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zu Ihren - Draußen

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04 | 11<br />

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1


2<br />

Editorial<br />

Liebe Leserinnen<br />

und Leser,<br />

ich weiß nicht, wie es Ihnen ergangen ist. Aber mir und vielen<br />

Menschen hier bei ~ sowie in unserem Umfeld stand die<br />

Betroffenheit und Sorge über das, was im Fernen und Nahen<br />

Osten vor sich geht ins Gesicht geschrieben.<br />

_Als in Japan die Erde bebte, die Flutwellen die Küsten zerstörte<br />

und viele Menschen in den Tod riss, war das eine schon<br />

von der Tsunami-Katastrophe von 2004 in Indonesien bekannte<br />

Seite. Als sich dann jedoch immer deutlicher eine unvorstellbare<br />

Atom-Katastrophe ab<strong>zu</strong>zeichnen begann, da war das erträgliche<br />

Maß für viele überschritten. Die Angst vor dem, was<br />

da auf uns <strong>zu</strong>kommt, nahm und nimmt immer mehr <strong>zu</strong>. Ärger<br />

und Protest über das fahrlässige Handeln der Atomkraftwerksbetreiber<br />

und deren Befürworter schlägt seitdem nicht nur in<br />

Deutschland große Wellen.<br />

Ich selbst bin in unmittelbarer Nähe des „Schnellen Brüters“<br />

von Kalkar aufgewachsen und habe miterlebt, wie die Fertigstellung<br />

dieses Monstrums erst gestoppt wurde, nachdem 1986<br />

das fürchterliche Unglück von Tschernobyl passiert war. Die damaligen<br />

Bedenken waren schnell vergessen und ich frage mich<br />

ernsthaft, ob die Verantwortlichen niemals aus den Fehlern der<br />

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Vergangenheit lernen? Haben Geld und Machtinteressen denn<br />

wirklich Vorrang vor Sicherheit? Schließlich müssen doch auch<br />

jene, die für die Atomkraft plädieren mit den Folgen einer möglichen<br />

Katastrophe für sich, ihre Angehörigen und Mitmenschen<br />

rechnen. Zwar fühlt sich die amtierende deutsche Regierung<br />

durch die aktuellen Ereignisse <strong>zu</strong>m Handeln veranlasst und<br />

hat kurzfristig ein Moratorium über die beschlossene Laufzeitverlängerung<br />

der deutschen AKW’s in Kraft gesetzt und deren<br />

Überprüfung veranlasst. Jedoch frage ich mich, ob das wirklich<br />

eine ernstgemeinte gemeinte Option oder wieder mal wie so oft<br />

nur wahlkampftaktisches Kalkül ist? Wo ist die Grenze zwischen<br />

vernünftigen, dem Volkswohl dienenden Agieren und machtbesessenem<br />

Handeln?<br />

Aber auch die deutsche Außenpolitik hat in der Weltöffentlichkeit<br />

viel von ihrer Glaubwürdigkeit eingebüßt. Grund: Die Stimmenthaltung<br />

im UN-Weltsicherheitsrat <strong>zu</strong>r Abstimmung über eine<br />

Flugverbotszone in Libyen und die spätere Befürwortung derselben.<br />

Das zwischenzeitliche Lob vom Tyrannen Gaddafi an die<br />

deutsche Regierung verstärkt dieses negative Bild <strong>zu</strong>sätzlich. Ich<br />

persönlich schäme mich als Deutscher für dieses Lob.<br />

Ihr<br />

Sigi Nasner


Für Ihre<br />

Patenschaft<br />

unser<br />

Patenspendenkonto<br />

Kto 34205427<br />

BLZ 40050150<br />

Sparkasse Münsterland Ost<br />

Ihre Unterstüt<strong>zu</strong>ng ist Hilfe, die direkt ankommt<br />

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Jeder Euro wird sinnvoll und verantwortungsvoll genutzt, um Obdachlosen und schwer<br />

vermittelbaren Langzeitarbeitslosen neue Chancen <strong>zu</strong>r Verbesserung ihrer Lebenssituation<br />

<strong>zu</strong> bieten. Helfen Sie mit, es gibt vielfältige Möglichkeiten:<br />

Kaufen und Weiterempfehlen der ~ ist die direkte Hilfe <strong>zu</strong>r Selbsthilfe für<br />

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und steigert die Auflage der Zeitung. Preis: 1,80 Euro.<br />

Seitensponsoring ist eine besondere Form, die Druckkosten einer Seite in der<br />

~ direkt <strong>zu</strong> finanzieren. Preis: ab 50,- Euro. (Kto 33878, BLZ 40050150)<br />

Werbung in ~ unterstützt die laufenden Betriebskosten und zeigt außerdem<br />

Ihr gesellschaftliches Engagement und Ihre soziale Verantwortung. Preis ab<br />

58,- Euro (incl. MwSt.) (Kto 33878, BLZ 40050150)<br />

Spenden sind wichtig für den Erhalt des Projektes. Summe: beliebig<br />

(Kto 33878, BLZ 40050150)<br />

Patenschaften ermöglichen uns die Finanzierung von Voll- und Teilzeitstellen<br />

