OPT_Augenoptik_Hörakustik_2_2016
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hörakustik<br />
fordert. Bei konventionellen Anpassungen<br />
wird häufig versucht, den Kundenvorgaben<br />
nach einem „Wohlfühlhörsystem“<br />
zu entsprechen, was dann weniger<br />
ein „Verstehsystem“ sein kann. Die<br />
Herausforderung, eine hohe Tragetoleranz<br />
bei den Kunden zu erreichen, kann<br />
auch zu vermeintlichen Kompromissen<br />
und langwierigen Anpassvorgängen<br />
führen. Im zweiten Teil seiner Ausführungen<br />
stellte der Referent den Zuhörern<br />
das neue „AUDECOM“-System“ zur<br />
vergleichenden Hörsystem-Anpassung<br />
mit einem softwaregestützten Kundendialog<br />
vor. Warncke erklärte die Vorteile<br />
des Systems, die unter anderem darin<br />
liegen, dass der Kunde selbst live erleben<br />
und bewerten kann, welchen Nutzen<br />
welches System für ihn persönlich hat.<br />
Er hört und vergleicht dabei in Echtzeit<br />
den Unterschied zwischen bis zu drei<br />
Hörgerätetypen und kann so deutlicher<br />
aufgrund einer besseren Erfahrungsgrundlage<br />
entscheiden, was ihm nutzt.<br />
Dabei wechselt der Kunde beim Hörverstehen<br />
zwischen den Modellen und nicht<br />
der Hörgeräteakustiker, was eine effektivere<br />
gemeinsame Entscheidung über<br />
die gewünschte Leistungsklasse ermöglicht.<br />
Das Sprachverstehen mit dem AU-<br />
DECOM konnte das Publikum über Kopfhörer<br />
dann selbst erfahren. Bei den Beispielen<br />
sollten in vier Alltagssituationen<br />
mit vielen Nebengeräuschen die Sprecher<br />
geortet und der Inhalt sinngemäß<br />
wiedergegeben werden.<br />
Um „Räumliches Hören mit Hörsystemen“<br />
ging es beim Vortrag von Klemens<br />
Zimmermann, Manager des Customer Care<br />
Centers bei GN ReSound.Er definierte<br />
zunächst das räumliche Hören als die Fähigkeit,<br />
unterschiedliche Signale räumlich<br />
zu unterscheiden bzw. separieren zu können.<br />
Das menschliche Gehirn verwendet<br />
dafür drei verschiedene Reize der eingehenden<br />
Schallsignale: 1. Die interauralen<br />
Langzeitdifferenzen (Interaural Time<br />
Difference – ITD) beim Input an jedem<br />
Ohr, 2. Die interauralen Pegeldifferenzen<br />
(Interaural Level Difference – ILD) und<br />
3. Spektrale Hinweisreize durch die Ohrmuschel<br />
bzw. Kopfbewegungen. Hörsysteme<br />
können diese akustischen Inputs<br />
verzerren bzw. zerstören, weil zum Beispiel<br />
hinter dem Ohr platzierte Mikrofone<br />
nicht nur die akustischen Eigenschaften<br />
des äußeren Ohrs nutzen (Pinna Cues)<br />
oder die unabhängig arbeitende Wide<br />
Range Dynamic Compression (WRDC) in<br />
der binauralen Anpassung die interaurale<br />
Pegeldifferenz verringert.<br />
Als eine Lösung dieser Herausforderungen<br />
stellte der Referent das Signalverarbeitungssystem<br />
„Spatial Sense“ als<br />
neue Technologie von „Surround Sound by<br />
ReSound“ vor. Das Spatial Sense ermöglicht<br />
eine binaurale Direktionalität und Lokalisationshinweise<br />
zur räumlichen Wahrnehmung<br />
und einem möglichst natürlichen<br />
Hörerlebnis. Während des Vortrags gab<br />
es auch Tests zum räumlichen Hören mit<br />
einem Probanden aus dem Publikum.<br />
Dritter Referent am Vormittag war Dr.<br />
Steffen Kreikemeier von der Hochschule<br />
Aalen zum Thema: „Unterschiedliche<br />
Wege – unterschiedliche Ziele. Hörsystemanpassung<br />
auf dem Prüfstand!“ Er<br />
hinterfragte in seinem Vortrag, welche<br />
Zielstrategie die richtige ist und welche<br />
Auswirkungen das Insitugram hat. Dazu<br />
führte er verschiedene wissenschaftliche<br />
Untersuchungsmethoden und die Ergebnisse<br />
zur Varianz der Vorberechnungen<br />
an. Zusammenfassend stellte er fest,<br />
dass es keine einheitliche Umsetzung<br />
gibt, weder bei den allgemeinen Präskriptionen<br />
(NAL, DSL, etc.) noch bei der Verarbeitung<br />
der Insitugramdaten. Laut Kreikemeier<br />
wird das Messen der Systeme<br />
immer schwieriger, weil manche Funktionen<br />
im Hintergrund laufen und virtuelle<br />
Messwelten das reale Leben nicht<br />
immer wiedergeben können. „Mein Fazit:<br />
Wer sich nicht nur auf die subjektive<br />
Rückmeldung des Kunden verlassen will,<br />
der muss nachmessen. Für mich scheint<br />
immer mehr die Insitumessung mit dem<br />
‚reinen‘ Restdynamikbereich als Ziel die<br />
beste Lösung," resümiert Dr. Steffen<br />
Kreikemeier.<br />
„Wann ist gut genug? Antworten auf Fragen<br />
der Anpassung“ – mit einem komplexen<br />
Vortrag dazu stand als erster Referent<br />
nach dem gemeinsamen Mittagessen<br />
Harald Bonsel, Geschäftsführer der<br />
Acousticon Hörsysteme GmbH in Weilheim,<br />
auf dem Programm. Dazu verwies<br />
er auch auf seinen ausführlichen<br />
Bilder: Carmen Freihaut<br />
Test zum räumlichen Hören: Ein Proband aus dem Publikum<br />
beim Referat vom Klemens Zimmermann.<br />
Höraufwandbestimmungen mit EEG-Messungen:<br />
Rechts oben im Bild Dr. Matthias Latzel mit der Elektrodenmütze.<br />
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