material+technik möbel_0520
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FACHMAGAZIN FÜR DIE KASTEN–, KÜCHEN–, BÜRO– UND SITZMÖBEL–FERTIGUNG SOWIE DEN INNENAUSBAU · WWW.MATERIAL-TECHNIK.DE · 30835<br />
05 20<br />
Wohn- und<br />
Küchen<strong>möbel</strong>:<br />
Neue Dekore und<br />
Beschläge im Ersteinsatz<br />
Fertigungstechnik:<br />
Digitale Tools für<br />
kreative Prozesse<br />
Sitz<strong>möbel</strong>bezüge:<br />
Premieren statt im<br />
Januar nun im Mai
Macher & Märkte<br />
Europa hofft auf ein<br />
besseres Jahr 2021<br />
Ende Oktober läuft die Zeit für eine Regelung der künftigen Wirtschaftsbeziehungen mit Großbritannien ab.<br />
Bei Redaktionsschluss war noch nicht bekannt, ob es zu einem No-Deal kommt oder ob es in letzter Minute<br />
gelingt, ein Freihandelsabkommen mit dem ehemaligen EU-Land abzuschließen, das noch bis zum 31.<br />
Dezember von den Parlamenten ratifiziert werden kann. Doch die Brexit-Verhandlungen sind nicht die<br />
einzige Sorge der EU, die Folgen der Corona-Pandemie und ein möglicher zweiter Lockdown machen den<br />
Mitgliedsländern ebenfalls zu schaffen.<br />
6<br />
<strong>material+technik</strong> <strong>möbel</strong> 05|20
Macher & Märkte<br />
Covid-19 hat Westeuropa in eine<br />
tiefe Rezession gestürzt.<br />
Covid-19 has plunged Western<br />
Europe into a deep recession.<br />
Photo: AdobeStock<br />
Die führenden Wirtschaftsinstitute<br />
registrieren seit Sommer zwar eine<br />
Verbesserung der Konjunktur, prognostizieren<br />
der deutschen Wirtschaft<br />
aber für das Gesamtjahr<br />
weiterhin ein deutliches Minus.<br />
Nach Ansicht des Wirtschaftsministeriums<br />
hat die deutsche Industrie<br />
im Sommer den Tiefpunkt durchschritten<br />
und befindet sich auf<br />
Erholungskurs. Auch das Institut<br />
für Weltwirtschaft (IFW) in Kiel<br />
äußerte sich optimistisch, dass<br />
eine wirtschaftliche Erholung im<br />
zweiten Halbjahr einsetzt, allerdings<br />
nur, wenn es zu keiner<br />
zweiten Infektionswelle kommt.<br />
Für die deutsche Wirtschaft war<br />
das zweite Jahresquartal das<br />
schlechteste in der Geschichte der<br />
Bundesrepublik. Bedingt durch den<br />
Lockdown sank die wirtschaftliche<br />
Leistung um schätzungsweise 12<br />
Prozent und damit stärker als<br />
erwartet.<br />
Gleichzeitig gehen die Wirtschaftsinstitute<br />
davon aus, dass die<br />
Erholung im zweiten Halbjahr dafür<br />
größer ausfällt als ursprünglich<br />
erwartet. Für das Gesamtjahr<br />
rechnen die Experten damit, dass<br />
die deutsche Wirtschaft etwas<br />
geringer schrumpft als anfangs<br />
befürchtet. Nachdem inmitten der<br />
Pandemie vom IFW Kiel der<br />
Einbruch noch auf 6,8 Prozent<br />
beziffert wurde, gehen die Wirtschaftsforscher<br />
nun von einem<br />
Rückgang in Höhe von 6,3 Prozent<br />
aus.<br />
Als Grund für das geringere Minus<br />
nennen die Kieler Wirtschaftsforscher<br />
die Effekte des Konjunkturpakets<br />
der Bundesregierung, das<br />
umfangreiche Hilfen für Wirtschaft<br />
und Verbraucher enthält.<br />
Vorgezogene Käufe<br />
Eine wesentliche Rolle spielt dabei<br />
insbesondere die Mehrwertsteuersenkung,<br />
die zu einem höheren<br />
Konsum und im Falle von langlebigen<br />
Wirtschaftsgütern zu vorgezogenen<br />
Käufen führt. Die<br />
Kehrseite der Medaille ist dabei,<br />
dass nun die Konsumnachfrage im<br />
nächsten Jahr vermutlich etwas<br />
schwächer ausfallen und die<br />
Erholung der Wirtschaft damit<br />
etwas langsamer ablaufen wird. Im<br />
ersten Quartal 2020 war der private<br />
Verbrauch um 3,2 Prozent und im<br />
zweiten Quartal sogar um 13<br />
Prozent geschrumpft.<br />
Da es in den Zeiten des Lockdowns<br />
auch wenig Einkaufsmöglichkeiten<br />
gab, kam es stattdessen zu einem<br />
rasanten Anstieg der privaten Sparquote.<br />
Nach 10,9 Prozent im<br />
Jahresdurchschnitt 2019 schnellte<br />
die Quote im zweiten Quartal auf<br />
23 Prozent hoch und wird laut Prognosen<br />
der Wirtschaftsexperten im<br />
Gesamtjahr bei rund 17,3 Prozent<br />
liegen.<br />
Verhaltener Optimismus<br />
Mit einer raschen Abnahme der<br />
Sparquote und steigenden Konsumausgaben<br />
rechnen die Experten<br />
allerdings auch im nächsten Jahr<br />
nicht, da die Verbraucher weiterhin<br />
verunsichert sind und in zahlreichen<br />
Wirtschaftszweigen noch keine<br />
Normalbeschäftigung zurückgekehrt<br />
ist.<br />
Dazu kommt, dass sich nach Ansicht<br />
von Experten das Verbraucherverhalten<br />
in der Pandemie gewandelt<br />
hat. Zu den Gewinnern zählt dabei<br />
vor allem der Online-Handel. Die<br />
