Forscherinnen - w-fFORTE
Forscherinnen - w-fFORTE
Forscherinnen - w-fFORTE
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XXxxxxxxxxxxxxxxxxx<br />
<strong>Forscherinnen</strong><br />
FEMtech Frauen in Forschung und Technologie<br />
2005<br />
www.femtech.at<br />
www.bmvit.gv.at
2 www.femtech.at
Inhalt<br />
Inhalt<br />
Vorwort Staatssekretär für Forschung Eduard Mainoni 4<br />
Vorwort FEMtech-Projektteam 5<br />
FEMtech Frauen in Forschung und Technologie 6<br />
Die Aktion FEMtech Forscherin des Monats 9<br />
Die Jury zur FEMtech Forscherin des Monats 10<br />
FEMtech <strong>Forscherinnen</strong> des Monats 2005<br />
März: Gerti Kappel 14<br />
April: Claudia Ambrosch-Draxl 16<br />
Mai: Rumi Nakamura 18<br />
Juni: Margit Sára 20<br />
Juli: Franziska Michor 22<br />
August: Eva Schernhammer 24<br />
September: Elisabeth Waigmann 26<br />
Oktober: Sophie Zechmeister-Boltenstern 28<br />
November: Dana Seyringer 30<br />
Dezember: Angela Sessitsch 32<br />
Impressum 34<br />
www.femtech.at 3
Vorwort<br />
<strong>Forscherinnen</strong> vor den Vorhang!<br />
Die Welt der Wissenschaft hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Zu den positiven<br />
Änderungen gehört, dass immer mehr Frauen in Forschungsabteilungen von Universitäten und<br />
Unternehmen zu finden sind. Sie tragen mit ihrem Know-how zur Entstehung innovativer Methoden,<br />
Instrumente und Produkte und damit zur gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Weiterentwicklung<br />
bei.<br />
Der Beitrag, den Wissenschafterinnen bereits jetzt leisten, wird in der Öffentlichkeit jedoch nach<br />
wie vor viel zu wenig wahrgenommen. Um die Leistungen von Frauen in der technologieorientierten<br />
Forschung besser sichtbar zu machen, startete das Bundesministerium für Verkehr, Innovation<br />
und Technologie (bmvit) im März 2005 die Initiative "Forscherin des Monats". Seither wurde<br />
monatlich eine Wissenschafterin aus dem universitären oder industriellen Bereich ausgezeichnet<br />
und der Öffentlichkeit vorgestellt.<br />
Durch diese Initiative ist es uns gelungen, die Aufmerksamkeit auf das außerordentliche Knowhow<br />
von Wissenschafterinnen zu lenken. Zusammen mit der FEMtech-Expertinnendatenbank<br />
wurde ein weiterer wichtiger Schritt gesetzt, damit Frauen vermehrt als Expertinnen wahrgenommen<br />
und bei der Besetzung von wichtigen Positionen berücksichtigt werden. Ich freue mich<br />
daher sehr, auch 2006 die Initiative unter dem neuen Namen "FEMtech Expertin des Monats"<br />
fortzusetzen.<br />
Mit der vorliegenden Publikation erhalten Sie Einblick in die Vielfalt weiblicher Wissenschaftstätigkeit<br />
und Expertise. Die vorgestellten <strong>Forscherinnen</strong> sind ein starkes Signal für die<br />
jüngeren Generationen, indem sie zeigen, dass der Bereich Forschung und Technologie für Frauen<br />
viel versprechende Karriereoptionen bietet.<br />
Mag. Eduard Mainoni<br />
Staatssekretär für Forschung<br />
4 www.femtech.at
XXxxxxxxxxxxxxxxxxx Vorwort<br />
Die Forschung hat ein weibliches Gesicht<br />
Hinter jeder wissenschaftlichen Entdeckung stehen Menschen, die mit Können, Kreativität und<br />
Konsequenz erfolgreich neue Wege gegangen sind. Erfreulicherweise wählen immer mehr Frauen<br />
diesen Weg.<br />
Im Rahmen des Förderungsprogramms "FEMtech - Frauen in Forschung und Technologie" des<br />
bmvit, waren der Aufbau der Expertinnendatenbank und der Start der Initiative "Forscherin des<br />
Monats" wichtige Meilensteine zur Erhöhung der Sichtbarkeit von Expertinnen in Naturwissenschaft<br />
und Technik.<br />
Mit der Publikation stellen wir Frauen vor, die im Jahr 2005 als <strong>Forscherinnen</strong> des Monats ausgewählt<br />
wurden. In den Interviews berichten sie über ihre Arbeit und Karriereverläufe, ihre Erfahrungen<br />
in männerdominierten Arbeitsfeldern und sie sprechen Empfehlungen für junge <strong>Forscherinnen</strong><br />
aus. Dadurch entsteht ein lebensnahes Bild von der Tätigkeit als Wissenschafterin.<br />
Die Fotos zeigen die Frauen und geben Einblick in ihr Arbeitsumfeld.<br />
Neben den ausgewählten <strong>Forscherinnen</strong> stellen wir Ihnen auch die Jury vor, die Monat für<br />
Monat aus dem Pool von mittlerweile knapp 500 Expertinnen herausragende Frauen auswählt.<br />
Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen und Eintauchen in die Welt weiblicher Wissenschaft.<br />
Ihr FEMtech-Projektteam – FEMtech <strong>Forscherinnen</strong> 2005<br />
v.l.n.r.:<br />
Beatrix Hausner, ÖGUT<br />
Gertraud Oberzaucher, bmvit<br />
Lisa Purker, ÖGUT<br />
Manuela Schein, FFG<br />
Inge Schrattenecker, ÖGUT<br />
www.femtech.at 5
FEMtech Förderprogramm<br />
FEMtech – Frauen in Forschung und Technologie<br />
Mehr Frauen in die Forschung<br />
Frauen sind in der technologieorientierten Forschung nach wie<br />
vor in der Minderheit und ihre Leistungen werden in der Öffentlichkeit<br />
kaum wahrgenommen. Besonders alarmierend ist die<br />
Situation in der industriellen Forschung. Während der Anteil<br />
von Frauen im EU Durchschnitt immerhin 15 Prozent beträgt,<br />
kommen sie in Österreich auf gerade einmal 10,4 Prozent. Der<br />
Anteil in den außeruniversitären Forschungseinrichtungen ist<br />
mit 17,8 Prozent etwas höher. In leitenden Funktionen sind<br />
Frauen so gut wie nicht anzutreffen. 1<br />
FEMtech setzt vielfältige Maßnahmen<br />
Dieses geschlechtsspezifische Ungleichgewicht ist der Hintergrund,<br />
weshalb das bmvit das Förderprogramm FEMtech im<br />
Rahmen der Initiative <strong>fFORTE</strong> 2 gestartet hat.<br />
FEMtech zielt darauf ab, Rahmen- und Zugangsbedingungen<br />
für Frauen in Forschung und Technologie zu verbessern, Frauen<br />
für eine technisch-naturwissenschaftliche Berufsentscheidung<br />
zu motivieren und ihre Karrierechancen zu erhöhen. Eine<br />
höhere Repräsentanz von Frauen in diesem Bereich liegt nicht<br />
nur im Interesse der Frauen selbst, denn die Nutzung des<br />
Potenzials weiblicher <strong>Forscherinnen</strong> und Technikerinnen verspricht<br />
mittelfristig eine Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit<br />
der Unternehmen. Die Firmen profitieren von mehr qualifiziertem<br />
Personal und erlangen damit mehr Innovationspotenzial.<br />
FEMtech forciert und unterstützt die Förderung der weiblichen<br />
Humanressourcen in forschungs- und technologieintensiven<br />
> Unternehmen<br />
> außeruniversitären Forschungseinrichtungen<br />
> Fachhochschulen<br />
> Forschungs-, Technologie- und Innovationsprogrammen<br />
In der Vielzahl der Maßnahmen zur Förderung von Frauen und<br />
Chancengleichheit bietet FEMtech Unterstützung und Fördermittel,<br />
um die jeweils passenden Massnahmen im eigenen<br />
Unternehmen bzw. in der eigenen Organisation umzusetzen.<br />
1<br />
Gender Booklet 2004, F&E Erhebung 2002<br />
2<br />
<strong>fFORTE</strong> ist eine gemeinsame Initiative des Rats für Forschung und Technologieentwicklung,<br />
des bm:bwk, des bmvit und des bmwa zur Stärkung von Frauen in Forschung und Technologie.<br />
6 www.femtech.at
FEMtech Förderungen<br />
FEMtech - Förderungen<br />
FEMtech Karriere<br />
Ziel von FEMtech ist es, den Anteil der Wissenschafterinnen in<br />
der industriellen Forschung zu erhöhen. Deshalb unterstützt<br />
FEMtech Karriere Unternehmen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen<br />
in Naturwissenschaft und Technik bei<br />
der Umsetzung struktureller Maßnahmen und Initiativen, die<br />
> zur Chancengleichheit von Frauen führen (Frauenförderungspläne,<br />
flexible Arbeitszeitmodelle etc.),<br />
> den Anteil an <strong>Forscherinnen</strong> und Technikerinnen im Betrieb<br />
erhöhen,<br />
> <strong>Forscherinnen</strong> und Technikerinnen in ihrer beruflichen Karriere<br />
unterstützen (Coaching, Mentoring, Weiterbildung etc),<br />
> Aktivitäten zur Berücksichtigung von Bedürfnissen und<br />
Interessen von Frauen in der Forschung setzen.<br />
FEMtech Fachhochschulen<br />
Fachhochschulen sind eingeladen, ihr Studienangebot für Frauen<br />
im Hinblick auf ihre Attraktivität zu bewerten und Konzepte<br />
zu entwickeln, die einen besseren Zugang von Frauen zu technischen<br />
Studiengängen ermöglichen. Ziel ist es, mehr Studentinnen<br />
für bisher männerdominierte Lehrgänge zu gewinnen.<br />
FEMtech Technologieprogramme<br />
Das Modul FEMtech Technologieprogramme fördert konkrete<br />
frauenfördernde und strukturverändernde Aktivitäten innerhalb<br />
der Forschungs- und Technologieprogramme des Bundes. Dies<br />
umfasst Maßnahmen<br />
> zur Berücksichtigung von Gender-Aspekten in der Konzeption<br />
von Programmen,<br />
> innerhalb der Programmabwicklung,<br />
> im Rahmen von aktuellen Ausschreibungen sowie<br />
> die Ausrichtung von Forschungsinhalten an den Bedürfnissen<br />
und Interessen von Frauen und Männern.<br />
Um die Umsetzung dieser Maßnahmen zu unterstützen wurde<br />
im Rahmen von FEMtech Technologieprogramme das Handbuch<br />
"Gender in den Forschungs- und Technologieprogrammen<br />
des bmvit" erstellt. Dieses Handbuch zeigt in übersichtlicher<br />
und praxisnaher Weise, welche Schritte innerhalb der Programme<br />
zur Implementierung von Gender Mainstreaming beitragen<br />
können. Das Handbuch ist kostenlos als download unter<br />
www.femtech.at erhältlich.<br />
Derzeit laufende Projekte beschäftigen sich mit<br />
> Bewusstseinsarbeit für Studierende und Lehrende,<br />
> gezielter Studentinnenakquisition,<br />
> Mentoringprogrammen,<br />
> Vernetzungsmöglichkeiten für weibliche Studierende,<br />
> Überarbeitung von Studieninhalten u.a. durch Implementierung<br />
von "soft skills" in technischen Fächern.<br />
www.femtech.at 7
FEMtech Grundlagen<br />
FEMtech Grundlagen<br />
FEMtech Grundlagen initiiert Forschung, die zur inhaltlichen<br />
Weiterentwicklung des Programms durch wissenschaftlich<br />
fundiertes Know-how beiträgt. Dazu zählt beispielsweise die<br />
Ermittlung von Daten zur Situation von Frauen in Forschung<br />
und Technologie, auf deren Grundlage Veränderungen festgestellt<br />
und neue Wege zur Chancengleichheit entwickelt werden<br />
können.<br />
FEMtech Netzwerk<br />
In regelmäßigen Abständen finden Netzwerktreffen und Veranstaltungen<br />
statt. Frauen und Männer, die den FEMtech Gedanken<br />
unterstützen und gemeinsam die Rahmen- und Zugangsbedingungen<br />
für Frauen im technisch-naturwissenschaftlichen<br />
Bereich verbessern wollen, sind eingeladen, bei diesen Treffen<br />
Informationen und Erfahrungen sowie Know-how auszutauschen.<br />
Das FEMtech-Team informiert über die Termine im<br />
FEMtech Newsletter und auf der Homepage.<br />
FEMtech Expertinnendatenbank<br />
In die Datenbank können sich Expertinnen unterschiedlichster<br />
Fachrichtungen eintragen. Der Schwerpunkt liegt auf Naturwissenschaft<br />
und Technik. Damit soll die Expertise und das<br />
Potenzial von Fachfrauen sichtbar und die Einbindung in Netzwerkstrukturen<br />
