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Pharmaceutical Tribune 05/2018

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<strong>Pharmaceutical</strong> <strong>Tribune</strong> | Nr. 5 | 21. März <strong>2018</strong> AKTUELL | POLITIK | WIRTSCHAFT 3<br />

im Supermarkt?<br />

empirische Evidenz zur Sicherheit von<br />

erhöhen – sofern die Beratung stimmt.<br />

nahmen bzw. Missbrauch von<br />

NVA, das sie u.a. auf den freien<br />

AM-Zugang zurückführen. Mehr<br />

als die Hälfte der Befragten<br />

sprach sich daher für eine Neueinstufung<br />

bestimmter NVA als<br />

verschreibungspflichtig aus.<br />

Heikle NVA-Gruppen<br />

Zu den bedeutendsten NVA-Gruppen<br />

gehören Analgetika, speziell<br />

NSAR. Hierzu zitieren die IHS-Autoren<br />

u.a. eine Studie aus den Niederlanden<br />

(Koffemann et al., 2014),<br />

wonach in einer Stichprobe von<br />

Hochrisikopatienten (Personen mit<br />

KI und/oder über 70 Jahre) 13 Prozent<br />

in den letzten vier Wochen rezeptfreie<br />

NSAR konsumiert hatten.<br />

Bei rezeptfreien Husten- und Erkältungsmitteln,<br />

die speziell in den<br />

USA relativ leicht zugänglich sind,<br />

zeigten empirische Untersuchungen,<br />

dass 3,7 Prozent von zwölf- bis<br />

17-jährigen Jugendlichen bereits<br />

NV-Husten- bzw. Erkältungsmittel<br />

konsumiert haben, um sich zu berauschen<br />

(vgl. Ford, 2009). Weitere<br />

Daten aus den USA zeugen, v.a. bei<br />

Personen mit Essstörungen, von<br />

Laxanzienmissbrauch. Die Prävalenz<br />

liegt laut diverser Studien in<br />

dieser Patientengruppe zwischen<br />

zehn und 60 Prozent.<br />

Spitalsaufnahmen durch NVA<br />

Eine deutsche Studie (Schmiedl et<br />

al., 2014) zeigte, dass 3,9 Prozent<br />

der AM-bedingten Spitalsaufnahmen<br />

in Zusammenhang mit<br />

Selbstmedikation standen. Das<br />

entspricht etwa 0,1 Prozent aller<br />

Spitalsaufnahmen, wovon rund die<br />

Hälfte (0,<strong>05</strong>8 Prozent) auf NVA zurückzuführen<br />

war (die andere<br />

Hälfte auf Selbstmedikation mit<br />

früher verordneten RxA). Legt man<br />

die Zahlen auf Österreich um, so<br />

ergeben sich rund 5,6 Millionen<br />

Euro jährlich an Kosten durch<br />

NVA-verursachte Spitalsaufnahmen,<br />

weisen die Autoren darauf<br />

hin, dass selbst bei bestehender<br />

Regulierung des NVA-Vertriebs<br />

Kosten entstünden.<br />

Auch mit dem Wissen zu NVA<br />

hapert es. Eine Studie zum Informationsstand<br />

von italienischen<br />

Konsumenten (Calamusa et al.,<br />

2012) zeigte etwa Folgendes: 30<br />

Prozent verwechselten Gegenanzeigen<br />

und Nebenwirkungen und<br />

zwei von fünf (42 Prozent) NVA<br />

mit Generika.<br />

Bereit, für Qualität zu zahlen<br />

Da die empirische Evidenz auf<br />

mangelnde AM-Kompetenz hindeutet,<br />

untersuchten die Autoren<br />

auch, welche Rolle Apotheken in<br />

diesem Kontext spielen können.<br />

Laut mehreren Studien messen<br />

Konsumenten den Apotheken deswegen<br />

einen gewissen Wert bei,<br />

weil sie bessere Qualität und mehr<br />

Auswahl erwarten. Im Mittel gebe<br />

es für apothekerliche Beratungsleistungen<br />

eine Zahlungsbereitschaft<br />

von etwa sechs USD (4,8<br />

Euro) pro Konsultation (Suh, 2000).<br />

Für eine detaillierte Beratung inklusive<br />

Rücksprache mit Ärzten zur<br />

Optimierung der AM-Therapie wären<br />

die Befragten bereit, 13 USD<br />

(10,5 Euro) bzw. 28 USD (22,6 Euro)<br />

für eine einmalige Konsultation<br />

