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Katalog - Irene Andessner

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60 Iam Ire ne An dess ner. Hier geht es um Iden ti tät, ei ner ver wan del ten und im stän di gen Pro zess der Me ta mor pho se sich neu her vor brin gen -<br />

den Iden ti tät, die auf spie le ri sche Wei se stets mit den Ge schich ten der Ver gan gen heit ver floch ten ist. Es geht um ei nen Iden ti fi ka ti ons -<br />

pro zess mit an de ren Frau en, rück bli ckend auf die ver schie de nen Etap pen des Ewig-Weib li chen, ent lang den vi ta len Spu ren außergewöhnlicher<br />

Exis ten zen, um die Über win dung der Kluft zwi schen dem Heu te und der Ver gan gen heit.<br />

61<br />

Die Spu ren füh ren An dess ner nach Ve ne dig, wo sie sich der Exis tenz von zehn Frau en fi gu ren die ser Stadt an nimmt und die se in die Stan -<br />

za deg li Uo mi ni Illustri (Saal der be rühm ten Män ner) des Caf fè Flo ri an ein lädt, und den Raum da durch in ei nen Saal der be rühm ten Frau -<br />

Il Me ri to del le Don ne<br />

en ver wan delt. Der männ li che Blick, hier des Mar co Po lo, des En ri co Dan do lo, des Ti zi an, des Gold oni, des Be ne det to Mar cel lo, und des<br />

Pal la dio, al les his to ri sche Per sön lich kei ten der Lö wen-Re pub lik, wird nun von den weib li chen Fi gu ren ab ge schirmt. Es sind die heu te in<br />

Ver ges sen heit ge ra te nen Frau en, wie die Do gin Mo ro si ni, die Kur ti sa ne und Dich te rin Ve ro ni ca Fran co, die Ma le rin Ro sal ba Car rie ra, die<br />

The Worth of Wo men<br />

Mu si ke rin Bar ba ra Stroz zi, die Zy pern-Kö ni gin Ca te ri na Cor na ro, die Dok to rin Elena Pis co pia, die Li te ra tin Mo de ra ta Fon te, die die Rech -<br />

te des schwa chen Ge schlechts gel tend mach te, die sich heu te im Flo ri an ver sam meln. Durch die An eig nung von de ren Aus se hen und Na -<br />

men lässt Ire ne An dess ner die se Frau en wie der er ste hen. Wie die mit tel al ter li che He xe „Ma scha“, ein ma gi scher so wie scha ma ni scher Geist,<br />

Das Ver dienst der Frau en<br />

er weckt Ire ne An dess ner aus der Ver ges sen heit zurück geholte und sich selbst ein ver leib te Porträts zum Le ben, mit tels ei nes künst le ri schen<br />

Ver fah rens, das ri tu el le Zü ge auf weist. Ver kör pern heißt, ei ne Mas ke auf set zen. Das la tei ni sche Wort „per so na“, von dem wir den deut -<br />

schen Be griff „Per son“ ab lei ten, be deu tet „Mas ke“. Es ist ein Ge sicht, wel ches das in ti me We sen ei nes Men schen ver stel len kann, es aber<br />

1600/2003<br />

auch in ei ner aus ge prägt in ten si vier ten Form in Er schei nung brin gen kann.<br />

Die Künst le rin geht in ih rer Ar beit mit in tel lek tu el ler Stren ge und sorg fäl ti ger Pla nung vor und löst auf die sem We ge beim Be trach ter ei ne<br />

ver zau bern de Wir kung aus. Sie tritt aus dem Rah men der per sön li chen Zeit he raus und trans zen diert den Raum, um zur „an de ren“ zu wer -<br />

den, in dem sie ih re Merk ma le an nimmt. Sie lässt sich von dem Geist der dar ge stell ten Per sön lich keit durch drin gen und gibt da bei das ei -<br />

ge ne Selbst auf. Sie wird zum Sub strat für die Ge stal tung und For mung ei nes neu en We sens, das an den zwei ver schie de nen Na tu ren teil -<br />