erleichtert werden. Mit der FEMtech Datenbank<br />
ist das Argument, keine Expertin zu einem Fachgebiet<br />
gefunden zu haben, nicht mehr zulässig.<br />
Rund 500 Expertinnen haben sich bereits in die Datenbank eingetragen.<br />
Die Eintragung ist kostenlos und online auf der<br />
Homepage von FEMtech möglich.<br />
Die Datenbank ist eine Dienstleistung für Institutionen, Forschungsgesellschaften<br />
und Unternehmen, die einfach und<br />
rasch qualifizierte Expertinnen finden wollen, um beispielsweise<br />
eine Jury zu besetzen, eine Evaluierung durchzuführen oder<br />
eine Referentin einzuladen. Die Suchanfrage ist online möglich<br />
und kostenlos.<br />
www.femtech.at/expertinnendatenbank<br />
8 www.femtech.at
FEMtech Forscherin des Monats<br />
Die Aktion "FEMtech Forscherin des Monats"<br />
Im Rahmen der Aktion "Forscherin des Monats" stellt FEMtech<br />
ausgewählte Expertinnen und ihre Tätigkeitsbereiche vor. Die<br />
Auswahl der <strong>Forscherinnen</strong> trifft eine unabhängige Jury. Die in<br />
der FEMtech Expertinnen-Datenbank eingetragenen Expertinnen<br />
im Bereich Naturwissenschaft und Technik bilden den<br />
Pool, aus dem die Forscherin des Monats nominiert wird.<br />
Schwerpunkt Sichtbarkeit und Sensibilisierung<br />
Die hervorragenden Leistungen von Frauen in der technologieorientierten<br />
Forschung sind in der Öffentlichkeit zu wenig sichtbar.<br />
Die Initiative FEMtech Forscherin des Monats rückt deshalb<br />
die Leistungen von Frauen in Forschung und Technologie<br />
ins Rampenlicht. Damit soll auch das Bild der Forschung verändert<br />
werden.<br />
Auswahl der Forscherin des Monats<br />
Das FEMtech Team wählt aus dem Pool der FEMtech Expertinnendatenbank<br />
Spezialistinnen aus einem Themenbereich<br />
aus und übermittelt Informationen zu diesen an die Jury. Die<br />
JurorInnen bewerten und bestimmen durch Reihung die Forscherin<br />
des Monats.<br />
Die Auswahl der Forscherin des Monats orientiert sich an<br />
> der Signalwirkung nach außen (im Hinblick auf Fachöffentlichkeit,<br />
allgemeine Öffentlichkeit, Vorreiterinnenrolle in<br />
einer männlich dominierten Branche etc.),<br />
> der Fachexpertise (wissenschaftliche Tätigkeit, Erfahrungen<br />
mit Forschungsprojekten national und international,<br />
Publikationen, Preise, Auszeichnungen u.ä.),<br />
> dem Mut für Grenzüberschreitungen (im Forschungsansatz,<br />
durch interdisziplinäre Kooperationen u.ä.) und<br />
> dem Beitrag zur Stärkung von Frauen in der Forschung (als<br />
Mentorin, durch die Förderung von Diplomandinnen und<br />
Doktorandinnen etc.)<br />
Jeden Monat wählt die Jury aus einem Dreier-Vorschlag die<br />
jeweilige Forscherin aus. Der hochrangig besetzten Jury<br />
gehören an:<br />
> Karin Bauer (KarriereStandard)<br />
> Günther Bonn (Stellvertretender Vorsitzender des Rats für<br />
Forschung und Technologie)<br />
> Silvia Buchinger (HP Österreich, Personaldirektorin)<br />
> Erich Gornik (Geschäftsführer der Austrian Research<br />
Centers GmbH – ARC)<br />
> Monika Kircher-Kohl (Sprecherin des Vorstandes und<br />
Finanzvorstand der Infineon Technologies Austria AG)<br />
> Peter Skalicky (Rektor der TU Wien, Mitglied des Präsidiums<br />
der Rektorenkonferenz)<br />
> Gundi Wentner (Geschäftsführende Gesellschafterin von<br />
Wentner-Havranek/Deloitte)<br />
Die vorliegende Broschüre zeigt Ihnen die Vielfalt der <strong>Forscherinnen</strong><br />
und skizziert den Karriereverlauf der <strong>Forscherinnen</strong>. Die<br />
Interviews finden Sie in voller Länge auf www.femtech.at.<br />
www.femtech.at 9
FEMtech Jury<br />
Die Jury zur "FEMtech Forscherin des Monats"<br />
Eine unabhängige Jury bestehend aus hochrangigen VertreterInnen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Personalmanagement<br />
wählt die "Forscherin des Monats".<br />
Karin Bauer<br />
Karin Bauer ist seit 1988 bei der Tageszeitung "Der Standard" und seit 12 Jahren in der Wirtschaftsredaktion<br />
als Journalistin tätig. Derzeit ist sie Leiterin der Karriereredaktion im Standard. Sie ist Buchautorin und<br />
Moderatorin.<br />
Karin Bauer zum Thema Gender Mainstreaming und Förderung von Frauen in der Forschung<br />
Als Printmedium eröffnen sich uns besondere Chancen, wirksam zu werden. Wir schaffen bewusst Rahmen<br />
und Möglichkeiten zum Sichtbarmachen von Frauen in der Forschung und das nicht nur auf den Wissenschaftsseiten.<br />
Vor allem im KarriereStandard haben wir neue Formate entwickelt (Karriere der Woche,<br />
Karriereforum), um <strong>Forscherinnen</strong> als Role Models vorzustellen. Uns ist wichtig, Gestaltungsspielräume<br />
gendergerecht zu nutzen. Das beginnt bei der Themenwahl und reicht bis zur Auswahl des Bildmaterials,<br />
weil gerade auch die mediale Bildsprache stark zur Positionierung beiträgt.<br />
„Als Medienfrau ist es für mich selbstverständlich, <strong>Forscherinnen</strong> beim Schritt vor den Vorhang zu unterstützen.<br />
Die Leistungen der <strong>Forscherinnen</strong> in Österreich brauchen Publikum - wer da beim Bühnenbauen<br />
mithelfen kann, der muss das tun!“<br />
Univ. Prof. Dr. Günther Bonn<br />
Günther Bonn studierte in Innsbruck Chemie. Nach Forschungsaufenthalten in den USA wurde er 1991 als<br />
Professor für Analytische Chemie an die Universität Linz berufen. Seit 1995 ist er Professor für Analytische<br />
Chemie am Institut für Analytische Chemie und Radiochemie an der Universität Innsbruck. Er war Mitglied<br />
des Fachhochschulrates, Mitglied und Referent des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung<br />
und ist derzeit im Universitätsrat der Medizinischen Universität Innsbruck. Seit 2000 ist er stellvertretender<br />
Vorsit-zender des Rates für Forschung und Technologieentwicklung.<br />
Günter Bonn zum Thema Gender Mainstreaming und Förderung von Frauen in der Forschung<br />
Frauen sind in Forschung und Technologie in Österreich wie in den meisten EU-Staaten un-terrepräsentiert,<br />
vor allem in naturwissenschaftlich-technischen Fächern, in der industriellen Forschung und Entwicklung<br />
sowie in Führungspositionen. Wenn Österreich die angestrebte internationale Spitzenposition in den Bereichen<br />
Forschung, Technologie und Innovation (FTI) erreichen will, kann es sich aber nicht länger leisten, auf<br />
die Kreativität und das Know-how von Frauen zu verzichten. Ein wichtiges Ziel der FTI-Politik ist es daher,<br />
die Chancengleichheit für Frauen und Männer zu verwirklichen und zu erreichen, dass Frauen aliquot in allen<br />
Sektoren und Ebenen von FTI vertreten sind. Die dazu notwendigen Instrumente sind die stärkere Förderung<br />
von Frauen sowie konsequentes Gender Mainstreaming.<br />
Der Rat hat seit dem Jahr 2002 insgesamt 16,42 Mio. Euro an zusätzlichen Mitteln für die Förderung von<br />
Frauen in Forschung und Technologie empfohlen. Außerdem hat er die interminis-terielle Initiative <strong>fFORTE</strong> –<br />
Frauen in Forschung und Technologie ins Leben gerufen. Sie hat sich bewährt und soll fortgesetzt werden.<br />
„Ich unterstütze die Aktion „FEMtech Forscherin des Monats“, weil damit auch den Intentionen des Rats<br />
für Forschung und Technologieentwicklung Rechnung getragen wird.“<br />
10 www.femtech.at
FEMtech Jury<br />
DI in Silvia Buchinger<br />
Silvia Buchinger hat Informatik an der TU Wien studiert und war längere Zeit bei Alcatel Austria tätig. Seit<br />
2001 ist sie Personaldirektorin und Mitglied der Geschäftsleitung von Hewlett-Packard Österreich.<br />
Silvia Buchinger zum Thema Gender Mainstreaming und Förderung von Frauen in der Forschung<br />
Unser Ziel für Hewlett-Packard Österreich ist es, Zusammenarbeit in möglichst vielfältigen Teams zu gestalten<br />
und somit einen hohen Anteil von Mitarbeiterinnen und Managerinnen zu nutzen. Wir bieten Flexibilität<br />
in der Gestaltung von Arbeitszeit und -ort sowie die Gelegenheit für Mitarbeiterinnen, miteinander zu Netzwerken.<br />
„Ich unterstütze die Aktion „FEMtech Forscherin des Monats“, weil es mir im Sinne von Vielfalt wichtig ist,<br />
im Unternehmen einen guten Mix von unterschiedlichen Erfahrungen und Zugängen zu haben und so größtmögliche<br />
Innovation und Kreativität zu erreichen und damit das Geschäftsergebnis zu verbessern.“<br />
Univ.-Prof. DI Dr. Erich Gornik<br />
Erich Gornik ist seit 2003 Geschäftsführer der Austrian Research Centers GmbH – ARC. Er studierte Technische<br />
Physik an der TU Wien. Seit 1993 ist er Professor für Festkörperelekt-ronik an der TU Wien und Leiter<br />
des Mikrostrukturzentrums (MISZ) Wien. Er erhielt zahlrei-che Auszeichnungen, darunter die Ernennung<br />
zum Fellow der American Physical Society, den Wittgensteinpreis der Österreichischen Bundesregierung<br />
und den Erwin Schrödinger Preis der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.<br />
Erich Gornik zum Thema Gender Mainstreaming und Förderung von Frauen in der Forschung<br />
Im Rahmen der neuen Forschungs- und Technologiestrategie 2004+ setzt die ARC-Gruppe gezielt auf Diversity-Management.<br />
Sie will damit ihre Innovationskraft, den betriebswirtschaftlichen Erfolg und die internationale<br />
Positionierung stärken. Diversity@ARC ist die Klammer um jene Maßnahmenpakete, die auf Chancengleichheit<br />
von Frauen und Männern, auf den internationalen Austausch von ForscherInnen sowie auf die<br />
optimale Integration älterer MitarbeiterInnen im Innovationsprozess zielt. Die umfassende Verankerung der<br />
Maßnahmen wurde in vier Aktionslinien für die ARC-Gruppe ausgearbeitet und im Rahmen von zwei FEMtech<br />
Projekten umgesetzt. Ziel aller Maßnahmen ist Gender Mainstreaming in der Unternehmenskultur und<br />
den relevanten Unternehmensprozessen nachhaltig zu verankern und bewusstseinsbildende Maßnahmen<br />
zu fördern, um damit für Frauen und Männer ein innovatives und kreatives Umfeld zu schaffen – ganz im<br />
Sinne des Mottos: "die Gleichwertigkeit des Unterschiedlichen".<br />
„Ich unterstütze die Aktion „FEMtech Forscherin des Monats“, weil das Bewusstmachen von Spitzenleistungen<br />
von Frauen ein großes Anliegen der ARC ist. Vorbilder haben auf die Jugend eine starke Wirkung,<br />
die es weiter auszubauen gilt.“<br />
www.femtech.at 11
FEMtech Jury<br />
Die Jury zur "FEMtech Forscherin des Monats"<br />
Mag. a Monika Kircher-Kohl<br />
Monika Kircher-Kohl hat in Wien und Mexiko City Wirtschaftswissenschaften studiert. Nach unterschiedlichen<br />
Stationen in der Wirtschaft und an der Universität war sie von 1991 bis 2001 Vizebürgermeisterin der<br />
Stadt Villach. Seit 2001 ist sie Finanzvorstand der Infineon Technologies Austria AG und verantwortet die<br />
Bereiche Finanzen, Forschung und Personal.<br />
Monika Kircher-Kohl zum Thema Gender Mainstreaming und Förderung von Frauen in der Forschung<br />
Infineon Österreich verfolgt das Ziel, beste Rahmenbedingungen für Frauen im Unternehmen und insbesondere<br />
für Frauen in technischen Berufen zu schaffen. Basis dafür ist eine familien- und frauenfreundliche<br />
