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elaphe 2019-6

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Titelthema: Doppelschleichen

TitelthemaTitelthemaZygaspis quadrifrons aus dem nordwestlichen Südafrika Foto: M. BartsDer kurze, oft abgerundete, mitunter aber auch spitz zulaufenderscheinende Schwanz ähnelt dem Kopf in der Tat aufverblüffende Art und Weise. Bei vielen Arten wird er beieiner auftretenden Bedrohung auch noch unter auffälligenBewegungen in die Höhe gereckt, um vom Kopf abzulenken.Die Schwänze von einigen Amphisbaenidenarten können autotomieren,also abgeworfen werden, sie werden jedoch nichtregeneriert. Hat der Angreifer trotzdem einmal den Kopf erwischt,versuchen die Doppelschleichen unter „stechenden“bzw. „pieksenden“ Attacken mit dem Schwanz den Gegnerdazu zu bringen, vom Kopf abzulassen.Die Kopfform ist eines der wenigen Merkmale, anhand dessensich bei den einzelnen Arten bzw. Gattungen deutlichemorphologische Unterschiede festmachen lassen. So gibt esz. B. bei der Gattung Leposternon spatelförmige Köpfe. Beivielen Angehörigen der Gattung Amphisbaena oder etwa beider Gattung Blanus erscheinen die Köpfe abgerundet undwurmartig. Bei anderen wiederum sind sie schaufelartig mitabgeflachter Stirn, wie etwa bei der arabischen, sandbewohnendenArt Diplometopon zarudnyi. Bei der Art Amphisbaenabilabialata hingegen erscheint der bizarre Kopf lateralkeilförmig, abgerundet und stark zusammengepresst.Der Kopf wird bei allen Arten als Grabwerkzeug genutzt.Arten mit einer spatelförmigen Kopfform bewegen denKopf auf und ab und pressen hierbei das Erdreich oben undunten an die Tunnelwand. Arten mit abgerundeten oderzusammengedrückten Köpfen pressen das Erdreich eherunter rollenden Bewegungen an die Außenseiten der Tunnelwände.Einige wüstenbewohnende Trogonophidae grabensich unter rotierenden Bewegungen wie eine Schraubeim Boden vorwärts. Die Fortbewegungsweise der meistenDoppelschleichen ähnelt nicht der der Schlangen oder derbeinloser Schleichen, die Amphisbaeniden kriechen vielmehrregenwurmähnlich mit pulsartigen Wellenbewegungen ihresKörpers. So sind sie in der Lage, sich in ihren Gängen gleichermaßenvorwärts und rückwärts fortzubewegen.Spezielle MorphologieAmphisbaeniden gelten in ihre Gesamtheit als die am meistenan eine unterirische Lebensweise adaptierte Reptiliengruppe.In Anpassung hierzu ist auch wie bei vielen anderengrabenden Reptilienarten ein Lungenflügel verkümmert.Anders als bei anderen wühlenden Echsen oder Schlangenist aber bei den Amphisbaeniden der rechte Lungenflügelreduziert.Alle Doppelschleichen besitzen ringförmig angeordneteKörpersegmente. Diese Annuli verlaufen ohne erkennbareUnterbrechung in gleicher Anordnung um die Dorsal- undVentralseite. Echte Schuppen sind nur noch ansatzweise imKopfbereich vorhanden.Bei vielen Arten ist die Funktion der Augen in Anpassung anihre unterirdische Lebensweise verkümmert. Die rudimentärenAugen besitzen zwar noch eine Linse und eine Koronasowie einen Ziliarkörper, sind aber oftmals von Schuppenüberzogen und können dann lediglich noch zwischen Hellund Dunkel unterscheiden. Die vordere Augenkammer fehltvollständig. Die Nasenlöcher weisen ebenfalls als Anpassungan ihre grabende Lebensweise weit nach hinten.Unterirdische BeutezügeDas kleine Maul ist unterständig. Das Gebiss der meisten Artenist gut entwickelt und mit spitzen kleinen Zähnen versehen,mit denen die größeren Arten kräftig zubeißen und auch beimMenschen durchaus blutende Wunden verursachen können.Die meisten Arten ernähren sich vor allem von diversenWürmern und Gliedertieren. Insektenlarven und hier vorallem die Puppen, Larven und Eier von Ameisen und Termitenspielen hierbei bei vielen Arten eine herausragendeRolle.Erstaunlicherweise haben auch bei den größten ArtenAmeisen und Termiten einen großen Anteil an der Nahrung.Die einzige Amphisbaenidenart, zu der umfangreicheStudien zur Lebensweise vorliegen, ist Amphisbaenaalba (Colli & Zamboni 1999).Amphisbaene rot-weißAmphisbaena alba bedeutet eigentlich „die Weiße“. Imdeutschen und englischen Sprachraum wird sie kurioserweisedie „Rote Doppelschleiche“ bzw. „red worm lizard“genannt. In Wirklichkeit trifft beides zu: So ist die Unterseiteeinfarbig cremeweiß und die Dorsalseite rotbraungefärbt. Auch bei dieser größten Doppelschleichenart istder Nahrungsanteil an Termiten und Ameisen erstaunlichhoch. Sie wird darüber hinaus auch besonders häufig inderen Nestern angetroffen und deshalb als „Königin derAmeisen“ bezeichnet. Auch ihr für Amphisbaeniden außergewöhnlichgroßes, aus 8–16 