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medizin&technik 01.2018

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TITELTHEMA einander

TITELTHEMA einander kommunizieren können.“ Siegel ist sich sicher: „Die Blockchain bietet ein viel versprechendes, dezentrales Framework für eine verstärkte Integration von Patienten- und Gesundheitsinformationen über eine Reihe von Anwendungen und Akteuren.“ Bitcoin ist heute wohl die bekannteste Anwendung der Blockchain-Basistechnologie. Mit der Digitalwährung, um die der Hype groß ist, kann man beispielsweise auf der Internet-Reiseplattform Expedia Reisen oder bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic Flüge buchen. Auch Wikipedia hat bei seinem jährlichen Spendenaufruf Ende vergangenen Jahres Bitcoin als Zahlungsmittel akzeptiert. Andere Internet-Riesen könnten bald eigene Kryptowährungen auflegen. Neben Bitcoin existieren weitere Blockchain-Systeme wie etwa Ethereum für smarte Verträge (Smart Contracts) oder Bild: HIT Foundation Dr. Eberhard Scheuer, Präsident der Health Information Traceability (HIT) Stiftung: „Viele Gesundheits-Apps sammeln heute Daten, die mehrfach ausgewertet und weiterverkauft werden – ohne dass der User oder Patient dies weiß. Wir versetzen mit der Plattform den Datenerzeuger in die Position, dass er bestimmen kann, wer zum Beispiel welche Blutzucker-Daten bekommt und unter welchen Bedingungen.“ Bild: Altran Konstantin Graf, Senior Consultant und Teammanager Industrie 4.0 bei der Technologieberatung Altran: „Die Skalierbarkeit der Blockchain lässt zunehmend zu wünschen übrig. Vor Weihnachten dauerte es bis zu einer Stunde, bis eine Transaktion über die Ethereum-Blockchain verifizert war. Das alles ist noch Work in Progress, die kryptographischen Methoden müssen sich für Anwendungen in der Industrie und im Gesundheitswesen noch weiter entwickeln.“ Das Blockchain-Ökosystem im Gesundheitswesen auch Hyperledger. „Für die Energiewirtschaft ist Blockchain schon ein echtes Thema, weil sie das Umgehen etwa von Strombörsen ermöglicht“, sagt Konstantin Graf, Senior Consultant und Teammanager Industrie 4.0 bei der Technologieberatung Altran. Die digitale Transaktionstechnologie ermöglicht es zwei oder mehreren Parteien, Geschäfte direkt miteinander abzuwickeln, ohne dass eine vermittelnde Instanz wie eine Bank oder ein Händler nötig ist. „Doch ich bin mir sicher, dass es auch in der Gesundheitsbranche und in der Medizintechnik bald Online weiterlesen Mit welchen Blockchain-Mythen IT- Security-Experte Kaspersky aufräumt und wie Frost & Sullivan den Markt im Gesundheitswesen einschätzt, lesen Sie in unserem Online-Magazin. Verfügbar bis 9. April 2018 – bis die nächste Ausgabe erscheint. Grafik: Deloitte www.medizin-und-technik.de/online weiterlesen 52 medizin&technik 01/2018

