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medizin&technik 01.2018

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■ [ MEDIZIN IM DIALOG

■ [ MEDIZIN IM DIALOG ] ordnung ermöglicht. Von Google-Vertretern kam beim Workshop der Vorschlag, die Rohdaten lokal zu speichern und, wenn das erforderlich ist, nur das Analyseergebnis weiterzugeben. Das wurde unter dem Stichwort Federated Learning diskutiert, und es erscheint mir als gangbarer Ansatz. Grundsätzlich muss aber zunächst die Frage geklärt werden, ob wir Hirndaten einen besonderen Status zuerkennen und sie so schützen wollen, wie wir es mit menschlichen Organen tun. ■ Wer trägt die Verantwortung für einen möglichen Schutz? Wo das Thema in der Medizin die Patienten betrifft, sind sie als eine verwundbare Gruppe in der Gesellschaft rechtlich besonders geschützt. Wenn ein Technik-Freak mit EEGs experimentiert und seine Daten preisgibt, gehe ich davon aus, dass er weiß, was er da tut. Die Verantwortung für die vielen möglichen Nutzer, die die technischen Hintergründe nicht so weit durchdringen können, müssen Politiker wahrnehmen und passende Rahmenbedingungen schaffen. Zum Beispiel dadurch, dass es klar strukturierte und für jeden verständliche Nutzungsbedingungen geben muss – in denen ein Konsument bestimmten Nutzungen explizit zustimmt und nicht erst ein gesondertes Opt-Out-Verfahren anstoßen muss, um der Verwendung seiner Daten zu widersprechen. Und auch Ingenieure sollten sich ihrer Verantwortung stärker bewusst sein. Für Mediziner, die ja mit Patienten zu tun haben, gibt es Pflichtveranstaltungen zur Ethik. So etwas sollte in Zeiten der Neurotechnik und der Biomedizinischen Technik auch für Ingenieure verpflichtend angeboten werden. Erste Bestrebungen in dieser Richtung gibt es auch schon. Was Hirndaten schützen soll Gehirnaktivität könnte schon bald ähnlich einfach erfasst werden wie bislang Handydaten oder Bewegungsprofile. Aufgrund großer Investitionen kommt die künstliche Intelligenz weltweit schnell voran. Neurowissenschaftler, Mediziner und Ethiker haben im Fachmagazin Nature im November 2017 vier Felder beschrieben, in denen sie besonderen Handlungsbedarf sehen – diese sind im Folgenden beschrieben. Weitere Publikationen sollen die Themen vertiefen. ■ Datenschutz Geräte, die die Hirnaktivität erfassen können, sollten die Daten nur nach ausdrücklicher Zustimmung der Nutzer teilen dürfen. Verkauf und Handel mit solchen Daten sollten, ähnlich wie bei menschlichen Organen, verboten sein. ■ Verantwortung und Identität Bei der gezielten Veränderung der Hirnaktivität kann sich die Eigenwahrnehmung einer Person ungewollt verändern und sogar die Grenze selbst- und fremdbestimmter Handlungen verschwimmen. Manipulationen der Hirnaktivität außerhalb medizinischer Therapien müssen verhindert werden. Darum sollte die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte um den Schutz der Hirnaktivität erweitert werden. ■ Welches Risiko sehen Sie im Falle eines nur geringen Schutzes? Ohne Schutz werden Daten zugänglich, die vielleicht nicht mehr im Sinne der Individuen, sondern vor allem im Sinne von Geschäftsmodellen verwendet werden. Derzeit verlagert sich die neurotechnische Forschung bereits in kommerzielle Unternehmen oder in Labors, die militärischen Zwecken dienen. Das hängt auch damit zusammen, dass Wissenschaftler dort besser bezahlt werden. Die Konsequenz könnte sein, dass diese Einrichtungen sich damit eine gewisse Monopolstellung verschaffen und Erkenntnisse patentieren lassen, die außerhalb nicht mehr vorhanden sind und kaum noch bewertet werden können. Das halte ich für gefährlich. In den USA ist die Ko-Finanzierung durch militärische Mittel üblich, aber aus europäischem Blickwinkel finde ich das gewöhnungsbedürftig. Für kommende Workshops zum Thema ist allerdings geplant, mehr Vertreter aus Europa in die Diskussionen einzubeziehen. ■ Selbstoptimierung/Militär Auch Methoden zur Optimierung von Hirnfunktionen, etwa zum Verbessern des Gedächtnisses, werden weiterentwickelt. Dabei besteht das Risiko, dass medizinische Anwendungen für militärische Einsätze zweckentfremdet werden. ■ Vorurteile durch Computer vermeiden Erst die Auswertung der Hirnaktivität durch selbstlernende Computerprogramme, so genanntes Maschinelles Lernen, ermöglicht die massenhafte Auswertung der riesigen Datenmengen. Ist die Datengrundlage aber nicht neutral, fällt auch die Auswertung tendenziös aus. Wenn als Grundlage für ein Analyseverfahren beispielsweise nur Daten von Männern genutzt werden, werden Frauen möglicherweise benachteiligt. Eine Vision: Statt über die Tastatur bekommt der Rechner die Signale direkt aus dem Hirn. Bevor es soweit ist, sollten ein paar Dinge geregelt sein Bild: Fotolia.com / momius ■ Welchen Schutz wünschen Sie sich? Ich begrüße es, dass derzeit eine Diskussion im Gange ist, ob man nicht als zusätzliches Menschenrecht die „Neurorechte“ definieren sollte. So etwas würde dann auch in eine Datenschutzrichtlinie gehören. Die neue europäische Datenschutzgrundverordnung geht da einen guten Weg und reicht schon recht weit, aber von Hirndaten ist noch nicht die Rede. Mich persönlich wüsste ich zu schützen, da ich mich beruflich intensiv mit dem Thema befasse. Aber was mich beschäftigt, ist die Lage der vielen Menschen, die das für sich nicht tun können und für die andere diese Aufgabe übernehmen müssen. Dr. Birgit Oppermann birgit.oppermann@konradin.de 16 medizin&technik 01/2018