Firmenkultur. So wurden im Frühjahr 2005 Gender Mainstreaming Workshops für Führungskräfte durchgeführt.<br />
Ebenfalls seit dem letzten Jahr ist das KarenzmitarbeiterInnen-Gespräch fixer Bestandteil des Personalentwicklungsprozesses.<br />
Vorstellungen der MitarbeiterIn und der Führungskraft werden im Hinblick auf<br />
den Wiedereinstieg definiert und festgehalten. Weiters erfolgte die Gründung eines internen Frauen-Netzwerkes.<br />
Die Teilnahme am Girl’s Day oder am Lilith Landesförderpreis sind für Infineon selbstverständlich. Um unsere<br />
Aktivitäten publik zu machen, entstand ein Folder mit Statements von Technikerinnen und Wiedereinsteigerinnen.<br />
Im firmeneigenen Intranet wurde eine eigene Homepage zum Thema Frauen in die Technik<br />
mit Informationen und aktuelle Terminen eingerichtet. Ideen und Impulse gibt es noch viele, an denen wir<br />
in Zukunft weiterarbeiten werden!<br />
„Ich engagiere mich gerne für eine Initiative, die von unschätzbarem Wert für unsere ForscherInnen, aber<br />
auch für den Technologiestandort selbst ist. In Österreich machen wir dadurch weibliche Vorbilder öffentlich<br />
in der - leider fast ausschließlich männlichen - Domäne Technik.“<br />
Prof. DI Dr. Peter Skalicky<br />
Peter Skalicky studierte Technische Physik in Wien. Nach seiner Habilitation im Jahr 1973 und einer Professur<br />
in Paris wurde er 1979 Professor für angewandte Physik an der TU Wien. Seit 1991 ist er Rektor der<br />
TU Wien und war von 1995 bis 1999 Präsident der Österreichischen Rektorenkonferenz.<br />
Peter Skalicky zum Thema Gender Mainstreaming und Förderung von Frauen in der Forschung<br />
Das erklärte Ziel der TU Wien ist es, den Frauenanteil in ihren technisch-naturwissenschaftlichen Studien<br />
zu erhöhen. Dies verbreitert die Basis, um in der Folge auch mehr Frauen in Führungspositionen zu etablieren.<br />
Dies geschieht aus zweierlei Gründen: Einerseits bringen Frauen spezifische Qualitäten ein, andererseits<br />
stellen sie im Bereich Technik/Naturwissenschaft ein noch weitgehend ungenutztes Potenzial dar.<br />
Zur Erreichung dieses Ziels laufen verschiedenste Aktivitäten: Verbesserung der Bewerbung (z.B. "Frauen<br />
in die Technik"), Unterstützung durch Mentoring ("MentorING"), Förderung der Karriere (Lehrgang), Verankerung<br />
in der Fachkultur ("Gender in die Lehre") und Erleichterung des Wiedereinstiegs nach der Karenz. Mit<br />
dem "Wissenschafterinnenkolleg Internettechnologie“ (WIT) hat die TU auch Erfahrungen mit einem Best<br />
practice-Beispiel.<br />
„Ich unterstütze die Aktion „FEMtech Forscherin des Monats“ weil kompetente Frauen sichtbar gemacht<br />
werden müssen. Für junge Frauen sind "role models" als Identifikationschance wichtig. Dies liefert das nötige<br />
Selbstvertrauen, um sich auf das Abenteuer Technik einzulassen.“<br />
12 www.femtech.at
FEMtech Jury<br />
Dr. in Gundi Wentner<br />
Gundi Wentner studierte Rechtswissenschaften an der Universität Graz und absolvierte ein Postgraduate-<br />
Studium an der Johns Hopkins University. Nach fünf Jahren Banktätigkeit – Chase Manhattan Bank Wien<br />
und London – gründete sie gemeinsam mit Christian Havranek das Unternehmen Wentner-Havranek, Institut<br />
für Unternehmensberatung GmbH. Seit Juli 2002 ist Wentner-Havranek in die Deloitte-Gruppe integriert,<br />
Gundi Wentner ist Partnerin und geschäftsführende Gesellschafterin von Deloitte. Arbeitsschwerpunkte<br />
sind die Suche und Auswahl von Führungskräften und SpezialistInnen sowie Betriebsberatung zu Aufgabenstellungen<br />
der Personalwirtschaft mit Schwerpunkt Talent Management.<br />
Gundi Wentner zum Thema Gender Mainstreaming und Förderung von Frauen in der Forschung<br />
Die Förderung von Frauen in der privaten und öffentlichen Wirtschaft sowie der öffentlichen Verwaltung ist<br />
Beratungsinhalt von Deloitte / Wentner-Havranek. Bei der Suche und Auswahl von Führungskräften, bei Fragestellungen<br />
zum Thema Talent Management, Führungskräfteentwicklung und im engeren Sinn Potenzialdiagnose<br />
geht es in der Beratungstätigkeit von Wentner-Havranek / Deloitte immer wieder um die Themen<br />
Diskriminierung von Frauen, Equality Management bzw. um die Erhöhung des Anteils an weiblichen<br />
Führungskräften in Unternehmen.<br />
„Ich unterstütze die Aktion „FEMtech Forscherin des Monats“, weil sie hervorragende wissenschaftliche<br />
Leistungen von Frauen und die dahinter stehenden Persönlichkeiten in der Öffentlichkeit sichtbar und<br />
jungen Frauen Mut macht, eine Forschungslaufbahn einzuschlagen. Österreich wird im internationalen<br />
Wettbewerb der Wissensgesellschaft nur dann bestehen können, wenn wir das Potenzial der zu 50 %<br />
weiblichen, gut ausgebildeten und talentierten jungen Menschen im gleichen Ausmaß fördern wie das der<br />
Männer.“<br />
www.femtech.at 13
Anytime – Anywhere – Anymedia<br />
o.Univ.-Prof. in DI in Mag. a Dr. in<br />
Gerti Kappel<br />
Professorin für Wirtschaftsinformatik an der TU Wien und Leiterin der Business Informatics Group am Institut für<br />
Softwaretechnik und Interaktive Systeme.<br />
Software<br />
ZUR PERSON<br />
Geboren 1960 in Wien, aufgewachsen in Wien und im Burgenland<br />
Familie: verheiratet, 2 Kinder (Sebastian 9 Jahre, Stefanie 4 Jahre)<br />
Hobbies: Skitouren gehen, Schwimmen, Radfahren, Lesen<br />
Im Interview spricht sie über ihren ganz persönlichen Karriereweg,<br />
über die Faszination Wissenschaft, wie sie Beruf und<br />
Familie "manchmal besser, manchmal schlechter" vereinbart,<br />
wer sie selber gefördert hat und wie sie nun Frauen ein Technikstudium<br />
schmackhaft macht und ihrem Weg unterstützt.<br />
Was hat Sie bewogen, Ihre Forschungsrichtung zu wählen?<br />
Mathematik hatte mich schon immer interessiert und Informatik<br />
war, zumindest für mich als Maturantin, die grosse Unbekannte.<br />
Nach einem einjährigen Programmierlehrgang als Kurzausbildung<br />
nach der Matura war aber klar, dass Informatik mein<br />
Fach ist.<br />
Was waren wichtige Stationen auf Ihrem Karriereweg?<br />
Es waren kleine Schritte - nach dem Studium wurde mir eine<br />
AssistentInnenstelle am Statistik- und Informatik-Institut von<br />
Professor Bruckmann angeboten. Also habe ich dissertiert -<br />
das hatte ich vorher gar nicht wirklich im Sinn.<br />
Nach der Promotion sagte mein Chef: "Du musst unbedingt zu<br />
einem Post-Doc-Aufenthalt ins Ausland." Also ging ich an das<br />
Centre Universitaire d'Informatique nach Genf. Nachdem ich<br />
zurückkam, habilitierte ich mich. Die Entscheidungen habe ich<br />
schrittweise getroffen. Aber sobald ich zu etwas entschlossen<br />
war, habe ich meinen Weg konsequent verfolgt.<br />
Fotos: XXXXXXXXXXX<br />
Astrid Bartl<br />
WERDEGANG<br />
Gerti Kappel ist Professorin für Wirtschaftsinformatik an der<br />
Technischen Universität Wien und leitet die Business Informatics<br />
Group am Institut für Softwaretechnik und Interaktive<br />
Systeme. Nach einem Doppelstudium von Betriebsinformatik<br />
an der Universität Wien und Informatik an der TU Wien war sie<br />
bereits mit 24 Jahren Magistra und Diplomingenieurin und mit<br />
33 Professorin für Informationssysteme an der Johannes Kepler<br />
Universität Linz. 2001 folgte sie einem Ruf an die TU Wien.<br />
14 www.femtech.at
Gerti Kappel<br />
Engineering<br />
Welche Eigenschaften oder Umstände waren ausschlaggebend,<br />
dass Sie nun in der Spitzenforschung tätig sind?<br />
Früher habe ich mindestens 60 bis 70 Stunden gearbeitet, in<br />
den heißen Phasen noch mehr. Es war normal, einen 14-Stunden-Tag<br />
zu haben, um 8 oder 9 ins Büro zu gehen und um Mitternacht<br />
nach Hause. Für mich war auch klar: Solange ich dissertiere<br />
und mich habilitiere, werde ich keine Kinder kriegen.<br />
Es gibt genug, die das tun, und ich habe große Hochachtung<br />
davor - aber es kostet so viel Energie! Ich habe versucht, die<br />
Karriere zuerst auf Schiene zu bringen und dann Kinder zu kriegen.<br />
Sobald ich eine Professur hatte, war ich eigentlich sehr<br />
frei in meiner Arbeit.<br />
Ich war mit 33 Professorin - Freunde fragten mich damals: "Und<br />
jetzt? Was tust du denn nun bis zur Pension?" Dabei ist der<br />
eigene Ehrgeiz die größte Triebfeder. Aber es macht Spaß,<br />
etwas zu gestalten, ein neues Buch zu schreiben, eine Lehrveranstaltung<br />
zu entwickeln. Die Latte legen wir uns immer<br />
selber. Wenn ich mir in den acht Jahren in Linz ein leichtes<br />
Leben gemacht hätte, wäre es schwerer bzw. nicht möglich<br />
gewesen, mich auf eine andere Uni zu bewerben.<br />
Welche Erfahrungen haben Sie als Frau in den technischen Wissenschaften<br />
gemacht?<br />
Wissenschaft zu machen - egal ob von Mann oder Frau - heißt,<br />
nicht nur einen Beruf zu haben, sondern eine Berufung. Wenn<br />
ich mich dafür entscheide, entscheide ich mich gegen einen<br />
"nine to five" Job. Wenn ich Wissenschaft definiere, sage ich<br />
immer, es ist eine Mischung aus Masochismus und Egoismus.<br />
Der Unterschied zwischen Männern und Frauen in der Wissenschaft<br />
ist, dass es Männern mehr zugetraut wird, viel zu leisten,<br />
und dass sie dafür mehr Unterstützung bekommen. Bei<br />
einem Mann wird auch weit eher akzeptiert, dass er den nötigen<br />
zeitlichen Einsatz zeigt, um in der wissenschaftlichen Karriere<br />
voran zu kommen.<br />
Was würden Sie jungen Frauen empfehlen, die einen ähnlichen Karriereweg<br />
einschlagen wollen?<br />
Es ist ganz wichtig, dass man - ob Mann oder Frau - ein unterstützendes<br />
Vorbild hat. Das versuche ich auch weiterzugeben<br />
und darin sehe ich auch meine gesellschaftliche Verantwortung.<br />
Vor vier Jahren bat mich eine junge Frau, eine exzellente<br />
Mathematikerin, Mentorin für sie zu sein. Dabei ist mir bewusst<br />
geworden, dass ich ihr viel von meiner Erfahrung weitergeben<br />
kann: Welche Fragen darf ich in einer Berufungskommission<br />
stellen? Was mache ich, wenn ich bei der Aufgabenverteilung<br />
benachteiligt werde? Wie bewerbe ich mich um eine Post-<br />
Doc-Stelle im Ausland etc.? Dabei ist es besonders wichtig,<br />
Männer in verantwortungsvollen Positionen für dieses Thema<br />
der Nachwuchsförderung zu sensibilisieren.<br />
„Es ist ganz wichtig, dass man - ob Mann oder Frau - ein unterstützendes Vorbild hat. Das versuche ich auch weiterzugeben<br />
und darin sehe ich auch meine gesellschaftliche Verantwortung.“<br />
FORSCHUNGSSCHWERPUNKT<br />
Gerti Kappel beschäftigt sich mit Software Engineering, mit<br />
dem Schwerpunkt Webanwendungen. Dabei geht es um<br />
Konzepte, Methoden und Techniken, um Software für Webanwendungen<br />
zuverlässiger, schneller und anpassungsfähiger<br />
zu bauen. Ziel ist die (teil-)automatische Generierung von<br />
Software aus formal spezifizierten Modellen, angepasst an<br />
den jeweils gültigen Verwendungskontext, d.h. wann, wo<br />
und wie auf die Anwendung zugegriffen wird. Zusätzlich<br />
