Open Government Data Deutschland - ePractice.eu
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3 LEBENSZYKLUS STAATLICHER DATEN<br />
116<br />
II DIE RECHTLICHE DIMENSION VON OPEN GOVERNMENT DATA<br />
Außerhalb des Geltungsbereichs des Urheberrechtsgesetzes muss analysiert werden, wie sich begründen<br />
lässt, dass der »Eigentümer« staatlicher Daten, verstanden im Sinne einer rechtlich definierten<br />
Verfügungsberechtigung 296 , im Falle der Veröffentlichung überhaupt Grenzen und Vorgaben<br />
der Weiterverwendung definieren kann. Im direkten Anwendungsbereich des Urheberrechts ergibt<br />
sich dies aus der gesetzlichen Zuweisung einer andere Nutzer ausschließenden Verfügungsberechtigung<br />
297 (absolutes Recht 298 ).<br />
Aufgrund der Vergleichbarkeit staatlicher Daten mit Werken im Sinne des Urheberrechts wäre eine<br />
weitergehende Analogie zwar denkbar, problematisch erscheint aber die Planwidrigkeit der Regelungslücke,<br />
zumal das UrhG abschließend definiert hat, ab welcher Schöpfungshöhe und welche<br />
Gegenstände einen besonderen Schutz genießen sollen. Insofern bleibt in der zivilrechtlich orientierten<br />
Perspektive nur eine vertragliche (relative) Vereinbarung zwischen dem »Eigentümer« der<br />
Daten und einem Dritten, die angesichts der Vertragsautonomie grundsätzlich jeden Vermögensgegenstand<br />
– also auch nicht urheberrechtlich geschützte Daten – erfassen kann (typengemischter<br />
Nutzungsvertrag). Eine analoge Anwendung des Urheberrechts scheidet für Daten aus.<br />
Aber auch im öffentlich-rechtlichen Modell lässt sich eine Zuweisung der Verfügungsberechtigung<br />
realisieren – sie basiert nämlich letztlich (in beiden Varianten) auf der Überlegung, dass derjenige,<br />
der über einen Datensatz verfügen kann, diesen überhaupt erst durch die Veröffentlichung einer<br />
(potenziellen) Weiterverwendung durch Dritte öffnet und diesen Vorgang insofern auch sachlich<br />
und personell begrenzen kann. Die Verfügungsberechtigung staatlicher Stellen zeigt sich auch an<br />
der Existenz von Zugangsansprüchen (aus den IFGs), deren explizite Anerkennung und Normierung<br />
entbehrlich wäre, wenn dem Staat – außerhalb des Urheberrechts – schon gar keine entsprechende<br />
Verfügungsberechtigung zukäme. Die Verwaltung kann ebenfalls grundsätzlich über alle<br />
Vermögensgegenstände und deren Nutzung Verträge schließen, hinzu kommt aber die Option,<br />
auch andere Handlungsinstrumentarien einzusetzen, um die Veröffentlichung und Weiterverwendung<br />
der Daten zu reglementieren. 299 Letztgenannter Begründungsansatz zeigt damit erhebliche<br />
Parallelen zum anerkannten öffentlich-rechtlichen Rechtsinstitut der öffentlichen Sache 300 , was<br />
insofern eine Orientierung an diesem nahelegt (ohne gesetzlich zwingend zu sein).<br />
Der besondere rechtliche Status eines Gegenstandes 301 als öffentliche Sache erklärt sich also zunächst<br />
aufgrund seiner Indienststellung zur unmittelbaren Erfüllung eines öffentlichen Zwecks.<br />
296 Zur Frage, wer dies in concreto ist, siehe Abschnitt II-3.2.1.<br />
297 Einschränkend ist zu berücksichtigen, dass bei urheberrechtlich geschützten Werken des Staates das Urheberrechtsgesetz<br />
(UrhG) abschließend ist und einer Modifikation insbesondere durch die Landesverwaltungen im Rahmen einer Datenveröffentlichung<br />
nicht offen steht. Dies gilt sowohl für Fälle des Bestehens eines Urheberrechts als auch den Ausschluss<br />
nach § 5 Abs. 1 und 2 UrhG, der eine »freie Nutzung« gestattet (Dreier 2008, § 5 Rn. 1) und weitergehenden<br />
Restriktionen entgegensteht. Bei bestehendem Urheberecht muss die zulässige Einräumung und Begrenzung von (Nutzungs-<br />
und Verwertungs-)Rechten – auch wenn sie in öffentlich-rechtlicher Form erfolgt – als zulässige Ausübung des<br />
gesetzlich eingeräumten Urheberrechts erscheinen.<br />
298 Statt vieler Kroitzsch 2000, § 15 Rn. 20.<br />
299 Das erweiterte Handlungsinstrumentarium stellt den wesentlichen Unterschied zu privaten Akt<strong>eu</strong>ren dar, die Dritten<br />
Nutzungsrechte an »ihren« Daten einräumen wollen. Soweit kein urheberrechtlich geschütztes Werk vorliegt, bleibt deren<br />
Handlungsinstrumentarium auf relativ wirkende vertragliche Vereinbarungen begrenzt. Bei der öffentlichen Verwaltung<br />
variieren in Abhängigkeit von der Ebene, der die Kompetenz zur bzw. Aufgabe der Veröffentlichung staatlicher Daten<br />
zukommt, die denkbaren Handlungsformen. Möglich sind gesetzliche Regelungen bzw. solche durch<br />
Rechtsverordnung; eine Widmung kann aber auch durch Satzung, Verwaltungsakt und Allgemeinverfügung erfolgen;<br />
dazu Papier 2010, § 40 Rn. 2ff.<br />
300 Grundlegend Papier 2010, §§ 38-42; Pappermann, Löhr und Andriske 1987, S. 1ff.; Schmidt-Jortzig 1987, S. 1025ff.<br />
301 Nach h. M. wird bspw. auch der Luftraum erfasst, sodass eine Beschränkung auf Sachen im Sinne von § 90 BGB schon<br />
rechtstatsächlich nicht vorgenommen wird; vgl. dazu Papier 2010, § 39 Rn. 3. Dass die Einordnung auch »nichtgegenständlicher«<br />
Angebote als öffentliche Einrichtung in Betracht kommt, veranschaulicht auch der Umstand, dass die<br />
auf einer gemeindlichen Homepage vorgehaltene »Linkliste« als öffentliche Einrichtung im Sinne des Kommunalverfassungsrechts<br />
definiert wird; dazu Boehme-Neßler 2001, S. 379; Duckstein und Gramlich 2004, S. 121ff.; Frevert und<br />
Wagner 2011, S. 79; Ott und Ramming 2003, S. 454ff.