Experten erwarten zudem, dass die<br />
Verbraucher beim Kauf mehr Wert<br />
auf Qualität legen und vor allem<br />
bewusster einkaufen.<br />
Immerhin hat die Senkung der<br />
Mehrwertsteuer bereits dazu<br />
geführt, dass die Konsumenten<br />
größere Anschaffungen vornehmen.<br />
Bei einer Umfrage der Gesellschaft<br />
für Konsumgüterforschung (GfK) in<br />
Nürnberg unter 1.000 Verbrauchern<br />
gaben 29 Prozent an, bestimmte<br />
Anschaffungen vorziehen zu<br />
wollen. Vor allem jüngere<br />
Verbraucher wollten bis zum<br />
Jahresende Ausgaben tätigen,<br />
während die über 50jährigen ihre<br />
Ausgaben eher vorsichtig planten.<br />
Die Anzahl derjenigen, die dabei<br />
lieber weniger, dafür aber höherwertige<br />
Produkte kaufen wollten,<br />
ist laut Umfrage gestiegen.<br />
Das Nürnberger Institut ermittelte,<br />
dass sich die Anschaffungsneigung<br />
von Juni auf Juli bereits von 19,4<br />
auf 42,5 Zählerpunkte erhöht hatte<br />
und damit fast auf Höhe des Vorjahresmonats<br />
lag. Die Anschaffungsneigung<br />
gilt als Stimmungsindikator<br />
für den Wunsch und die Absicht der<br />
Verbraucher, größere Anschaffungen<br />
zu tätigen. Er ist allerdings<br />
kein Indiz für einen tatsächlichen<br />
Kauf.<br />
Tiefe Rezession in Europa<br />
Die Europäische Kommission ging<br />
in ihrer Sommerprognose davon<br />
aus, dass die EU-Wirtschaft im<br />
laufenden Jahr um 8,3 Prozent und<br />
damit stärker schrumpfen wird als<br />
ursprünglich erwartet. Dabei wird<br />
der Rückgang im Euro-Währungsgebiet<br />
mit 8,7 Prozent kräftiger<br />
ausfallen als in der gesamten EU.<br />
Im Frühjahr waren die Experten<br />
noch davon ausgegangen, dass das<br />
Minus 7,7 Prozent im Euroraum<br />
und 7,4 Prozent in der gesamten EU<br />
betragen wird. Grund für die<br />
Verschlechterung ist der Lockdown<br />
im zweiten Quartal, der praktisch<br />
alle EU-Länder betroffen hat.<br />
Bezüglich der Entwicklung im Jahr<br />
<strong>material+technik</strong> <strong>möbel</strong> 05|20 7
Hinweis: Interview wurde vor Drucklegung geführt<br />
und spiegelt nicht den heutigen Stand wider.<br />
„Ganz ohne Messe<br />
wird es nicht gehen“<br />
Die Herbsthausmessen waren die ersten physischen<br />
Veranstaltungen in der Einrichtungsindustrie seit<br />
dem Lockdown. Sie haben bewiesen, dass Messeveranstaltungen<br />
wieder möglich sind. Nun blickt die<br />
Branche auf die Möbelmesse immCologne, die dank<br />
eines ausgeklügelten Hygienekonzepts im Januar<br />
2021 stattfinden wird. In Köln werden die Exponate<br />
erneut mit authentischen Oberflächen die Besucher<br />
in Bann ziehen, weshalb für den Dekordrucker<br />
Impress die reale Präsentation neuer Dekore und<br />
ihrer haptischen Strukturen auf Messen von so<br />
immenser Bedeutung ist. Beim Walking Interview mit<br />
<strong>material+technik</strong> <strong>möbel</strong> erläutert Sascha Kostros<br />
(Head of Decor Management Impress) die Gründe für<br />
die erneute Teilnahme an der interzum im Mai 2021.<br />
10<br />
<strong>material+technik</strong> <strong>möbel</strong> 05|20<br />
m+t: Herr Kostros, wann hatte<br />
Impress zuletzt die Möglichkeit,<br />
seine neuen Produkte auf einer<br />
Messe zu präsentieren?<br />
Kostros: Wir nahmen Anfang<br />
Februar an der ZOW in Bad<br />
Salzuflen teil. Dort hatten wir zum<br />
letzten Mal die Chance, den<br />
Kunden unsere neuen Dekore in<br />
einer realen Atmosphäre vorzustellen.<br />
Wenige Wochen darauf<br />
folgte dann bekanntlich der<br />
Lockdown.<br />
m+t: Ist aufgrund der zahlreichen<br />
Messeabsagen die interzum<br />
2021 nun die nächste Gelegenheit,<br />
sich einem internationalen<br />
Publikum zu präsentieren?<br />
Kostros: Angesichts der aktuellen<br />
Pandemie-Entwicklung gehen wir<br />
davon aus, dass unser nächster<br />
Messeauftritt tatsächlich erst auf<br />
der interzum sein wird. Diesem<br />
Ereignis sehen wir auch aus einem<br />
anderen Grund mit Freude<br />
entgegen: Wir werden die Halle<br />
wechseln und uns in der neuen<br />
Halle 1 plus präsentieren. Bislang<br />
stellten wir zusammen mit anderen<br />
Oberflächenspezialisten in der<br />
Halle 6 aus, aber dieses Mal wollen<br />
wir uns inmitten unserer Kun den,<br />
den Holzwerkstoffherstellern,<br />
präsentieren.<br />
m+t: Vermutlich spielten bei der<br />
Entscheidung zur Teilnahme<br />
andere Überlegungen und<br />
Faktoren als in den vergangenen<br />
Jahren eine Rolle?<br />
Kostros: 2019 war es das 27igste<br />
Mal, dass wir an der interzum teilnahmen.<br />
Die Vorbereitungen für die
Macher & Märkte<br />