engagiert sich Gerti Kappel in diversen Frauenförderprojekten<br />
wie WIT – Wissenschafterinnenkolleg Internettechnologie<br />
und FIT – Frauen in die Technik.<br />
www.femtech.at 15
Viel Spaß am Experimentieren<br />
Prof. in Mag. a Dr. in Dr. in h.c. Claudia Ambrosch-Draxl<br />
Professorin für Atomistic Modelling and Design of Materials an der Montanuniversität Leoben<br />
Physik und Werk<br />
ZUR PERSON<br />
Geboren 1960 in Villach<br />
Familie: verheiratet mit einem Physiker<br />
Hobbys: Wüstenreisen, fotografieren und lesen<br />
Im Interview spricht sie über ihren Spaß an der Forschung und<br />
was ihr besonders wichtig ist, welche Erfahrungen sie<br />
gemacht hat und was sie ihren jungen Kolleginnen rät.<br />
Was hat Sie bewogen, Ihre Forschungsrichtung zu wählen?<br />
Ursprünglich wollte ich Pilotin werden. Das ist daran gescheitert,<br />
dass Frauen damals nicht zur Ausbildung aufgenommen<br />
wurden. Ich habe mich auch nie wirklich zwischen Naturwissenschaften<br />
und Musik entscheiden können. Ich habe die Aufnahmsprüfung<br />
für die Musikhochschule in Wien gemacht,<br />
dann aber beschlossen, in Graz zu bleiben. Also studierte ich<br />
Physik und Mathematik. Mit Zahlen umzugehen hat mir immer<br />
Spaß gemacht.<br />
Was waren wichtige Stationen auf Ihrem Karriereweg?<br />
Meine Karriere ist irgendwie passiert, sie hat sich ergeben. Mir<br />
hat das Studium Spaß gemacht. Ein Professor, bei dem ich<br />
meine Diplomarbeit machen wollte, sagte mir, ich solle gleich<br />
mit der Dissertation beginnen – zur Theorie der Halbleiter-<br />
Supergitter. Weil ich zur sub-auspiciis-Promotion zugelassen<br />
war, bekam ich automatisch ein Forschungsstipendium, mit<br />
dem ich mir aussuchen konnte, an welchem Institut ich arbeiten<br />
wollte. Ich ging an die TU Wien und wechselte auf mein<br />
heutiges Fachgebiet. Im Jahr 1990, nach dreieinhalb Jahren in<br />
Fotos: Peter Philipp<br />
WERDEGANG<br />
Claudia Ambrosch-Draxl studierte Mathematik und Physik an<br />
der Universität Graz. Im Jahr 1996 habilitierte sie sich an der<br />
Uni Graz für das Fach Theoretische Physik. Als eine der jüngsten<br />
WissenschafterInnen erhielt die Physikerin im Jänner<br />
2000 von der Universität Uppsala das Ehrendoktorat. Sie ist<br />
Vorsitzende der Arbeitsgruppe Frauen und Physik in der Österreichischen<br />
Physikalischen Gesellschaft. Seit November 2005<br />
ist sie Professorin für Atomistic Modelling and Design of Materials<br />
an der Montanuniversität Leoben.<br />
16 www.femtech.at
Claudia Ambrosch-Draxl<br />
stoffdesign<br />
Wien, bekam ich eine Stelle als Assistentin an der Uni Graz.<br />
1996 habilitierte ich mich. Anschließend war ich mehrmals als<br />
Gastforscherin und als Gastprofessorin an der Universität Uppsala<br />
in Schweden.<br />
Welchen Eigenschaften oder Umständen haben Sie es zu verdanken,<br />
dass Sie nun in der Spitzenforschung tätig sind?<br />
Ich kann zielstrebig arbeiten, weil es Spaß macht. Aber mir<br />
fehlte immer der Ehrgeiz dazu, eine bestimmte Position erreichen<br />
zu müssen. Ich habe natürlich nie nein gesagt, wenn sich<br />
etwas ergeben hat. Ich möchte einfach Freude an meiner<br />
Arbeit haben. Als weitere wichtige Voraussetzung für Erfolg<br />
sehe ich auch die Freiheit, eigene Forschungsthemen auszusuchen<br />
und diese längerfristig verfolgen zu können.<br />
Welche Erfahrungen haben Sie als Frau in den technischen Wissenschaften<br />
gemacht?<br />
Ich glaube, dass Frauen eher übersehen werden und dass sie<br />
sich auch weniger klar und deutlich artikulieren und sagen, sie<br />
würden dies oder jenes gerne machen. Die Universitätsstatistiken<br />
zeigen deutlich, dass die Planstellen zum Großteil von<br />
Männern besetzt werden, während Frauen meistens über Projekte<br />
mitarbeiten – und deshalb viel leichter wieder aus der Karriereschiene<br />
fallen können.<br />
Mein Mann ist auch Physiker, er hat ein technisches Büro. Es<br />
hilft ungemein, einen Partner mit naturwissenschaftlichem<br />
oder wissenschaftlichem Background zu haben. Sonst würde<br />
das Verständnis fehlen, wenn man bis in die Nacht hinein arbeitet.<br />
Wie wichtig dieses Verständnis ist, sehe ich an meinen<br />
Studentinnen, wenn sie zum Beispiel ihren Partnern klar zu<br />
machen versuchen, dass sie für eine Post-Doc-Stelle ins Ausland<br />
gehen wollen.<br />
Was würden Sie jungen Frauen empfehlen, die einen ähnlichen Karriereweg<br />
einschlagen wollen?<br />
Für junge Absolventinnen ist die Zeit nach Studienende kritisch<br />
für den Karriereverlauf: Wenn keine Stellen vorhanden sind und<br />
keine Möglichkeit, eine Dissertation zu beginnen, werden sie<br />
viel schneller vom Karriereweg abgedrängt als ihre männlichen<br />
Kollegen.<br />
Das Wichtigste ist, das Selbstvertrauen zu stärken; den Frauen<br />
zu sagen, dass sie es schaffen können. Frauen neigen dazu,<br />
ständig zu hinterfragen, ob sie für eine Stelle geeignet sind,<br />
selbst wenn 90 Prozent der Ausschreibung auf sie zutreffen.<br />
Das tun Männer nicht. Die bewerben sich, auch wenn die Stelle<br />
nur wenig mit ihnen zu tun hat. Ich bemühe mich, meine Mitarbeiterinnen<br />
sichtbar zu machen, sie auf Konferenzen zu<br />
schicken und zu Vorträgen mitzunehmen.<br />
„Das Wichtigste für mich in der Wissenschaft ist die Freude, ein Thema zu entwickeln, die Freude daran, etwas zu<br />
erforschen. Das Faszinierende an der Physik ist das Herausfinden der Zusammenhänge.“<br />
FORSCHUNGSSCHWERPUNKT<br />
In der Arbeitsgruppe von Claudia Ambrosch-Draxl werden<br />
Computerprogramme entwickelt, um verschiedene physikalische<br />
Größen - Materialeigenschaften - ausrechnen zu können.<br />
Diese Programme werden dann auf verschiedene Festkörper<br />
angewendet, die von einfachen Metallen bis zu Hochtemperatursupraleitern<br />
und von konventionellen Halbleitern<br />
bis zu organischen Molekülkristallen reichen. Die auf der<br />
Dichtefunktionaltheorie beruhenden Methoden erlauben<br />
auch das Maßschneidern von Materialien auf dem Computer,<br />
d.h. die Vorhersage der Zusammensetzung von Festkörpern,<br />
die eine gewünschte Eigenschaft aufweisen.<br />
www.femtech.at 17
In den Weltraum fliegen<br />
Rumi Nakamura, D.Sc.<br />
Arbeitsgruppenleiterin am Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Graz<br />
Weltraum<br />
ZUR PERSON<br />
Geboren 1961 in Tokio, aufgewachsen in Japan und Deutschland<br />
Familie: verheiratet, lebt mit ihrem Mann in Graz<br />
Hobbies: Skifahren, Bergwandern, Musik<br />
Im Interview erzählt Rumi Nakamura über ihren Weg zur Geophysik,<br />
ihre internationalen Erfahrungen und über ihren<br />
Wunsch, etwas Außergewöhnliches zu machen.<br />
Was hat Sie bewogen, Ihre Forschungsrichtung zu wählen?<br />
Mein Vater ist Kernphysiker und in unserer Familie war Physik<br />
immer etwas Natürliches. Ich mochte Naturwissenschaften<br />
immer gerne, viel lieber als Literatur. Auf der Uni machte ich ein<br />
Praktikum bei einem interessanten Professor, der das Polarlicht<br />
untersuchte, viel in der Antarktis unterwegs war und uns wunderschöne<br />
Bilder davon zeigte. Durch diesen Zufall bin ich zur<br />
Geophysik gekommen.<br />
Was waren wichtige Stationen auf Ihrem Karriereweg?<br />
Ich habe mit dem Studium der Naturwissenschaften begonnen,<br />
weil es mir Freude machte. Nach dem ersten Studienabschluss,<br />
dem Bachelor, ging ich zwei Semester nach München,<br />
dann wieder zurück nach Tokio, um den Master und dann das<br />
Doktorat in Geophysik zu machen, das war 1990. Während<br />
meiner Dissertation hatte ich viel mit einem amerikanischen<br />
Forscher zu tun, der am NASA Goddard Space Flight Center in<br />
Maryland, nahe Washington D.C. arbeitete. Dadurch bekam ich<br />
in Goddard eine Post-Doc Stelle und war dort von 1991 bis<br />
1993. Dann ging ich wieder nach Japan zurück und wurde<br />
Assistant Professor an der Nagoya University. Seit 2001 bin ich<br />
gemeinsam mit meinem Mann in Graz am Weltraumforschungsinstitut<br />
der Akademie der Wissenschaften.<br />
Fotos: Peter Philipp<br />
WERDEGANG<br />
Rumi Nakamura studierte Geophysik in Tokio. Seit 2001 ist sie<br />
als Arbeitsgruppenleiterin am Institut für Weltraumforschung<br />
der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Graz<br />
tätig. Zuvor hat Rumi Nakamura für die NASA in den USA, für<br />
das National Institute of Polar Research und die Nagoya University<br />
in Japan und das Max-Planck-Institut in Garching bei<br />
München gearbeitet. Im Mai 2005 erhielt die Forscherin den<br />
renommierten japanischen Wissenschaftspreis "Tanakadate<br />
Award".<br />
18 www.femtech.at
Rumi Nakamura<br />
forschung<br />
Welche Eigenschaften oder Umstände waren ausschlaggebend, dass<br />
Sie nun in der Spitzenforschung tätig sind?<br />
Ich habe in Japan gearbeitet, in den USA, in Europa. Jetzt<br />
genieße ich das Leben hier in Graz. Wir sind ein gutes Team im<br />
Institut, diskutieren viel, helfen uns gegenseitig. Ich möchte<br />
zum Beispiel nicht mehr in den USA arbeiten. Dort kann man<br />
sehr schlecht langfristig planen, ständig muss man Proposals<br />
schreiben, um neue Forschungsgelder aufzutreiben. Wenn<br />
man diese Forschungsgelder bekommt, ist es gut, aber wenn<br />
man sie nicht bekommt, wird es schwierig. Früher habe ich mir<br />
gewünscht, einmal ins Weltall zu fliegen oder ich wäre auch<br />
gerne in die Antarktis gegangen. Aber damals hat es geheißen,<br />
es sei noch zu früh, Frauen in die Antarktis zu schicken.<br />
Welche Erfahrungen haben Sie als Frau in den technischen Wissenschaften<br />
gemacht?<br />
Der erste Studienabschluss in Japan ist ein Bachelor und<br />
anders als in Österreich werden alle Studierenden eines Jahrgangs<br />
gleichzeitig im März fertig. Alle meine männlichen Studienkollegen<br />
bekamen eine Unzahl von Jobangeboten - und ich<br />
bekam keinen einzigen Brief! Das war ein Schock für mich.<br />
Nach diesen Erfahrungen habe ich gemerkt, als Frau brauche<br />
ich etwas in der Hand, um beweisen zu können, was ich kann.<br />
Ich habe gesehen, welche unterschiedliche Behandlung es gibt.<br />
Ein einziges Diplom genügt nicht für eine Frau. Also machte ich<br />
den Master. Und da es mir Spaß gemacht hat, wollte ich auch<br />
das Doktorat machen – das Ticket für die Wissenschaftskarriere.<br />
Was würden Sie jungen Frauen empfehlen, die einen ähnlichen Karriereweg<br />
einschlagen wollen?<br />
Es gibt keine geschlechtsspezifischen Fächer und ich wünsche<br />
mir, dass Frauen nie aufgeben, auch wenn man ihnen sagt,<br />
dass ihr Fach ein Männerfach ist. An Österreich gefällt mir,<br />
dass Frauen ihre Arbeitszeit reduzieren können, wenn sie Kinder<br />
bekommen, und so leichter Beruf und Familie vereinbaren<br />
können. Wenn eine Frau in Japan beschließt, Kinder zu bekommen<br />
und weiterzuarbeiten, muss sie dennoch 200 Prozent leisten.<br />
Es wird verlangt, dass sie ganz da ist oder gar nicht.<br />