samt einjährigem Monitoring zu<br />

zahlen (Larson, 2000).<br />

In den Niederlanden mit vergleichsweise<br />

niederschwelligem<br />

NVA-Zugang sprechen sich erstaunlich<br />

viele Befragte für eine<br />

Apothekenpflicht aus, je mehr sie<br />

mit konkreten Risiken von<br />

Schmerzmitteln konfrontiert werden<br />

(Brabers et al., 2013). Je nach<br />

Abstufung des Sicherheitsprofils<br />

liegt der Anteil bei bis zu 70 Prozent<br />

(siehe Tabelle). Selbst bei sehr<br />

geringem Risiko präferieren neun<br />

Prozent eine Verschreibungspflicht,<br />

40 Prozent eine Apothekenpflicht,<br />

45 Prozent den Vertrieb in Drogerien,<br />

aber nur fünf Prozent in<br />

Supermärkten und Tankstellen.<br />

Apotheker intervenieren<br />

Apotheker wenden unterschiedliche<br />

Strategien an, um Fehleinnahmen<br />

und Missbrauch von NVA zu<br />

vermeiden: Verweis auf Arztbesuch,<br />

Entfernen von heiklen Produkten<br />

aus der Sichtwahl, Verkaufsverweigerung,<br />

direktes Ansprechen<br />

der Problematik oder Behauptung,<br />

das Produkt nicht<br />

lagernd zu haben. Eine schottische<br />

Studie (MacFadyen et al., 2001)<br />

zeigte, dass 27 Prozent der befragten<br />

Apotheker „immer“ und 45<br />

Prozent „oft“ intervenieren, wenn<br />

sie Fehleinnahme bzw. Missbrauch<br />

vermuten. Nur ein Prozent interveniert<br />

nie.<br />

Jedoch, so die Autoren, könnten<br />

diese Strategien Fehleinnahmen<br />

und Missbrauch nicht immer vorbeugen.<br />

Dies gelte v.a. dann, wenn<br />

die Beratung suboptimal durchgeführt<br />

wird. Dazu zitierten sie eine<br />

schottische Studie (Watson et al.,<br />

2008) zur Beratungsqualität von<br />

zum NVA-Verkauf ausgebildeten<br />

Apothekenassistenten. Zwar zeigten<br />

sich 83 Prozent bzw. 15 Prozent<br />

der Kunden zufrieden bzw. sehr<br />

zufrieden mit der Qualität der Beratung.<br />

Eine Ex-post-Analyse ergab<br />

jedoch große Mängel: Nur in 36<br />

Prozent der Konsultationen wurde<br />

nach sonstigen eingenommenen<br />

AM gefragt, in 37 Prozent nach bestehenden<br />

Symptomen.<br />

Auf Basis der verfügbaren empirischen<br />

Evidenz könne man daher<br />

nicht beantworten, wie sehr<br />

die Beratung in Apotheken zur Vermeidung<br />

von UAW durch NVA beitragen<br />

kann. Das hänge „maßgeblich“<br />

von der Qualität der Beratungsleistungen<br />

ab. Nichtsdestotrotz,<br />

schlussfolgern die Autoren,<br />

verdeutliche die Studienlage, dass<br />

Konsumenten den Apotheken im<br />

Kontext von AM-Sicherheit eine<br />

hohe Bedeutung beimessen. ■<br />

*Czypionka et al. „Gesundheitsökonomische<br />

Analyse des Apothekensystems –<br />

Mit Fokus auf den Vertrieb von nichtverschreibungspflichtigen<br />

Arzneimitteln“,<br />

publ. Jänner <strong>2018</strong><br />

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HYPERTONIE<br />

Datum der Erstellung: 02/<strong>2018</strong>, AT1709706336<br />

MITGEZÄHLT<br />

400.000 Todesfälle<br />

durch<br />

resistente<br />

Bakterien könnte es bis 2<strong>05</strong>0 jährlich<br />

in Europa geben. Experten<br />

warnen daher vor der falschen<br />

Ver schreibung und/oder falschen<br />

Einnahme von Antibiotika.<br />

528.529 Personen<br />

hatten bis<br />

Redaktionsschluss<br />

das Volksbegehren<br />

DON’T SMOKE, eine Initiative<br />

der Wiener Ärztekammer und<br />

der Österreichischen Krebshilfe,<br />

unterzeichnet.<br />

Fachkurzinformationen auf Seite 22

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