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medizin&technik 02.2021

TITELTHEMA Ein großes

TITELTHEMA Ein großes Projekt in Wuxi City: Operationsleuchten, Monitorhalterungen sowie Kamerasystemen hat Simeon Medical im Krankenhaus installiert. Es betreut chinesische Kunden von der eigenen Niederlassung in Shanghai aus (Bild: Simeon Medical) anerkannt. Das führe zu immensen Verzögerungen. „Um sich als Hersteller auf dem chinesischen Markt zu etablieren, kann es also durchaus einige Jahre dauern“, so Schubert. Aktuell befindet sich das Unter - nehmen in der Zulassung eines neuro - chirurgischen Sortiments für den chine - sischen Markt. Dazu gehören diagnostische Messgeräte, Katheter und sämtliches Zubehör, also Produkte, die laut EU- Richtlinie 93/42/EWG als Medizinprodukte der Klasse III gelten. Für Raumedic ist das Reich der Mitte aber ein spannender Markt: „Die chinesische Führung will das Gesundheitssystem verbessern und außerdem die Versorgung im ländlichen Raum ausbauen. Das heißt, dass die Marktchancen für ausländische Hersteller aufgrund der politischen Agenda weiterhin vielversprechend sind. Unsere Lösungen können beispielsweise für die Diagnose nach Schädel-Hirn-Traumata eingesetzt werden.“ Über einen Händler kam 2010 auch der Krankenhausausrüster Simeon Medical GmbH & Co. KG nach China. „Aufgrund der internationalen Wichtigkeit des Marktes, seiner Größe und des steigendem Betreuungsaufwands gründeten wir aber 2015 eine Tochtergesellschaft in Shanghai“, erklärt Dr. Markus Keussen, Geschäftsführer des Tuttlinger Medizintechnikherstellers. Diese kümmert sich um die Vertriebsaktivitäten, den Service der Produkte und um die Organisation von Messen. Als Lösungsanbieter fürs Krankenhaus vertreibt Simeon Medical in China insbesondere seine Highline-Operationsleuchten sowie Sim.Cam-Kamerasysteme. Die Sim.Carry-Deckenversorgungseinheiten sind ebenfalls Teil vieler Projekte vor Ort. Rund 6 bis 8 % seines Umsatzes erwirtschaftet Simeon Medical inzwischen in China. Tendenz steigend. Erst im vergangenen Oktober führte das Unternehmen eine große Installation von Medizintechnik-Hersteller in China Über 4000 chinesische Hersteller von Medizinprodukten sind im Verband Camdi organisiert. Zu den großen Akteuren der Medizintechnik-Branche in China gehören ■ Mindray Mindray wurde 1991 gegründet und bedient Intensivmedizin, Anästhesie sowie Intermediate Care. Das Unternehmen will sich als „weltweit führender Entwickler, Hersteller und Vermarkter von medizinischen Geräten“ etablieren und beschäftigt rund 10 000 Mitarbeiter weltweit. Die Produktionszentren in Shenzhen und Nanjing belegen eine Fläche von mehr als 300 000 m². In Darmstadt ist das Unternehmen als Mindray Medical Germany GmbH vertreten. www.mindray.com ■ Shinva Die Shinva Medical Instruments Ltd aus Zibo City in der Provinz Shandong wurde 1943 gegründet, ist auf dem Gebiet medizinischer Instrumente und Ausrüstung tätig und sieht sich als das führende Medizintechnik- Unternehmen in China. Shinva hat den Vorsitz im chinesischen Verband der Medizintechnik-Hersteller, Camdi. Das Unternehmen hat einen Schwerpunkt im Bereich der Reinigung und Sterilisation von Medizinprodukten, bietet aber unter anderem auch OP- Ausstattung und Laborausrüstung an. Zum Segment Medizinische Dienstleistungen gehört die Xinhua Hospital Group. Im Linkedin-Profil wird die Mitarbeiterzahl zwischen 5000 und 10 000 angegeben. www.shinva.com ■ Wego Die Shandong Weigao Group Medical Polymer Company Ltd. (Wego) entwickelt und produziert mit weltweit rund 10 000 Mitarbeitern unter anderem Einmalprodukte wie Infu sions - sets, Spritzen, Blutbeutel, Materialien für die Orthopädie sowie Verbrauchsmaterial und Ausrüstung für die Blutreinigung. Die Hauptproduk tions - standorte sind in der Provinz Shandong. Mit Infusions- und Transfusionssets und Einmalspritzen ist Wego auf dem europäischen Markt vertreten. https://en.weigaogroup.com/ ■ Yuwell Medical Die Yuwell-Jiangsu Yuyue Medical Equipment & Supply Co., Ltd., Shanghai, ist ein börsennotiertes Unternehmen aus der Yuwell Group. Es wurde 1998 gegründet und bietet Rollstühle, Beatmungstechnik, Home care-Produkte sowie Geräte zur Blutdruck- und Blutzuckermessung an. Weitere Entwicklungen sind auf High-End-Technologie und die Verknüpfung von Internet und Medizin ausgerichtet. Mit Cloud-Technologie und Big-Data-Analysen will sich das Unternehmen eine führende Position erarbeiten. Yuwell beschäftigt über 6000 Mitarbeiter. Der Medizintechnikhersteller Metrax GmbH aus Rottweil ist seit 2017 Teil des Konzerns. www.yuwell.com 34 medizin&technik 02/2021

