(Kirchen-Dogma) führte schließlichzum Bruch zwischen <strong>der</strong> einseitigenkirchlich-<strong>theologische</strong>n Scholastikund <strong>der</strong> allgemeinen Wissenschaft,<strong>die</strong> sich zunehmend als autonomund nur <strong>der</strong> Vernunft <strong>des</strong> Menschenverpflichtet verstand.Während <strong>der</strong> Reformation – un<strong>der</strong>st recht in <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Aufklärungdanach – löste sich <strong>die</strong>Scholastik immer mehr in ihreEinzelteile <strong>auf</strong>. Theologie, Philosophie,Medizin und schlussendlich<strong>die</strong> empirische Wissenschaftwurden einzelne Disziplinen, <strong>die</strong>unterschiedlich gelehrt werdenkonnten.Somit war nicht <strong>die</strong> scholastischeMethode schuld am Scheitern <strong>der</strong>Scholastik, son<strong>der</strong>n ihre Gebundenheitan <strong>die</strong> Lehre <strong>der</strong> Kirche,aus <strong>der</strong> <strong>die</strong> Kirche das Recht herleitete,alle Bereiche <strong>der</strong> Gesellschaftbestimmen und kontrollieren zuwollen. Dieser Anspruch verursachteschlussendlich den Machtmissbrauchsowohl in <strong>der</strong> Kurie wieauch in <strong>der</strong> Gesellschaft.Dieses Scheitern war auch nichtzuletzt darin begründet, dass <strong>die</strong>Scholastik eben nicht alle Bereiche<strong>des</strong> Lebens erklären konnte, wiez.B. <strong>die</strong> Beziehung zwischen Gottund Mensch, o<strong>der</strong> <strong>die</strong> <strong>des</strong> Menschenzu seinem Nächsten. Denn<strong>die</strong>se Beziehung hat nicht nur eineintellektuelle Qualität, son<strong>der</strong>n siebesitzt auch eine „geistliche“ Dimension,<strong>die</strong> nicht „geistig“ fassbarist. 1 Solche Problemkreise in<strong>der</strong> Scholastik hatten sich zuletztfestgefahren und zu Disputationenohne Ende geführt 2 .ANFÄNGE DER SCHOLASTIK IN DERNEU-ZEITAls in Europa <strong>die</strong> Völkerwan<strong>der</strong>ungim ausgehenden 8. Jhd. gerade zuEnde ging und Karl <strong>der</strong> Große zumKaiser über Europa gekrönt wurde,hatte sich in <strong>die</strong>ser Zeit im Orient<strong>der</strong> Islam über 200 Jahre lang etablierenkönnen und befand sich <strong>auf</strong>dem Höhepunkt seiner kulturellenEntfaltung. Bis zum 9. Jhd. (Abbasiden-Reich)hatte <strong>der</strong> Islam bereitsden ganzen Vor<strong>der</strong>en Orient sowieNordafrika erobert und breitetesich bis zum Indus aus. Auch inEuropa hatten <strong>die</strong> Muslime <strong>auf</strong> <strong>der</strong>iberischen Halbinsel eine blühendeKultur <strong>auf</strong>gebaut.Dadurch standen dem Islam immenseReichtümer und Ressourcen zurVerfügung, <strong>die</strong> es den muslimischenKalifen und Fürsten erlaubten, einekulturelle und geistige Entwicklungim Orient ins Rollen zu bringen. Unterden fortschrittlichen Kalifen vonBagdad, Harun al Rashid und nachihm sein Sohn al Ma'mun, entstandsomit eine kulturelle Revolution in<strong>der</strong> islamischen Welt, <strong>die</strong> weit bisin das 13. Jhd. reichte.Diese Revolution sorgte dafür, dass<strong>die</strong> so genannte „scholastische“ Wissenschaft,<strong>die</strong> <strong>auf</strong> <strong>der</strong> Philosophie<strong>der</strong> Antike basierte, <strong>auf</strong>genommenund weiter interpretiert wurde. DieKalifen von Bagdad begünstigten <strong>die</strong>Philosophen und Wissenschaftlerihrer Zeit, bauten in Bagdad <strong>die</strong> renommierteBibliothek beit ul hikma(dt. Haus <strong>der</strong> Weisheit) 3 <strong>auf</strong>, richtetenSchulen ein und versorgten <strong>die</strong>Stadt mit medizinischen Kliniken– für <strong>die</strong> damalige Zeit ein Novum.Darum wurden <strong>die</strong> Gelehrten jener82 Band/Vol. IV (2009) - STUTTGARTER THEOLOGISCHE THEMEN
Das Abbasiden-Reichcc WikipediaSTUTTGARTER THEOLOGISCHE THEMEN - Band/Vol. IV (2009) 83