für Verkäufer. Summe: langfristig und beliebig<br />

3


Wir sind Helden<br />

Fotos: Tom Dietzel und Sigi Nasner<br />

4 Artikel <strong>zu</strong>m Thema auf Seite 6 und 7


Impressum Inhalt<br />

Herausgeber<br />

„~“ e. V.<br />

Berliner Platz 8<br />

48143 Münster<br />

Redaktionsteam<br />

Heinz Dalmühle<br />

Jörg Hüls<br />

Sabrina Kipp<br />

Sigi Nasner<br />

Carsten Scheiper (V.i.S.d.P.)<br />

Tel.: 0251 / 4909118<br />

E-Mail-Adresse<br />

draussen-redaktion@live.de<br />

Streetwork<br />

Sabrina Kipp<br />

draussen-kipp@hotmail.com<br />

Internetseite<br />

www.muenster.org/draussen<br />

Administrator: Cyrus Tahbasian<br />

Mitarbeiter<br />

Texte<br />

Bianka Boyke, Tom Dietzel, Franz-Josef<br />

Dröge, Horst Gärtner, Martina Hegemann,<br />

Michael Heß, Jörg Hüls, Sabrina<br />

Kipp, Lena Klimkeit, Glenn Langhorst,<br />

Marcel Lux, Sigi Nasner, Annette Poethke,<br />

Fabian Reeker, Carsten Scheiper,<br />

Saskia Zeh<br />

Fotos<br />

Amt für Soziale Integration Hamm, Bianka<br />

Boyke, DFB, Tom Dietzel, Michael<br />

Heß, Glenn Langhorst, Sigi Nasner, Andreas<br />

Quirmbach<br />

Layout, Titelgestaltung<br />

Heinz Dalmühle<br />

Gestaltungskonzept<br />

Lisa Schwarz/Christian Büning<br />

Druck<br />

Borgsmüller Druck<br />

Auflage 9000<br />

unterstützt durch<br />

Siverdes-Stiftung<br />

Bankverbindung<br />

Sparkasse Münsterland Ost<br />

Konto-Nr. 33 878<br />

BLZ 400 501 50<br />

Paten-Spenden-Konto<br />

Sparkasse Münsterland Ost<br />

Konto-Nr. 34205427<br />

BLZ 400 501 50<br />

Wir danken allen Spendern!<br />

Artikel, die namentlich gekennzeichnet<br />

sind, geben nicht unbedingt die Meinung<br />

der Redaktion wieder<br />

Bitte beachten Sie unsere Anzeigenkunden<br />

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Editorial<br />

Fukushima und Libyen<br />

Bring mich nach Hause<br />

Wir sind Helden im Gespräch<br />

St. Florians-Prinzip auf innovativ?<br />

Der kommende Bürgerhaushalt ist nicht ohne<br />

Wenn die Täter streiten...<br />

Hartz IV wieder mal reformiert<br />

Hamm: Bei Arbeit mit Migranten spitze<br />

Leiter des Amtes für Soziale Integration freut sich über Auszeichnung<br />

11.lebensFEST in der Halle Münsterland<br />

Gemeinsam feiern für das Hospiz in Handorf<br />

Theater im Hinterhof macht Geschichte<br />

Der kleine Bühnenboden startet durch<br />

Jeden Tag diese Angst, jetzt bin ich weg<br />

Geduldet in Deutschland<br />

Atomkurs abgewählt<br />

Restrisiko bestimmt Landtagswahl<br />

Geliebt, gewankt,gefallen<br />

Karl-Theodor <strong>zu</strong> Guttenberg<br />

Für ein gerechtes Miteinander<br />

Tour der 1000 Brücken<br />

Klassiker im neuen Gewand<br />

Daniel Napp über seine Illustration <strong>zu</strong>m kleinen Wassermann<br />

Frauen-Fußball-WM in Deutschland<br />

Silvia Neid im Interview<br />

Columne ~ auf Cuba<br />

Neues aus der Fernsehmensa<br />

Neues aus dem allgemeinen Zivilrecht<br />

Hartz-IV-Empfänger glücklos?<br />

Rezepte<br />

Alles Eierlei<br />

Schlussakkord<br />

Verantwortung bei der Prüfung<br />

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5


6<br />

Bericht | Text und Fotos: Tom Dietzel und Sigi Nasner<br />

Bring mich nach Hause<br />

„Wir sind Helden“ im Gespräch<br />

Der Titel „Bring mich nach Hause“ ihres<br />

aktuellen Albums führte „Wir sind Helden“<br />

zwar nicht nach Hause, aber immerhin<br />

in die Halle Münsterland. Auch<br />

wenn Schlagzeuger Pola Roy noch von<br />

den Nachwirkungen eines Virusinfektes<br />

etwas angeschlagen war, stand er<br />

~ Rede und Antwort <strong>zu</strong> Familie,<br />

Musik und den aktuellen Entwicklungen<br />

auf unserem Planeten.<br />

~: Schön, dass ihr wieder in Münster<br />

seid. Habt ihr irgendwelche Verbindungen<br />

<strong>zu</strong> unserer Stadt?<br />

Pola: Wir haben hier schon relativ häufig<br />

gespielt. Eine aktuelle Verbindung für mich<br />

ist, dass ich hier heute das erste Mal wieder<br />

einigermaßen gesund spielen kann. Wir<br />

hatten einen fiesen Virus an Bord. Gestern<br />

lag ich noch den ganzen Tag flach, aber<br />

heute geht es mir wieder besser.<br />

~: Judith hat ja mal Straßenmusik<br />

gemacht, weißt du, wie es da<strong>zu</strong> kam?<br />

Pola: Sie hat ganz klassisch am Lagerfeuer<br />

angefangen (lacht). Als sie dann etwa 14<br />

war, hat sie begonnen, in Freiburg in der<br />

Fußgängerzone <strong>zu</strong> spielen, und hat damit<br />

schon relativ viel Geld verdient und ihr Taschengeld<br />

aufgebessert.<br />

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~: Hatte sie damals schon den Gedanken,<br />

