gegen den Büro-Assistenten des Gouvernements, Thurmann, wegen Notzucht an<br />

<strong>der</strong> Ehefrau des Polizeiwachtmeisters Littmann in Kilwa (1912, Az: G 21/42).<br />

Strafsache gegen den Fotografen Athanasion Monteiro in Dar-es-Salaam wegen Verbreitung unzüchtiger<br />

Abbildungen gem. § 184 StGB (1915, Az: G 21/631).<br />

Ermittlungssache gegen den Lokomotivführer Friedrich Kühnle wegen Notzucht an <strong>der</strong> Ehefrau des<br />

Stationsvorstehers Otto Sahm <strong>im</strong> Bezirk Morogoro (1909, Az: G 21/256).<br />

Strafanzeige des Stationsvorstehers Otto Sahm <strong>im</strong> Bezirk Morogoro gegen den Lokomotivführer<br />

Friedrich Kühnle wegen Ehebruchs mit <strong>der</strong> Ehefrau Bertha Sahm, geborene Maurischat (1909, Az: G<br />

21/258),<br />

(Anmerkung: Es fällt auf bei Durchsicht aller Register, dass sämtliche Strafverfahren wegen homosexueller<br />

Beziehungen sich auf männliche Tatverdächtige mit griechischen Vor- und Zunamen beziehen).<br />

Während von Togo, Kamerun und den Schutzgebieten <strong>im</strong> Pazifik keinerlei Aufzeichnungen überliefert<br />

sind, die sich auf „weiße <strong>Prostitution</strong>“ beziehen, darf unterstellt werden, dass es „so etwas“ dort niemals<br />

gegeben hat (mangels Bedarf).<br />

Eine ungewöhnliche Position n<strong>im</strong>mt in diesem Zusammenhang das sogenannte Pachtgebiet Kiautschou-Tsingtau<br />

unter deutscher Regie ein, weil die Seeleute, Geschäftsleute usw. dort eine verlockende<br />

Auswahl von Chinesinnen, Japanerinnen und Russinnen in den Etablissements geboten bekamen.<br />

Dank außenpolitischer Rücksichten, auf die Kaiser Wilhelm II großen Wert legte, durften Asiaten<br />

bei<strong>der</strong>lei Geschlechts nirgendwo rassisch diskr<strong>im</strong>iniert werden, was sich vor allem in Deutsch-<br />

Samoa, auf den deutschen Südsee-Inseln des Bismarck Archipels usw. sowie nicht zuletzt in Tsingtau<br />

„wohltuend“ auswirkte. Wie es dort zuging, ist ausführlich in <strong>der</strong> Literatur erläutert und zwar ohne<br />

Einschränkungen und Vertuschungen.<br />

Die für 100 Mark angebotenen „Hochzeitsfahrten“ nach Walvis Bay ermöglichten dort auf<br />

britischem Hoheitsgebiet Trauungen, die wegen <strong>der</strong> deutschen Mischehen-Gesetze <strong>im</strong><br />

Schutzgebiet nicht gestattet wurden (als praktischen Ausweg). Die deutschen Ämter<br />

mussten es hinnehmen.

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