„Für mich als Wissenschafterin ist es wichtig, gute Arbeit zu leisten. Mir geht es nicht darum, die Konkurrenz zu<br />
gewinnen. Gewinnen wollen ist eher eine männliche Herangehensweise.“<br />
FORSCHUNGSSCHWERPUNKT<br />
Zu Rumi Nakamuras Hauptfachgebiet gehören die Magnetosphärenphysik<br />
und die Weltraumplasmaphysik. Mit der<br />
Auswertung und physikalischen Interpretation von Messungen<br />
im erdnahen und interplanetaren Weltraum ist sie an<br />
mehreren Satellitenmissionen von ESA, NASA und den japanischen<br />
und chinesischen Weltraumagenturen als Co-Investigator<br />
beteiligt. Zur Zeit arbeitet sie an den Vorbereitungen für<br />
eine europäisch-japanische Weltraummission, die 2013 zum<br />
Planeten Merkur starten wird.<br />
www.femtech.at 19
Denken in Millionstel Millimeter<br />
Ao.Univ.Prof. in DI in Dr. in<br />
Margit Sára<br />
Leiterin der Arbeitsgruppe Nanoengineering am Zentrum für Nanobiotechnologie und Leiterin des Erwin-Schrödinger-<br />
Institutes für Molekulare Biotechnologie<br />
Nano<br />
ZUR PERSON<br />
Geboren 1957 in Wien<br />
Familie: verheiratet, 1 Kind: Adrian (1990)<br />
Im Interview berichtet Margit Sára von ihrer Begeisterung für<br />
Madame Curie und für ihre DiplomandInnen und DissertantInnen<br />
sowie über ihre Studienwahl und die Vereinbarkeit von<br />
Beruf und Familie als Forscherin.<br />
Was hat Sie bewogen, Ihre Forschungsrichtung zu wählen?<br />
Ich wollte eigentlich Chemie studieren, Chemie war meine Leidenschaft.<br />
Ich habe im Volksschulalter ein Buch über Madame<br />
Curie in die Hände bekommen. Es enthielt ein Bild von dieser<br />
hochschwangeren Frau im bodenlangen Kleid, die im Labor<br />
stand. Das hat mich beeindruckt, dass jemand mit so viel Leidenschaft<br />
an etwas arbeiten kann.<br />
Dieses Bild habe ich in mir getragen. Im Chemieunterricht in<br />
der 7. Klasse wurde mir endgültig klar: Das ist mein Fach. Doch<br />
ich hatte eine gewisse Scheu auf die Technische Universität zu<br />
gehen – es hieß, die TU sei so schwierig, sei total männerdominiert<br />
und auch keine meiner Freundinnen wollte dorthin –<br />
das war schließlich 1975 und eine ganz andere Zeit. Dann wurde<br />
ich auf die Universität für Bodenkultur aufmerksam und hörte<br />
mir, als ich noch in die 8. Klasse Gymnasium ging, ein paar<br />
Vorlesungen an – die waren so spektakulär, dass ich mich für<br />
die BOKU entschied. Mir gefiel auch die familiäre Atmosphäre<br />
hier und die Kombination von Chemie und Mikrobiologie bei<br />
meinem Studium.<br />
Fotos: Regine Hendrich<br />
WERDEGANG<br />
Margit Sára hat an der Universität für Bodenkultur Lebensmittel-<br />
und Biotechnologie studiert. Im Jahr 1989, mit nur 32 Jahren,<br />
habilitierte sie sich für das Fachgebiet Allgemeine Mikrobiologie<br />
und übernahm kurz darauf die Leitung der Arbeitsgruppe<br />
"Nanoengineering" am heutigen Zentrum für Nanobiotechnologie<br />
und die Leitung des Erwin-Schrödinger-Institutes<br />
für Molekulare Biotechnologie.<br />
20 www.femtech.at
Margit Sára<br />
biotechnologie<br />
Was waren wichtige Stationen auf Ihrem Karriereweg?<br />
Im Jahr 1980 ist das Zentrum für Nanobiotechnologie an der<br />
BOKU gegründet worden - damals hieß es noch Zentrum für<br />
Ultrastrukturforschung. Ich habe hier meine Diplomarbeit<br />
gemacht. Das hat meinen weiteren Weg sehr beeinflusst.<br />
Zwischen der Diplomarbeit und der Habilitation habe ich sehr<br />
viel gearbeitet – zumindest zehn Stunden täglich am Institut<br />
und nachts habe ich Zuhause die Protokolle geschrieben. Deshalb<br />
konnte ich mich mit 32 bereits habilitieren. Mit 33 bekam<br />
ich meinen Sohn und kurz vor der Karenz wurde mir vom Institut<br />
die Leitung der Arbeitsgruppe "Nanoengineering" anvertraut.<br />
Das war ein wichtiger Karrieresprung.<br />
Welche Eigenschaften oder Umstände waren ausschlaggebend, dass<br />
Sie nun in der Spitzenforschung tätig sind?<br />
Meine Mutter hat sehr viel Wert darauf gelegt, dass meine ältere<br />
Schwester und ich einen Beruf erlernen und nie von einem<br />
Mann abhängig sein sollten.<br />
Am Anfang meiner Karriere habe ich sehr viel im Voraus<br />
geplant. Ich war ein Mensch, der immer mit allem rechtzeitig<br />
begonnen hat, alles möglichst abgesichert hat. Diese Maßnahmen<br />
haben meinen Weg zur Spitzenforschung begünstigt, aber<br />
mit der Zeit nicht unbedingt mein Wohlbefinden.<br />
Welche Erfahrungen haben Sie als Frau in den technischen Wissenschaften<br />
gemacht?<br />
Als ich meinen Sohn zur Welt gebracht habe, wurde das Leben<br />
schlagartig anders. Der Widereinstieg nach zehn Monaten<br />
Karenz war hart – mit einem einjährigen Kind zu Hause und der<br />
Tatsache, dass ich nur mehr 40 oder 45 Stunden in der Woche<br />
am Institut tätig war. Ich konnte Besprechungen nicht um fünf<br />
Uhr abhalten, da ich spätestens um halb sieben mein Kind<br />
abholen musste. Es war sehr anstrengend, das Niveau zu halten<br />
und nicht hinter meine männlichen Kollegen zurückzufallen,<br />
die teilweise auch Kinder hatten, aber eine nicht-berufstätige<br />
Frau zu Hause. Ich war auch in vielen Besprechungen die einzige<br />
Frau und besonders ein Kollege hat böse Frauenwitze<br />
nicht unterlassen können. Im Prinzip kann einem das nichts<br />
anhaben, wenn man von sich selber überzeugt ist.<br />
Was würden Sie jungen Frauen empfehlen, die einen ähnlichen<br />
Karriereweg einschlagen wollen?<br />
Es hat mir manchmal leid getan, dass ich meinem beruflichen<br />
Egoismus nicht voll nachgehen konnte, aber andererseits wollte<br />
ich auch mein Kind nicht vernachlässigen. Ich hatte oft das<br />
Gefühl, dass die Betreuung meines Sohnes nicht optimal war.<br />
Es ist für die Zukunft dieser Gesellschaft ganz entscheidend,<br />
dass mehr in Kinderbetreuungseinrichtungen und Ganztagsschulen<br />
investiert wird!<br />
„Die Lehre ist eine große Herausforderung – ich will meine Begeisterung an die Studierenden übermitteln.“<br />
FORSCHUNGSSCHWERPUNKT<br />
In ihren Forschungsprojekten arbeitet Margit Sára mit Strukturen<br />
von Bakterienzellen, den so genannten S-Schicht-Proteinen.<br />
Ziel ist es, die Proteine genetisch so zu verändern,<br />
dass sie bestimmte Funktionen tragen. So können z. B.<br />
Medikamente im Körper zielgerichtet an bestimmte Organe<br />
weitergegeben oder bei Autoimmunerkrankungen bestimmte<br />
Antikörper aus dem Blutkreislauf von Patienten gefiltert<br />
werden.<br />
www.femtech.at 21
Die gläserne Decke als Wintergarten benützen<br />
Franziska Michor, PhD<br />
Junior Fellow, Harvard Society of Fellows, USA<br />
Molekularbiologie u<br />
ZUR PERSON<br />
Geboren 1982 in Wien<br />
Familie: Vater Peter ist Professor für Differentialgeometrie an der<br />
Universität Wien, Mutter Elli ist Entlassungsmanagerin bei der<br />
Volkshilfe Wien, Schwester Johanna macht ein Postdoc in mathematischer<br />
Physik an der Universitaet Wien<br />
Hobbies: Reiten, Laufen, Schwimmen, Tanzen, Essen, Reisen<br />
Im Interview berichtet die junge Wissenschafterin über ihre<br />
rasante Karriere und ihre Ansicht, dass einem alle Türen offen<br />
stehen: man muss nur hindurchgehen.<br />
Was hat Sie bewogen, Ihre Forschungsrichtung zu wählen?<br />
Mein Vater, Peter Michor, ist Professor für Differentialgeometrie<br />
an der Universität Wien. Als ich fünf war, erklärte er mir die<br />
Möbiusschleife – das ist eine Schleife, die nur eine Oberfläche<br />
hat. Er hat mir schon früh die Liebe zur Wissenschaft vermittelt<br />
und hat meiner Schwester und mir gezeigt, dass die Mathematik<br />
etwas sehr Schönes ist. Mein Interesse an der Medizin<br />
wurde mir von meiner Mutter Elli, einer Krankenschwester, vermittelt.<br />
Und schnell sein wollte ich immer, um mit meiner älteren<br />
Schwester mithalten zu können.<br />
Was waren wichtige Stationen auf Ihrem Karriereweg?<br />
Nach eineinhalb Jahren Studium in Wien studierte ich ein<br />
Semester medizinische Biotechnologie in Triest. Das war spannend,<br />
denn ich sprach nur wenig Italienisch und die Professo-<br />
WERDEGANG<br />
Franziska Michor studierte in Wien Mathematik und Molekularbiologie<br />
und schloss sich vor drei Jahren dem ForscherInneteam<br />
des Mathematikers und Biologen Martin Nowak in Princeton<br />
und Harvard an. Sie absolvierte in Rekordzeit ihr Doktoratsstudium<br />
und hatte mit 22 Jahren bereits ein PhD der Harvard<br />
University. Mit einem Junior Fellowship der Harvard<br />
Society of Fellows trat sie im Juli 2005 eine Post-Doc Stelle in<br />
Harvard an.<br />
Fotos: Michor, Alois Endl<br />
22 www.femtech.at
Franziska Michor<br />
nd Biomathematik<br />
rinnen und Professoren kein Englisch. Meine erste Prüfung<br />
nach wenigen Wochen machte ich mit Hand und Fuß und dem<br />
Zeichnen der DNA Doppelhelix. Das hat mir sehr viel Antrieb<br />
für den weiteren Studienverlauf gegeben.<br />
Im Juni 2002 hielt Martin Nowak, der damals Professor am<br />
Institute for Advanced Study in Princeton war, am Erwin Schrödinger<br />
Institut in Wien einen Vortrag. Beim anschließenden<br />
Empfang sprachen wir über Cambridge und Oxford. Damals<br />
wollte ich mein Doktorat in Cambridge machen und er hatte<br />
zuvor neun Jahre in Oxford verbracht. Da erzählte er mir, er<br />
habe gerade eine Kooperation mit Bert Vogelstein, einem<br />
Darmkrebsforscher an der Johns Hopkins University in Baltimore<br />
begonnen. Ich könnte mein Doktorat über so ein Thema<br />
machen. Ich war Feuer und Flamme. Im Juli 2002 bewarb ich<br />
mich in Harvard, absolvierte dort mein Doktorat und forsche nun<br />
als Junior Fellow der Harvard Society of Fellows.<br />
Welche Eigenschaften oder Umstände waren ausschlaggebend,<br />
dass Sie nun in der Spitzenforschung tätig sind?<br />
Ich hatte das Glück, viele tolle ForscherInnen schon während<br />
des Studiums kennenzulernen: Martin Nowak, der ein fantastischer<br />
Förderer ist, Kim Nasmyth vom IMP, Renée Schröder,<br />
Rudolf Schweyen und Karl Sigmund von der Uni Wien. Sie alle<br />
haben mich sehr unterstützt. Doch ohne eigenen Fleiß, Wissensbegierde<br />
und Ehrgeiz kann auch viel Unterstützung nichts<br />
bewirken.<br />
Welche Erfahrungen haben Sie als Frau in den Naturwissenschaften<br />
gemacht?<br />
Frauen haben es leichter!<br />
Was würden Sie jungen Frauen empfehlen, die einen ähnlichen Karriereweg<br />
einschlagen wollen?<br />
Nur zu!<br />
„Ich habe mit einem 18-Tonnen-LKW den Führerschein gemacht. Damals habe ich gelernt: es gibt keinen Unterschied<br />
zwischen Mädchen und Buben. Alle Türen stehen offen, wenn wir uns nur trauen, sie aufzumachen und durchzugehen!“<br />
FORSCHUNGSSCHWERPUNKT<br />
Franziska Michor entwickelt mathematische Modelle der<br />
Krebsentstehung, um Vorhersagen über den Erfolg medizinischer<br />
Behandlungen zu machen. Sie untersucht generelle<br />
Vorgänge und Mutationen, wie zum Beispiel erhöhte Mutationsraten<br />
in Krebszellen, so genannte genetische Instabilitäten.<br />
