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Starthilfe ins eigene Leben | 21<br />
kinder, deren Eltern am Aids-Virus gestorben<br />
sind. Diese Gegend in Ostafrika<br />
gehörte zu den ersten, in denen das<br />
Virus auf den Menschen übersprang<br />
und sich seit Ende der 70er-Jahre<br />
schnell zur Massenseuche ausbreitete.<br />
Auch die Väter von Violet und Evani<br />
sind vermutlich an Aids gestorben.<br />
Heute gibt es Medikamente, um die<br />
Krankheit aufzuhalten, und das Land<br />
Tansania verteilt sie auch großzügig.<br />
»Aber die Nebenwirkungen sind oft<br />
sehr stark«, sagt die Ordensfrau, während<br />
sie den 18 Jahre alten Ereneus<br />
besucht. Er lebt bei seiner Großmutter;<br />
sie ist 84 und kann sich kaum noch um<br />
ihn kümmern. Sein Körper reagiert allergisch<br />
auf die Medikamente, im Moment<br />
weiß keiner, wie man ihm besser<br />
helfen kann. »Wir müssen sehen, was<br />
wir tun können«, sagt Sr. Pudentiana.<br />
Die Schulmädchen Violet und Evani<br />
haben es geschafft: Sie haben ihre Prüfungsarbeiten<br />
rechtzeitig fertig bekommen.<br />
Der Prüfer von der Schulbehörde<br />
mustert ihre Arbeiten kurz, und nickt<br />
zustimmend. Bestanden!<br />
Und dann ist der Moment der Heimkehr<br />
gekommen. Mit im Gepäck: Eine<br />
neue Nähmaschine aus chinesischer<br />
Produktion. Es ist ein Geschenk, das<br />
jede Schülerin nach der erfolgreichen<br />
Prüfung erhält. Erst mit dem Auto, dann<br />
zu Fuß transportieren sie die Geräte<br />
durch die Felder aus Bananenstauden,<br />
bis sie zu Hause ankommen. Dort warten<br />
schon ihre Mütter. Stolz schließen<br />
sie die Mädchen in die Arme. »Nie hätte<br />
ich geglaubt, dass eine meiner Töchter<br />
einmal zur Schule gehen könnte«,<br />
sagt die Mutter von Violet. Ihre Tochter<br />
sagt: »Wir möchten jetzt versuchen,<br />
dass wir uns ein Geschäft aufbauen.«<br />
Zusammen mit ein paar Freundinnen<br />
wollen sie die neuen Nähmaschinen<br />
in Schwung bringen und als Schneiderinnen<br />
arbeiten. Der erste Auftrag ist<br />
schon da: Für eine der Schulen sollen<br />
sie neue Schuluniformen schneidern.<br />
Violet und ihre Mutter blicken sich an.<br />
Sie wissen: Wenn die Mädchen in der<br />
Lage sind, eigenes Geld zu verdienen<br />
und damit ihre Geschwister und die<br />
Mutter zu unterstützen, dann können<br />
sie in der Familie bleiben. Sie müssen<br />
sich nicht für einen schnellen Brautpreis<br />
verheiraten lassen. Sr. Pudentiana<br />
Kirungo sagt zum Abschied: »Gebt ihnen<br />
ein bisschen Zeit. Wartet ab, bis sie<br />
mit der Arbeit angefangen haben.« Danach<br />
können sie immer noch heiraten.<br />
Wenn sie selbst es wollen. Und sie ein<br />
eigenes Leben haben.<br />
Christian Selbherr (Text)<br />
und Jörg Böthling (Fotos)