13.06.2016 Views

Rechtl-seismologisches Gutachten Endfassung zur Bedeutung von seismologischen Statioinen in Verfahren der Planung und Genehmigung von WEA in NRW

Gutachen im Auftrag der LEE NRW, März 2016

Gutachen im Auftrag der LEE NRW, März 2016

SHOW MORE
SHOW LESS

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

- 17 -<br />

überprüfbar. 14 Bei <strong>der</strong> nachvollziehenden Abwägung s<strong>in</strong>d die öffentlichen<br />

Belange je nach ihrem Gewicht <strong>und</strong> dem Grad ihrer nachteiligen<br />

Betroffenheit e<strong>in</strong>erseits <strong>und</strong> das kraft <strong>der</strong> gesetzlichen Privilegierung<br />

gesteigert durchsetzungsfähige Privat<strong>in</strong>teresse an <strong>der</strong> Verwirklichung<br />

des Vorhabens an<strong>der</strong>erseits e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> gegenüber zu stellen. 15 Hierbei<br />

können das Angewiesense<strong>in</strong> des Vorhabens auf e<strong>in</strong>en bestimmten<br />

Standort <strong>und</strong> die tatsächliche Bee<strong>in</strong>trächtigung <strong>der</strong> Funktionsfähigkeit<br />

<strong>der</strong> <strong>seismologischen</strong> Station <strong>von</strong> <strong>Bedeutung</strong> se<strong>in</strong>. Zudem kann das<br />

Gewicht <strong>der</strong> ungestörten Funktion e<strong>in</strong>er dem Katastrophenschutz dienenden<br />

Erdbebenmessstation e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es se<strong>in</strong> als das e<strong>in</strong>er sonstigen<br />

<strong>seismologischen</strong> Station. 16 Die nachvollziehende Abwägung kann sich<br />

im H<strong>in</strong>blick auf die berücksichtigungspflichtigen <strong>und</strong> berücksichtigungsfähigen<br />

Faktoren sowie <strong>der</strong>en Bewertung als e<strong>in</strong> komplexer Vorgang<br />

erweisen, <strong>der</strong> zudem <strong>von</strong> den beson<strong>der</strong>en Umständen des jeweiligen<br />

E<strong>in</strong>zelfalls geprägt wird <strong>und</strong> sich daher <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zelfallübergreifenden<br />

Darstellung nicht vorwegnehmen lässt. Bei <strong>der</strong> Errichtung <strong>und</strong> dem Betrieb<br />

<strong>von</strong> W<strong>in</strong>denergieanlagen besteht überdies die Beson<strong>der</strong>heit, dass<br />

es nicht alle<strong>in</strong> um Privat<strong>in</strong>teressen, son<strong>der</strong>n zugleich um öffentliche Belange<br />

(Klimaschutz, Energieversorgung) geht.<br />

Zu beachten ist ferner das baurechtliche Gebot <strong>der</strong> Rücksichtnahme,<br />

das – wie bereits (bei B I 1) erwähnt – zu den ungeschriebenen öffentlichen<br />

Belangen im S<strong>in</strong>ne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB gehört. Was<br />

die Anfor<strong>der</strong>ungen dieses Gebots anbelangt, so ist ebenfalls maßgeblich<br />

auf die Konstellation des E<strong>in</strong>zelfalls abzustellen, wobei es auf e<strong>in</strong>e<br />

Abwägung ankommt. Abzuwägen ist, was e<strong>in</strong>erseits dem Rücksichtnahmebegünstigten<br />

<strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits dem Rücksichtnahmepflichtigen<br />

zumutbar ist. Dies bedeutet, dass das Rücksichtnahmegebot wechselseitigen<br />

Charakter trägt. Dabei muss allerd<strong>in</strong>gs demjenigen, <strong>der</strong> se<strong>in</strong><br />

Gr<strong>und</strong>stück <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er pr<strong>in</strong>zipiell zulässigen Weise nutzen will, <strong>in</strong>sofern e<strong>in</strong><br />

Vorrang zugestanden werden, als er berechtigte Interessen nicht deshalb<br />

<strong>zur</strong>ückzustellen braucht, um gleichwertige fremde Interessen zu<br />

schonen.<br />

Die nachvollziehende Abwägung zum Entgegenstehen öffentlicher Belange<br />

wird durch das Rücksichtnahmegebot überlagert. Hieraus folgt,<br />

dass <strong>in</strong> diese Abwägung auch e<strong>in</strong>zubeziehen ist, <strong>in</strong>wieweit es dem Betreiber<br />

e<strong>in</strong>er <strong>seismologischen</strong> Station zugemutet werden kann, durch<br />

eigene Maßnahmen <strong>der</strong> <strong>von</strong> <strong>der</strong> W<strong>in</strong>denergieanlage ausgehenden Stö-<br />

14 BVerwG, Urteil vom 13.03.2003 – 4 C 4/02, NVwZ 2003, 738 (741).<br />

15 BVerwG, Urteil vom 27.01.2005 – 4 C 5/04, NVwZ 2005, 578 (578).<br />

16 So zu den verschiedenen Kategorien <strong>von</strong> Radaranlagen Bayerischer VGH (Fn. 12), ZNER 2015, 610 mit weiteren<br />

Nachweisen.

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!