etwas mehr daraus <strong>zu</strong> machen?<br />

Pola: Ja, relativ früh. Ich weiß jetzt nicht,<br />

wie ernsthaft es war, aber sie hatte schon<br />

immer den Wunsch, da mal mehr draus <strong>zu</strong><br />

machen.<br />

~: Kennt ihr Straßenmagazine und<br />

habt ihr eine Beziehung da<strong>zu</strong>?<br />

Pola: Ja, natürlich! Ich habe einen Kumpel,<br />

der bei uns in Berlin immer vor dem Edeka<br />

steht und die „motz“ verkauft. Die kaufe<br />

ich ihm dann immer ab, ich finde das total<br />

toll.<br />

~: Eure Band-Familie wird ja immer<br />

größer, erwartet uns demnächst ein Familienunternehmen<br />

wie die Kelly Familie?<br />

Pola: Also mittlerweile haben wir drei<br />

Band-Kinder im Tourbus. Bei dieser Tour<br />

bekommen wir die volle Ladung ab. Die<br />

Kinder haben alle möglichen Krankheiten,<br />

von denen wir auch nicht immer verschont<br />

werden, wenn man auf so engen Raum <strong>zu</strong>sammen<br />

ist. Wir hatten bis jetzt noch nicht<br />

einen Tourtag, ohne dass einer krank war,<br />

und dann ist touren natürlich hart. Aber<br />

so wie bei den Kellys, dass glaube ich eher<br />

nicht.<br />

„Was mich interessiert sind nicht bewegliche Körper,<br />

sondern bewegliche Gehirne. Was mich interessiert<br />

ist die Wiederherstellung der menschlichen Würde<br />

in jeder einzelnen Form.“<br />

Dr. Moshe Feldenkrais<br />

Feldenkrais-Praxis Vera Lämmerzahl<br />

Ludgeristraße 114 Tel.: 0251-796707<br />

~: Wie sehr verändert einen die Popularität,<br />

vor allem, wenn man nebenher<br />

auch noch eine Familie hat?<br />

Pola: Es verändert einen schon. Das Perfide<br />

ist aber, dass es einen nicht so offensichtlich<br />

verändert. Man bekommt halt von<br />

vielen Leuten kein objektives Feedback, vor<br />

allem in der Phase, in der wir Everybody´s<br />

Darling waren. Jeder klopft einem auf die<br />

Schultern und sagt, alles ist super. Es fehlen<br />

einem die Leute, die auch mal kritisch<br />

sind. So schleichen sich dann auch mal<br />

Zicken ein, die man sonst relativ schnell<br />

gespiegelt bekommt. Natürlich fehlen auch<br />

ein wenig andere Eltern, mit denen man<br />

sich austauschen kann. Gerade als junge<br />

Eltern ist man auch häufig unsicher, ob<br />

man alles richtig macht.<br />

~: Spaß und Melancholie liegen in<br />

eurer Musik dicht beieinander. Wollt Ihr<br />

nicht festgelegt werden oder verarbeitet<br />

ihr das Leben einfach so, wie es ist?<br />

Pola: Spaß und Melancholie liegen von Natur<br />

aus schon nah <strong>zu</strong>sammen. Der klassische<br />

Fall ist ja der melancholische Clown.<br />

Viele Leute, die Humor haben, besitzen<br />

auch eine starke melancholische und<br />

emotionale Seite. Ein positives Lebensgefühl<br />

heißt nicht, dass man nicht auch die<br />

andere Seite erlebt. Und so entstehen dann<br />

schon die ein oder anderen Texte daraus.<br />

~: Trotz der Leichtigkeit der meisten<br />

Songs sind viele eurer Texte eher kritisch.<br />

Ihr selber seid sehr engagiert. Würdet ihr<br />

euch als Politband sehen?<br />

Pola: Ja, schon! Obwohl mich der Begriff<br />

politisch ein wenig stört. Das geht dann<br />

gleich in so eine parteipolitische Richtung.<br />

Uns geht es schon eher um gesellschaftliche<br />

Themen. Judith beobachtet halt viele<br />

Dinge, die sie dann beschäftigen, und sie<br />

schreibt darüber Songs. Teilweise sind es<br />

persönliche Dinge, teilweise aber auch<br />

gesellschaftliche Themen. Das wird dann


manchmal schon schnell politisch und insofern<br />

sind wir dann auch eine politische<br />

Band.<br />

~: Ihr seid gerade der Werbeindustrie<br />

gegenüber sehr kritisch und das schon<br />

seit Anfang eurer Karriere, obwohl Judith ja<br />

selber diesen Bereich studiert hat. Woher<br />

kommt diese Distanz?<br />

Pola: Naja, sie hat viele dieser Werbeleute<br />

im Studium kennen gelernt und dabei<br />

ist ihr bewusst geworden, wie die ticken.<br />

Das hat sie halt unheimlich abgetörnt und<br />

deswegen hat sie das Studium dann auch<br />

geschmissen. Gerade Werbeleute sind sehr<br />

zynisch und die besten würden wirklich<br />

über Leichen gehen.<br />

~: Eure Ablehnung an der Teilnahme<br />

der „Bild“-Werbeaktion hat große Wellen<br />

geschlagen. Was hat euch da<strong>zu</strong> veranlasst,<br />

so <strong>zu</strong> reagieren?<br />

Pola: Die Anfrage kam und Judith hatte<br />

dann diesen starken Impuls, mal ihren<br />

Standpunkt dar<strong>zu</strong>legen. Normalerweise<br />

schreibt man ja eine höfliche Absage und<br />

denkt sich seinen Teil. Aber es hat Judith<br />

schon über die Jahre hinweg fertig gemacht,<br />

dieses immer mit<strong>zu</strong>bekommen und<br />

nicht darauf antworten <strong>zu</strong> können. Darum<br />