hat. Sie evo ziert die Ei gen schaf ten der in sze nier ten Frau en fi gur, die jetzt mit ei ner neu en Kraft den Blick ih res männ li chen Pen dants fol -<br />

gen und aus hal ten kann.<br />

Condotto e elaborato da<br />

Chaired and edited by<br />

Mo de riert und bearbeitet von<br />

My ri am Zer bi<br />

Kos me tik, Fri sur, Kos tüm so wie das Set, auf dem die Ver wand lung statt fin den soll, ent spre chen ei nem ri tu el len Tanz, der ei nen schöp fe ri -<br />

schen Akt ein lei tet. Als kon zep tio nel le Künst le rin, Re gis seu rin und Dar stel le rin, setzt Ire ne An dess ner nicht nur äs the ti sche, son dern auch<br />

kog ni ti ve Pro zes se in Gang. Da bei setzt sie den ei ge nen Kör per ein, um ihn mit der Fo to gra fie, dem ei ner seits rea lis tischs ten künst le ri schen<br />

Mit tel und an de rer seits dem wirk sams ten Mit tel täu schen der In sze nie rung, zu gleich neu zu schrei ben. Das Ab we sen de kehrt mit die sen Tab -<br />

leaux vi vants mit star ker Wir kung zur An we sen heit zu rück. Die Me ta mor pho se ist im Au gen blick des Ge sche hens fest ge hal ten, und zwar<br />

in ei nem Akt nach der Of fen ba rung, in dem die Am bi va lenz von Ver gan gen heit und Ge gen wart, von Wirk lich keit und Kunst griff neu<br />

geprägten „an de ren“ Er schei nung er hal ten bleibt. Es fin det ei ne ge wis se Ein stel lung der Lei den schaft statt, durch die Über schrei tung der<br />

Wahr neh mungs gren ze, wel che die Tren nung der kör per li chen Iden ti tät der An dess ner von den Kör pern der dar ge stell ten Fi gu ren im Pro -<br />

zess der Ver wand lung ver wischt.<br />

Die Ver klei dung und die vi su el le Zwei deu tig keit der Er schei nung sind welt weit Schwer punk te der ge gen wär ti gen künst le ri schen Sze ne, mit<br />

de nen sich die Ja pa ner Ma ri ko Mo ri und Ya su ma sa Mo ri mu ra und der Ita lie ner Lu i gi On ta ni, die Ame ri ka ne rin Cin dy Sher man und die<br />

Fran zo sen Pier re und Gil les, wie auch die New Yor ker To ny Ours ler und Andres Serrano auseinandersetzen. Das Selbst bild nis ver steht sich<br />

hier als Feld der Selbst er for schung, ist emo tio nal hoch ge la den, wird zum Bei spiel bei Ar nulf Rai ner (ih rem Leh rer an der Wie ner Kunst -<br />

aka de mie) bis zur Aus mer zung und Ver nei nung ge stei gert. Es ist das ers te To pos mit dem sich die Künst le rin ma lend auseinander setzt. Sie<br />

ent deckt das Selbst, wenn sie sich von Ma quil la ge und Mo de be freit, und sich ver wan delt wie der fin det. Spä ter geht sie in an de re Rol len,<br />

wird zur ei ge nen Re gis seu rin und Per for me rin, nimmt den Sta tus weib li cher Iko nen an. So bald die Gren ze, wel che der Iden ti tät ei ne Be -<br />

geg nung mit der Al te ri tät er mög licht, über schrit ten wird, strahlt der Kör per, als Ob jekt der al che mi schen Ma ni pu la ti on, Fasset ten der<br />

Wahr heit in den er fun de nen und neu ge fun de nen Kör per zu rück. Der Kör per wird hier zum vor züg li chen Ort jeg li cher mög li chen exis ten -<br />

ti el len In sze nie rung, ei ne Büh ne, die Sub jek te und Hand lun gen auf-, und ver schie de ne Aus se hens- und Le bensnu an cen an nimmt.<br />