Ihre Forschungsgruppe konnte mit einem mathematischen<br />
Modell zeigen, dass genetische Instabilitäten sehr früh<br />
in der Onkogenese auftreten und somit alle anderen Mutationen<br />
antreiben. Weiters untersucht sie die Wirkung spezifischer<br />
Chemotherapeutika, etwa von Gleevec in der Behandlung<br />
von chronischer myeloischer Leukämie und erstellt<br />
Berechnungen zur Optimierung der Anwendungen.<br />
www.femtech.at 23
Rundherum glücklich sein<br />
Dr. in med. Eva Schernhammer, PhD<br />
Krebsforscherin im Channing Laboratory des Brigham and Women‘s Hospital, Harvard University, Boston USA<br />
Medizin<br />
ZUR PERSON<br />
Geboren 1964 in Wien<br />
Familie: in Partnerschaft lebend<br />
Hobbies: Musik hören (Brasil, Jazz), Yoga, Pilates, Spinning,<br />
Gewichtstraining, Wandern, Leitung des Vereins Austrian Scientists<br />
in North America (ascina.at)<br />
Bereits als Mädchen hatte sich Eva Schernhammer vorgenommen,<br />
sich mit der Krebsbekämpfung zu beschäftigen. Im Interview<br />
berichtet sie über ihre Erfahrungen als Fachärztin und den<br />
Grund für ihre Entscheidung, ihre Karriere als Forscherin in den<br />
USA zu beginnen.<br />
Was hat Sie bewogen, Ihre Forschungsrichtung zu wählen?<br />
Ich habe mit vier Jahren lesen gelernt, gemeinsam mit meinem<br />
zwei Jahre älteren Bruder. Da konnte ich nun die Zeitung lesen<br />
- und war sehr betroffen als ich von einer kommenden Katastrophe,<br />
einer Geißel der Menschheit las: In den nächsten Jahrzehnten<br />
würden viele Millionen Menschen an Krebs sterben.<br />
Damals beschloss ich: Wenn ich einmal groß bin, werde ich<br />
diese schreckliche Krankheit heilen.<br />
Was waren wichtige Stationen auf Ihrem Karriereweg?<br />
Nach dem Studium, während der Wartezeit auf einen Turnusplatz,<br />
forschte ich zwei Jahre lang in der onkologischen Ambulanz<br />
der Rudolfstiftung in Wien. Das hat mir großen Spaß<br />
gemacht und mich noch mehr beflügelt, diesen Berufsweg zu<br />
verfolgen.<br />
Die Fachärztinnenausbildung für Onkologie, zu der ich mich<br />
konsequenterweise entschlossen hatte, gestaltete sich weniger<br />
erfüllend für mich, als ich erhofft hatte. Ich verbrachte meine<br />
gesamte Ausbildungszeit auf der Krankenstation und empfand<br />
das dort täglich erlebte Sterben von Patienten als extrem<br />
belastend. So sah ich mich eher mit dem Versagen der Medizin<br />
konfrontiert als mit deren Erfolgen. Zudem stieß ich durch die<br />
vielen Nachtdienste, die an meiner Abteilung besonders<br />
arbeitsintensiv und mit wenig Schlaf verbunden waren, an meine<br />
körperlichen Grenzen. In dieser unbefriedigenden Arbeits-<br />
Fotos: Robert Newald<br />
WERDEGANG<br />
Eva Schernhammer studierte Medizin an der Universität Wien,<br />
begann eine Ausbildung zur Onkologie-Fachärztin und ging<br />
1999 nach Harvard, um über Krebsprävention zu forschen. Sie<br />
absolvierte ein Doktoratsstudium im Bereich Public Health/<br />
Epidemiologie an der Harvard School of Public Health und<br />
beschäftigt sich gegenwärtig vorwiegend mit der Evaluierung<br />
neuer Krebs-Biomarker und dem Design von Präventionsstudien.<br />
Sie unterrichtet an der Harvard School of Public Health und<br />
Harvard Medical School.<br />
24 www.femtech.at
Eva Schernhammer<br />
situation hörte ich von einem Harvard-Forschungsprogramm<br />
über Krebsvorbeugung und bewarb mich. Danach ging ich nach<br />
Boston, machte den Master in einem Jahr und hängte ein zweites<br />
Jahr Forschung an. Weil mich die Wissenschaft beflügelte<br />
und ich bald den Eindruck gewann, dass sich mit gezielter<br />
Krebsprävention das Leben von bedeutend mehr Menschen<br />
verbessern ließe als durch meine klinische Tätigkeit, beschloss<br />
ich, auch noch das Doktorat zu machen. 2003 schloss ich das<br />
Studium mit dem Doktor in Public Health ab. Danach beriet ich<br />
mich lange mit dem Vorstand der Onkologieabteilung im Kaiser<br />
Franz Josef Spital, Professor Dittrich, ob ich mit der klinischen<br />
Arbeit weitermachen oder lieber in der Forschung bleiben sollte.<br />
Gefühlsmäßig war es aber ohnehin schon klar: Ich verschreibe<br />
mich vorläufig ganz der Wissenschaft.<br />
Welche Eigenschaften oder Umstände waren ausschlaggebend, dass<br />
Sie nun in der Spitzenforschung tätig sind?<br />
Mein Vater hat mir von klein auf diese positive Verstärkung, die<br />
in Amerika gang und gäbe ist, gegeben. Ich hab immer gewusst,<br />
dass ich die Beste bin, das hat er mir so vermittelt. Und das<br />
ist irrsinnig wichtig! Meine Mutter war sehr konsequent in der<br />
Erziehung. Von ihr habe ich wahrscheinlich meine Disziplin.<br />
Wichtig war wohl auch, dass ich ohne Fernseher aufgewachsen<br />
bin. Mein Bruder und ich haben stattdessen die Bibliothek<br />
ausgelesen. Wir entwickelten irrsinnig interessante Phantasien<br />
und haben eine Sprache erfunden. Ich glaube heute, dass meine<br />
Kindheit, die geprägt war von phantasievoller Neugierde und<br />
positiver Unterstützung durch meine Eltern, der Grundstein für<br />
meinen erfüllten Werdegang war. Später in meiner Karriere war<br />
mein Wiener Mentor Professor Christian Dittrich, sehr prägend.<br />
Er unterstützte mich in meiner Entscheidung, nach Harvard zu<br />
gehen - und letztlich auch darin, die Klinik vorerst an den Nagel<br />
zu hängen und mich ganz der Forschung zu widmen. In den<br />
USA habe ich viele Mentoren, wie zum Beispiel Graham Coldlitz<br />
oder Walter Willett.<br />
Welche Erfahrungen haben Sie als Frau in den technischen Wissenschaften<br />
gemacht?<br />
Ich hatte oft mit konventionellen Vorstellungen zu kämpfen.<br />
Patienten, besonders ältere, haben mich oft als Krankenschwester<br />
gesehen. Krankenschwestern wiederum behandeln<br />
Ärzte oft anders als Ärztinnen. Beim Medizinstudium gab es<br />
auch skurrile Situationen. Bei einem Professor mussten wir im<br />
Dirndl zur Prüfung gehen.<br />
In den USA wird man sehr neutral behandelt. Wenn ich jetzt<br />
nach Wien komme, fällt mir auf, wie charmant dagegen die<br />
Wiener sind - diese Küß-die-Hand-Geschichten. Heute kann ich<br />
mich darüber freuen, aber früher konnte ich das nicht ausstehen.<br />
Ich wollte nicht ständig daran erinnert werden, dass ich<br />
eine Frau bin.<br />
Was würden Sie jungen Frauen empfehlen, die einen ähnlichen Karriereweg<br />
einschlagen wollen?<br />
Ich würde jeden Menschen dazu ermuntern, seine Träume zu<br />
verfolgen und an sich zu glauben. Wenn Frauen sich schwer<br />
zurechtfinden in einer häufig von Männern dominierten Welt,<br />
sollten sie sich eine weibliche Mentorin suchen. Ich selber würde<br />
mich sehr gerne zur Verfügung stellen.<br />
„Mentorinnen und Mentoren sind für einen Karriereverlauf sehr wichtig! Auf amerikanischen Universitäten ist Mentoring<br />
institutionalisiert: Es ist Bestandteil des Jobprofils. Das schafft einen Anreiz, sich wirklich für junge Menschen<br />
einzusetzen.“<br />
FORSCHUNGSSCHWERPUNKT<br />
Eva Schernhammer ist Krebsforscherin im Channing Laboratory<br />
des Brigham and Women‘s Hospital, das zur Harvard<br />
University in Boston gehört. In einer bahnbrechenden 2001<br />
veröffentlichten Studie entdeckte sie einen Zusammenhang<br />
zwischen Nachtdiensten und Brustkrebshäufigkeit. Dass<br />
Lichtmangel bei Nacht die Produktion des Hormons Melatonin<br />
beeinträchtigt und auch die Darmkrebshäufigkeit erhöht,<br />
stellte sie in weiteren Studien fest. Seit Herbst 2005 leitet sie<br />
zwei vom National Institute of Health finanzierte Forschungsprojekte<br />
zu diesem Themenbereich.<br />
www.femtech.at 25
Der Konnex zum Lebendigen<br />
Univ.Doz. in Dr. in<br />
Elisabeth Waigmann<br />
Projektleiterin in den Max F. Perutz Laboratories, Department für medizinische Biochemie, Medizinische Universität Wien<br />
Biochemie und M<br />
ZUR PERSON<br />
Geboren 1960 in Wien<br />
Familie: 1 Tochter, ledig<br />
Hobbies: Sport, Musik, Garten<br />
Im Interview erzählt Elisabeth Waigmann über Entscheidungen<br />
zwischen Musik und Naturwissenschaften, USA und Österreich<br />
und Forschung und Familie.<br />
Was hat Sie bewogen, Ihre Forschungsrichtung zu wählen?<br />
Mich hat schon früh interessiert, wie die Natur funktioniert. Ich<br />
hatte angefangen Bücher zu lesen, in denen von Enzymen die<br />
Rede war. Ich habe dann ein Studium gesucht, wo man sich in<br />
diese Richtung spezialisieren kann und das war Chemie, mit<br />
Fokus auf Biochemie. Ich hatte auch überlegt, Physik zu studieren,<br />
aber der "Konnex zum Lebendigen" hat den Ausschlag<br />
in Richtung Chemie gegeben. Eine Überlegung war auch, ein<br />
musikalisches Fach zu wählen, denn ich habe ein Gymnasium<br />
mit Musikschwerpunkt besucht und sehr viel Klavier gespielt.<br />
Das wäre aber wohl in Richtung Lehramt und nicht Konzertfach<br />
gegangen, aber das war mir nicht interessant genug. Damals<br />
war es mir wichtig, eine Richtung einzuschlagen, wo ich auch<br />
Neues kreieren konnte – das war dann die Chemie.<br />
Was waren wichtige Stationen auf Ihrem Karriereweg?<br />
Ich war vier Jahre in Berkeley an der University of California in<br />
der Nähe von San Francisco. Dort wird Topforschung betrieben<br />
und das hat mich sehr verlockt. Es war eine wunderschöne<br />
Zeit. Dabei hat mich vor allem die Freiheit, die es in den USA<br />
gibt, begeistert. Leider musste ich wieder zurück nach Österreich,<br />
da der Vater meiner Tochter nach Österreich zurückkehr-<br />
Fotos: Astrid Bartl<br />
WERDEGANG<br />
Elisabeth Waigmann studierte Chemie im Studienzweig Biochemie<br />
an der Universität Wien. Nach Beendigung der Dissertation<br />
arbeitete sie über ein Jahr lang in der Wissenschaftsredaktion<br />
des ORF. Dann nahm sie die Möglichkeit wahr, mit<br />
einem Erwin-Schrödinger Stipendium für vier Jahre an der University<br />
of California in Berkeley zu forschen. Seit 1997 ist die<br />
Universitätsdozentin als unabhängige Projektleiterin in den Max<br />
F. Perutz Laboratories, Department für medizinische Biochemie<br />
an der Medizinischen Universität in Wien tätig.<br />
26 www.femtech.at
Elisabeth Waigmann<br />
olekularbiologie<br />
te. Wissenschaftlich wäre es sicherlich viel besser gewesen, in<br />
den USA zu bleiben. Aber das war die Einschränkung, die ich<br />
akzeptiert habe, um Beruf und Familie besser vereinen zu können.<br />
Zurück in Österreich habe ich das APART-Stipendium der<br />
Akademie der Wissenschaften bekommen und damit eine Forschungsgruppe<br />
aufgebaut.<br />
Auch meine Zeit als Wissenschaftsjournalistin beim ORF hat<br />
mir sehr gut gefallen. Ich konnte dort mehr Einblick in die verschiedensten<br />
Wissenschaften bekommen. Wissenschaftsbeiträge<br />
zu gestalten ist sehr kreativ.<br />
Welche Eigenschaften oder Umstände waren ausschlaggebend, dass<br />
Sie nun in der Spitzenforschung tätig sind?<br />
Unter anderem habe ich dies Andrea Barta und Renée Schröder<br />
zu verdanken. Sie waren Mentorinnen für mich, wenn auch<br />
