E_1939_Zeitung_Nr.036
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6 AUTOMOBIL-REVUE DIENSTAG, a MAI <strong>1939</strong> — N° 36b<br />
er Ausbau der Gotthardstrasse<br />
Vor Jahresfrist forderten wir, nicfil znlefe?<br />
auf Grund wehrpolitischer Ueberlegungen, an<br />
dieser Stelle den unverzüglichen Ausbau von<br />
Gotthardbahn und Gotthardstrasse. Inzwischen<br />
sind sich die aussenpolitischen Ereignisse<br />
in immer rascherem Tempo Schlag auf<br />
Schlag gefolgt — geblieben ist die hochaktuelle<br />
Bedeutung der über und durch den<br />
St. Gotthard führenden Verkehrsstränge. Davon<br />
abgesehen, lassen die im Verlaufe der<br />
letzten Monate zur Diskussion gestellten<br />
Projekte hinsichtlich Schiffbarmachung des<br />
Rheins von Basel bis zum Bodensee in Verbindung<br />
mit einer Reihe anderer Symptome<br />
darauf schliessen, dass die zentraleuropä-<br />
Abb. 1: Verkleidungsmauer (Höhe 20 m, Sohlenbreite<br />
1,50 m, Anzug 4:1 resp. 1 cm pro Meter).<br />
ischen Verkehrsprobleme neuerdings einer<br />
genauen Sichtung und Ueberpriifung unterzogen<br />
werden. Energisch und unter Aufwand<br />
erklecklicher Mittel bauen unsere<br />
Nachbarn im Osten und Südwesten ihr Alpenstrassennetz<br />
aus. Sie sind uns um mehrere<br />
Nasenlängen voraus und die laut werdenden<br />
Befürchtungen bezüglich Umfahrenwerden<br />
der Schweiz entbehren nicht der<br />
Grundlage.<br />
Und doch steht fest: Der sagenumwobene<br />
St. Gotthard hat seine grosse Anziehungskraft<br />
mit nichten eingebüsst. Von den Gestaden<br />
der Mittelmeeres bis hinab ins Wienerbecken<br />
gibt es nicht eine einzige Passstrasse,<br />
die eine solche Fülle in raschem<br />
Wechsel sich ablösender landschaftlicher<br />
Eigenartigkeiten und Schönheiten böte, wie<br />
dies bei unserer grossen, internationalen<br />
Nord-Südverbindung zwischen Schaffhausen<br />
und Ghiasso der Fall. Gewiss — auch die<br />
Abb. 2: Ueberbrückung eines Bergbaehes südlich<br />
Walchwil. Die Anlage lässt die durch Stützmauern<br />
flüssiger gestaltete Linienführung der kurvenreichen<br />
Zugerseestrasse erkennen.<br />
französischen oder deutsch-österreichischen<br />
Alpenpässe sind voller Reize; an das Ueberraschende<br />
der Gotthardroute aber reichen<br />
sie bei weitem nicht heran. Wer immer einmal<br />
die Fahrt durch die Schöllenen hinauf<br />
und die Tremola hinunter gewagt, den wird<br />
es unwiderstehlich von neuem über die<br />
vom Wasserstaub eingehüllte Teufelsbrücke,<br />
durch Andermatts enge Gassen und Motto<br />
Bartolas dunkle Tannenwälder südwärts<br />
ziehen. Zur touristischen Zugkraft dieses<br />
Alpenüberganges aber gesellt sich besonders<br />
für den ausländischen Besucher noch ein<br />
weiteres : Welthistorisch bekannte Namen<br />
wie Tellskapelle, Zwing-Uri, Suwarowdenkmal,<br />
Tunnelmonument von Airolo. Denkmal<br />
von Giornico — ganz abgesehen von den<br />
-Irei stolzen Kastellen Bellinzonas — locken<br />
mm machen die Fahrt besonders anziehend.<br />
Man muss die Begeisterung der Fremden für<br />
diese Orte, ihre Bedeutung und Schönheit<br />
Abb. 3: Erstellung eines Autotunnels zur Umgehung<br />
der bekannten Axengalerie. Der Durchbruch des<br />
Sohlstollens für den etwa 300 m langen Tunnel<br />
erfolgte letzten Freitag.<br />