wollte sie diesmal antworten und denen<br />

mal klar machen, wie sie darüber denkt.<br />

Es war gar nicht geplant, dass die Antwort<br />

veröffentlicht wird. Aber dann war es so<br />

gut und auf den Punkt, dass wir uns entschlossen,<br />

es doch <strong>zu</strong> tun.<br />

~: Es gab ja auch Kritik, dass ihr nur<br />

auf euch aufmerksam machen wolltet!<br />

Pola: Natürlich freut man sich auch darüber,<br />

dass über einen gesprochen wird, aber<br />

das war nicht unsere Intention. Uns war<br />

wichtig, dass wir auch Leute erreichen, die<br />

dadurch anfingen, sich darüber Gedanken<br />

<strong>zu</strong> machen.<br />

~: Ihr habt ja auch mal Songs in Japanisch<br />

aufgenommen. Habt Ihr eine besondere<br />

Verbindung <strong>zu</strong> diesem Land, was<br />

im Augenblick so viel durchmachen muss?<br />

Pola: Es gab mal eine Anfrage <strong>zu</strong> einem<br />

Sampler, der die japanische Pop/Punk/Rock<br />

Szene beleuchtete, und dabei sollten dann<br />

auch deutsche Bands auf Japanisch singen,<br />

<strong>zu</strong>sammen mit einheimischen Bands. Wir<br />

fanden das eine witzige Idee und dachten<br />

uns, wir probieren das mal aus. Wir haben<br />

dann <strong>zu</strong>sammen mit einem Coach lange<br />

daran gefeilt. Das war nicht ganz einfach,<br />

weil die Betonungen der Worte sehr wichtig<br />

und völlig anders sind als bei uns.<br />

~: Kann den einer von euch japanisch?<br />

Pola: Nein (lacht), überhaupt nicht. Wir<br />

haben sogar mal einen Song auf Chinesisch<br />

gemacht, aber das ist noch schwerer.<br />

~: Hattet ihr auch mal eine Tour dort<br />

geplant?<br />

Pola: Doch, das hätten wir fast tatsächlich<br />

gemacht, aber wegen der Kinder haben wir<br />

das dann nicht weiter verfolgt.<br />

~: Was <strong>zu</strong>rzeit in Japan passiert, versetzt<br />

uns alle in Schrecken. Ihr verfolgt das<br />

ja auch. Was meinst Du, wie wird es jetzt<br />

weitergehen mit der deutschen Atompolitik?<br />

Pola: Es ist natürlich fürchterlich, was da<br />

gerade passiert, aber andererseits ist es für<br />

die Anti-Atomkraft Bewegung in Deutschland<br />

und Europa jetzt ein ganz entscheidender<br />

Moment. Jetzt gibt es natürlich sehr<br />

starke Argumente gegen Atomkraft.<br />

~: Wie wird es weitergehen mit der<br />

deutschen Atomindustrie?<br />

Pola: Ich kenne das noch aus meiner Jugend,<br />

da wurde immer gesagt, das ist alles<br />

nur Panikmache, da passiert schon nichts.<br />

Aber jetzt werden auch plötzlich Leute aus<br />

dem konservativen Lager aufmerksam, wie<br />

schnell es gehen kann. Man muss einfach<br />

nur mal an einen Terroranschlag denken<br />

oder aber auch an Krieg. Wer sagt denn,<br />

dass wir Deutschen die nächsten 500 Jahre<br />

in keinen Krieg geraten. Dann stehen diese<br />

Atomkraftwerke da und werden Ziel von<br />

Attacken.<br />

~: Meinst du, dass sich auch weltweit<br />

ein Wandel einstellen wird?<br />

Pola: Na ja, da teilt sich die Welt gerade. Es<br />

gibt Länder, die stellen das um, und es gibt<br />

halt Länder, die sagen, das sei nur Hysterie,<br />

und die machen weiter wie bisher.<br />

Ich glaube aber <strong>zu</strong>mindest, dass es hier<br />

in Deutschland <strong>zu</strong> sehr starken Protesten<br />

kommen wird, wenn das Moratorium ausläuft<br />

und sich herausstellt, dass es eigentlich<br />

nur Wahlkampftaktik war. Das könnte<br />

dann durchaus auch militant werden, aber<br />

es wird sich hier bestimmt Grundlegendes<br />

ändern.<br />

~: Judith hat vor einiger Zeit in einem<br />

Interview mal gesagt:“ Die heutige<br />

Generation wird durch niederschmetternde<br />

Wahrheiten <strong>zu</strong>nehmend deprimiert“.<br />

Habt Ihr ein Rezept, wie man sich dagegen<br />

wehrt?<br />

Pola: Ja, habe ich! Etwas machen!!! Dieses<br />

Gefühl von Lähmung und Depressionen<br />

sollte man dadurch kompensieren, dass<br />

man sich für etwas, was einem am Herzen<br />

liegt, engagiert. Das müssen nicht immer<br />

weltpolitische Themen sein, sondern<br />

durchaus auch kleine Dinge, die einen in<br />

seinem persönlichen Umfeld bewegen. Es<br />

können auch soziale Projekte sein. Wir haben<br />

eine Textzeile in unserer aktuellen Single,<br />

die lautet:“ Fühlst Du Dich machtlos,<br />

geh´ raus und mach los“ #<br />

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8<br />

Bericht | Text und Foto: Michael Heß<br />

St. Florians-Prinzip auf innovativ?<br />

Der kommende Bürgerhaushalt ist nicht ohne<br />

Bürgerhaushalte sind in der Kommunalpolitik<br />

eine vergleichsweise junge<br />

Erscheinung. Erstmals 1989 im brasilianischen<br />

Porto Allegre aufgestellt, erfolgt<br />

seitdem der Export des durchaus erfolgreichen<br />

Modells bis in deutsche Kommunen.<br />