nie in formalisierter Form. Am Mentoringprogramm selbst<br />
habe ich nie teilgenommen, aus dem einfachen Grund, weil<br />
diese Termine meistens am Abend angesetzt waren und das<br />
war mit einem kleinen Kind nicht vereinbar! Nun habe ich<br />
genug unabhängige Kontakte und versuche selber als Mentorin<br />
tätig zu werden, meine MitarbeiterInnen zu unterstützen und<br />
zu fördern.<br />
Welche Erfahrungen haben Sie als Frau in den technischen Wissenschaften<br />
gemacht?<br />
In Österreich hatte ich oft das Gefühl, dass man Männern<br />
gegenüber erst einmal demonstrieren musste, dass man überhaupt<br />
Grundkenntnisse hat. Der Frauenanteil ist in den biowissenschaftlichen<br />
Studien hoch. Umso interessanter ist, dass<br />
dieser hohe Frauenanteil ab einem bestimmten Level dann<br />
rapide abnimmt! Frauen müssten mehr Eingang in alle Hierarchieebenen<br />
finden, das ist zentral. Damit ist auch die Vorbildwirkung<br />
für Studentinnen gegeben, für die dann eine Topposition<br />
nicht mehr eine Sache ist, die man nur mit besonders viel<br />
Glück erreicht oder wenn man alles andere daneben aufgibt,<br />
sondern eine Sache, die wirklich erreichbar ist.<br />
Was würden Sie jungen Frauen empfehlen, die einen ähnlichen Karriereweg<br />
einschlagen wollen?<br />
Ich finde es unzeitgemäß, dass man teilweise jungen Frauen<br />
immer noch suggeriert, sie müssten die Wahl zwischen Beruf<br />
und Familie treffen! Diese Entscheidung muss nicht stattfinden,<br />
man kann beides wollen. Das hat mir mein USA-Aufenthalt<br />
gezeigt: dort hatten die Topforscherinnen - mit wenigen<br />
Ausnahmen - alle Kinder! Dieses Klischee, dass Forschung und<br />
Familie unvereinbar wäre, sollte endlich abgelegt werden.<br />
„Ich glaube, es ist für die Wissenschaft sehr wichtig, dass ForscherInnen sich in der Öffentlichkeit einbringen. Wir<br />
arbeiten für die Menschen und meist mit öffentlichen Geldern. Es gehört zu unseren Aufgaben, Forschung zu erklären.<br />
Außerdem: Kommunikation macht Spaß!“<br />
FORSCHUNGSSCHWERPUNKT<br />
Elisabeth Waigmann beschäftigt sich mit Pflanzenviren und<br />
dem HI-Virus. Pflanzenviren sind ökonomisch bedeutende<br />
Pathogene für viele Kulturpflanzen, werden aber auch zunehmend<br />
zur Herstellung von Fremdproteinen in Pflanzen herangezogen,<br />
da so Proteine billig und in großer Menge gewonnen<br />
werden können. Elisabeth Waigmann untersucht die<br />
Ausbreitung von Pflanzenviren, um diese praktische Anwendung<br />
zu optimieren. Bei den HI-Viren versucht sie, den<br />
Transport einzelner HIV-Proteine in den Zellkern zu unterbinden,<br />
mit dem Ziel, die HI-Virusvermehrung zu stoppen.<br />
www.femtech.at 27
Bodenarbeit für die Wissenschaft<br />
Univ.Doz. in Dr. in<br />
Sophie Zechmeister-Boltenstern<br />
Leiterin der Abteilung Bodenbiologie des Bundesforschungs- und Ausbildungszentrums für Wald, Naturgefahren und<br />
Landschaft, Wien<br />
ZUR PERSON<br />
Geboren 1960 in Wien<br />
Familie: verheiratet, 2 Kinder: Armin (1987), Helena (1989)<br />
Hobbies: Kind und Küche, Laufen, Lesen, Schitouren<br />
Sophie Zechmeister-Boltenstern erzählt im Interview über den<br />
Wunsch, etwas für die Umwelt zu tun, das Dasein als "bunter<br />
Fleck in einer Masse von Jagdanzügen" und die Bedeutung von<br />
Auszeichnungen für die Glaubwürdigkeit als Forscherin.<br />
Was hat Sie bewogen, Ihre Forschungsrichtung zu wählen?<br />
Der Boden hat mich interessiert, weil er eine "Blackbox" ist. Im<br />
Vergleich zu anderen Umweltbereichen weiß man über den<br />
Boden und seine Organismenwelt nur wenig. Als mir ein Professor<br />
am Institut für Pflanzenphysiologie vorschlug, in meiner<br />
Dissertation zum Thema Boden zu arbeiten, hat mich das sehr<br />
gereizt. Damals wusste dort niemand, wie das geht und für<br />
mich war das ein Sprung ins kalte Wasser. Die Anregungen für<br />
meine Arbeit habe ich mir aus dem Ausland geholt.<br />
Was waren wichtige Stationen auf Ihrem Karriereweg?<br />
Eigentlich haben sich die Fortschritte auf meinem Karriereweg<br />
immer von selbst ergeben, während ich zweimal bewusst<br />
Rückschritte gesetzt habe. Die Arbeit als Universitätsassistentin<br />
ging zu sehr auf Kosten meiner beiden Kleinkinder und auch<br />
die Ehe litt darunter. Deshalb wechselte ich in eine Bundesanstalt.<br />
Mit meiner Chefin habe ich dort eine Forschungsabteilung<br />
aufgebaut. Das hieß bei Null beginnen. Trotz guter Auf-<br />
WERDEGANG<br />
Sophie Zechmeister-Boltenstern studierte Biologie an der Universität<br />
Wien. Nach Tätigkeiten an der Akademie der Wissenschaften,<br />
der Uni Wien, der Bundesanstalt für Bodenwirtschaft<br />
und einem Forschungsaufenthalt in Edinburgh leitet sie seit<br />
2004 die Abteilung Bodenbiologie des Bundesforschungs- und<br />
Ausbildungszentrums für Wald, Naturgefahren und Landschaft.<br />
Fotos: Astrid Bartl<br />
Fotowettbewerb INNOVATIVE MOTIVE:<br />
Bestes Foto in der Kategorie "Menschen<br />
in der Forschung", Quelle: BMVIT<br />
28 www.femtech.at
Sophie Zechmeister-Boltenstern<br />
Biogeochemie<br />
stiegschancen habe ich später aufgrund verschlechterter Rahmenbedingungen<br />
für die Forschung meinen Job gewechselt<br />
und am Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald<br />
wieder von vorne begonnen. Auch hier musste ich wieder<br />
Labors aufbauen und Methoden einrichten. Ich habe jedoch<br />
immer gewusst, ich will diesen Job machen und ich will meine<br />
Arbeit gut machen, aber nicht um jeden Preis.<br />
Der Aufenthalt in Edinburgh war ein sehr positives Erlebnis und<br />
für mich wissenschaftlich sehr wichtig, auch wenn es mit der<br />
Familie eine ziemliche Strapaze war. Viele Methoden, die ich in<br />
Österreich anwende, habe ich dort gelernt und ich arbeite nach<br />
wie vor mit einigen Kollegen von damals zusammen.<br />
Welche Eigenschaften oder Umstände waren ausschlaggebend, dass<br />
Sie nun in der Spitzenforschung tätig sind?<br />
Zum einen war meine Familie sehr unterstützend. Mein Mann,<br />
der auch Wissenschafter ist, und ich haben uns Haushalt und<br />
Kindererziehung immer geteilt. Außerdem konnten wir unsere<br />
Erfahrungen austauschen. Auch den Großeltern bin ich sehr<br />
dankbar. Zum anderen habe ich Kollegen, mit denen ich sehr<br />
gut zusammenarbeite. Ich habe ein sehr gutes Netzwerk, mit<br />
Männern genauso wie mit Frauen und ein hoch motiviertes<br />
Team, in dem jede/r ganz eigene Fähigkeiten einbringt.<br />
Welche Erfahrungen haben Sie als Frau in den technischen Wissenschaften<br />
gemacht?<br />
Im Bereich der Forstwirtschaft kann man die Frauen an einer<br />
Hand abzählen. Man muss natürlich viel über sich ergehen lassen,<br />
Blondinenwitze zum Beispiel. Ich nehme das gelassen,<br />
aber zimperlich darf man nicht sein.<br />
Bei Tagungen ist man als Frau unter Männern oft der einzige<br />
bunte Fleck in einer Masse von Jagdanzügen. Man muss darum<br />
kämpfen, ernst genommen zu werden. Viele sind zwar sehr<br />
freundlich und hilfsbereit, aber man wird nicht ernst genommen<br />
bis man gezeigt hat, dass man etwas kann. So ein Preis<br />
wie die Auszeichnung zur "Forscherin des Monats" ist eine tolle<br />
Rückenstärkung, ein Zeichen dafür, dass man ernstzunehmende<br />
Wissenschaft betreibt. Auch seit der Habilitation zweifelt<br />
niemand an meiner Kompetenz.<br />
Was würden Sie jungen Frauen empfehlen, die einen ähnlichen Karriereweg<br />
einschlagen wollen?<br />
In meinen Studentinnen versuche ich das Feuer für die Wissenschaft<br />
zu entfachen, ihnen aber auch zu zeigen, dass man<br />
alles geben und auf vieles verzichten muss. Ich mache sie auf<br />
ihre Stärken aufmerksam und lasse sie möglichst viele Fortbildungen<br />
und Auslandserfahrungen machen. Frauen mit Kind<br />
empfehle ich jede Hilfe anzunehmen, die sich ihnen bietet.<br />
„Ich hatte immer schon den Wunsch, etwas Nützliches für die Umwelt zu tun. Unter anderem durch die politischen<br />
Prozesse, in die ich involviert bin - Kyoto-Protokoll, Biodiversitäts-Konvention, Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder<br />
- habe ich das Gefühl, einen Beitrag leisten zu können. Das finde ich sehr befriedigend.“<br />
FORSCHUNGSSCHWERPUNKT<br />
Sophie Zechmeister-Boltenstern beschäftigt sich mit Bodenorganismen<br />
und biogeochemischen Kreisläufen. Dabei stehen<br />
der Klimawandel und seine Wechselwirkungen mit dem<br />
Boden im Mittelpunkt. Unter anderem wird die Auswirkung<br />
einer Klimaerwärmung auf Mikroorganismen untersucht, um<br />
vorherzusagen, ob es künftig zu einer vermehrten Freisetzung<br />
von Treibhausgasen aus Böden kommen könnte.<br />
Außerdem lehrt Sophie Zechmeister-Boltenstern an der Universität<br />
Wien und an der Universität für Bodenkultur, wo sie<br />
auch habilitiert ist.<br />
www.femtech.at 29
Jeder Tag ist eine Herausforderung<br />
Dr. in Dr. in<br />
Dana Seyringer<br />
Leiterin der Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Photeon Technologies, Bregenz<br />
Halbleiter<br />
ZUR PERSON<br />
Geboren 1967 in Martin, Slowakei<br />
Familie: verheiratet, 2 Kinder – Monika Magdalena (1999) und<br />
Daniela Viktoria (2003)<br />
Hobbies: Fotografieren, Schreiben, Reisen, Psychologie, Pädagogik<br />
Für Dana Seyringer ist Forschung die Suche nach Lösungen für<br />
Probleme und eine Herausforderung, der sie sich gerne stellt.<br />
Wie sie an die Probleme herangeht und welche Eigenschaften<br />
sie dabei unterstützen, erzählt sie im Interview.<br />
Was hat Sie bewogen, Ihre Forschungsrichtung zu wählen?<br />
Ich habe in der Mittelschule gemerkt, dass ich sehr gerne<br />
unterrichte. Ich habe schon immer meinen Mitschülern beim<br />
Lernen geholfen. Mit 16 Jahren haben sie mich zur Tafel<br />
gestellt und gesagt: "Jetzt musst du uns endlich Mathe<br />
erklären!" Ich hatte große Angst, doch es hat mir sehr viel Spaß<br />
gemacht. Deshalb habe ich mich entschieden, Pädagogik zu<br />
studieren. Aber damals musste man in der Slowakei für das<br />
Studium eine Aufnahmeprüfung ablegen. Ich habe die Prüfung<br />
für Pädagogik zwei Mal ohne Probleme bestanden, aber ich<br />
wurde nicht angenommen, weil ich vorher eine Textilschule<br />
besucht hatte. Deswegen habe ich zwei Jahre lang als<br />
Sekretärin gearbeitet. Das dritte Mal habe ich mich für Mikroelektronik<br />
an der Elektrotechnischen Fakultät in Bratislava entschieden<br />
und schließlich mein Studium mit dem Doktorat<br />
abgeschlossen. Da habe ich gelernt, wissenschaftlich zu arbeiten<br />
und gemerkt, dass ich schon immer einen "sechsten" Sinn<br />
für die Wissenschaft hatte.<br />
WERDEGANG<br />
Dana Seyringer hat ihr erstes Doktorat in Mikroelektronik an<br />
der Slowakischen Technischen Universität in Bratislava<br />
gemacht, wo sie sich mit Oberflächenprozessen, die das Kristallwachstum<br />
bestimmen, beschäftigte. Ihr zweites Doktorat<br />
machte sie im Bereich Halbleiterphysik an der Johannes Kepler<br />
