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ČLÁNKY A STUDIE MICHAL CHVOJKA Zwischen zentraler Reformbestrebung…<br />
165<br />
Leopoldo nicht nur den naturrechtlich legitimierten Menschen- und Bürgerrechten Geltung<br />
zu verschaffen, sondern einer konstitutionellen Monarchie mit beschränkter Mitregierung<br />
des Volkes den Weg zu bahnen. 2 Wie allerdings Gerda Graf fundiert ausführte,<br />
war dieser Entwurf von einer beträchtlichen Spannung zwischen einem tradierten absolutistischen<br />
und dem Konstitutionalismus des 19. Jahrhunderts zuneigenden Konzept<br />
geprägt. Die Formulierung der Verfassung erfolgte ausschließlich aus der Perspektive<br />
des Großherzogs, wobei z. B. die Bindung der Exekutive an das Gesetz gar nicht erwähnt<br />
wurde und jedes neue Gesetz nur im Rahmen eines Konsensus zwischen Pietro Leopoldo<br />
und der Generalversammlung zustande kommen konnte. 3<br />
Nach dem Tod seines Bruders und Kaisers Joseph II. zog Pietro Leopoldo als dessen<br />
Nachfolger und römischer Kaiser nach Wien ein. Vertretbarerweise hatte er die Loyalität<br />
des vierten Standes durch Reformen zu gewinnen getrachtet und gegenüber Frankreich<br />
grundsätzlich einen eher defensiven Kurs verfolgt, um nicht nach der Schlichtung der<br />
türkischen Frage in einen neuen Krieg verwickelt zu werden. 4<br />
II. Die Schwungkraft des reformierten josephinisch-Pergen’schen Polizeisystems<br />
Zu Beginn der Herrschaft Leopolds II. bewegte sich das mährisch-schlesische Polizeiund<br />
Sicherheitswesen zuerst in den durch die Polizeireorganisierung von 1789 festgesetzten<br />
Gleisen 5 . Danach waren die seit der ersten josephinischen Polizeireform im Jahre<br />
1785 ursprünglich den neuerrichteten Polizeidirektionen in Brünn und Troppau 6 angehörenden<br />
Gegenstände wiederholt unterteilt. Die sog. Angelegenheiten der publico-politica<br />
wie die Wohlfeilheit 7 , Beleuchtung, Pflasterung, Vorschriften für die Bauart usw. sollten<br />
einzig und allein von dem Stadtmagistrat in Brünn bzw. Troppau besorgt werden. Die<br />
beiden Polizeidirektoren hatten sich hingegen mit den Polizei- und Sicherheitsgeschäften<br />
„im engsten Verstande“ zu befassen, d.h. mit der ununterbrochenen Aufsicht über<br />
die Sicherheit der Einwohner und ihres Vermögens und den „dahin einschlagenden<br />
Gegenständen“. 8 Die Polizeiwache wurde wieder dem Polizeidirektor unterstellt, musste<br />
aber dem Magistrat in allen erforderlichen Fällen Assistenz leisten. 9 Das Anzeigwesen<br />
2 Siehe SCHLOSSER, H.: Verfassungs- und Rechtsreformen des aufgeklärten Habsburgers Granduca Pietro<br />
Leopoldo di Toscana im 18. Jahrhundert. In: Hadding, W. (Hg.): Festgabe Zivilrechtslehrer 1934/1935. Berlin<br />
– New York 1999, S. 565–570; GRAF, G.: Der Verfassungsentwurf aus dem Jahr 1787 des Granduca Pietro<br />
Leopoldo di Toscana. Berlin 1998, insbesondere S. 191–259.<br />
3 GRAF, G.: op. cit., S. 298–299.<br />
4 REINALTER, H.: Aufgeklärter Absolutismus und Revolution : Zur Geschichte des Jakobinertums und der<br />
frühdemokratischen Bestrebungen in der Habsburgermonarchie. Wien – Köln – Graz 1980, S. 147; siehe auch<br />
WANGERMANN, E.: Von Joseph II. zu den Jakobinerprozessen. Wien – Frankfurt – Zürich 1966, S. 127–130.<br />
5 Vgl. BENNA, A.-H.: Die Polizeihofstelle : Ein Beitrag zur Geschichte der Oesterreichischen Zentralverwaltung.<br />
Dissertation, Universität Wien. Wien 1942, S. 114–120; GEBHARDT, H.: Die Grazer Polizei : Ein Beitrag zur<br />
Geschichte des österreichischen Sicherheitswesens im aufgeklärten Absolutismus und im Vormärz. Graz 1992,<br />
S. 71–78.<br />
6 Siehe Mährisches Landesarchiv Brno (in Hinkunft MZA Brno), B 95 Mährisch-schlesisches Gubernium –<br />
Präsidium (in Hinkunft MSGP), Kt. (in Hinkunft Kt.) 219, Protokoll über die Übergabe der Polizeiangelegenheiten<br />
an neue Polizeidirektoren, 18. 10. 1785.<br />
7 Es handelte sich um eine Kompetenz, über die relevante Höhe der Preise zu wachen und diese möglichst stabil<br />
und günstig zu halten.<br />
8 MZA Brno, MSGP, Kt. 218, Ugarte an Pergen, 17. 12. 1789.<br />
9 GEBHARDT, H.: op. cit., S. 74.