Rotary Magazin 05/2023
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SCHWERPUNKT – ROTARY SUISSE LIECHTENSTEIN – MAI <strong>2023</strong><br />
30<br />
und damit auch eine Vertrauensbasis<br />
geschaffen hat, wird profitieren, wenn er<br />
einmal unter Beschuss gerät.<br />
Uns hat man mal eingetrichtert: Man soll<br />
nur dann informieren, wenn man auch<br />
wirklich etwas zu sagen hat.<br />
Wer Nichtssagendes oder Halbwahrheiten<br />
veröffentlicht, begeht eine der<br />
zehn Todsünden der Kommunikation.<br />
Auch, wer in einer Krisensituation zur<br />
eigenen Entlastung grosse Versprechungen<br />
abgibt. Können Versprechungen nicht<br />
eingehalten werden, hat deren Absender<br />
jegliches Vertrauen verspielt.<br />
PR-Leute geniessen zuweilen einen etwas<br />
zwiespältigen Ruf. Ist es glaubwürdig,<br />
was sie vermitteln? Oder Schönfärberei?<br />
Dass das Image der PR-Branche etwas<br />
lädiert ist, kommt nicht von Ungefähr. Vor<br />
allem in früheren Zeiten verstand man<br />
Public Relations oft als das Bestreben, eine<br />
Firma oder eine Person durch eine rosarote<br />
Brille zu sehen. Da war es mitunter<br />
schwierig, zu differenzieren: Ist es ein<br />
Konstrukt, das da angepriesen wird, oder<br />
ist es wirklich authentisch, was da daherkommt?<br />
Eine PR-Agentur, welche die<br />
Interessen ihrer Kunden nach bestem<br />
Wissen und Gewissen vertritt, macht übrigens<br />
nichts anderes als ein Anwalt, der<br />
seine Klienten ernst nimmt.<br />
Imageförderung und Geld sind Symbiosen.<br />
Kann man ein Image durch den<br />
Einsatz finanzieller Mittel aufpolieren?<br />
Heute ist solches kaum mehr möglich.<br />
Für mich zählt: Taten sind wichtiger als<br />
Inserate und Plakate. Das hat man aktuell<br />
gerade bei der Krise der Credit Suisse<br />
erfahren. Natürlich ist es möglich, mehr<br />
Geld für Kommunikationsmassnahmen<br />
auszugeben. Schliesslich jedoch werden<br />
die Leistungen eines Unternehmens an<br />
dessen Resultaten gemessen.<br />
Sie sind kein Freund von klassischen<br />
Inseraten und Plakaten?<br />
Doch. Klassische Werbemittel tragen<br />
unter anderem zur Finanzierung von Qualitätsmedien<br />
bei. Gute Medien sind ein<br />
wichtiger Bestandteil unserer Demokratie.<br />
Eine Redensart lautet: «Ist der Ruf erst<br />
ruiniert, lebt sich’s doppelt ungeniert.»<br />
Mit anderen Worten: Ein gutes Image<br />
allein ist keine Insel der Glückseligkeit?<br />
Ihr Zitat ist nicht aus der Luft gegriffen. Ich<br />
kenne auch in der Politik Exponenten,<br />
denen es gleichgültig ist, was man von<br />
ihnen hält. Ihr ramponiertes Image ist Teil<br />
ihres Profils. Sie scheuen sich nicht, Unfug<br />
zu erzählen. Man kennt sie und nimmt ihre<br />
Voten entgegen. In einem gewissen Sinn<br />
wirken sie mit ihrem Verhalten auch<br />
authentisch. Und die Medien schenken<br />
ihnen die erhoffte Aufmerksamkeit.<br />
Einem Zürcher PR-Experten wird folgendes<br />
angedichtet: «Gebt mir eine Million und<br />
ich mache aus einem Sack Kartoffeln einen<br />
Bundesrat.» Wenn wir das hören, läuft es<br />
uns kalt den Rücken hinunter.<br />
Mir auch. Was früher, vielleicht, noch<br />
möglich war, funktioniert heute nicht<br />
mehr. Ein «No Name» kann heute sicher<br />
nicht mehr Bundesrat werden. Gerade<br />
vergangene Wahlen haben gezeigt, wie<br />
Kandidatinnen und Kandidaten von allen<br />
Seiten durchleuchtet werden. Wer sich<br />
einer Bundesratswahl stellt, muss sich<br />
einem Schaulaufen durchs ganze Land<br />
stellen. Presse, Radio und Fernsehen<br />
begleiten praktisch alle Auftritte in der<br />
