Botschafterinnen der Region - Bote aus der Buckligen Welt
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6 | 10/12 BBW<br />
<strong>Region</strong><br />
Gabriela Moser (2. von links) mit Organisatoren und Gästen bei <strong>der</strong> Buchpräsentation von „Unmutsverschuldungen“ im H<strong>aus</strong> St. Stephan in Oberpullendorf<br />
„Ein Mann hätte den Vorsitz<br />
nicht abgegeben“<br />
Nur zwei Tage nach Zurücklegung des Vorsitzes des Parlamentarischen<br />
Untersuchungs<strong>aus</strong>schusses stattete die Grüne Nationalratsabgeordnete<br />
Gabriela Moser unserer <strong>Region</strong> einen Besuch<br />
ab. Bei <strong>der</strong> Buchpräsentation von „Unmutsverschuldungen“ am 20.<br />
September in Oberpullendorf sprach die einflussreiche Politikerin<br />
mit uns über ihren Rücktritt und die Rolle <strong>der</strong> Frau in <strong>der</strong> Politik.<br />
Sie sorgte für Wirbel im Parlament,<br />
als Gabriela Moser am 18.<br />
September ihren U-Ausschuss-<br />
Vorsitz zurücklegte. Wochenlang<br />
stand sie bereits unter Beschuss,<br />
doch um das Ende des<br />
U-Ausschusses zu den Korruptionsaffären<br />
zu verhin<strong>der</strong>n, ist<br />
sie zurückgetreten und hat die<br />
Parteien „in ein größtmögliches<br />
Dilemma gebracht“, so Moser.<br />
Die Auswirkungen ihrer<br />
Entscheidung beschreibt die<br />
58-Jährige so: „Durch meinen<br />
Rücktritt ist ihnen <strong>der</strong> Stein des<br />
Anstoßes abhanden gekommen.<br />
Nun haben sie die Wahl:<br />
Entwe<strong>der</strong> grundlos aufhören, einen<br />
an<strong>der</strong>en Stein suchen o<strong>der</strong><br />
weitermachen.“ Dass ein Korruptions-U-Ausschuss<br />
nötig ist,<br />
zeigt das Buch, das Moser mit<br />
<strong>der</strong> Grünen Bildungswerkstatt in<br />
Oberpullendorf präsentierte.<br />
Es sollte eigentlich eine Broschüre<br />
werden, was aufgrund<br />
<strong>der</strong> vielen Korruptionsaffären<br />
dann doch ein Büchlein wurde.<br />
Es liefert einen topaktuellen<br />
Zwischenstand zu den<br />
laufenden Verfahren – etwa die<br />
Faymann-Inserate o<strong>der</strong> den<br />
Mobiltel-Erwerb. Bei <strong>der</strong> Präsentation<br />
sprach Moser eloquent<br />
und doch mit nüchternem<br />
Ausdruck über ihre Zeit in <strong>der</strong><br />
Politik und ihren Rücktritt vom<br />
U-Ausschuss. Danach stand sie<br />
uns für ein Interview über die<br />
Stellung <strong>der</strong> Frau in <strong>der</strong> Politik<br />
zur Verfügung.<br />
Botin: Wie sehen Sie den<br />
Stellenwert von Frauen in <strong>der</strong><br />
Politik und die quotenmäßige<br />
Verteilung in den Parteien?<br />
Moser: Frauen stellen über 50<br />
Prozent <strong>der</strong> Wahlberechtigten<br />
und sind in <strong>der</strong> Politik deutlich<br />
unterrepräsentiert. Nur die Grünen<br />
haben bei MandatarInnen<br />
eine halbe/halbe Regelung, also<br />
50 Prozent Quote.<br />
Botin: Sind Frauen Ihrer Meinung<br />
nach die besseren Politiker/Führungskräfte?<br />
Moser: Frauen verfügen über<br />
vielfältige Fähigkeiten, denken<br />
laut Forschung mehr im Sinne<br />
des Gemeinwohls, sehen Probleme<br />
eher ganzheitlich, fühlen<br />
häufig weniger persönlichen<br />
Ehrgeiz und so weiter.<br />
Ich bin ja nicht<br />
zurückgetreten, weil<br />
ich als Frau überfor<strong>der</strong>t<br />
war, son<strong>der</strong>n<br />
habe den Weg frei<br />
gemacht, damit<br />
die Weiterarbeit im<br />
Untersuchungs<strong>aus</strong>schuss<br />
zumindest<br />
ansatzweise erfolgen<br />
kann. Damit habe ich<br />
eine neue Politkultur<br />
in Österreich<br />
etabliert.<br />
Abgeordnete zum NR<br />
Gabriela Moser<br />
B<br />
Botin: Schafft man es als<br />
Frau in <strong>der</strong> historischen Männerdomäne<br />
Politik nur, wenn<br />
man selbst wie die männlichen<br />
Kollegen agiert?<br />
Moser: Nein, aber frau muss<br />
fehlende Netzwerke mit mehr<br />
Fleiß und Einsatz kompensieren.<br />
Botin: Inwiefern wird man als<br />
weibliche Politikerin diskriminiert?<br />
Moser: Frauen erhalten bei<br />
SP, VP, FP, BZÖ keine prominenten<br />
Listenplätze und untergeordnete<br />
politische Rollen.<br />
Botin: Wie sieht Ihrer Meinung<br />
nach gelungene Frauenpolitik<br />
– vor allem auf regionaler<br />
Ebene – <strong>aus</strong>?<br />
Moser: Durchsetzen von gleichem<br />
Lohn für gleiche Arbeit,<br />
gleiche Karriere-Möglichkeiten,<br />
<strong>aus</strong>reichend Kin<strong>der</strong>betreuungsplätze<br />
und qualifizierte Altenbetreuung<br />
außerhalb <strong>der</strong> Familie.<br />
Botin: Was halten Sie von einer<br />
Quotenregelung für Frauen<br />
in Unternehmen bzw. im öffentlichen<br />
Dienst?<br />
Moser: Viel!<br />
Botin: Wie sind Ihre persönlichen<br />
Erfahrungen als Frau an<br />
<strong>der</strong> Spitze des U-Ausschusses<br />
und wie wirkte sich <strong>der</strong> Rücktritt<br />
für Sie <strong>aus</strong>?<br />
Moser: Ich bin ja nicht zurückgetreten,<br />
weil ich als Frau<br />
überfor<strong>der</strong>t war, son<strong>der</strong>n habe<br />
den Weg frei gemacht, damit die<br />
Weiterarbeit im Untersuchungs<strong>aus</strong>schuss<br />
zumindest ansatzweise<br />
erfolgen kann. Damit<br />
habe ich eine neue Politkultur<br />
in Österreich etabliert. Und ich<br />
glaube nicht, dass ein Mann den<br />
Vorsitz abgegeben hätte.<br />
Nicole Fennes<br />
Foto: zVg