Es ist eine Rolle, in die man hineinwächst. - w-fFORTE
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Verw<strong>in</strong>kelte Wege<br />
Die Edelste<strong>in</strong>liebhaber<strong>in</strong> hat immer<br />
schon gewusst, dass sie M<strong>in</strong>eralog<strong>in</strong><br />
werden möchte. St<strong>e<strong>in</strong>e</strong> waren <strong>e<strong>in</strong>e</strong><br />
Leidenschaft von K<strong>in</strong>dheit an: Formen<br />
und Farben bestaunen, <strong>die</strong> Geheimnisse<br />
der Herkunft durchdr<strong>in</strong>gen, berühren,<br />
begreifen, beschauen. Später, während<br />
des M<strong>in</strong>eralogie-Studiums, war davon<br />
k<strong>e<strong>in</strong>e</strong> Rede mehr: Erst nach vielen<br />
Büffelsemestern durfte <strong>man</strong> den ersten<br />
Ste<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> Hand nehmen. Endlos lange<br />
Praktikumszeiten, nach vier Versuchen<br />
als Draufgabe noch <strong>e<strong>in</strong>e</strong>n Fünften, das<br />
gebe es seit der neuen Stu<strong>die</strong>nordnung<br />
Gott sei Dank nicht mehr. Trotzdem<br />
er<strong>in</strong>nert sie sich gern an <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong>nzeit,<br />
mit den Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen<br />
war es immer lustig. Das M<strong>in</strong>eralogische<br />
Institut auf der alten Uni am R<strong>in</strong>g<br />
bildete <strong>e<strong>in</strong>e</strong>n überschaubaren, fast<br />
privaten Rahmen.<br />
E<strong>in</strong>e Hand voll Stu<strong>die</strong>nanfängerInnen,<br />
über Jahre h<strong>in</strong>durch im selben Raum,<br />
fast alles habe <strong>man</strong> vone<strong>in</strong>ander gewusst.<br />
Als Stu<strong>die</strong>nass<strong>ist</strong>ent<strong>in</strong> konnte sie<br />
sich f<strong>in</strong>anziell über Wasser halten, auch<br />
wenn es gerade für <strong>die</strong> Miete reichte.<br />
Nach dem Studium folgte <strong>e<strong>in</strong>e</strong> wechselvolle<br />
Zeit: Halbtags an der Uni, halbtags<br />
an der Forschungsanstalt Arsenal.<br />
E<strong>in</strong> junges ErdwissenschafterInnenteam,<br />
das dort neue Analysegeräte und<br />
Bestimmungsmethoden erprobte, <strong>e<strong>in</strong>e</strong><br />
fidele Messkolonne waren sie, „der<br />
Schmäh <strong>ist</strong> gelaufen“, gearbeitet wurde<br />
trotzdem viel. Bis auf den miserablen<br />
Arbeitsvertrag war es „<strong>e<strong>in</strong>e</strong> sehr positive<br />
Zeit <strong>in</strong> m<strong>e<strong>in</strong>e</strong>m Leben.“ Unverhofft<br />
ergatterte sie dann den Traumjob am<br />
Naturh<strong>ist</strong>orischen Museum, <strong>in</strong> dem<br />
sie es sich seit nun schon vierzehn<br />
Jahren e<strong>in</strong>gerichtet hat wie <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong>e</strong>m<br />
zweiten Zuhause. Der Weg zu ihr führt<br />
über breite Marmorstufen, verw<strong>in</strong>kelte<br />
Gänge und schwere Flügeltüren, bis der<br />
Besucher <strong>in</strong> Vera Hammers Schneckenhaus<br />
vorgedrungen <strong>ist</strong>.<br />
Geheimes Reich<br />
Die Wände entlang stapeln sich Laden<br />
über Laden, Regale und Schränke bis an<br />
<strong>die</strong> Decke, Angefülltes, E<strong>in</strong>geordnetes,<br />
Etikettiertes: „Ich b<strong>in</strong> sehr genau, sonst<br />
könnte ich den Job nicht machen“ -<br />
immerh<strong>in</strong> bewahrt Vera Hammer <strong>e<strong>in</strong>e</strong><br />
der größten M<strong>in</strong>eraliensammlungen der<br />