nächste interzum werden sicherlich<br />
anders verlaufen als bislang. Für<br />
uns war das vorgelegte Hygienekonzept<br />
der Koelnmesse ein<br />
wesentlicher Faktor für unsere<br />
Anmeldung. Wenn der Event sicher<br />
durchgeführt werden kann und<br />
Reisen international möglich ist,<br />
dann sind wir auf jeden Fall dabei.<br />
Da wir uns bei der Standgestaltung<br />
an die neuen Gegebenheiten und<br />
Vorschriften anpassen müssen,<br />
steht unser Konzept noch nicht<br />
ganz. Wir wollen nach Möglichkeit<br />
wie bei der letzten interzum unsere<br />
Dekore bei der Gestaltung des<br />
Standes einsetzen, etwa im<br />
Catering- und im Meetingbereich.<br />
m+t: Könnten Sie kurz das<br />
damalige Standkonzept erläutern?<br />
Kostros: Auf der Interzum und auf<br />
der ZOW hatten wir unsere<br />
Trendthemen mit den dazu<br />
passenden Dekoren in erlebbaren<br />
Raumsituationen dargestellt. Dekorpapier<br />
und die Finishfolie sind nun<br />
mal Produkte des realen Lebens<br />
und wollen einfach auch angefasst,<br />
gesehen, also erlebt werden.<br />
Außerdem haben wir auf einer<br />
Messe die Chance, mit den Dekoren<br />
Sascha Kostros (re.) zeigt Richard Barth<br />
die neuen Dekore.<br />
Sascha Kostros (right) shows Richard<br />
Barth the new decors.<br />
Photos: Ringfoto Focal, Ramón Calvo<br />
zu spielen und sie in verschiedenen<br />
Kombinationen zu zeigen.<br />
m+t: Die langjährige Teilnahme<br />
signalisiert die Bedeutung der<br />
interzum für das Unternehmen.<br />
An wie vielen Messen nimmt<br />
Impress pro Jahr teil?<br />
Kostros: Als international tätiges<br />
Unternehmen liefern wir weltweit,<br />
daher nehmen wir jährlich an einem<br />
guten Dutzend Messen teil. Dazu<br />
kommen eigene lokale Events, die<br />
wir an unseren Standorten Spanien<br />
und Brasilien, Türkei und Kolumbien<br />
bis hin zur USA durchführen.<br />
Unsere Kunden können sich<br />
dadurch vor Ort von den neuen<br />
Dekoren einen Eindruck verschaffen<br />
und anhand von Verpressungen die<br />
Oberflächenwirkung unserer<br />
Dekorneuheiten erleben.<br />
„Viele Firmen lassen sich in<br />
kurzer Zeit besuchen“<br />
m+t: Präsenzmessen und Events<br />
gab es in den letzten Monaten<br />
aufgrund der Reisebeschränkungen<br />
ja keine. Wie hat sich<br />
Impress über diese Zeit hinweggeholfen?<br />
Kostros: Wir nutzen schon seit<br />
Jahren die Möglichkeit, den Kunden<br />
per Email, über unsere Website<br />
und Social Media über die neuen<br />
Dekore zu informieren. In den<br />
vergangenen Monaten haben wir<br />
neben Videos und Online-Präsentationen<br />
verstärkt 3D-Renderings<br />
eingesetzt, um die Neuentwicklungen<br />
so realistisch wie möglich<br />
darzustellen. In der Regel<br />
entstehen in unserer Designabteilung<br />
zig Ideen und pro Jahr eine<br />
große Zahl fertiger Dekore. Die<br />
Digitalisierung bietet uns hier eine<br />
tolle Chance, den Kontakt zu<br />
unseren Kunden zu halten und über<br />
die neuen Dekore zu informieren.<br />
m+t: Sehen Sie in der virtuellen<br />
Präsentation von Dekoren eine<br />
echte Alternative?<br />
Kostros: Sehr eingeschränkt, denn<br />
nur auf einer Messe sind unsere<br />
Produkte wirklich „3D“ erlebbar.<br />
Unsere Kunden erhalten aber einen<br />
ersten Eindruck und eine Inspiration.<br />
Die exakten Farbeinstellungen<br />
beispielsweise lassen sich<br />
an den vielen unterschiedlichen<br />
Displays und Screens nicht sicherstellen.<br />
Daher möchten die Kunden<br />
physische Muster unserer Dekorpapiere<br />
und Finishfolien in den<br />
Händen halten, um sich einen<br />
verlässlichen Eindruck zu<br />
verschaffen und anhand der<br />
Mustersendung die Qualität besser<br />
überprüfen zu können.<br />
m+t: Das klingt danach, als ob<br />
Sie in den vergangenen Monaten<br />
einen hohen Verwaltungsaufwand<br />
hatten?<br />
Kostros: Es ist sicherlich so, dass<br />
durch den Wegfall der Messen<br />
unser Verwaltungsaufwand<br />
gestiegen ist. Auf der interzum<br />
2019 zeigten wir innerhalb weniger<br />
Tage unseren internationalen<br />
Kunden allein 40 Neuentwicklungen<br />
anhand von Verpressungen.<br />
Das war äußerst effizient und nachhaltig.<br />
Durch Corona mussten nun<br />
unzählige Muster und Probeverpressungen<br />
an die Kunden<br />
geschickt werden, was wir sehr<br />
gerne tun. So konnten sie die<br />
Wirkung des Dekors, die Farbeinstellung<br />
und insbesondere die<br />
haptische Struktur besser beurteilen.<br />
Aus Kundensicht macht der<br />
Besuch der interzum ebenfalls<br />
Sinn. Insbesondere für das internationale<br />