mit eigenen Augen gesehen und mit eigenen<br />
Ohren deren Ausdruck gehört haben, um als<br />
ein wenig nüchterner und trockener Schweizer<br />
deren Anziehungskraft voll ermessen zu<br />
können.<br />
An uns ist es, dies gewaltige Plus, das wir<br />
einer weisen Vorsehung verdanken, richtig<br />
zu nützen ! Voraussetzung hiefür aber — und<br />
das haben wir seit Jahren schon betont -rist<br />
der durchgehende Ausbau der Gotthardstrasse<br />
entsprechend den Erfordernissen des<br />
neuzeitlichen Verkehrs, und zwar von der<br />
deutschen bis zur italienischen Grenze. Geben<br />
wir uns nun heute einmal Rechenschaft<br />
von dem, was in dieser Beziehung im Verlaufe<br />
der letzten Jahre geleistet worden ist:<br />
Um es vorweg; zu nehmen : Diese wich*]<br />
tige Nord-Südverbindung ist heute zum*;<br />
Abb. 5: Die Schöllenen mit der Teufelsbrücke.<br />
grössten Teil fertig ausgebaut! Die eigentlichen<br />
nördlichen Zufahrtsliniert von Schaffhausen<br />
über Winterthur/Zürich bis "Arth-<br />
Goldau wie von Basel über den untern<br />
Hauenstein bis Luzern dürfen sich sowohl<br />
bezüglich Ausbau als Oberflächenbehandlung<br />
Abb. 4: Verschalungsarbeiten einer aus Zement und<br />
Naturstein bestehenden Axenstfassengalerie. (Schütz<br />
Tor Steinschlag.)<br />
i<br />
i<br />
sehr wohl sehen*' lassen. Schönheitsfehler<br />
stellen nurmehr die kurvenreiche Strasse<br />
durch das zürcherische Sihltal und'die Teilstrecke<br />
Baar-Zug dar, deren baldiger Umbau<br />
sich aufdrängt. Das auf zugerischem Boden<br />
gelegene Teilstück der Route — dem lieblichen<br />
Zugersee entlang — entspricht dagegen<br />
vollauf auch den Ansprüchen des verwöhntesten<br />
Autlers. Letztes Jahr nun wurde<br />
von den Schwyzern endlich die Anschlussstrecke<br />
Walchwil-Arth in Angriff genommen.<br />
Dass dabei ganze Arbeit geleistet und nach<br />
weitblickenden Grundsätzen gebaut wurde,<br />
illustrieren die Abbildungen 1 und 2. Die<br />
Strasse wird durchgehend auf 7.50 m Minimalbreite<br />
ausgebaut; die Kurvenüberhöhung<br />
beträgt maximal 7 %. Der zahlreichen Ufereinbuchtungen<br />
wegen musste das Strassentrasse<br />
bergwärts verlegt werden. Auch der<br />
baldige Umbau der mit Schlaglöchern reichlich<br />
verzierten Strecke über die Bernerhöhe<br />
(Goldau-Lowerz) scheint beschlossene Sache;<br />
hoffen wir, dass die Behörden des Kantons<br />
Schwyz auf möglichst unverzügliche Inangriffnahme<br />
der Arbeiten drängen! Der Zustand<br />
der dem Lowerzersee entlang führenden<br />
Strasse lässt nichts zu wünschen übrig;<br />
durch Anbringung von Schutzbanden suchte<br />
man die bekannten Unfallstellen ihrer Tücke<br />
zu entledigen.<br />
Gegenwärtig In Umbau begriffen ist die<br />
auf schwyzerischem Territorium gelegene<br />
Zufahrtsstrecke Luzern-Weggis-Brunnen, d. h.<br />
die rechtsufrige Vierwaldstätterseestrasse.<br />
Freuen wir uns dessen, denn ähnlich wie am<br />
Ufer des Zugersees war auch hier das ausserhalb<br />
des,Kantons Schwyz gelegene Strassenstück<br />
(auf luzernischem Boden) längst<br />
ausgebaut, die auf schwyzerischem Boden<br />
liegende Seeuferstrecke hinter Vitznau aber<br />
gereichte einer internationalen Durchgangsroute<br />
wahrlich nicht zur Zierde !<br />
Zum Ausbau vorgemerkt soll ferner das<br />
schwyzerische Stück .der Axenstrasse sein.<br />
