Ernährung - IPP - Universität Bremen
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erhöhen das Risiko dagegen um 150%. Damit<br />
kommt der <strong>Ernährung</strong> ein stärkerer Einfluss zu als<br />
allen anderen bekannten Risikofaktoren. Alle Frauen<br />
mit KHK hatten auch andere Risikofaktoren<br />
wie Hypertonie, Diabetes oder Fettstoffwechselstörungen.<br />
Eine protektive Wirkung hat die <strong>Ernährung</strong> auch<br />
bei Krebserkrankungen, die nach den Herzkreislauferkrankungen<br />
mit 210.000 Todesfällen pro Jahr<br />
an zweiter Stelle bei den Todesursachen stehen. In<br />
der Zwischenzeit liegen mehr als 4.500 Studien<br />
weltweit vor, die einen Zusammenhang zwischen<br />
verschiedenen Tumoren und bestimmten <strong>Ernährung</strong>sgewohnheiten<br />
zeigen (DIFE, 1999). Je nach<br />
Tumorart, so die Schätzungen, könnten bis zu 75%<br />
der bösartigen Neubildungen durch eine sinnvolle<br />
<strong>Ernährung</strong> vermieden werden, in Deutschland<br />
allein bei den Dickdarm-, Magen- und Mammakarzinomen<br />
bis zu 62.000 Neuerkrankungen. Auch<br />
hier ist die wichtigste Empfehlung Obst und Gemüse.<br />
Tumorprotektiv sollen die antioxidativen Vitamine<br />
in Pflanzen und die sekundären Pflanzenstoffe<br />
wirken. Insgesamt werden 400 bis 800 g Obst<br />
und Gemüse pro Tag empfohlen, Realität sind derzeit<br />
bei uns etwa 320 bis 400 g pro Tag, in Spanien<br />
ist die empfohlene Menge mit 590 bis 620 g<br />
bereits erreicht. Dabei sollten ökologisch angebaute<br />
Produkte bevorzugt werden, da sie deutlich<br />
weniger Nitrate als konventionell angebaute Produkte<br />
enthalten. Dagegen sollen ein hoher Konsum<br />
an Fleisch (v.a. Rind, Schwein, Lamm, Wild)<br />
sowie an gepökelten und geräucherten Wurstwaren<br />
das Risiko für kolorektale Karzinome, möglicherweise<br />
auch für Mamma- und Prostatakarzinome<br />
erhöhen (WCRF, 1997). Große Mengen an<br />
Ballaststoffen wiederum sollen vor Pankreas-,<br />
Dickdarm- und Brustkrebs schützen. Die Klinik für<br />
Tumorbiologie in Freiburg hat Mitte diesen Jahres<br />
damit begonnen, in der Rehabilitation von Patientinnen<br />
mit Brustkrebs intensive interaktive Trainingsprogramme<br />
für <strong>Ernährung</strong> durchzuführen –<br />
auf die Evaluation dieser Maßnahme darf man<br />
gespannt sein.<br />
Und ein letztes: Vergessen wir das Wassertrinken<br />
nicht. Harald Schmidt macht es jeden Abend in seiner<br />
Late-Night-Show vor: Wasser ist der ideale<br />
Durstlöscher und zudem auch noch gesund: Es<br />
spült die schädlichen Stoffe aus der Niere, es verdünnt<br />
unser »Trockenfutter« wie Cornflakes,<br />
Knäckebrot oder Kekse, es verhindert ein Übermaß<br />
an Kalorienaufnahme durch Softdrinks, deren<br />
Zucker zudem hungrig macht. Da helfen auch<br />
keine Light-Produkte, denn die enthaltenen Süßstoffe<br />
regen unser Hungergefühl an – aus diesem<br />
Grunde werden solche Stoffe in der Schweinemast<br />
verfüttert. 3 Liter am Tag sollten gesunde Menschen<br />
trinken, allein bei Menschen mit Herzmuskelschwäche<br />
ist es weniger (1-1,5 Liter pro Tag in<br />
kleinen Mengen). Alkohol und Kaffee führen übrigens<br />
zum Wasserverlust – in guten Kaffeehäusern<br />
längst bekannt: Da gibt es immer ein Glas Wasser<br />
zum Espresso oder zum Großen Braunen.<br />
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Public Health und Nutrition sind eng miteinander<br />
verbunden – richtige <strong>Ernährung</strong> ist eine wesentliche<br />
Voraussetzung für unsere Gesundheit. Wissenschaftliche<br />
Projekte müssen gefördert, die Ergebnisse<br />
in die Öffentlichkeit gebracht werden. Unabhängig<br />
von der sozialen Schicht sollen sich alle<br />
gesund ernähren können – wirksame Informationskampagnen<br />
sind dazu unerlässlich und müssen<br />
schon im Kindergarten beginnen. Wer irgendwann<br />
sein Heil in Pillen sucht, um Prävention und<br />
Gesundheitsförderung mit Vitaminen, sekundären<br />
Pflanzenstoffen oder Rotwein in gepresster Form<br />
zu betreiben, ist ein armer Schlucker: Wirklich<br />
genießen wie ein gutes und gesundes Essen lassen<br />
sich solche Kunstprodukte nämlich nicht!<br />
Prof. Dr. Gerd Glaeske, Zentrum für Sozialpolitik (ZeS),<br />
<strong>Universität</strong> <strong>Bremen</strong>, Parkallee 39, 28209 <strong>Bremen</strong>,<br />
Tel: 0421 / 218-4401, Mail: gglaeske@zes.uni-bremen.de<br />
Essen als Körper-<br />
gestaltung<br />
Das in Deutschland noch relativ junge Gebiet der<br />
Public Health Nutrition befasst sich mit der Nahrungsaufnahme<br />
und der Einstellung zur <strong>Ernährung</strong><br />
in unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen. In diesem<br />
Beitrag soll der Blick nicht auf die Nahrungsinhalte<br />
gelegt werden, sondern auf das Essverhalten.<br />
In kaum einem Verhaltensbereich sind die<br />
Geschlechtsunterschiede so deutlich ausgeprägt<br />
wie hier: Frauen machen häufiger Diäten als Männer<br />
und auch die geschlechtstypischen Nahrungspräferenzen<br />
– viel Obst, Gemüse, Rohkost und<br />
Milchprodukte bei den Frauen, mehr Fleisch und<br />
Wurstwaren bei den Männern – stehen häufig im<br />
Zusammenhang mit dem Wunsch von Frauen, über<br />
das Essverhalten das eigene Gewicht zu kontrollieren.<br />
Hinter diesem Ess- und Diätverhalten steht<br />
eine bei den Frauen stärker ausgeprägte Unzufriedenheit<br />
mit dem Köper, die wiederum das gängige<br />
Schönheitsideal widerspiegelt. Nach einer Umfrage<br />
im Auftrag der Körberstiftung im Jahr 2000 ist<br />
das weibliche Schönheitsideal noch immer ein<br />
Schlankheitsideal, während das männliche Schönheitsideal<br />
als »muskulös, gut durchtrainiert«<br />
beschrieben wird.<br />
Wie Studien zur Gesundheit im Jugendalter belegen,<br />
setzen sich diese Geschlechtsunterschiede mit<br />
der Pubertät durch: Deutlich mehr Mädchen als<br />
Jungen sind mit ihrem Körper unzufrieden und<br />
mehr Mädchen als Jungen empfinden sich als zu<br />
dick – selbst dann, wenn sie normal- oder unter-