In der Ar beit „Don ne Il lust ri“ bricht Ire ne An dess ner das his to ri sie ren de Spiel: Wäh rend die Merk ma le der Ober kör per der be rühm ten<br />

Frau en den Quel len der Ma le rei und der al ten Druckgrafik ent nom men sind und so mit auf his to risch über lie fer te An ga ben ver wei sen, zeigt<br />

Da ni e la Gad do Ve dal di 1<br />

Am min ist ra to re uni co e pro prie ta ria del Caf fè<br />

Flo ri an / CEO and Ow ner of Caf fè Flo ri an /<br />

In ha be rin und Ge ne ral ma na ge rin des Caf fè<br />

Flo ri an<br />

Mi che la Va non Al lia ta 2<br />

Do cen te di let te ra tu ra in gle se all’Uni ver si tà<br />

ve ne zia na di Ca’ Fos ca ri / Pro fes sor of Eng lish<br />

Li te ra tu re at Ca’ Fos ca ri Uni ver si ty in Ve ni ce /<br />

Pro fes so rin für eng li sche Li te ra tur an der<br />

Uni ver si tät Ca’ Fos ca ri, Ve ne dig<br />

1 2 3 A B 4 5 6 7<br />

Da ria Mar tel li 4<br />

Scrit tri ce / Wri ter / Schrift stel le rin<br />

Ma ri nel la Bis ca ro 5<br />

Ar tis ta / Ar tist / Künst le rin<br />

And ra Fuchs 6<br />

Col le zio nis ta e mecenate /<br />

Art col lec tor and pat ron /<br />

Kunst samm le rin und För de rin<br />

An na ma ria Or si ni Cam ma ra ta 7<br />

Sto ri ca dell’ar te / Art His to ri an /<br />

der un te re Teil des Kör pers ei nen über ra schen den Mix aus Le der, Jeans und Ac ces soi res, der die Fi gu ren in un se re Ge gen wart ver setzt, um<br />

sie von den po li ti schen bzw. aka de mi schen Aus zeich nun gen di rekt in die Rich tung der schrei en den Mo den der Vit ri nen und der Wer be pla -<br />

ka te heu ti ger Straßen zu schleu dern. Der durch die Er fah rung der Zwei deu tig keit der Wahr neh mung her vor ge ru fe ne vi su el le Schock la det<br />

sich mit ei ner pro vo ka ti ven Iro nie auf.<br />

„Das Den ken hat Gän ge, die über den na tür li chen Raum hi naus ge hen“, schreibt Emi ly Di ckin son. So ist, um die Rea li tät tie fer und voll -<br />

stän di ger zu ver ste hen, der Ein satz der Vor stel lungs kraft er for der lich. Die Er zäh lung, die in ver schie de nen Ab schnit ten durch die Fi gur<br />

Ire ne An dess ners ge glie dert ist, stellt die durch Nach läs sig keit in Ver ges sen heit ge ra te nen Hand lun gen neu vor, gemäß dem Ziel, „nicht die<br />

Frau en der Ge schich te zu rück zu ge ben, son dern die Ge schich te den Frau en“, wie es die His to ri ke rin Joan Kel ly for mu liert hat.<br />

Mir va Ber tan 3<br />

Ar chi tet to e re spon sa bi le dell’al le sti men to<br />

del la most ra “Don ne il lust ri” / Ar chi tect of<br />

“Don ne Il lust ri” / Ar chi tek tin der Aus stel lung<br />

„Don ne il lust ri“<br />

Ire ne An dess ner A<br />

Ar tis ta / Ar tist / Künst le rin<br />

My ri am Zer bi B<br />

Mo de ra tri ce / Chair / Mo de ra to rin<br />

Sto ri ca dell’ar te e gi or na lis ta /<br />

Art His to ri an and Jour na list /<br />

Kunst his to ri ke rin und Jour na lis tin<br />

Kunst his to ri ke rin

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