Gelenkersatz Endoprothesenregister entwickelt sich dynamisch Das Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) ist auf dem besten Wege, das fallzahlenstärkste Register für künstliche Hüft- und Kniegelenke weltweit zu werden. Seit Beginn der Datenerfassung 2012 wurden mehr als 600 000 Operationen übermittelt: Und das Wachstum hält an, wie dem aktuellen zweiten Jahresbericht zu entnehmen ist. 2016 wurden 56 % aller endoprothetischen Eingriffe an Knie und Hüfte in Deutschland erfasst. Dokumentationen aus 673 Kranken - häusern erreichten das Register. Hüftversorgungen werden mit einem Anteil von 56 % häufiger vorgenommen als Knie - versorgungen (44 %). Mit Anteilen von 60,4 % beziehungsweise 39,6 % unterzogen sich deutlich mehr Frauen als Männer einem hüftendoprothetischen Eingriff. www.eprd.de Logistik Bessere Patientenversorgung im Hospital 4.0 Bild: sudok1/Fotolia Das Forschungsprojekt „Hospital 4.0“ will die Patientenversorgung in Krankenhäusern durch technologiebasierte Logistikprozesse verbessern. Im Fokus stehen unter anderem die Logistik der Zentrallager und die Bettenlogistik. Zum Projekt gehört die Konzeption eines speziellen Weiterbildungsprogramms für das Klinikpersonal. Durch die Identifikation von Verbesserungspotenzialen, die pilothafte Integration digitaler Technologien und die Qualifikation der Mitarbeiter sollen Qualität und Effizienz der Dienstleistungen am Patienten deutlich gesteigert werden. „In Anlehnung an die Vision der Industrie 4.0 verspricht der Einsatz digitaler Technologien durch die Verfügbarkeit relevanter Informationen in Echtzeit mittels der Vernetzung aller am Klinikbetrieb beteiligten Akteure und Ressourcen erhebliches Potenzial für eine verbesserte Krankenhausversorgung“, erklärt Prof. Dr. Henner Gimpel, Abteilungsleiter der Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik (FIT) in Sankt Augustin. Weitere Projektpartner sind das Zentrum für Angewandte Forschung der Technischen Hochschule Ingolstadt, die Kliniken Augsburg und Bayreuth sowie eHealth Ventures aus Berlin. www.hospital40.net 17. –19. April 2018 Als Karriere-Plattform ist die conhIT einzigartig: In Workshops, Jobbörsen und im direkten Kontakt zu potenziellen Arbeitgebern spiegelt sich das komplette Spektrum der wachsenden, dynamischen und zukunftsorientierten Gesundheits-IT-Branche wider. Ein Muss für jeden (Young-)Professional. Prof. Dr. Bernhard Breil Hochschule Niederrhein/Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS) GOLD-Partner SILBER-Partner In Kooperation mit Unter Mitwirkung von Veranstalter Organisation 01/2018 medizin&tec hn i k 17

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