Ab 2012 soll es auch in Münster so<br />

weit sein. ~-Lokalredakteur Michael<br />

Heß erörtert neben dem Pro auch<br />

das Contra.<br />

Die erste deutsche Kommune mit einem solchen<br />

Etat ist seit 2005 Berlin-Lichtenberg.<br />

Anfang 2011 verfügen 16 Kommunen über<br />

Bürgerhaushalte, darunter Bonn, Emsdetten,<br />

Hamburg, Köln und Leipzig. Ein<br />

Bürgerhaushalt liegt nur dann vor,<br />

wenn finanzielle Aspekte in einem<br />

auf Dauer angelegten transparenten<br />

Prozess auf einer administrativen<br />

Ebene gemeinsam erarbeitet werden<br />

und über die Ergebnisse Rechenschaft<br />

ab<strong>zu</strong>legen ist. Bloße Infoveranstaltungen<br />

oder Internetrankings<br />

oder Debatten nur für das Kreuz-<br />

oder Südviertel genügen folglich<br />

nicht. Die unterste Ebene für dieses<br />

Modell wären also die sechs Stadtbezirke.<br />

In der öffentlichen Beschlussvorlage<br />

V/0029/2011 fasst die Verwaltung<br />

Abläufe, Erwartungen und Ziele für<br />

Münsters Bürgerhaushalt <strong>zu</strong>sammen. Dieser<br />

soll in einem Kombinationsmodell aus Internetplattform<br />

und Bürgerversammlungen<br />

in den Stadtbezirken erstellt werden. Bis Mai<br />

2011 eingehende Vorschläge fließen in den<br />

Haushalt 2012 ein, die danach eingehenden<br />

kommen ab 2013 <strong>zu</strong>m Zuge.<br />

_Die Stadtverwaltung verspricht sich drei<br />

Vorteile, die Finanzreferent Frank Möller von<br />

der Kämmerei erläutert: „Erstens kann der<br />

Dialog zwischen Bürgerschaft, Politik und<br />

Verwaltung als ‘Wert an sich’ erkannt werden.<br />

Zweitens kann bei einzelnen kommunalen<br />

Entscheidungen durch das Votum der<br />

Bürgerschaft gegebenenfalls eine höhere<br />

Entscheidungssicherheit <strong>zu</strong>grunde gelegt<br />

werden. Auch kann eine höhere Akzeptanz<br />

von Kommunalentscheidungen in der Bürgerschaft<br />

erzeugt werden. Drittens kann ein<br />

Bürger/innen-Haushalt als Demokratie förderndes<br />

Element angesehen werden, das<br />

einer Verwaltungs- und Politikverdrossenheit<br />

entgegenwirken kann.“ Was auffällt: Es ist<br />

viel „kann“ dabei.<br />

_Fraglos ist der Begriff „Bürgerhaushalt“ ein<br />

positiv besetztes Schlagwort. Er knüpft an<br />

Forderungen nach mehr Transparenz in der<br />

Kommunalpolitik an. Doch müssen kritische<br />

Anmerkungen erlaubt sein. Denn ist, was<br />

gut klingt, auch sachlich zweckmäßig? Und<br />

lassen sich derartige Instrumente mit der Erfordernis<br />

<strong>zu</strong>m Sparen vereinbaren? Wo schon<br />

jetzt nichts ist, kann auch ein Bürgerhaushalt<br />

nichts richten. Schließlich: Wie sieht es mit<br />

der Sachkompetenz der Beteiligten aus und<br />

sind diese <strong>zu</strong>sammen überhaupt repräsentativ<br />

für „die Bürger“?<br />

_Stichwort Finanzen: Derzeit sehen die Planungen<br />

60.000 Euro für die Entwicklung einer<br />

Internetplattform, einer Bürgerumfrage<br />

und mehr vor. Folgekosten fallen ab 2012 natürlich<br />

an. „Das ließ sich in anderen Bürgerhaushaltsverfahren<br />

daran ablesen, dass etwa<br />

gleich viele haushaltsneutrale oder -entlastende<br />

wie haushaltsbelastende Vorschläge<br />

gemacht wurden“, heißt es aus der Kämmerei.<br />

In anderen Papieren ist jedoch <strong>zu</strong> lesen,<br />

dass es in jeder Kommune mit Bürgerbeteili-<br />

gung <strong>zu</strong> Mehrausgaben kam und kommt und<br />

zwar auf Dauer!<br />

_Stichwort Repräsentativität: Wie repräsentativ<br />

ist die „Kerngruppe“ von ca. 30 Bürgern,<br />

die sich bisher um das Thema kümmerte? Zu<br />

hinterfragen ist ebenso der gedachte Beirat<br />

für den Bürgeretat. Wieder ein Gremium<br />

mehr im immer dichteren Gestrüpp aus<br />

Ausschüssen, Beiräten, Bezirksvertretungen,<br />

Kommissionen, dem Rat und zeitweiligen<br />

Sondergremien. Und: Wer wählt nach welchen<br />

Kriterien dessen Mitglieder aus?<br />

_Stichwort Bürgerversammlungen<br />

und Internetplattform: Diese<br />

kommt erst noch, die Versammlungen<br />

waren eher schwach besucht,<br />

ein Großteil der Anwesenden <strong>zu</strong>dem<br />

Vertreter von Politik und Verwaltung.<br />

Ein Befund, der dem anderer Städte<br />

entspricht. Maximal zwei Prozent (!)<br />

der Wahlberechtigten brachten sich<br />

ins Verfahren ein. Tendenz: sinkend.<br />

_Stichwort Sachkunde: Niemand<br />

wird für die Qualität der gemachten<br />

Vorschläge garantieren (können).<br />

Erst recht nicht, wenn diese über<br />

Pseudonyme eingebracht werden wie jedes<br />

derartige Forum im Netz zeigt. Ein beredtes<br />

Beispiel über das, was <strong>zu</strong> erwarten ist, geben<br />

auch die ca. 180 „Bürgeranregungen“<br />

<strong>zu</strong>r jüngsten Spardebatte. Um es kurz <strong>zu</strong> machen:<br />