zusammenklebendenEiern bestehendes Gelege legt diese Art des Öfteren in Termiten-oder Ameisennestern ab. Hierbei werden wohl vorallem die Nester von Blattschneiderameisen der GattungAtta bevorzugt aufgesucht (Riley et al. 1986). Verbreitet istdiese imposante Art von Panama über die östliche HälfteSüdamerikas und die Kleine-Antillen-Insel Trinidad bisnach Paraguay.Amphisbaena alba wurde schon im Jahre 1758 von dem berühmtenschwedischen Naturforscher und Begründer dermodernen binominalen Nomenklatur Carl von Linné beschrieben.Zusammen mit der gleichzeitig beschriebenen,ebenfalls recht großwüchsigen und für Doppelschleichenverhältnisseüberaus farbenfrohen Art A. fuliginosa ist siedie am längsten der Wissenschaft bekannte Art.Ungewisser StatusWegen ihrer heimlichen und verborgenen Lebensweiseist verständlicherweise die Gefährdungslage der meistenDoppelschleichen nur sehr schwer einzuschätzen. Unterdem in immer rasanterem Tempo voranschreitenden Verlustvor allem der tropischen Wälder haben naturgemäßauch die Doppelschleichen zu leiden. Vielleicht sogarnoch in besonderem Maße, da man ihr Verschwindenoft gar nicht bemerkt. Gerade in Brasilien, dem Land mitder wohl größten Artendichte an Doppelschleichen weltweit,dürfte gerade ganz aktuell durch die unvorstellbargroßflächige Brandkatastrophe der jüngsten Zeit weiterer,auch für die Amphisbaeniden unersetzbarer Lebensraumfür immer vernichtet worden sein.Im Red Data Book der IUCN sind die folgenden Artenaktuell als bedroht eingestuft: Als kritisch vom Aussterbenbedroht (CR) gelten Amphisbaena gonavensis undA. leali, als vom Aussterben bedroht (EN) A. hyporissor,A. caudalis und Cynisca oligopholis. Als gefährdet (VU)sind Cynisca nigeriensis, Amphisbaena innocens und alspotenziell gefährdet (NT) A. xera klassifiziert (Landestoyet al. 2016; Hedges et al. 2016; Chirio 2013; Chirio et al.2013; Joglar & Thomas 2017).DanksagungFür die kurzfristige Zurverfügungstellung von Fotosmöchte sich der Autor recht herzlich bei Mirko Barts, AxelKwet, Markus Lambertz und Marcio Borges Martins bedanken.LiteraturChirio, L. (2013): Cynisca oligopholis. – The IUCN Red Listof Threatened Species 2013.Chirio, L., B. Niagate & J. Trape (2013): Cynisca nigeriensis. –The IUCN Red List of Threatened Species 2013.Colli, G.R. & D.S. Zamboni (1999): Ecology of the Worm-LizardAmphisbaena alba in the Cerrado of Central Brazil.– Copeia 1999: 733–742.Dickerson, M.C. (1916): Description of a new amphisbaeniancollected by the late Dr. Charles M. Mead in 1911,on the Isle of Pines, Cuba. – Bull. Amer. Mus. Nat. Hist.35: 659–662.Gans, C. (1967): Rhineura. – Catalogue of American Amphibiansand Reptiles 42: 1–2.– (2005): Checklist and Bibliography of the Amphisbaenia ofthe World. – Bull. Am. Mus. Nat. Hist. 289: 1–13.Goetz, M. (2005): Zur Haltung und Nachzucht der Schachbrett-DoppelschleicheTrogonophis wiegmanni Kaup, 1830(Squamata: Amphisbaenia: Trogonophidae). – Sauria27(2): 23–27.– (2007): On the husbandry and reproduction of Blanuscinereus (Vandelli 1797) (Squamata: Amphisbaenia) incaptivitiy. – Salamandra 43(1): 52–56.Hedges, B., M. Landestoy & S. Inchaustegui (2016): Amphisbaenacaudalis. – The IUCN Red List of ThreatenedSpecies 2016.–, S. Inchaustegui, M. Landestoy, & R. Powell (2016): Amphisbaenainnocens. – The IUCN Red List of ThreatenedSpecies 2016.Jensen, J.B. & J.A. Payne (1996): Geographic Distribution.Rhineura floridana. – Herpetological Review 27(3): 153.Joglar, R. & R. Thomas (2017): Amphisbaena xera. – TheIUCN Red List of Threatened Species 2017.Landestoy, M., S. Inchaustegui & B. Hedges (2016): Amphisbaenahyporissor. – The IUCN Red List of ThreatenedSpecies 2016.Müller J., C.A. Hipsley, J.J. Head, N. Kardjilov, A. Hilger, M.Wuttke & R.R. Reisz (2011): Eocene lizard from Germanyreveals amphisbaenian origins. – Nature 473: 364–367.Riley, J., J.M. Winch, A.F. Stimson & R.D. Pope (1986): Theassociation of Amphisbaena alba (Reptilia: Amphisbaenidae)with leaf-cutting ant Atta cephalotes in Trinidad. – J.Nat. Hist. 20: 459–470.Robert M.J., T.J. Papenfuss, J.V. Kuehl, H.M. Fourcade &J.L. Boore (2004): Phylogenetic relationships amongamphisbaenian reptiles based on complete mitochondrialgenomic sequences. – Molecular Phylogenetics andEvolution 33(1): 22–31.Stejneger, L. (1916): Notes on amphisbaenian nomenclature.– Proc. Biol. Soc. Washington 29: 85.Vitt, L.J. & J.P. Caldwell (2009): Herpetology: An IntroductoryBiology of Amphibians and Reptiles. – Third Edition.Burlington, Massachusetts, USA, Academic Press. 697 S.2021

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