Publikum ist es eine<br />
optimale Möglichkeit, viele Firmen<br />
in kurzer Zeit mit wenig Aufwand zu<br />
besuchen. Ganz ohne Messe wird<br />
es also in unserer Branche künftig<br />
nicht gehen.<br />
„Beurteilung der Farbeinstellung<br />
virtuell nahezu unmöglich“<br />
m+t: Auf digitalem Weg stelle ich<br />
mir eine Beurteilung der Farbeinstellung<br />
und des Strukturverlaufs<br />
ohnehin schwierig vor.<br />
Kostros: Da die Screens von<br />
Smartphones oder von Computern<br />
in der Regel nicht kalibriert sind, ist<br />
eine Beurteilung der Farben für den<br />
Kunden nahezu unmöglich. Wie Sie<br />
bei dieser Dekorentwicklung für<br />
den Fußboden sehen, haben wir<br />
den hellen Streifen, aber nicht das<br />
Dekor über die Planken hinweg<br />
weiterlaufen lassen. Von der besonderen<br />
Raumwirkung kann man sich<br />
hier nicht am Bildschirm, sondern<br />
nur vor Ort überzeugen, wenn die<br />
Planken wie hier in unserem<br />
Showroom in Aschaffenburg auf<br />
dem Boden liegen.<br />
m+t: Apropos Aschaffenburg:<br />
Impress schließt ja zum<br />
Jahresende diesen Standort und<br />
damit auch den Showroom.<br />
Können die Dekore künftig nur<br />
noch auf der interzum betrachtet<br />
werden?<br />
Kostros: Wir sind gerade auf der<br />
Suche nach geeigneten Räumlichkeiten<br />
im Raum Aschaffenburg,<br />
in denen wir auch einen Showroom<br />
einrichten können. Denn das<br />
De signzentrum verbleibt ja in<br />
Deutschland, während unsere<br />
Labormaschinen künftig in Polen<br />
und Spanien ihren Dienst tun.<br />
Die Authentizität von Optik und<br />
Haptik ist für die Dekorindustrie<br />
ein wesentlicher Erfolgsfaktor.<br />
The authenticity of the look<br />
and feel is a key success factor<br />
for the decor industry.<br />
m+t: Was heißt dies konkret?<br />
Kostros: Die Dekorentwicklung<br />
zieht zusammen mit dem<br />
Equipment wie Scanner und einer<br />
kleinen Presse in neue, kleinere<br />
Räume um. Zwei unserer Labordruckmaschinen<br />
aus Aschaffenburg<br />
wurden inzwischen an unseren<br />
Standort in Spanien verlagert, der<br />
künftig zum Kompetenzzentrum<br />
Dekorpapier der Gruppe wird. Eine<br />
Labordruckmaschine sowie unsere<br />
Technikum-Labormaschine für<br />
Finishfolien werden am Standort<br />
Elk in Polen installiert, der damit<br />
zum Kompetenzzentrum Finish<br />
<strong>material+technik</strong> <strong>möbel</strong> 05|20 11
Macher & Märkte<br />
„Für unsere Platten braucht kein<br />
Baum gefällt zu werden“<br />
Anfang Oktober hat Pfleiderer seinen ersten Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht. Fast zur gleichen Zeit<br />
kehrte der Holzwerkstoffhersteller zu seinen Wurzeln zurück, indem der Firmensitz sich wieder in Neumarkt<br />
befindet. Die Holzwerkstoffe tragen nun zu Recht das Label „Made in Germany“ und das Unternehmen fühlt<br />
sich noch stärker verpflichtet, einen Beitrag zur Nachhaltigkeit zu leisten. <strong>material+technik</strong> <strong>möbel</strong> fragte bei<br />
Stefan Zinn (Managing Director Pfleiderer Deutschland und COO Pfleiderer Group) nach dem Stellenwert<br />
umweltverträglicher Produkte in der Firmenstrategie.<br />
Stefan Zinn: „Der<br />
Klimawandel bleibt<br />
die größte globale<br />
gesellschaftliche<br />
Herausforderung“.<br />
Stefan Zinn:<br />
“Climate change<br />
remains the<br />
greatest global<br />
societal challenge”.<br />
Photos: Pfleiderer<br />
installierten wir 2018 in Neumarkt<br />
eine innovative Reinigungsanlage<br />
für Recyclingholz. Ich halte<br />
Pfleiderer daher für einen der am<br />
nachhaltigsten aufgestellten Holzwerkstoffproduzenten.<br />
Dafür spricht auch, dass wir seit<br />
2005 den „Blauen Engel“ für<br />
unsere Produkte „DecoBoard“ und<br />
„LivingBoard“ besitzen und seit<br />
Anfang 2020 auch nahezu alle HPLund<br />
Kompaktschichtstoffe sowie<br />
HPL-Elemente mit diesem Siegel<br />
ausgezeichnet wurden. Kurzum:<br />
Nachhaltigkeit und Umweltschutz<br />
sind fester Bestandteil der DNA<br />
von Pfleiderer. Was nicht zuletzt die<br />
aktuellen Cradle to Cradle Zertifizierungen<br />
zeigen.<br />
m+t: Herr Zinn, seit wenigen<br />
Tagen bezeichnet sich Pfleiderer<br />
wieder als deutsches Unternehmen.<br />
Welche Entwicklung<br />
gab es hier?<br />
Zinn: Der US-amerikanische<br />
Finanz investor SVP (Stratetic Value<br />
Partners) ist bereits seit Jahren bei<br />
Pfleiderer engagiert und hatte im<br />
vergangenen Jahr alle Anteile an<br />
der damaligen Pfleiderer Group<br />
S.A. übernommen und das Unternehmen<br />
von der Warschauer Börse<br />
zurückgezogen. Seit Ende 2019<br />
