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Rotary Magazin 05/2023

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SCHWERPUNKT – ROTARY SUISSE LIECHTENSTEIN – MAI <strong>2023</strong><br />

32<br />

Expansion – absetzen. So sind heute Lions<br />

mit 1,4 Millionen und <strong>Rotary</strong> mit 1,2 Millionen<br />

Mitgliedern klare Marktführer. Dahinter<br />

folgen mit grösserem Abstand spätere<br />

Gründungen von Serviceclubs wie jene der<br />

Kiwanis mit heute 600 000 Mitgliedern<br />

weltweit oder die Soroptimistinnen mit<br />

160 000 Mitgliedern. Diese Dualität kommt<br />

in der Regel beiden führenden Marken<br />

zugute, da in der Öffentlichkeit der Eindruck<br />

entsteht, dass nur diese beiden<br />

Marken eine echte Relevanz besitzen. Der<br />

Grund dafür ist neurowissenschaftlich<br />

belegt. Menschen entscheiden gerne zwischen<br />

zwei Polen, unser Gehirn liebt<br />

Gegensätze, also auch klassische Entweder-oder-Entscheidungen.<br />

Es klingt paradox,<br />

aber man kann sogar beobachten,<br />

dass sich Organisationen mitunter schwertun,<br />

wenn ihnen der Gegenpart abhandenkommt.<br />

Denn gesunder Wettbewerb<br />

fördert die Entwicklung und Profilierung<br />

beider Marktführer.<br />

PRINZIP DER VERBALEN<br />

POSITIONIERUNG<br />

Eines ist den Rotariern dabei nicht wegzunehmen<br />

– und das ist die Originalposition.<br />

Sie denken an Cola, Sie denken an Coca-<br />

Cola. Sie denken an Energydrink, Sie denken<br />

an Red Bull. Sie denken an Internetsuche,<br />

Sie denken an Google. Sie denken an<br />

Videostreaming, Sie denken an Netflix. Sie<br />

denken an Elektroauto, Sie denken an<br />

Tesla. Sie denken an Pop-Art, Sie denken an<br />

Andy Warhol.<br />

Aus Marken- und Marketingsicht<br />

könnte diese Originalposition als Claim in<br />

das Logo integriert werden. «The Original<br />

since 19<strong>05</strong>» wäre eine klare Ansage. Aber<br />

Vorsicht: Auf eine klare Aufgabenverteilung<br />

zwischen einem möglichen neuen<br />

Original-Claim und dem seit mehr als hundert<br />

Jahren gültigen und wegen seiner<br />

Alliteration gut funktionierenden Leitspruch<br />

«Service above Self» müsste dabei<br />

unbedingt geachtet werden.<br />

PRINZIP DER VISUELLEN<br />

POSITIONIERUNG<br />

Starke Marken besitzen meist ein einprägsames<br />

Logo, manchmal herrschen aber<br />

auch andere Formen der visuellen Positionierung<br />

vor, Coca-Cola setzt etwa auf den<br />

Wiedererkennungswert der Original-Konturflasche.<br />

Bei <strong>Rotary</strong> ist es das Zahnrad,<br />

das sowohl den Markennamen als auch<br />

das grundlegende Rotationsprinzip der<br />

ersten Treffen visualisiert. Aus Markensicht<br />

betrachtet, ist das Logo der Rotarier damit<br />

stärker als jenes der Lions, das nur den<br />

Namen visualisiert. Das Beispiel der beiden<br />

Premiummodemarken Polo Ralph Lauren<br />

und Lacoste unterstreicht dieses Phänomen.<br />

Bei Polo Ralph Lauren spielen der<br />

Markenname mit dem Bestandteil «Polo»<br />

und das Logo mit dem Poloreiter perfekt<br />

zusammen. Man sieht den Poloreiter auf<br />

einem Polohemd und man denkt automatisch<br />

«Polo Ralph Lauren».<br />

Zudem wird auch die Premiumpositionierung<br />

subtil unterstützt, gilt doch Polo<br />

als eine der teuersten Sportarten der Welt.<br />

Auch Lacoste hat mit dem Krokodil ein<br />

einprägsames Logo. Aber nur wer weiss,<br />

dass der Weltklasse-Tennisspieler René<br />

Lacoste den Spitznamen «das Krokodil»<br />

getragen hat, kann hier die Brücke zum<br />

Logo schlagen. Im Idealfall spielen visuelle<br />

Positionierung, verbale Positionierung und<br />

der Markenname wie bei den Rotariern<br />

perfekt zusammen.<br />

PRINZIP DER KONSISTENZ<br />

Die echte Stärke einer Marke liegt darin,<br />

wie sie aktiv im Tagesgeschäft gelebt wird.<br />

Verbale Positionierung, Markenname und<br />