Der nackte Egoismus dominiert und<br />

das Erwarten, unangenehme Entscheidungen<br />

rückgängig <strong>zu</strong> machen oder andere <strong>zu</strong>r<br />

Kasse <strong>zu</strong> bitten. Das St. Florians-Prinzip regiert,<br />

nicht die Vernunft und schon gar nicht<br />

Sachkenntnis in kommunalen Abläufen und<br />

Strukturen. Ein Vorgriff auf den Bürgerhaushalt<br />

als schwer <strong>zu</strong> steuernder Verteilungskampf?<br />

_Indes sind die Weichen gestellt und der<br />

Bürgerhaushalt wird kommen. Eine gründliche<br />

Evaluierung der Ergebnisse scheint schon<br />

heute angebracht. #


Bericht | Text: Michael Heß<br />

Wenn die Täter streiten...<br />

Hartz IV wieder mal reformiert<br />

Die Bezieher von Arbeitslosengeld II sind<br />

nicht <strong>zu</strong> beneiden: immer knapp bei<br />

Kasse, ziemlich weit unten in der sozialen<br />

Hackordnung und immer mal was<br />

Neues über ihre Köpfe hinweg - <strong>zu</strong>meist<br />

nichts Gutes. Ende Februar war es<br />

nach lautem Getöse wieder so weit, die<br />

durchwachsenen Ergebnisse kommentiert<br />

~-Autor Michael Heß.<br />

Am 25. Februar war erlebte Hartz IV (im<br />

Amtsdeutsch: Arbeitslosengeld II) nach einem<br />

monatelangen Hickhack die nunmehr<br />

vierte Reform seit dem Start am 1. Januar<br />

2005. „Als Allianz der Vernünftigen“ bezeichnete<br />

Bundesarbeitsministerin Ursula<br />

von der Leyen Ende Februar die Zustimmung<br />

von CDU, FDP und SPD (mit schlechtem<br />

Gewissen) <strong>zu</strong>m gefundenen Kompromiss.<br />

Nötig war das Procedere aufgrund<br />

eines Urteils des Karlsruher Bundesverfassungsgerichtes<br />

im letzten Jahr, dem<strong>zu</strong>folge<br />

„die Regelsatzberechnung transparent und<br />

nachvollziehbar sein muss“. In welcher<br />

Höhe der Regelsatz ein Leben in Selbstbestimmung<br />

erlaubte - darüber sagte das Gericht<br />

leider nichts.<br />

_Denn nicht <strong>zu</strong>frieden sein muss man mit<br />

der ab Januar rückwirkenden Erhöhung der<br />

Regelsätze für Erwachsene von 359 Euro auf<br />

364 Euro. Eine Steigerung um 1,4 Prozent,<br />

die nicht einmal mit der aktuellen Inflationsrate<br />

mithält. Ab Januar kommen nochmals<br />

drei Euro da<strong>zu</strong>, macht weitere 0,8<br />

Prozent Steigerung aus. Dass viele Betroffene<br />

die Erhöhungen angesichts der Preissteigerungen<br />

bei Energie, Lebensmitteln<br />

und Wohnen als Hohn verstehen, verwundert<br />

nicht. Unverändert bleiben nämlich<br />

auch die Bezüge für bis Sechsjährige (215<br />

Euro), bis Dreizehnjärige (251 Euro) und bis<br />

Achtzehnjährige (287 Euro).<br />

_Zufriedenstellend fällt wenigstens die Bilanz<br />

beim begleitenden Bildungspaket aus.<br />

Weniger wegen der Bezüge selbst, mehr<br />

aufgrund der sozialen Intention. Etwa 2,5<br />

Millionen Kinder von Hartz IV-Beziehern,<br />

Wohngeldempfängern und Geringverdienern<br />

haben künftig Anspruch auf ein warmes<br />

Mittagessen sowie auf Zuschüsse für<br />

Klassenfahrten, Schulmaterial, Nachhilfe<br />

und Vereinsmitgliedschaften. In Münster<br />

können die Gutscheine ab April bei Bildungsträgern<br />

eingelöst werden, die von der<br />

Stadt <strong>zu</strong>vor geprüft wurden. Damit erkennt<br />

der Gesetzgeber erstmalig die Notwendigkeit<br />

solcher Kontakte für Kinder aus sozial<br />

schwachen Verhältnissen an. Begleitend<br />

werden dreitausend Schulsozialarbeiter<br />

angestrebt, die durch die Kommunen finanziert<br />

werden sollen. Im Gegen<strong>zu</strong>g übernimmt<br />

der Bund künftig die Grundsicherung<br />

für bedürftige Rentner in jährlicher<br />

Höhe von etwa 4 Milliarden Euro.<br />

_Soweit, so durchwachsen. Bundesweit<br />

gibt es derzeit etwa sieben Millionen Hartz<br />

IV-Bezieher einschließlich der Aufstocker.<br />

Interessanterweise sind das trotz mehrfach<br />

verschärfter Zugangsbedingungen etwas<br />

mehr Menschen als beim Start vor sechs<br />

Jahren. In Münster sind es nach Auskunft<br />

der örtlichen ARGE knapp 20.000 Personen<br />

und damit über sieben Prozent der Einwohner.<br />

Münster bleibt damit auch unter<br />

dem Bundesdurchschnitt von etwas über<br />

zehn Prozent der Bevölkerung. Städte wie<br />

Köln oder Leipzig weisen höhere Anteile<br />

auf, aber den Betroffenen hilft das nichts.<br />

_Auch die Relationen stimmen nicht. Während<br />

für allerlei Schutzschirme für schlecht<br />

wirtschaftende Banken Abermilliarden Euro<br />

aufgewendet werden, speist der Gesetzgeber<br />

die Hilfebedürftigen mit Brosamen ab;<br />

die finanziellen Mehrleistungen für den<br />

erhöhten Regelsatz (d.h. ohne Bildungspaket)<br />

belaufen sich auf lediglich 300 Millionen<br />

Euro im Jahr. Das ist viel Geld, aber<br />

allein 2010 wuchs der Schuldenberg der<br />

Öffentlichen Hand um sage und schreibe<br />

300 Milliarden Euro auf die unvorstellbare<br />

Summe von zwei Billionen Euro an (ganz<br />

nebenbei: Münsters Schulden in Höhe von<br />

740 Millionen Euro tragen da<strong>zu</strong> 0,0037 Pro-<br />

zent bei). Der Schuldenberg steig um das<br />

Tausendfache der Regelsatzerhöhung - die<br />

Prioritäten sind klar. Mittlerweile passt das<br />

Bruttonationalprodukt mehrfach in die<br />

Schuldensumme. Übrigens wäre bei solchen<br />

Zuständen für jeden Handwerker oder<br />

Unternehmer der Gang <strong>zu</strong>m Konkursrichter<br />

vorgeschrieben, aber das ist eine andere<br />

Baustelle.<br />

_Über die Ungerechtigkeiten von Hartz IV<br />

sind laufende Meter an Literatur geschrieben.<br />

Zweifelhaft ist dennoch, ob die Betroffenen<br />

ihre Stimme erheben. Scham<br />