Universität in Linz. Seit September 2000 ist sie als Forschungsleiterin<br />
bei der Firma Photeon Technologies GmbH in<br />
Bregenz tätig, wo sie bereits zum Gründungsteam gehörte.<br />
Fotos: Reinhard Fasching<br />
30 www.femtech.at
Dana Seyringer<br />
technik<br />
Was waren wichtige Stationen auf Ihrem Karriereweg?<br />
Bei meinem ersten Doktorat in Bratislava hatte ich einen sehr<br />
guten Betreuer, Professor Vesely. Er war der Meinung, wenn<br />
man ein Doktorat macht, muss man für einige Zeit ins Ausland<br />
gehen, um einen breiteren Einblick in das Thema zu bekommen<br />
und um Sprachen zu lernen.<br />
Deshalb bin ich zunächst nach Hull in England und danach nach<br />
Linz gegangen, wo ich mein zweites Doktorat gemacht habe.<br />
Seit 2000 bin ich Forschungsleiterin bei Photeon Technologies.<br />
Welche Eigenschaften oder Umstände waren ausschlaggebend, dass<br />
Sie nun in der Spitzenforschung tätig sind?<br />
Alles was ich erreicht habe, habe ich erreicht, weil ich motiviert<br />
bin und sehr gerne arbeite. Für mich ist jeder Tag eine Herausforderung.<br />
Ich kämpfe gern mit Problemen und löse sie. Dazu<br />
habe ich zwei sehr wichtige Eigenschaften von meinen Eltern<br />
bekommen: Von meiner Mutter habe ich ein einfaches logisches<br />
Denken und die Fähigkeit, Probleme schnell zu lösen,<br />
geerbt, von meinem Vater die Geduld und Ausdauer, die man<br />
braucht, um Probleme zu lösen. Damit war meine Zukunft als<br />
Forscherin in gewisser Weise vorprogrammiert. Außerdem hatte<br />
ich das Glück, einen Mann zu finden, der mir sehr hilft. Bei<br />
uns zuhause gibt es keine Frauen- oder Männerarbeit. Wer Zeit<br />
hat, der macht die Arbeit.<br />
Welche Erfahrungen haben Sie als Frau in den technischen Wissenschaften<br />
gemacht?<br />
Meine Arbeit wird zum Beispiel nicht so bewertet wie die<br />
Arbeit meines Mannes. Noch dazu komme ich aus Osteuropa.<br />
Es ist nicht einfach für eine Ausländerin aus dem Osten, sich<br />
im Westen durchzusetzen. Zum Glück komme ich damit ganz<br />
gut klar.<br />
Was würden Sie jungen Frauen empfehlen, die einen ähnlichen Karriereweg<br />
einschlagen wollen?<br />
Es geht im Studium nicht nur darum, Prüfungen abzulegen und<br />
ein Diplom zu bekommen. In ihrer Diplomarbeit werden Studierende<br />
vor ein Problem gestellt, das sie selbständig lösen<br />
müssen. Damit beweisen sie, dass sie wissenschaftlich arbeiten<br />
können und auch später in der Praxis bereit sind, wichtige<br />
führende Positionen einzunehmen. Außerdem sollten sie motiviert<br />
sein und gerne Herausforderungen annehmen. Es ist<br />
wichtig, gerne mit Problemen zu arbeiten und sie zu lösen.<br />
„Ich denke, dass es auf jede Frage eine Antwort gibt und für jedes Problem eine Lösung. Und die Aufgabe der<br />
Wissenschaft ist es, den richtigen Weg zu dieser Lösung zu entdecken. Das finde ich faszinierend!“<br />
FORSCHUNGSSCHWERPUNKT<br />
Dana Seyringer arbeitet an der Entwicklung neuer integriertoptischer<br />
Bauelemente wie beispielsweise optischer Demultiplexer<br />
für die Glasfaserkommunikation. Sie entwickelte ein<br />
spezielles Designverfahren und Software zur Optimierung<br />
der Leistungsfähigkeit dieser Hochgeschwindigkeitschips,<br />
wodurch Photeon die erste europäische Firma wurde, die<br />
einen 64-Kanal Demultiplexer anbieten konnte. Dana Seyringer<br />
kümmert sich auch aktiv um die Ausbildung von NachwuchswissenschafterInnen<br />
und betreut StudentInnen, die<br />
bei Photeon Technologies ihre Praktika oder Diplomarbeiten<br />
machen.<br />
www.femtech.at 31
Von Neugierde getrieben<br />
Priv.-Doz. in DI in Dr. in<br />
Angela Sessitsch<br />
Leiterin des Geschäftsfeldes Bioresources in der ARC<br />
ZUR PERSON<br />
Geboren 1964 in Graz<br />
Familie: verheiratet, 1 Tochter (3 Jahre), 2 Kinder des Mannes (20<br />
und 17 Jahre)<br />
Hobbies: Unternehmungen mit Familie/ FreundInnen, Bergsteigen,<br />
Schitouren, Reisen<br />
Im Interview spricht Angela Sessitsch über ihre Begeisterung<br />
für ihre Forschungsthema und warum sie glaubt, dass Begeisterung<br />
und Neugierde wesentliche Vorraussetzungen für die<br />
Wissenschaft sind.<br />
Was hat Sie bewogen, Ihre Forschungsrichtung zu wählen?<br />
Nach der Matura war mir klar, dass ich etwas Technisches<br />
machen will und ich habe eigentlich eher an Verfahrenstechnik<br />
gedacht. Mich hat Biologie und Chemie – zumindest in der<br />
Schule – nicht so sehr interessiert. Das Chemie-Studium fand<br />
ich aber dann doch recht interessant und habe mich für die Biochemie<br />
entschieden. Es ist schon sehr spannend, was Zellen<br />
alles tun können!<br />
Was waren wichtige Stationen auf Ihrem Karriereweg?<br />
Der Werdegang als Wissenschafterin war nicht geplant. Nach<br />
meinem Studium habe ich kurz überlegt, ob ich eine Dissertation<br />
machen soll. Das war zunächst aus finanziellen Gründen<br />
nicht möglich, hat sich aber dann durch meine Tätigkeit bei der<br />
Internationalen Atomenergiebehörde, wo ich parallel die Dissertation<br />
schreiben konnte, doch so ergeben.<br />
Und damit sind auch die Begeisterung für die Wissenschaft<br />
und weitere Möglichkeiten, in der Wissenschaft zu bleiben,<br />
gekommen.<br />
Fotos: Astrid Bartl<br />
WERDEGANG<br />
Angela Sessitsch studierte Bio- und Lebensmittelchemie an<br />
der TU in Graz und begann ihre Forschungsarbeiten in den<br />
FAO/IAEA Agricultural and Biotechnology Laboratories. Nach<br />
Beendigung ihrer Dissertation an der Universität Wageningen<br />
in den Niederlanden erhielt sie ein APART Stipendium, das es<br />
ihr ermöglichte, eine Arbeitsgruppe in der ARC Seibersdorf<br />
research GmbH aufzubauen und sich an der Universität für<br />
Bodenkultur zu habilitieren. Seit 2004 leitet sie in der ARC-sr<br />
das Geschäftsfeld Bioresources.<br />
32 www.femtech.at
Angela Sessitsch<br />
Mikrobiologie<br />
Welche Eigenschaften oder Umstände waren ausschlaggebend, dass<br />
Sie nun in der Spitzenforschung tätig sind?<br />
Die Grundvoraussetzung in der Wissenschaft ist sicher, dass<br />
man von einer Neugierde getrieben ist, dass man sich mitreißen<br />
lässt und hart arbeitet. Ohne diese Begeisterung wird<br />
man sich in der Wissenschaft nicht etablieren können. Alle<br />
anderen Eigenschaften sind solche, die auch in anderen Berufen<br />
gebraucht werden, um erfolgreich zu sein, zum Beispiel<br />
Kommunikationsfähigkeit, Organisationstalent, Wissen über<br />
Mitarbeiterführung und Projektmanagement.<br />
Ich hatte nie eine Mentorin oder einen Mentor im klassischen<br />
Sinn, aber ich hatte immer Leute um mich, die mich in den verschiedensten<br />
Dingen unterstützt haben.<br />
Welche Erfahrungen haben Sie als Frau in den technischen Wissenschaften<br />
gemacht?<br />
Ich habe den Eindruck, dass in der österreichischen Gesellschaft<br />
die oft angesprochene Unvereinbarkeit in gewisser Weise<br />
schon "vorgegeben" ist: entweder man ist Mutter oder man<br />
macht Karriere und lebt für den Beruf. Wenn man versucht, beides<br />
unterzubringen, ist man eine Rabenmutter. Ich würde mir<br />
wünschen, dass wir dieses Rabenmutterimage loswerden. Es<br />
sollte selbstverständlich sein, dass man einen Beruf hat, unabhängig<br />
ist und trotzdem Kinder haben kann. Dahingehend würde<br />
ich mir mehr Selbstverständlichkeit wünschen. Dazu<br />
gehören natürlich verschiedenste Rahmenbedingungen wie<br />
bessere Kinderbetreuungsmöglichkeiten, mehr Flexibilität seitens<br />
der Arbeitgeber und es sollte auch mehr Mitarbeit von den<br />
Männern eingefordert werden! Familienarbeit wird eigentlich<br />
immer nur in Zusammenhang mit Frauen diskutiert!<br />
Was würden Sie jungen Frauen empfehlen, die einen ähnlichen Karriereweg<br />
einschlagen wollen?<br />
In meiner Arbeitsgruppe sind hauptsächlich Frauen tätig,<br />
obwohl das natürlich kein Kriterium ist! Ich versuche, alle gleich<br />
zu fördern und auf die persönlichen Bedürfnisse oder auf die<br />
persönlichen Situationen einzugehen. Bei Frauen achte ich<br />
allerdings noch mehr darauf, dass sie nicht – wie es häufig passiert<br />
– ihr Licht unter den Scheffel stellen. Ich ermutige sie,<br />
mehr aus sich zu machen, sich zuzutrauen, den Weg in die<br />
Wissenschaft weiter zu gehen. Ich versuche Ihnen auch mitzugeben,<br />
möglichst schon ihre Dissertation zu einem Vorzeigeprojekt<br />
zu machen, denn für den Eintritt in die Welt der Wissenschaft<br />
ist die Anzahl der Publikationen eine wichtige Visitenkarte.<br />
Es hängt natürlich immer auch von der privaten Situation<br />
ab, was man letztendlich daraus machen kann.<br />
„Mein Job ist unglaublich kreativ und mir ist es sehr wichtig, dass ich mir diese Kreativität erhalten kann. Ich hätte so<br />
viele Ideen, mir würden so viele interessante Forschungsfragen einfallen!“<br />
FORSCHUNGSSCHWERPUNKT<br />
Angela Sessitsch und ihre Arbeitsgruppe untersuchen mikrobielle<br />
Gesellschaften im Boden und in der Pflanze, um deren<br />
Diversität, Funktionen und Beeinflussung durch die Umwelt<br />
aufzuklären. Ebenso werden anwendungsrelevante Aspekte<br />
wie Bodensanierung, Pflanzenschutz und Lebensmittelsicherheit<br />
untersucht. Angela Sessitsch ist durch Lehrveranstaltungen<br />
sowie durch die Betreuung von StudentInnen, die<br />
in ihrer Arbeitsgruppe eine Diplomarbeit oder Dissertation<br />
durchführen, in die Lehre an der Universität für Bodenkultur<br />
eingebunden.<br />
www.femtech.at 33
Impressum<br />
Impressum<br />
Für den Inhalt verantwortlich:<br />
Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik,<br />
ÖGUT<br />
Hollandstrasse 10/46, A – 1020 Wien,<br />
Tel.: +43 (0)1 315 63 93-0, Fax +43 (0)1 315 63 93-22,<br />
E-Mail: office@oegut.at, http://www.oegut.at;<br />
vertreten durch: Dr. Herbert Greisberger, ÖGUT<br />
Interviews:<br />
Margarete Endl, Journalistin, DI in Elisabeth Purker<br />
AutorInnen:<br />
DI in Inge Schrattenecker, DI in Elisabeth Purker,<br />
Mag. a Beatrix Hausner<br />
Programmverantwortung FEMtech:<br />
Gertraud Oberzaucher<br />
Renngasse 5, A-1010 Wien<br />
Tel.: +43 (0)1 53 464-3414<br />
E-Mail: gertraud.oberzaucher@bmvit.gv.at<br />
Programmabwicklung:<br />
Koordinierungsstelle FEMtech<br />
FFG Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft mbH<br />
Mag. a Manuela Schein<br />
Grillparzer Straße 7, A-1010 Wien<br />
Tel.: +43 (0)5 7755 – 2302<br />
E-Mail: office@femtech.at<br />
Redaktionelle Bearbeitung:<br />
Mag. a Anita Zieher, Theatre Works, PR – Training – Theater<br />
Design & Produktion:<br />
Projektfabrik Waldhör KEG<br />
Fotos: Astrid Bartl, Alois Endl, Reinhard Fasching,<br />
Regine Hendrich, Robert Newald, Peter Philipp,<br />
banana stock<br />
34 www.femtech.at
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Eine Initiative<br />
des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie im Rahmen von <strong>fFORTE</strong><br />
www.femtech.at<br />
www.bmvit.gv.at<br />
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