wird Pfleiderer somit in privater<br />
Hand geführt und tritt nun in der<br />
Rechtsform einer B.V. & Co. KG auf.<br />
m+t: Welche Auswirkungen hat<br />
dieser Schritt für das Unternehmen<br />
und für die Kunden?<br />
Zinn: Für die Kunden ändert sich<br />
dadurch nichts, die Geschäftspolitik<br />
und Philosophie unseres Unternehmens<br />
bleibt gleich. Einziger<br />
Unterschied ist, dass der Firmensitz<br />
der Holdinggesellschaft nun wieder<br />
in Neumarkt und nicht mehr<br />
Warschau ist. Damit ist Pfleiderer zu<br />
seinen Wurzeln zurückgekehrt. Dies<br />
signalisieren wir neuerdings durch<br />
das Logo „Made in Germany“, mit<br />
dem wir die Qualität der Produkte<br />
aus unseren fünf deutschen Werken<br />
herausstellen. Die in Deutschland<br />
sowie den westlichen Nachbarländern<br />
verkauften Produkte<br />
stammen aus deutscher Fertigung.<br />
Die drei in Polen befindlichen Werke<br />
beliefern Polen sowie Osteuropa.<br />
„Nachhaltigkeit ist Bestandteil<br />
unserer DNA“<br />
m+t: Wir befinden uns gerade im<br />
28. Stock des KoelnSky-Towers,<br />
in dem Pfleiderer in 100 Meter<br />
Höhe seine SkyDays veranstaltet<br />
und dem Handel die neue<br />
Design-Kollektion 2021-2024<br />
vorstellt. Parallel dazu legt<br />
Pfleiderer gerade seinen ersten<br />
Nachhaltigkeitsbericht vor. Will<br />
Pfleiderer nun hoch hinaus?<br />
Zinn: Grundsätzlich bleiben wir<br />
bodenständig. Aber was das<br />
Thema Nachhaltigkeit anbetrifft, ja.<br />
Für Pfleiderer ist Nachhaltigkeit seit<br />
vielen Jahren Teil der Unternehmensphilosophie.<br />
Einige Ihrer Leser werden sich vielleicht<br />
daran erinnern, dass Pfleiderer<br />
im Jahr 1978 mit dem<br />
„LivingBoard“ die erste formaldehydfrei<br />
verleimte und somit<br />
besonders nachhaltige Spanplatte<br />
vorgestellt hat und in den vergangenen<br />
Jahren erheblich in Umwelt<br />
und Nachhaltigkeit investierte. So<br />
m+t: Der Nachhaltigkeitsbericht<br />
zeigt, dass sich das Unternehmen<br />
in den vergangenen Monaten<br />
nicht nur mit den Folgen der<br />
Corona-Pandemie beschäftigte,<br />
sondern den Umweltschutz nicht<br />
aus den Augen verloren hat.<br />
Glauben Sie, dass ökologische<br />
Aspekte in der Bevölkerung<br />
künftig wieder stärker in den<br />
Fokus rücken werden?<br />
Zinn: Natürlich hatten auch wir<br />
unter den Folgen der Covid-19-<br />
Krise zu leiden und mussten uns<br />
mit den Auswirkungen auf alle<br />
Bereiche des Unternehmens<br />
aus einandersetzen und uns vielen<br />
neuen Herausforderungen stellen.<br />
Da wir aber das Thema Kreislaufwirtschaft<br />
schon seit Jahren auf<br />
dem Schirm haben, konnten wir an<br />
diesem Thema weiterarbeiten und<br />
jetzt unseren ersten Nachhaltigkeitsbericht<br />
vorlegen.<br />
Ich bin fest überzeugt davon, dass<br />
der Klimawandel weiterhin ein<br />
14<br />
<strong>material+technik</strong> <strong>möbel</strong> 05|20
Macher & Märkte<br />
kommt, dass in anderen Ländern<br />
die Verordnungen bezüglich des<br />
Recyclingholzanteils unterschiedlich<br />
sind Wir bei Pfleiderer<br />
setzen dagegen auf ein ausgeklügeltes<br />
Recycling-Management,<br />
das darauf achtet, dass das<br />
verwendete recycelte Holz den<br />
Güteklassen A1 und A2 gemäß der<br />
deutschen Altholzverordnung<br />
entspricht und frei von jeglichen<br />
chemischen, metallischen oder<br />
mineralischen Verunreinigungen<br />
ist.<br />
Regelmäßig werden in unseren<br />
Laboren der einzelnen Werke<br />
sowie unserer zentralen Analytik<br />
in Arnsberg auch entsprechende<br />
Proben durchgeführt, damit wir<br />
eine kontinuierlich gleichbleibende<br />
Plattenqualität liefern können.<br />
Stefan Zinn (r. ), Ulrike Lukas sowie Stefan Göldner informieren Richard Barth (lks.) über die<br />
Nachhaltigkeitsstrategie von Pfleiderer.<br />
Stefan Zinn (right), Ulrike Lukas and Stefan Göldner inform Richard Barth (left) about Pfleiderer‘s<br />
sustainability strategy.<br />
großes gesellschaftliches Thema<br />
bleibt und durch Corona nur zeitweise<br />
in den Hintergrund gerückt<br />
wird.<br />
„Wir verwenden immer mehr<br />
Recycling-Holz“<br />
m+t: Investitionen in Nachhaltigkeit<br />
muss man sich allerdings<br />
auch leisten können. Wie sieht<br />
denn die aktuelle Geschäftslage<br />
aus?<br />
Zinn: Wie zuvor erwähnt, hatten<br />
wir im 2. Quartal unsere Produktion<br />
deutlich drosseln müssen und<br />
können diesen Ausfall im<br />
Gesamtjahr nicht mehr aufholen.<br />
Obwohl alle unsere Werke seit Juli<br />
unter Volllast fahren, werden wir<br />
am Jahresende wohl ein leichtes<br />