und Geldnot bilden <strong>zu</strong>sammen eine starke<br />

Barriere. Im Sommer und Herbst des vergangenen<br />

Jahres versandeten zwei Demos<br />

<strong>zu</strong>m Thema kläglich und das lag nicht nur<br />

an König Fußball und dem Wettergott. Wer<br />

Hartz IV bezieht, hat eben gänzlich andere<br />

Sorgen als den Gang auf die Straße. Dafür<br />

eignet sich das Thema um so besser <strong>zu</strong>m<br />

vordergründigen Draufhauen auf den jeweiligen<br />

„politischen Gegner“. Egal, ob mit<br />

Mandat in Gelb, Grün, Rot oder Schwarz,<br />

sind sie alle nicht gebeutelt von Hartz IV.<br />

Die Medien haben dafür ihre verbalen<br />

Schaukämpfe, wenigstens da<strong>zu</strong> taugt der<br />

ganze Aufwand. #<br />

9


10<br />

Bericht | Text: Bianka Boyke | Foto: Amt für Soziale Integration Hamm<br />

Hamm: Bei Arbeit mit Migranten spitze<br />

Leiter des Amtes für Soziale Integration freut sich über Auszeichnung<br />

„Und der erste Platz geht an – tatatata<br />

- die Stadt Hamm. Mit einer Note von<br />

1,6 hat die Hammer Stadtverwaltung<br />

beim „Vergleichsring Ausländerwesen“<br />

den ersten Platz belegt. Viel Lob für die<br />

Leistungen des „Amtes für Soziale Integration“<br />

gab es insbesondere von den<br />

Kunden. Seit September 2009 läuft die<br />

Arbeit im „Vergleichsring Ausländerwesen“<br />

für Städte von 90.000 bis 200.000<br />

Einwohnern. Nun ist das Abschlussergebnis<br />

da und Hamm steht an der Spitze<br />

– vor den Städten Erlangen, Göttingen,<br />

Gütersloh, Hagen, Lünen, Mühlheim an<br />

der Ruhr und Paderborn.<br />

Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern hat<br />

Wolfgang Müller, Leiter des Amtes für Soziale<br />

Integration, vor allem ein Leitziel:<br />

„Die Verbesserung der Lebensbedingungen<br />

und Sicherung der gesellschaftlichen<br />

Integration Benachteiligter oder von Benachteiligung<br />

bedrohter Menschen in der<br />

Stadt Hamm.“<br />

_Konkret heißt das: Das Bürgeramt für<br />

Migration und Integration bündelt sämtliche<br />

aufenthaltsrechtlichen und melderechtlichen<br />

Angelegenheiten der in<br />

Hamm lebenden Menschen mit Migrati-<br />

onshintergrund. „Von der Geburt bis <strong>zu</strong>r<br />

Einbürgerung wird allen Menschen helfend<br />

und unterstützend <strong>zu</strong>r Seite gestanden“,<br />

so Wolfgang Müller. „Damit sind<br />

wir in dieser Form das einzige Bürgeramt<br />

für Migration und Integration in NRW.“<br />

_Der überwiegende Aufgabenbereich des<br />

Amtes für Soziale Integration umfasst<br />

die Klärung des aufenthaltsrechtlichen<br />

Status, der Gewährung von Aufenthaltsrechten<br />

sowie der Familien<strong>zu</strong>sammenführung<br />

<strong>zu</strong> hier lebenden Migranten.<br />

Passrechtliche Angelegenheiten gehören<br />

neben allgemeinen Aufgaben<br />

wie der Erteilung<br />

von Arbeitserlaubnissen,<br />

der Beantragung von Verpflichtungserklärungen<br />

zwecks Einreise <strong>zu</strong> Besuchszwecken<br />

ebenso <strong>zu</strong>r<br />

täglichen Arbeit wie die<br />

Förderung und Beratung<br />

in Integrationsmaßnahmen<br />

wie Sprachkursen<br />

und sonstigen unterstützenden<br />

Tätigkeiten im<br />

Bereich der Menschen mit<br />

Migrationshintergrund.<br />

_Das Amt und seine Mitarbeiter<br />

scheinen ihre Sache<br />

sehr gut <strong>zu</strong> machen – dafür<br />

sprechen <strong>zu</strong>mindest die<br />

aktuellen Ergebnisse der jüngst durchgeführten<br />

Kundenbefragung <strong>zu</strong>r Dienstleistungsqualität<br />

der neun teilnehmenden<br />

Ausländerbehörden. „Bereits 2007<br />

überzeugte das Bürgeramt seine Kunden<br />

mit guten Leistungen und hoher Bürgerfreundlichkeit“,<br />

sagt Wolfgang Müller.<br />

Damals kam man auf die Gesamtnote 1,7.<br />

Jetzt konnte dieses Ergebnis sogar noch<br />

einmal übertroffen werden: Zehn Top-<br />

3-Platzierungen in den 15 bewerteten<br />

Kategorien <strong>zu</strong> Öffnungs- und Wartezeiten,<br />

Raumsituationen und Mitarbeitern<br />

sowie keinerlei „negative“ Ausreißer.<br />

„Das heißt, wir hatten nicht eine einzige<br />

Bewertung, die schlechter war als ,gut‘„,<br />

sagt Wolfgang Müller und lächelt dabei.<br />

_Der Leiter des Amtes für Soziale Integration<br />

ist <strong>zu</strong> Recht stolz auf das Ergebnis<br />

– natürlich vor allem auf seine Mitarbeiter:<br />

„Besonders positiv bewerteten die<br />

Kunden die Beratung, Freundlichkeit und<br />

verständlichen Erläuterungen der Mitarbeiter.“<br />

Weiterhin hoben die Kunden die<br />

geringen Wartezeiten, die vereinfachte<br />

Orientierung und die kundenfreundlichen<br />

Öffnungszeiten des Bürgeramtes für<br />

Migration und Integration hervor. Gesamtergebnis:<br />

Die Bestnote 1,6 „und damit<br />

eine wunderbare Bestätigung unserer<br />

täglichen Bemühungen“, so Wolfgang<br />

Müller.<br />

Das Amt für Soziale<br />

Integration in Hamm<br />

Zu den Bereichen des Amtes für Soziale<br />

Integration gehört auch eine<br />

Versicherungs- und Rentenabteilung,<br />

und das Amt kümmert sich<br />

um Senioren- und Behindertenangelegenheiten.<br />

Zum Bürgeramt für<br />

Migration und Integration gehören<br />

die Abteilungen „Allgemeine Ausländerangelegenheiten“,<br />

„Asyl- und<br />

Flüchtlingsangelegenheiten“ und<br />

die „Abteilung Integrationsförderung“,<br />

der Integrationsrat sowie die<br />

Einbürgerung. Außerdem wird eine<br />

Vielzahl verschiedener Dienstleistungen<br />

angeboten. Ferner ist das Amt<br />

für Soziale Integration der Mitträger<br />

der Freiwilligenzentrale Hamm und<br />

somit auch für eine Ehrenamtsförderung<br />

<strong>zu</strong>ständig.