Welt. Ihr Arbeitsplatz <strong>ist</strong> e<strong>in</strong> drunter<br />
und drüber von Schachteln, Büchern<br />
und Mikroskopen. Am Fensterbrett liegt<br />
der GeologInnenhammer samt selbst<br />
herausgehauenen Geste<strong>in</strong>sproben, Trophäen<br />
der letzten Pak<strong>ist</strong>an Reise. Seit<br />
Monaten warten <strong>die</strong> neuen Schätze auf<br />
Benennung und E<strong>in</strong>ordnung.<br />
„Viel Staub und viel Arbeit“ kündigte<br />
<strong>man</strong> ihr an, als sie ihre Karriere hier<br />
begann, und das hat sich auch bewahrheitet.<br />
Die riesige Sammlung wird<br />
ständig ergänzt, Belegmaterial gekauft<br />
oder auch selbst gesammelt, und<br />
e<strong>in</strong>iges bekommt das Haus ja auch geschenkt.<br />
Viele M<strong>in</strong>eraliensammlerInnen<br />
suchen <strong>die</strong> Geste<strong>in</strong>sspezial<strong>ist</strong><strong>in</strong> auf, um<br />
ihre Funde bestimmen zu lassen. E<strong>in</strong><br />
Service, von dem beide profitieren. „Wir<br />
sehen <strong>die</strong> Neufunde, und der M<strong>in</strong>eraliensammler<br />
oder <strong>die</strong> M<strong>in</strong>eralsammler<strong>in</strong><br />
bekommt Fach<strong>in</strong>formation“, erklärt sie<br />
den Deal, oft bleibt dafür e<strong>in</strong> respektables<br />
Belegstück <strong>in</strong> der Sammlung.<br />
Weibliche Offenheit<br />
Gute KundInnen s<strong>in</strong>d auch diverse<br />
M<strong>in</strong>eralien- und Edelste<strong>in</strong>händler Innen,<br />
<strong>die</strong> aus der ganzen Welt kommen<br />
und sich ihr Material im staatlichen<br />
Edelste<strong>in</strong><strong>in</strong>stitut bestimmen lassen.<br />
Ist e<strong>in</strong> Edelste<strong>in</strong> echt oder falsch? Ist<br />
er behandelt oder zeigt er natürliche<br />
Farbe? Aufgrund der gut sortierten<br />
Vergleichssammlung werden solche<br />
Fragen kompetent beantwortet: „Wir<br />
können unsere Sammlungen wie <strong>e<strong>in</strong>e</strong><br />
Bibliothek benutzen, nachschlagen,<br />
ver gleichen...“ Doch <strong>die</strong> M<strong>in</strong>eralog<strong>in</strong><br />
vergräbt sich nicht nur <strong>in</strong> St<strong>e<strong>in</strong>e</strong>n,<br />
sondern geht auch gerne an <strong>die</strong><br />
Öffentlichkeit: Sie pflegt <strong>die</strong> Kontakte<br />
mit SammlerInnen, hat zahlreiche<br />
Vorstandsfunktionen bei Fachver<strong>e<strong>in</strong>e</strong>n,<br />
hält Vorträge und leitet Exkursionsfahrten<br />
für e<strong>in</strong> <strong>in</strong>teressiertes Publikum.<br />
Die vielen St<strong>e<strong>in</strong>e</strong>, <strong>die</strong> am Weg von Vera<br />
Hammer lagen, waren auch St<strong>e<strong>in</strong>e</strong> <strong>in</strong><br />
ihrer Karriereleiter. Kommendes Jahr<br />
avanciert sie zur Leiter<strong>in</strong> der M<strong>in</strong>eralien-<br />
und Edelste<strong>in</strong>sammlung im<br />
Haus am R<strong>in</strong>g. Nie möchte sie ihren<br />
Traumjob hergeben, denn so kann sie<br />
ihrer Leidenschaft für Edelst<strong>e<strong>in</strong>e</strong> und M<strong>in</strong>eralien<br />
ungeh<strong>in</strong>dert nachgehen: „Was<br />
mich irrs<strong>in</strong>nig beruhigt: Ich kann hier<br />
sammeln und muss das nicht wie viele<br />
andere <strong>in</strong> m<strong>e<strong>in</strong>e</strong>r eigenen Wohnung<br />
unterbr<strong>in</strong>gen.“<br />
50 w-<strong>fFORTE</strong> Wirtschaftsimpulse von Frauen <strong>in</strong> Forschung und Technologie