Öffentlichkeit. Da merkt man schnell einmal,<br />
ob’s jemand draufhat oder nicht.<br />
«MAN SOLL UND DARF ZU<br />
SEINER HERKUNFT STEHEN»<br />
Sie sind 2011 als Nationalrat gewählt<br />
worden. Man hat Ihnen auch schon<br />
vorgehalten, ein Lobbyist zu sein. Wo<br />
ordnen Sie sich und Ihre Aktivitäten auf<br />
der politischen Bühne ein?<br />
Als Milizpolitiker gehöre ich einer Spezies<br />
an, die sich zunehmend mit einer<br />
Gruppe von Berufspolitikern zu messen<br />
hat. Das hat zur Folge, dass man über<br />
vieles wahrgenommen wird, was man<br />
neben der politischen Tätigkeit beruflich<br />
macht. Unter diesen Vorzeichen wird man<br />
schnell und voreilig schon mal als Lobbyist<br />
bezeichnet. Ich denke: Man soll und darf<br />
einen Rucksack tragen, zu seiner Herkunft<br />
stehen und persönliche Befindlichkeiten<br />
offenlegen. Wäre ich, um ein fiktives Amt<br />
zu nennen, Präsident des Schweizer<br />
Mountainbike-Verbandes, dürfte man von<br />
mir erwarten, dass ich mich im Bundeshaus<br />
auch für die Interessen der Mountainbiker<br />
einsetzen würde.<br />
Der Begriff Lobbying muss ja nicht<br />
zwingend negativ besetzt sein.<br />
Keineswegs. Der Begriff Lobbying wird<br />
leider immer mehr als eine Art Schimpfwort<br />
verwendet. Wenn etwa die Autooder<br />
die Pharmaindustrie, aber auch der<br />
WWF und die Gewerkschaft Unia versuchen,<br />
ihre Anliegen in Form von nachvollziehbaren<br />
Informationen an National- und<br />
Ständeräte zu bringen, kann das sehr<br />
hilfreich sein. Wir Parlamentarierinnen<br />
und Parlamentarier sind nicht allwissend.<br />
Fachleute anzuhören ist kein Zeichen von<br />
Schwäche. Ob wir im Ratssaal bei Abstimmungen<br />
zu spezifischen Anträgen auf den<br />
roten oder den grünen Knopf drücken<br />
sollen, haben wir letztlich selbst zu entscheiden<br />
und mit unserem eigenen<br />
Gewissen zu vereinbaren. Alles in allem<br />
erachte ich es als wichtig, dass ich mich als<br />
Parlamentsmitglied mindestens auf einem<br />
Fuss in der Aussenwelt bewege und nicht<br />
auf Gedeih und Verderb auf eine Wiederwahl<br />
angewiesen bin. Wer nämlich ausschliesslich<br />
auf ein Einkommen aus<br />
politischen Mandaten angewiesen ist,<br />
orientiert sich permanent an den Wünschen<br />
seiner Wähler und ist darum auch<br />
nicht so unabhängig, wie er vorgibt.<br />
Sie sind seit zwölf Jahren Mitglied des<br />
RC Bern. Wie beurteilen Sie das Image<br />
unserer Organisation?<br />
<strong>Rotary</strong> muss gar nicht bestrebt sein, in<br />
der Öffentlichkeit eine hohe Akzeptanz zu<br />
erzielen. <strong>Rotary</strong> ist eine Bewegung, die<br />
nicht für jede Frau und jeden Mann<br />
zugänglich ist. Die interne Kommunikation<br />
muss so gestaltet werden, dass sie für<br />
die Mitglieder stimmt. Hier ist im Verlauf<br />
der letzten Jahre viel Positives geleistet<br />
worden. Ich bin überzeugt: Das Image von<br />
<strong>Rotary</strong> ist intakt, deshalb braucht es keine<br />
Imagewerbung für <strong>Rotary</strong>.<br />
Haben Sie noch eine Message, die Sie<br />
unbedingt platzieren möchten?<br />
Ja, ich schätze Plattformen wie einen<br />
rotarischen Lunch und will unbedingt wieder<br />
meine Präsenz erhöhen. Solche Plattformen<br />
bieten die Gelegenheit, um<br />
angeregt zu diskutieren. Wir sehen vor<br />
allem in der Politik zunehmende Polarisierungen.<br />
Diese geben mir zu denken.<br />
Lösungen kommen nur dann zustande,<br />
wenn man Meinungen und Erfahrungen<br />
austauschen, Argumente gewichten und<br />
sich anschliessend auf einen gemeinsamen<br />
Nenner einigen kann.<br />
K PDG Paul Meier | A zvg