Umsatzminus hinnehmen<br />
müssen. Wir sind wirtschaftlich<br />
und finanziell sehr solide aufgestellt<br />
und werden diese leichte<br />
Delle im Umsatz gut verkraften.<br />
Wichtige Investitionen, wie etwa<br />
die Reinigungsanlage für Recyclingholz<br />
in Neumarkt sowie<br />
Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen in<br />
Neumarkt, Gütersloh und Baruth,<br />
haben wir bereits in den Jahren<br />
davor vorgenommen. Wir sind<br />
heute in der Lage, unsere Produkte<br />
ohne Freisetzung von zusätzlichem<br />
CO2 zu produzieren.<br />
m+t: Apropos Recycling, in<br />
welchem Maße verarbeitet das<br />
Unternehmen denn Altholz?<br />
Zinn: Durch unser langjähriges<br />
Know-how auf dem Gebiet und die<br />
zuvor erwähnte Aufbereitungsanlage<br />
konnten wir den Anteil von<br />
Recyclingholz in unseren Holzwerkstoffen<br />
mit den Jahren kontinuierlich<br />
steigern. Im Durchschnitt<br />
bestehen unsere Produkte zu rund<br />
zwei Dritteln aus aufbereitetem<br />
Holz, bei dem es sich sowohl um<br />
Re- als auch um Postconsumer-<br />
Material handelt. Das restliche<br />
Drittel machen Koppelprodukte<br />
aus Sägewerken, wie z. B. Späne,<br />
Holzhackschnitzel und Kappreste<br />
sowie Durchforstungshölzer aus.<br />
Sie sehen, für unsere Spanplatten<br />
braucht kein einziger Baum gezielt<br />
gefällt zu werden!<br />
„Bei uns wird nur zertifiziertes<br />
Altholz eingesetzt“<br />
m+t: Wie kommt der hohe Recycling-Anteil<br />
denn beim Kunden<br />
an? Früher zeigten sich die Verarbeiter<br />
recht kritisch und äußerten<br />
Bedenken bezüglich der Inhaltsstoffe.<br />
Zinn: Die Akzeptanz ist in den<br />
vergangenen Jahren gestie gen<br />
und erhöht sich weiter. Immer<br />
mehr Kunden fragen sogar ganz<br />
ge zielt nach umweltverträglichen<br />
Produkten, ein hoher Recyclinganteil<br />
wird als Produktvorteil angesehen.<br />
Zudem legen insbesondere<br />
Architekten und Bauherren großen<br />
Wert auf entsprechende Zertifikate.<br />
Diese können wir ihnen auch<br />
vorlegen: Angefangen bei Zertifikaten<br />
wie PEFC und FSC für Holz<br />
aus nachhaltiger Forstwirtschaft bis<br />
hin zu z. B. ISO 14001 und ISO<br />
50001 auf Unternehmensebene<br />
sowie die produktspezifischen<br />
Nordic Swan, Blauer Engel und<br />
Cradle to Cradle.<br />
m+t: Aus Verarbeitersicht dürfte<br />
eine Kontrolle der Inhaltsstoffe<br />
von Plattenmaterialien nahezu<br />
unmöglich sein. Auf welche<br />
Kontrollen und Zertifikate<br />
können sich Ihre Kunden hier<br />
verlassen?<br />
Zinn: Tatsächlich sieht man den<br />
Platten oftmals die Qualität der<br />
Inhaltsstoffe nicht an. Dazu<br />
m+t: Sie erwähnten zuvor einen<br />
durchschnittlichen Recyclingholz-<br />
Anteil von rund zwei Dritteln. Ist<br />
der in den einzelnen Produkten<br />
unterschiedlich und wie kön nen<br />
die Anwender die genaue<br />
Komposition erfahren?<br />
Zinn: Pfleiderer hat das umfangreichste<br />
Sortiment an Holzwerkstoffen<br />
am Markt und<br />
entsprechend unterschiedlich ist<br />
auch der Einsatz an Recyclingholz.<br />
Beispielsweise verwenden wir in<br />
unserer „LivingBoard“ keinerlei<br />
Post-consumer-Recyclingholz,<br />
während bei den anderen Plattenmaterialien<br />
die Anteile mal höher<br />
und mal weniger stark ausfallen.<br />
Kunden können sich aber schon<br />
bald über die jeweiligen Anteile<br />
informieren, wobei wir dabei auch<br />
die Pre- und Post-Consumerholz-<br />
Anteile ausweisen werden.<br />
„Alles aus einer Hand“<br />
m+t: Der Einsatz von Recyclingholz<br />
ist ein wichtiger Schritt<br />
zur Schonung der Umwelt und<br />
spiegelt sich ganz aktuell auch in<br />
einer Auszeichnung wider, die<br />
Sie kürzlich vom Cradle-to-<br />
Cradle-Products Innovation<br />
Institut erhalten haben.<br />
Zinn: Darauf sind wir bei Pfleiderer<br />
ganz besonders stolz, denn als<br />
erster Holzwerkstoffhersteller<br />
besitzen wir seit wenigen Tagen<br />
das Eco Label „CradletoCradleCertified<br />
Products Program“. Das in<br />
San Francisco ansässige Non-Profit-<br />
Institut bewertet hierbei ein durchgängiges<br />
Kreislaufwirtschaftssystem.<br />
<strong>material+technik</strong> <strong>möbel</strong> 05|20 15
Macher & Märkte<br />
Umsatzeinbußen geringer als<br />
erwartet<br />
Die deutsche Möbelindustrie scheint in der Corona-Pandemie mit einem blauen Auge davongekommen zu<br />
sein. Trotz des monatelangen Shutdowns rechnet der VDM für das Gesamtjahr 2020 nur noch mit einem<br />
Umsatzminus in Höhe von 5 Prozent statt der befürchteten 10 Prozent. Die Küchen<strong>möbel</strong>industrie kann<br />
