und Leseprobe (PDF) - Vandenhoeck & Ruprecht
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Ingeborg Volger / Martin Merbach, Die Beziehung verbessern<br />
Beziehungsverstehen als Ausdruck von Mentalisierung 21<br />
wahrnehmen <strong>und</strong> zugleich den Eindruck gewinnen, dass im<br />
Vergessen wichtiger familiärer Ereignisse ein Kränkungspotential<br />
enthalten ist, dessen Bedeutung <strong>und</strong> Ausmaß ihm<br />
bisher nicht bewusst war. Machen sich bei Herrn A hingegen<br />
auch pathogene Überzeugungen bemerkbar, so könnte er<br />
seine ängstliche Zurückhaltung angesichts des Ärgers seiner<br />
Frau als Bestätigung seiner Befürchtung erleben, Frauen gegenüber<br />
stets in der ohnmächtigen <strong>und</strong> minderwertigen Position<br />
zu sein.<br />
Um zu einem einigermaßen realistischen Beziehungs- <strong>und</strong><br />
Situationsverständnis zu gelangen, ist demnach nicht nur der<br />
Zugang zu den eigenen Gefühlen notwendig, sondern auch die<br />
Fähigkeit, sich in die Affekte des Partners einfühlen zu können.<br />
Angesichts einer inneren Situation, in der die Beteiligten mit<br />
der Wahrnehmung <strong>und</strong> Regulation eigener heftiger Gefühle<br />
beschäftigt sind, wird deutlich, welch hohe Anforderung die<br />
Einfühlung in das Erleben des Gegenübers beinhaltet. Ist es<br />
schon oft genug schwierig, die eigenen Gefühle zuzulassen, zu<br />
differenzieren <strong>und</strong> zum Verständnis der Situation zu nutzen,<br />
so erfordert die Empathie in Fremderleben eine zusätzliche<br />
emotionale Anstrengung <strong>und</strong> Stärke, setzt sie doch die Fähigkeit<br />
voraus, vom Eigenen zu abstrahieren <strong>und</strong> es in seiner<br />
emotionalen Überzeugungskraft zu relativieren.<br />
1.5 Beziehungsverstehen als Ausdruck<br />
von Mentalisierung<br />
Der Gefühlsprozess in Partnerschaften wird dadurch kompliziert,<br />
dass beide Partner Gefühle entwickeln, die sie einerseits<br />
als Antwort auf das Gegenüber erleben, die andererseits<br />
aber vor dem Hintergr<strong>und</strong> ihrer inneren Bilder vom Partner<br />
generiert werden. Wenn der Partner durch eine Unaufmerksamkeit<br />
in uns eine Verärgerung auslöst, so erleben wir dies<br />
zunächst einmal als antwortendes Gefühl auf eine Situation,<br />
in der unsere innere Verfassung <strong>und</strong> Erwartung nicht mit<br />
© 2010 <strong>Vandenhoeck</strong> & <strong>Ruprecht</strong> GmbH & Co. KG, Göttingen<br />
ISBN Print: 978-3-525-67003-3