Operationsleuchten, Monitorhalterungen sowie Kamerasystemen in China durch: Im General Hospital in Wuxi City, China, wurden insgesamt zwölf Operationsräume ausgestattet. In der traditionellen wie auch in der modernen chinesischen Kultur ist die Gesundheit wichtig. Daher sind Chinesen bereit, in diesem Bereich Geld auszugeben Attraktiver Markt – trotz hohem Zulassungsaufwand Als besonders herausfordernd nennt auch Dr. Keussen die lokale Zulassung medizinischer Produkte bei der National Medical Products Administration (NMPA): „Zum einen wird ein auf China zugeschnittener CB-Report nach IEC 60601-1 gefordert, und die EMV muss gemäß IEC 60601-1-2 vor Ort durchgeführt werden. Zum anderen will die Zulassungsbehörde die komplette technische Dokumenta tion.“ Dabei müsse nicht nur jede Produktfamilie separat zugelassen werden, sondern auch jede spezifische Systemkombination, die im Markt verkauft werden soll. Die Dokumente müssen hier nicht nur in der Originalsprache, sondern auch in chinesischer Sprache eingereicht werden. Erleichtert wird das Einreichen seit 2019 jedoch durch die Einführung des neuen elektronischen Registrierungssystems Electronic Regulated Product Submission (eRPS). Nach Registrierung und dem Hochladen der Zulassungsunterlagen können Hersteller über das System den Status der Zulassung verfolgen und Unterlagen oder Antworten bei Rückfragen der Behörde nachreichen. „Damit ist die NMPA vielen internationalen Zulassungsbehörden einen Schritt voraus“, sagt Luca Salvatore, der beim Zulassungsexperten Johner Institut in Konstanz den Bereich International Regulatory Affairs betreut. Nach den Erfahrungen des Simeon- Geschäftsführers dauert eine Neuregistrierung in China etwa drei bis vier Jahre. Dennoch bleibe der Markt weiterhin sehr attraktiv. Als Voraussetzung für den Erfolg nennt Keussen eine eigene Gesellschaft vor Ort, gute Partner mit Vertriebsund Service-Know-How sowie attraktive Produkte „Made- or Engineered-in-Germany“. Aktuell untersucht das Unternehmen zudem die Möglichkeit, eine lokale Fertigung in China aufzubauen. Ein Weg, den auch die Anwalt- und Wirtschaftsexperten der Kanzlei Dezan Shira & Associates in ihrem monatlichen China Briefing befürworten: „Ausländische Unternehmen, die in die chinesische Medizinprodukteindustrie eintreten oder ihre Präsenz dort ausbauen möchten, sollten die wichtigsten Erfolgsfaktoren berücksichtigen, einschließlich regionaler oder branchenspezifischer Vorzugspolitiken“, so die Empfehlung der Marktkenner. Und sie sollten sich bewusst sein, dass sie sich an länderspezifische Vertriebsmo - delle und Verkaufskanäle anpassen, in die lokale Technologieinfrastruktur investieren und mit inländischen Akteuren der Wertschöpfungskette zusammenarbeiten müssen. Entsprechendes sieht auch der aktuelle Fünfjahresplan der chinesischen Regierung vor, der einen Schwerpunkt auf die öffentliche Gesundheit und die Präven - tion legt. Dazu gehören unter anderem : • Neugewichtung der medizinischen Ressourcen • Beschleunigung des Aufbaus eines hierarchischen Diagnosesystems sowie eines abgestuften Behandlungssystems • Stärkung der öffentlichen Kranken - häuser • Förderung einer Reform der zentralen Beschaffung und Verwendung von Medikamenten Die Telemedizin, Altenpflege und psychische Gesundheit wurden vor anderen Bereichen hervorgehoben – was bedeutet, dass diese Segmente in den nächsten fünf Jahren wahrscheinlich eine schnelle Entwicklung erleben werden. Die Coronavirus-Pandemie hat die chinesische Bevölkerung ohnehin noch stärker für die Themen Gesundheit und Präven tion sensibilisiert. Wobei für Chinesen laut Sinologin Irmgard Strödel die Gesundheit ohnehin ein hohes Gut ist – sowohl in der traditionellen als auch in der modernen Kultur. „Daher sind die Menschen bereit, viel Geld dafür auszugeben. Das kann sich auf die traditionelle chinesische Medizin, aber auch auf westliche Medizin beziehen.“ Beides existiert nebeneinander. „Manche ländlich geprägten Regionen stehen, was das technische Niveau angeht, derzeit noch vor größeren Aufgaben“, sagt ZVEI-Experte Bursig. „Aber es gibt hochmodern ausgestattete Universitätskliniken, in denen Hightech- Produkte eingesetzt werden. Diese werden in China entwickelt und hergestellt oder aus dem Ausland eingeführt.“ Zukunftsthema auch in China: Mehr Robotik für die Medizin Eines der künftig für die Medizin zunehmend interessanten Technikgebiete ist die Robotik – weltweit und auch in China ein Marktbereich mit Potenzial. Das betonen die Robotik-Spezialisten der Kuka AG aus Augsburg, deren Mehrheitsaktionär seit 2016 das chinesische Unternehmen Midea ist. Auch wenn dessen Schwerpunkt bei Haushaltsgeräten und Logistik liegt und das Interesse an den Kuka-Robotern hauptsächlich für eine Automatisierung im industriellen Um feld gedacht ist: Roboteranwendungen für die Medizintechnik sind laut Axel Weber, Vice President Medical Robotics bei Kuka, ein Wachstumsfeld mit sehr interessanten Perspektiven. Diese loten die Augsburger auch im Kontakt mit chine sischen Forschungseinrichtungen und Unternehmen aus. „Derzeit werden Roboter im Gesundheitswesen vor allem im OP-Bereich eingesetzt“, sagt Weber. Da wird gesägt oder gebohrt, damit das Implantat ins Knie, in (Bild: imtmphoto/stock.adobe.com) 02/2021 medizin&tec hn i k 35

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