Bild: Deloitte Dr. Dirk Siegel, Partner Deloitte: „Das hohe Level der in der Blockchain gespeicherten Metadaten bedarf im Gesundheitswesen einer sorgfältigen Abwägung. Die Kombination aus demografischen Informationen mit Standortdaten könnte in der Theorie zu einer Triangulierung einer bestimmten Einzelperson führen. Diese Bedenken könnten teilweise durch eine private Blockchain gemindert werden.“ Blockchain-Anwendungen geben wird“, betont Graf. „Überall dort, wo regulatorische Anforderungen und der damit verbundene Dokumentationsaufwand hoch sind, bietet die Blockchain große Chancen. Denn durch die dezentrale Datenhaltung lässt sich mit vergleichsweise geringem Aufwand Transparenz in punkto Rückverfolgbarkeit schaffen. Er nennt Beispiele: „Bei Implantaten oder bei Medikamenten lässt sich mit Blockchain-Technologie nachweisen, dass es sich bei diesen zweifelsfrei um Originale und nicht um Fälschungen handelt.“ Ein heißes Anwendungsfeld ist laut Graf die additive Fertigung von Bauteilen oder Medizinprodukten: In der Blockchain lassen sich die Daten der verwendeten Werkstoffe oder auch die Nutzung der verwendeten CAD-Daten hinterlegen. „Dabei werden allerdings nicht die CAD-Daten selbst in der Blockchain gespeichert, sondern nur deren Sicherheitsmerkmale in so genannten Hash-Werten wie etwa der Kennung eines RFID-Chips“, erklärt Graf. Das Wissenschaftliche Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung (WIG2) in Leipzig sieht auch die Bonusprogramme der Krankenkassen und die sichere Remote-Steuerung von Medizinprodukten als möglichen Anwendungsfall für die Blockchain: Der Patient, die Krankenkasse und Sportvereine oder Fitnessstudios wären bei Bonusprogrammen ein Teil des Netzwerks und würden die Blockchain sukzessive bei der Teilnahme an bonusrelevanten Aktivitäten ergänzen. Bei Medizinprodukten wie implantierbaren Insulinpumpen oder Herzschrittmachern besitzt die Blockchain laut WIG2 das Potenzial, das Gefahrenpotenzial einer Manipulation der übertragenen Daten durch Cyberkriminelle zu reduzieren. Aktuell werden zur Authentifizierung meist Passwörter oder eine zweistufige Methode mit Passwort und mobilem TAN-Verfahren eingesetzt. Beide Authentifizierungsmethoden basieren auf einer zentralen Verwaltung von Zugangsinformationen und werden Ziel von Angriffen. Dezentrale Zusammensetzung von Zugangsinformationen „Im Gegensatz dazu baut die Blockchain auf eine dezentrale Zusammensetzung von Zugangsinformationen. Der Datenblock wird stetig durch die Rechenleistung aller am Netzwerk beteiligten Systeme erweitert“, argumentiert Maximilian Schwarz, Leiter Intrepreneurship und Forschungsnahe Beratung des WIG2 Instituts. „Der längste verfügbare Datenblock stellt somit immer den aktuellen Authentifizierungscode dar. Eine Nachbildung des zur Authentifizierung benötigten Datenblocks ist deutlich erschwert bis unmöglich – abhängig von der Ausgestaltung des Blockchain-Netzwerks.“ Die Anwendung der Blockchain-Technologie in der Remote-Steuerung von Medizinprodukten unterstützt laut WIG2 Healthcare Futurists in Pilotprojekten mit Medizinproduktherstellern. Den Projektcharakter will ein Online- Marktplatz für persönliche Gesundheitsinformationen im Frühsommer dieses Jahres hinter sich lassen: Für Mai plant die HIT Foundation mit Sitz im Schweizerischen Zug den Start einer auf Blockchain basierenden Plattform, welche Gesunde, Patienten, informationssuchende Organisationen – Marktforscher, akademische Institutionen oder Krankenhäuser – sowie Service- und Bonus-Provider sicher zusammenbringen will. „Viele Gesundheits-Apps sammeln heute Daten, die So funktioniert die Blockchain Nach der Definition der Experten des Wissenschaftlichen Instituts für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung (WIG2) in Leipzig ist die Blockchain zunächst eine digitale, dezentrale Datenbank, die durch die Kombination verschiedener kryptografischer Techniken gekennzeichnet ist. Im Gegensatz zu heute üblichen Prozessen werden die Daten und Transaktionen dezentral gespeichert. Durch den direkten Kontakt zwischen den beteiligten Akteuren wird ein Intermediär überflüssig. Der Begriff Blockchain drückt übersetzt so viel wie eine logisch miteinander verbundene und sich aufeinander beziehende Aneinanderreihung von Daten in einzelnen Datenblöcken aus. Das bedeutet, durch die in die Blockchain eingetragenen Informationen entsteht eine Kette an (Daten-)Blöcken, welche linear fortlaufend hinzugefügt werden. Blöcke können dabei weder gelöscht noch geändert werden. Jeder Block beinhaltet die Prüfsumme des vorherigen Blocks. Die Verwaltung der Blockchain erfolgt durch alle im Netzwerk befindlichen Computer durch ein so genanntes Peer-to-Peer Netzwerk. Um Daten in der Blockchain im Nachhinein zu manipulieren, müssten über 51 % der Kopien – vorhanden auf allen im Netzwerk beteiligten Computern – geändert werden. „Die Manipulation einer Blockchain wäre somit auf spieltheoretischer Basis mit hohen Kosten verbunden und aus wirtschaftlicher Sicht (im Sinne einer Kosten-Nutzen- Abwägung) nicht lohnenswert“, so Julia Winkler, Referentin Business Development des WIG2 Instituts. mehrfach ausgewertet und weiterverkauft werden – ohne dass der User oder Patient dies weiß“, so Scheuer. „Wir versetzen mit der Plattform den Datenerzeuger in die Position, dass er bestimmen kann, wer zum Beispiel welche Blutzucker-Daten bekommt und unter welchen Bedingungen.“ Experten sprechen daher auch von einer Demokratisierung des Gesundheits- 01/2018 medizin&tec hn i k 53

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