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Damit lösten sie mit paradoxer Keckheit den tödtlichen Widerspruch zwischen Leiden und<br />
Gerechtigkeit, an dem das Judenthum zu Grunde ging; sie kehrten einfach die Rangordnung um, – die Letzten wurden die<br />
Ersten, und wen Gott liebte, den züchtigte er.<br />
So ist Jesu Kreuzesbild stehen geblieben in dieser triumphirenden christlichen Glaubenswelt, und erinnert uns daran, dass es<br />
immer nur der Einzelne, der grosse Einzelne ist, der die Spitzen der Religion, ihre echte Seligkeit und ihre volle Tragik, erreicht.<br />
Was er dort oben erlebt, erfährt die Menge unten nicht; sein tragisches Ende, sein tragisches Erkennen bleiben so heimlich und<br />
individuell, wie seine Beseligung und Gotteinheit es waren, und entziehen sich der Geschichte.<br />
In das Triumphgeschrei des kompakten und nützlichen Glaubens, der für Alle ist, klingt immer nur ganz – ganz leise und<br />
schmerzlich das letzte Wort der Religiosität, die nur hier und da für einen armen Einsamen ist, – der sie zu tief durchkostete:<br />
»Eli! Eli! lama sabachthani!«<br />
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Albrecht Altdorfer Kreuzigung Christi.<br />
Eli Eli lama sabachthani! Mein Gott, mein Gott warum hast du mich verlassen