Älf der urnerischen Teilstrecke der weltbekannten'Axehstrasse<br />
dagegen schreiten die<br />
Ausbauarbeiten rüstig voran (Abb. 3 und 4).<br />
Das Strassenstück Sisikon-Tellsplatte wurde<br />
bereits letztes Jahr fertiggestellt und darf als<br />
nach grosszügigen Gesichtspunkten orientiert<br />
und gelungen bezeichnet werden. Auch<br />
die eigentliche Gotthardstrasse ist- mit Ausnahme<br />
gewisser Bergstrecken, z. B. oberhalb<br />
des Kraftwerkes Amsteg und dem Wassener<br />
Stutz bis Göschenen fertig ausgebaut. Die<br />
romantische Schöllenen allerdings (Abb. 5)<br />
wird sich mit Ausnahme des Urnerloches<br />
leider, noch gedulden müssen. Bedauerlicherweise<br />
— denn gerade diese Strecke schreit<br />
infolge starker Staubplage und regen Fussgängerverkehrs<br />
direkt nach unverzüglicher<br />
Verbesserung ! Die Arbeiten an der Teilstrecke<br />
Urnerloch-Hospenthal haben die Urner<br />
bereits in Angriff genommen,, dagegen<br />
soll die eigentliche Nordrampe übers Mätteli<br />
bis zur tessinischen Kantonsgrenze erst<br />
1942 (!) ausgebaut werden.<br />
In den Rahmen der Forderung auf durchgehenden<br />
Ausbau unserer Gotthardroute gehören<br />
selbstverständlich auch Verbesserungen<br />
hinsichtlich Bahntransport der Motorfahrzeuge<br />
bei unpassierbarer Strasse. •. Wohl<br />
existieren eine Reihe von Projekten, welche<br />
auf die Möglichkeit der Offenhaltung dieser<br />
internationalen Route auch in den Wintermonaten<br />
— vorläufig zur Bezwingung der<br />
Tremola der Automobile<br />
durch den Gotthard brauchen bei vernünftier<br />
Ueberlegung keine Worte verloren<br />
zu werden.<br />
Was dagegen durchaus im Bereich des<br />
Möglichen bleibt, erscheint uns eine bessere<br />
Gestaltung der Göschener Rampenzufahrt<br />
Das über die Maienreuss führende Brückenfachwerk,<br />
welche einst der Gotthardbahn<br />
gedient, könnte gedeckt und damit unter<br />
Weglassung der durchs Dorf führenden kurvenreichen<br />
Strasse der Verladeplatz von<br />
Norden her direkt erreicht werden. Bereits<br />
sollen sich die Bundesbahnen zur Beteiligung<br />
an der Verwirklichung dieser Brückenzufahrt<br />
— und zwar unter Aufwand beträchtlicher<br />
Mittel — bereit erklärt haben. An ACS<br />
und TGS als den Vertretern der interessierten<br />
Automobilisten dürfte es nun sein, ebenso<br />
entschlossen und positiv an der Lösung<br />
dieser weiteren Verbesserungsmöglichkeit<br />
mitzuwirken.<br />
Laut Bauprogramm muss der Ausbau der<br />
Gotthardstrasse auf tessinrschem Kantonsgebiet<br />
im Jahre 1941 beendet sein. Die für<br />
die vollständige Korrektion der für diesen<br />
Kanton ja besonders wichtigen Nord-Südverbindung<br />
zwischen Biasca und der Urnergrenze<br />
veranschlagten Baukosten erreichen<br />
die Höhe von 9,9 Millionen Fr.<br />
Begonnen haben die fratelli ticinesi ihr<br />
Werk bereits seit Jahren, und zwar gleich<br />
ganz energisch. Ein erstes Baulos stellt die<br />
Strecke zwischen Gotthardhospiz und Urnergrenze<br />
dar (Abb. 6 und 7). Die bestehende<br />
Fahrbahn wird dort auf einer Länge von ca.<br />
2500 m korrigiert. Besondere Erwähnung<br />
verdient die Eliminierung der gefährlichen<br />
S-Kurve bei der Lucendrobrücke.<br />
(Schluss folgt.)<br />
Abb. 7: Die Gotthardstrasse wird «gestreckt».