atw 2019-01
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<strong>atw</strong> Vol. 64 (<strong>2<strong>01</strong>9</strong>) | Issue 1 ı January<br />
ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 22<br />
zwischen 8 Uhr und 13 Uhr. Die Solar-Einspeisung aus<br />
Photovoltaik sinkt im Verlauf des Nachmittags bis zum<br />
Abend, also einige Stunden vor dem tageszeitlichen Rückgang<br />
des Stromverbrauchs. Das heißt, dass konventionelle<br />
Kraftwerke kurzfristig mindestens zwei Mal die Stromproduktion<br />
erhöhen müssen, am Morgen und am Abend.<br />
Um die hohe PV-Einspeisung in der Mittagszeit zu integrieren<br />
und andererseits die abendliche Verbrauchsspitze<br />
abzudecken, müssen Kohle- und Gaskraftwerke die Fahrweise<br />
entsprechend anpassen.<br />
| | Abb. 10.<br />
Flexibilität von heutigen Gaskraftwerken im Vergleich zu Braunkohlekraftwerken.<br />
| | Abb. 11.<br />
Optionen für einen stärkeren Zuwachs der Erzeugung regenerativer Energien im Falle von höheren<br />
Energieverbräuchen.<br />
Kohle- und Gaskraftwerke sind technisch in gleicher<br />
Weise geeignet sind, die Flexibilitätsanforderungen zu<br />
erfüllen. So kann beispielsweise ein bestehendes modernes<br />
Braunkohlenkraftwerk innerhalb von 20 Minuten von<br />
1.000 MW auf 500 MW runtergefahren werden. Das<br />
entspricht 30 MW pro Minute, ein Wert, der auch von<br />
einem Gaskraftwerk nicht signifikant übertroffen wird.<br />
Für das Hochfahren der Leistung gelten die genannten<br />
Werte in gleicher Weise (Abbildung 10).<br />
Trotz der hohen Flexibilität, die konventionelle Kraftwerke<br />
bieten, ergeben sich als Folge des massiven Ausbaus<br />
von erneuerbaren Energien vermehrt Zeiten, in denen<br />
Versorgungsüberschüsse auftreten. Nach Angaben der<br />
Bundesnetzagentur stieg die Abregelung erneuerbarer<br />
Energieträger durch Einspeisemanagement-Maßnahmen<br />
2<strong>01</strong>7 auf den bislang höchsten Wert von 5.518 GWh. Statt<br />
einer ungehemmten Fortsetzung des Zubaus, verbunden<br />
mit der Konsequenz einer noch weiter zunehmenden<br />
Abschaltung von Windturbinen, bietet sich die Möglichkeit,<br />
den Überschussstrom über den Zwischenschritt<br />
Speicherung nutzbar zu machen. Power-to-gas ist eine der<br />
hierfür bestehenden Optionen. Damit kann gleichzeitig<br />
die angestrebte Sektorenkopplung vorangebracht werden<br />
(Abbildung 11).<br />
pp<br />
Je länger die Zeiten von Überschüssen an erneuerbar<br />
erzeugtem Strom sind, desto geringer ist die Nutzung<br />
der Kapazität zusätzlicher Anlagen – mit der Konsequenz<br />
einer Erhöhung der Stromerzeugungskosten pro kWh.<br />
pp<br />
Und je größer die Auslastung einer Power-to-gas-Anlage,<br />
desto stärker sinken die Kosten für diese Technologie<br />
pro kWh.<br />
Mit weiter verstärktem Ausbau volatiler erneuerbarer<br />
Energien ist ein Schnittpunkt beider Kurven zu erwarten.<br />
Und rechts von diesem Schnittpunkt wird Power-to-Gas<br />
zur wirtschaftlich günstigeren Option (Abbildung 12).<br />
Neben dem Thema Überschüsse, die sich aus der<br />
Transformation der Energieversorgung ergeben, ist das<br />
Thema Knappheit zu adressieren. Überschüsse an elektrischer<br />
Arbeit zu bestimmten Zeiten bringen nämlich<br />
keinen positiven Effekt für die Sicherheit der Versorgung.<br />
Versorgungssicherheit ist durch jederzeit ausreichend<br />
verfügbare Leistung zu garantieren. Mit zunehmendem<br />
Ausbau der erneuerbaren Energien sinkt die Auslastung<br />
der konventionellen Kraftwerke. Der Energy-only-Market<br />
gewährleistet – anders als in der Vergangenheit – für eine<br />
große Zahl von konventionellen Anlagen keine zur Aufrechterhaltung<br />
des Betriebs ausreichenden Einnahmenströme.<br />
Und dies gilt nicht nur für Neubauten. Kapazitätszahlungen<br />
sind deshalb künftig zur Aufrechterhaltung<br />
der Systemsicherheit unverzichtbar.<br />
| | Abb. 12.<br />
Vergleich der Erzeugungskosten von Power-2-X mit einem weiteren Ausbau von Windund<br />
PV-Anlagen in Abhängigkeit vom Ausbau der regenerativen Energien.<br />
| | Abb. 13.<br />
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zum<br />
Elektrizitätsbinnenmarkt.<br />
Energy Policy, Economy and Law<br />
The Future Role of Thermal Electricity Generation and Storage of Electricity in the Member States of the European Union –<br />
Security of Supply with Increasing Shares of Volatile Renewable Energies ı Hans-Wilhelm Schiffer