sogar auf ein Umsatzplus hoffen.<br />
Die Küchen<strong>möbel</strong>industrie ist weiterhin Branchenprimus und rechnet mit 3 Prozent Plus für 2020.<br />
The kitchen furniture industry continues to be the industry leader and is expecting a 3 per cent increase<br />
for 2020.<br />
Photo: Leicht<br />
Nachdem zu Beginn der Corona-<br />
Krise in der Möbelindustrie die<br />
Zeichen noch auf Rot standen, ist in<br />
den Sommermonaten wieder eine<br />
optimistische Stimmung in die<br />
Branche eingekehrt. Der Verband<br />
der deutschen Möbelindustrie<br />
(VDM) gibt zwar zu, dass die<br />
Pandemie bei den Herstellern tiefe<br />
Spuren hinterlassen habe, rechnet<br />
aber für das Gesamtjahr mit einem<br />
weniger starken Umsatzeinbruch<br />
als noch während der Krise<br />
befürchtet.<br />
Glimpflich davongekommen<br />
Zu Jahresbeginn war der Verband<br />
noch von einem leichten Wachstum<br />
ausgegangen, das in den Folgemonaten<br />
jedoch schlagartig<br />
zunichte gemacht wurde. Der<br />
Branche kam zugute, dass die<br />
18<br />
<strong>material+technik</strong> <strong>möbel</strong> 05|20<br />
Konsumenten in diesen Monaten<br />
nicht ihr Geld für Reisen ausgeben<br />
konnten und auch die Anschaffung<br />
neuer Automobile stockte. Durch<br />
die Kontaktbeschränkungen und<br />
die Arbeit im Home-Office konzentrierten<br />
sich die Menschen stärker<br />
auf ihre eigenen vier Wände und<br />
damit auf die Wohnungseinrichtung.<br />
Zusätzlich lieferte die Senkung der<br />
Mehrwertsteuer offenbar Kaufimpulse,<br />
so dass inzwischen 42<br />
Prozent der Hersteller einer aktuellen<br />
Umfrage des VDM zufolge<br />
davon ausgehen, ohne Umsatzeinbußen<br />
durch das Jahr zu kommen.<br />
Noch positiver sieht der Verband<br />
der Küchen<strong>möbel</strong>industrie (VdDK)<br />
die aktuelle Lage. Er erwartet für<br />
das Gesamtjahr statt eines Minus<br />
sogar ein Plus von rund 3 Prozent.<br />
Juli brachte Plus<br />
Erste Anzeichen für eine Besserung<br />
registrierten die deutschen Möbelhersteller<br />
bereits im Juni, in dem<br />
die Auftragseingänge wieder nach<br />
oben zeigten. Laut Statistik<br />
verbuchten die Möbelproduzenten<br />
in diesem Monat bereits ein<br />
Umsatzplus von 2,2 Prozent. Im<br />
Juli zog der Auftragseingang laut<br />
VDM-Angaben nochmals kräftig an<br />
und dürfte damit in den Folgemonaten<br />
zu höheren Umsätzen<br />
führen. Rekord-Auftragseingänge<br />
vermeldeten laut VdDK die Küchen<strong>möbel</strong>hersteller:<br />
Im Juni und Juli<br />
jeweils ein Plus von 26 Prozent und<br />
im August von 13,6 Prozent.<br />
Einbruch im zweiten Quartal<br />
Nachdem im ersten Quartal 2020<br />
der Produktionsumsatz in der<br />
gesamten Möbelindustrie lediglich<br />
um 2,6 Prozent gefallen war, zeigte<br />
die Umsatzkurve im zweiten<br />
Jahresquartal zunächst deutlich<br />
nach unten. Laut der Statistik des<br />
VDM ging der Umsatz gegenüber<br />
dem Vorjahresquartal um 17,2<br />
Prozent zurück. Allein im April<br />
schrumpfte der Umsatz um 23<br />
Prozent, wobei die Küchen<strong>möbel</strong>produzenten<br />
mit einem Minus von<br />
18 Prozent noch besser als die Polster<strong>möbel</strong>produzenten<br />
dastanden,<br />
bei denen der Umsatz im Berichtsmonat<br />
um 40 Prozent zurückging.<br />
Insgesamt ergibt sich damit für das<br />
erste Halbjahr in der Möbelindustrie<br />
ein Minus von 9,8 Prozent<br />
gegenüber dem Vorjahr. Der Produktionsumsatz<br />
verringerte sich auf<br />
knapp 8,1 Mrd. Euro, weshalb der<br />
VDM im Sommer noch von einem<br />
Minus in Höhe von 10 Prozent für<br />
das Gesamtjahr ausging.<br />
Aufwärtstrend<br />
Das Anziehen der Möbelkäufe im<br />
Juli verringerte inzwischen die<br />
Verlustwerte und hellte die Branchenstimmung<br />
merklich auf: Die<br />
Gesamtbranche kommt inzwischen<br />
nur noch auf ein Minus von<br />
8,9 Prozent und auf einen Umsatz<br />
von 9,47 Mrd. Euro. Dabei sank der<br />
Inlandsumsatz um 7,2 Prozent auf<br />
6,5 Mrd. Euro, während der<br />
Auslandsumsatz um 12,4 Prozent<br />
auf 2,98 Mrd. Euro nachgab.<br />
Küchen sind Branchenprimus<br />
Betrachtet man die einzelnen<br />
Segmente, so litt die Küchen<strong>möbel</strong>branche<br />
bis Ende Juli 2020 am<br />
wenigsten unter der Corona-Krise.<br />
Ihr Umsatz schrumpfte lediglich um<br />
1,74 Prozent auf 2,89 Mrd. Euro.<br />
Einen deutlich höheren Umsatzeinbruch<br />
registrierten die Hersteller<br />
von Polster<strong>möbel</strong>n und Matratzen,<br />
die ein Minus von 7,7 bzw. 9,6<br />
Prozent hinnehmen mussten.