visuelle Positionierung sind dafür die Basis,<br />

auf der das Verhalten der Marke aufbauen<br />

muss. Dazu gehören auch klare Regeln.<br />

Dies wusste offenbar auch Paul Harris. Um<br />

der stark wachsenden Organisation eine<br />

verbindliche Charta mitzugeben, erkannte<br />

er bereits 1910 die Notwendigkeit, die<br />

Säulen und Eckpfeiler des Serviceclubs klar<br />

zu definieren. So wurden in diesem Jahr die<br />

vier Dienste formuliert. Nicht zufällig, nicht<br />

erfunden, nicht ausgedacht, sondern aus<br />

den ursprünglichen Intentionen des Gründers<br />

abgeleitet.<br />

Wichtig ist dabei, dass sich eine<br />

Marke – trotz aller Regeln – in Reaktion auf<br />

die sich ständig ändernden Rahmenbedingungen<br />

über die Jahrzehnte mitentwickelt.<br />

So hätte es auch für BMW nicht ausgereicht,<br />

in den 1960er-Jahren einmalig die<br />

Positionierung und den Slogan rund um<br />

das emotionale Thema «Fahrfreude» festzulegen.<br />

Vielmehr sind Marke und Unternehmen<br />

gefordert, mit immer neuen<br />

Modellen diese Fahrfreude auch aktiv zu<br />

untermauern und zu leben. Auch <strong>Rotary</strong><br />

setzte in seiner Geschichte zentrale Meilensteine,<br />

um die Marke aktiv weiterzuentwickeln<br />

und relevant zu halten. Nach dem<br />

Zweiten Weltkrieg etwa lässt der Glaube<br />

an einen Frieden viele Rotarier die Charta<br />

der United Nations (UNO) mitunterzeichnen.<br />

Im Jugenddienst wird seit 1955 international<br />

ausgetauscht. Vor mehr als 40<br />

Jahren hat man mit dem Programm «Polio-<br />

Plus» weltweit der Kinderlähmung den<br />

Kampf angesagt. Im Jahr 1989 hat sich<br />

<strong>Rotary</strong> auch für weibliche Mitglieder<br />

geöffnet und konnte nach dem Fall des<br />

Eisernen Vorhangs auch wieder in den<br />

Staaten des ehemaligen Ostblocks Fuss<br />

fassen. Aus Sicht der Markenpositionierung<br />

braucht es rasch ein Nachfolgeprojekt<br />

für das erfolgreiche Engagement<br />

gegen Polio, um hier wieder einen globalen<br />

Kristallisationspunkt des weltweiten<br />

Engagements von <strong>Rotary</strong> zu haben, der<br />

auch medienwirksam ist.<br />

DAS PRINZIP VON PR UND<br />

WERBUNG<br />

Das Kommunikationsmuster zum Markenaufbau<br />

und zur Markenpflege – in einer<br />

analogen wie digitalen Medienwelt – lautet:<br />

«Zuerst PR, dann Werbung.» So wurden<br />

etwa Marken wie Amazon, Ebay,<br />

Netflix, Red Bull oder Ryanair mit Public<br />

Relations gross. Heute setzt man bei diesen<br />

Unternehmen bereits massiv auf Werbung.<br />

Oder auch Tesla und Zoom. Beide<br />

Marken sind aktuell in der PR-Phase und<br />

bauen und leben ihre Marke jeweils mit<br />

klarer Positionierung und Aktualität.<br />

Irgendwann wird diese Aktualität nachlassen<br />

und die Werbung wird die PR als<br />

Leadinstrument in der Kommunikation<br />

ablösen (müssen).<br />

Nur wenige Branchen und Unternehmen<br />

haben – so gesehen – das Glück,<br />

immer in der PR-Phase zu sein. Dazu gehören<br />

auch die Serviceclubs, die regelmässig<br />

durch ihre Aktivitäten in den Regionen für<br />

Aktualität sorgen können. Dabei ist der<br />

grösste Vorteil der Rotarier gleichzeitig<br />

auch die grösste Herausforderung. Aufgrund<br />

ihrer Struktur können die Rotarier die<br />

Kommunikation auf verschiedenen Ebenen<br />

perfekt umsetzen, egal ob auf Club-Ebene<br />

oder auf Distrikt-Ebene oder in den rotarischen<br />

Headquarters in Evanston oder<br />

Zürich. Aber genau dieser Vorteil ist gleichzeitig<br />

auch ein Nachteil, weil so die Ko -<br />

ordination einer einheitlichen Markenkommunikation<br />

auch schwieriger wird. Hier<br />

sollte man unter Umständen Kommunikationsstrukturen<br />

neu denken, um das Synergiepotenzial<br />

aus regionaler, nationaler und<br />

globaler Kommunikation stärker zu heben.

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