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Der Hinduismus zwischen Individualismus und Kollektivismus, in ...

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<strong>Der</strong> <strong>H<strong>in</strong>duismus</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Individualismus</strong> <strong>und</strong> <strong>Kollektivismus</strong> 111<br />

Lebensform ausschließlich religiös artikuliert, ist für den <strong>H<strong>in</strong>duismus</strong><br />

selbstverständlich, da der S<strong>in</strong>n des Lebens <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er religiösen Dimension<br />

begründet ist.<br />

In der Geschichte des <strong>H<strong>in</strong>duismus</strong> gab es noch e<strong>in</strong>e zweite Richtung,<br />

die unter die heilsorientierte-<strong>in</strong>dividualistische Form e<strong>in</strong>zuordnen<br />

ist: die Bhakti-Bewegung. Bhakti kann mit Frömmigkeit/Liebe/H<strong>in</strong>gabe<br />

übersetzt werden. Sie entstand <strong>in</strong> etwa im 6. Jh. n.Chr. als<br />

Opposition gegen den nun übermächtigen brahmanisch bestimmten<br />

Opferritualismus. Auch hier trat wie <strong>in</strong> der asketisch-mystischen Form<br />

das Individuum <strong>in</strong> den Mittelpunkt. Die Erlangung des Heils wurde<br />

nicht mehr als vom brahmanischen Opferritual abhängig betrachtet,<br />

sondern man vertrat die Ansicht, dass jeder Mensch durch H<strong>in</strong>gabe an<br />

Gott <strong>in</strong> direkten Kontakt mit diesem treten könne. E<strong>in</strong>e Vermittlung<br />

durch die Brahmanen galt als überflüssig. Nicht mehr das richtige Ritual<br />

<strong>und</strong> Opfer, auch nicht die Zugehörigkeit zur brahmanischen Kaste<br />

oder die strikte Befolgung der Kastenregeln wurden für die Erlösung<br />

als entscheidend betrachtet, sondern die je <strong>in</strong>dividuelle H<strong>in</strong>gabe an<br />

Gott.<br />

Das Bhakti-System hätte aufgr<strong>und</strong> se<strong>in</strong>er religiöser Konzeption e<strong>in</strong>e<br />

stärkere Betonung der Rechte des Individuums <strong>und</strong> damit e<strong>in</strong>hergehend<br />

e<strong>in</strong>en gewissen <strong>Individualismus</strong> entwickeln können, wäre es<br />

nicht nach e<strong>in</strong>iger Zeit völlig <strong>in</strong> den <strong>H<strong>in</strong>duismus</strong> aufgesogen worden.<br />

Se<strong>in</strong>e soziale Sprengkraft wurde von der brahmanische Orthodoxie<br />

durch e<strong>in</strong>e schrittweise Integration <strong>in</strong> das h<strong>in</strong>duistische Gesamt neutralisiert.<br />

Auch <strong>in</strong> den dem <strong>in</strong>dividuellen Heilsstreben verpflichteten<br />

religiösen Strömungen Indiens ist der <strong>Individualismus</strong> jedoch stets e<strong>in</strong><br />

sich religiös artikulierender. <strong>Individualismus</strong> im S<strong>in</strong>ne westlicher Vorstellungen<br />

ist ihnen ebenso fremd wie dem Gruppenh<strong>in</strong>duismus. Dass<br />

bei weitem nicht alle so genannten Sadhus tatsächlich das religiöse Heil<br />

suchen, sondern diesen Weg z.T. auch wählen, um dem Druck des<br />

Gruppenh<strong>in</strong>duismus oder der materiellen Not zu entgehen, steht dem<br />

nicht entgegen. Für manchen Inder sche<strong>in</strong>t das Leben auf der Straße als<br />

‚Heiliger Mann‘ immer noch die bessere Alternative zu se<strong>in</strong>, als e<strong>in</strong>e<br />

nicht-gewollte Ehe e<strong>in</strong>zugehen <strong>und</strong> Tag e<strong>in</strong> Tag aus dafür zu sorgen,<br />

e<strong>in</strong>e Familie mehr schlecht als recht zu ernähren.

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