Fokus<br />
Ausgeklügelte Detaillösungen<br />
Die Hausmessen in Ostwestfalen waren die ersten Möbelevents, die nach der imm cologne stattfanden.<br />
Neue Reisebeschränkungen und die in den Messezentren unterschiedliche Umsetzung der Hygienevorschriften<br />
stellten Aussteller wie Besucher auf eine harte Probe. Das große Neuheitenfeuerwerk wurde im<br />
September zwar nicht gezündet, dafür hatten die Anbieter an der Qualität ihrer Produkte gearbeitet, mit<br />
innovativen Materialien experimentiert und auch neue Markt segmente in Angriff genommen.<br />
Hausmessen 2020: Einlasskontrollen und<br />
Luftreinigungsroboter bei Nobilia.<br />
2020 in-house exhibitions: admission controls<br />
and air cleaning robots at Nobilia. Photo: Barth<br />
Die Besucher der verschiedenen<br />
Messezentren und Hausausstellungen<br />
in Ostwestfalen mussten<br />
sich in diesem Jahr zum Teil harten<br />
Regeln unterwerfen. Gleichzeitig<br />
wurden die von der Regierung<br />
vorgegebenen Hygiene- und Registrierungsvorschriften<br />
in den einzelnen<br />
Zentren unterschiedlich umgesetzt.<br />
Sie reichten von einfacher Vorab-<br />
Registrierung wie bei der MOW bis<br />
hin zu strikten Einlasskontrollen mit<br />
Fiebermessung sowie Zugangsslots<br />
wie etwa beim Küchenhersteller<br />
Nobilia.<br />
Nur in wenigen Zentren stellte der<br />
erwartete Besucherfluss am Ende<br />
jedoch ein Problem dar, da es im<br />
Vorfeld der Messe zu neuen<br />
Reisewarnungen und -beschränkungen<br />
im europäischen Ausland<br />
gekommen war und die Aussteller<br />
daher nahezu keine Besucher aus<br />
Frankreich, Spanien oder den<br />
Niederlanden begrüßen konnten.<br />
Auf der MOW in Bad Salzuflen blieb<br />
gar so mancher Messestand leer,<br />
da die Aussteller aufgrund der<br />
20<br />
<strong>material+technik</strong> <strong>möbel</strong> 05|20<br />
Beschränkungen gar nicht erst<br />
anreisen konnten.<br />
Lücken im Angebot<br />
Aber auch einige namhafte deutsche<br />
Aussteller hatten sich dazu<br />
entschlossen, gar nicht aufzutreten<br />
und ihre Messestände verschlossen<br />
zu halten. So führten Küchenhersteller<br />
wie z. B. Schüller und Impuls<br />
stattdessen virtuelle Messen durch.<br />
Laut Angaben der MOW hatten in<br />
Bad Salzuflen rund 330 Aussteller<br />
ihre Stände geöffnet und dabei über<br />
80 Prozent der Ausstellungsfläche<br />
belegt. Mit rund 4.000<br />
Qua dratmetern in eigener Halle<br />
zählte der polnische Möbelhersteller<br />
Forte neben Wiemann zu den<br />
größten Anbietern von Kasten<strong>möbel</strong>n<br />
im Messezentrum Bad<br />
Salzuflen. Aufgrund der begrenzten<br />
Ausstellerzahl konnten die Besucher<br />
für das Wohn- und Schlafzimmersegment<br />
allerdings keinen eindeutigen<br />
Markttrend ablesen, zumal die<br />
Möbelproduzenten die vergangenen<br />
Monate unterschiedlich<br />
genutzt hatten. Während die einen<br />
eher Modellpflege betrieben hatten<br />
und hauptsächlich die Neuheiten<br />
der letzten imm cologne ausstellten,<br />
war die MOW für den Polen Forte<br />
neben den Partnertagen erneut die<br />
wichtigste Plattform für seine<br />
Neuentwicklungen, denn das Unternehmen<br />
stellt nicht auf der Möbelmesse<br />
in Köln aus.<br />
Eiche und warme Holztöne<br />
Beim Gang durch die Ausstellung<br />
konnte der Besucher feststellen,<br />
Forte zeigte neue rustikale Eichendekore mit schwarzen Akzenten.<br />
Forte showed new rustic oak decors with black accents. Photo: Barth