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ČLÁNKY A STUDIE MICHAL CHVOJKA Zwischen zentraler Reformbestrebung…<br />
167<br />
wollte, wünschte, und könnte arbeiten, und darf nicht. 16 Mit einer derart brennenden Wortauswahl<br />
führte Okacz seinen Wunsch aus, im Staatsdienst aktiver und „entsprechender“<br />
zu wirken. Nach seinen Vorstellungen dürfte entweder sein Wirkungskreis um mehrere<br />
öffentliche und Polizeigeschäfte erweitert oder er selbst in „engere“ Verbindung mit<br />
der Landesstelle gesetzt werden, um dort seinen Vortrag halten und alle Kollisionen an<br />
Ort und Stelle beheben zu können. 17 Auch wenn die Antwort des Gouverneurs nicht in<br />
den Akten vorzufinden war, bekommt man durch die Differenzen des Polizeidirektors<br />
und Landeschefs in Bezug auf die Ergreifung der Verbrecher zu sehen, welche amtliche<br />
Kollisionen Okacz im Sinne hatte. Der Brünner Polizeidirektor war der Ansicht, dass<br />
die Polizei ohne Rücksicht auf die Jurisdiktion auf jeden Verbrecher greifen [könnte –<br />
Anmerkung des Verfassers M.Ch.], weil erst durch eine vorläufige Untersuchung die Art<br />
des Verbrechens entschieden werden würde. 18 Er stützte seine Argumente sowohl auf die<br />
kaiserliche Zirkularverordnung vom Mai 1787, wonach die Kriminalverbrecher an der<br />
Stelle ihrer Entdeckung ebenfalls zu untersuchen, abzuurteilen und zu bestrafen waren,<br />
als auch auf die praktischen Vollziehungsgründe. Die Jurisdiktion des Brünner Magistrates<br />
erstreckte sich nämlich nur auf die Stadt Brünn und die Vorstädte Beckengasse, Kröna<br />
und Mühlgraben sowie auf einen Teil der Neugasse. Die übrigen Vorstädte gehörten wiederum<br />
unter die Jurisdiktion der Herrschaften in Karthaus, Rzeczkowitz, Blaschowitz,<br />
Kommenda-Kreutzhof, Posorzitz und Kritschow. Würde nun ein Polizei- oder politischer<br />
Verbrecher z.B. auf dem St. Annagrund, oder auf der Vorstadtgasse Neustift betreten, so<br />
müßte selber im ersten Falle nach Blaczowitz, 3½ Stund weit bey trockener Witterung, und<br />
im 2 ten Falle nach Posorzitz, 2 Stunden weit von hier [Brünn – Anmerkung des Verfassers]<br />
zur Untersuchung geschickt werden. 19 Es lag nahe, dass die Polizeiwache wegen geringer<br />
Anzahl, mangelnder Extrabelohnung und Abnutzung der systemmäßigen und auf acht<br />
Monate berechneten Bekleidung nicht im Stande war, solche Ritte durchzuführen. 20 Der<br />
mährisch-schlesische Landeschef Graf Alois Ugarte vertrat wiederum eindeutig die Meinung,<br />
dass, da die Polizeidirektion auf keine Art und Weise in fremde Jurisdiktion einzugreifen<br />
und alle Unternehmungen nur mit Genehmigung des Gouverneurs durchzuführen<br />
hätte, die Brünner Polizeibehörde keineswegs die politischen Verbrecher arretieren<br />
könnte. Darüber hinaus ermahnte er den Polizeidirektor Okacz, zwischen den Kriminalverbrechen<br />
und Polizeiübertretungen genau zu unterscheiden. Denn nur die Letzteren<br />
hätten augenblicklich bestraft zu werden und konnten ohne Rücksicht auf jeweilige Jurisdiktion<br />
an den Magistrat ausgeliefert werden. 21<br />
In Bezug auf die mit der allgemeinen Sicherheit zusammenhängenden Kontrolle der<br />
Fremden gab es in dem eingeführten Polizeisystem in Brünn wesentliche Defizite. Die<br />
Fremdenaufsicht stützte sich neben dem Anzeigwesen auf die sog. Torrapporte, i.e. die<br />
stichwortartigen schriftlichen Meldungen von den Stadttoren über die herein- und hinausfahrenden<br />
Personen hinsichtlich ihres Namens, Berufs, Aufenthalts etc. für die Polizeidirektion.<br />
Wegen der düsteren finanziellen Situation war man allerdings nicht in<br />
16 Ebenda, Promemoria Okaczs vom 17. 4. 1790.<br />
17 Ebenda.<br />
18 Ebenda, Kt. 219, Okacz an Ugarte, 21. 6. 1790.<br />
19 Ebenda.<br />
20 Ebenda.<br />
21 Ebenda, Kt. 219, Gubernialschreiben an Okacz vom 28. 6. 1790.