Bericht | Text: Franz-Josef Dröge | Fotos: Presseinfo lebensFEST<br />

11. lebensFEST in der Halle Münsterland<br />

Gemeinsam feiern für das Hospiz in Handorf<br />

Am Samstag, den 07.05.2011, ist es wieder<br />

so weit, dann steigt die Benefiz-Gala<br />

für das Handorfer Hospiz lebensHAUS<br />

<strong>zu</strong>m elften Mal in der Halle Münsterland.<br />

Durch den Abend wird wieder Götz<br />

Alsmann führen, als Front-Mann des<br />

lebensFEST nicht mehr weg <strong>zu</strong> denken.<br />

Das Bühnenprogramm für das 11. lebensFEST<br />

kann sich sehen lassen.<br />

Sonic Suite ist ein Projekt, in dem sich<br />

außergewöhnliche Gesangssolisten <strong>zu</strong>sammengefunden<br />

haben, um gemeinsam<br />

mit großem Spaß <strong>zu</strong> singen. Sie befreien<br />

sich von alten A-cappella-Mustern<br />

und treffen damit nicht nur den Nerv der<br />

Experten. Geleitet wird dieses besondere<br />

Ensemble von Tilo Beckmann, einem Mitbegründer<br />

der 6-Zylinder. Ihr Repertoire<br />

hat starke Soul-, und Popeinflüsse, gewürzt<br />

mit einer Prise Jazz.<br />

_Der Wahlmünsteraner Martin Mall gilt<br />

weltweit als einer der maßgeblichen Erneuerer<br />

der traditionellen Diabolojonglage.<br />

Er verfeinerte seinen Stil kontinuierlich<br />

und kreierte „diabolights“, dahinter<br />

verbirgt sich eine dynamisch aufgeladene<br />

Synthese von traditioneller Jonglage mit<br />

Elementen modernster Lichttechniken.<br />

Martin Mall ist preisgekrönt und arbeitet<br />

auf höchstem technischen Niveau.<br />

_Der Kölner Martin Reinl ist bekannt<br />

durch seine Puppen bei „Zimmer frei“.<br />

1998 trat seine Handpuppe „Wiwaldi“,<br />

ein Hund mit frechem Mundwerk, im<br />

Promi-Talk der Sendung das erste Mal<br />

ins Rampenlicht der Comedywelt. Martin<br />

Reinl steht seit 1996 mit eigenen Comedy-Programmen<br />

auf der Bühne.<br />

_Die Jugendtheaterplattform Cactus Junges<br />

Theater hat beim Jugendtheater-Festival<br />

„Spurwechsel“ 2010 mit einer Projektgruppe<br />

das Programm „Look at me“<br />

präsentiert. Streetdancer zwischen 16 und<br />

25 Jahren, verstreut in Münsters<br />

Nischen und Szenen, beschlossen,<br />

sich <strong>zu</strong>sammen<strong>zu</strong>tun und<br />

ihr eigenes Ding <strong>zu</strong> machen. Das<br />

Ergebnis ist eine Performance, in<br />

der sie sich erstmalig gemeinsam<br />

auf der Bühne tanzwütig zeigen.<br />

_Das Tanztheater Orosz ist eine<br />

der ältesten freien Tanzgruppen<br />

Münsters und hat in den vergangenen<br />

Jahren unter der Leitung<br />

des Choreografen Lajos Orosz<br />

seinen ganz eigenen Stil auf professionellem<br />

Niveau entwickelt.<br />

Das Repertoire erstreckt sich von<br />

Jazz Dance, Musical, Irish Folk bis<br />

hin <strong>zu</strong> Modern Dance.<br />

_Als Stargast haben die Organisatoren<br />

Mary Roos gewonnen. Mary Roos war immer<br />

da, und das haben nur wenige im<br />

deutschen Schlagergeschäft geschafft.<br />

Seit über 25 Jahren erfreut sie das Publikum<br />

mit dem unverwechselbaren Klang<br />

ihrer Stimme. Sie singt seit ihrem neunten<br />

Lebensjahr und hat als junge Künstlerin<br />

Deutschland zweimal beim Grand-<br />

Prix d’Eurovision vertreten.<br />

_Eine große Tombola mit ca. 250 attraktiven<br />

Preisen sorgt in der Tanzpause ebenfalls<br />

für gute Stimmung. Unterhaltung auf<br />

hohem Niveau, so lässt sich das Motto der<br />

Benefizveranstaltung umschreiben. Nach<br />

dem Bühnenprogramm laden die Organisatoren<br />

<strong>zu</strong>r großen Party ein, dann legt DJ<br />

Rita Tücking wieder Scheiben aus den verschiedensten<br />

Musikrichtungen auf.<br />

_Der Erlös des Abends soll mithelfen, die<br />

Arbeit des Hospizes lebensHAUS finanziell<br />

ab<strong>zu</strong>sichern. Das lebensHAUS muss 2011<br />

einen Eigenanteil von ca. 260.000 Euro<br />

für die Versorgung und Begleitung der unheilbar<br />

kranken Menschen in ihrer letzten<br />

Lebensphase aufbringen.<br />

_Auch dieses Mal treten die beteiligten<br />

Künstlerinnen und Künstler wieder ohne<br />

Gage auf und namhafte Unternehmen wie<br />

die Halle Münsterland, die Westfälischen<br />

Nachrichten, die Telgter Hautpflegeserie<br />

dermasence oder Münsterland Ticket unterstützen<br />

das lebensFEST als Sponsoren.<br />

Tickets gibt es im Vorverkauf von<br />

25,00 bis 40,00 Euro bei den WN-<br />

Tickets-Shops in Münster, Ahlen<br />

und Steinfurt, bei Münsterland Ticket<br />

an der Halle Münsterland und<br />

am Hindenburgplatz sowie im Internet<br />

unter www.eventim.de und<br />

über die Eventim-Ticket-Hotline<br />

01805/570070 (0,14 Euro/Minute, Mobilfunkpreise<br />

können abweichen).<br />

11


12<br />

Bericht | Text und Foto: Michael Heß<br />

Theater im Hinterhof macht Geschichte<br />

Der Kleine Bühnenboden startet durch<br />

Münsters freie Theaterszene gehört <strong>zu</strong><br />

den besten im Lande. Eine Vielzahl freier<br />

Ensembles und Spielstätten bedient die<br />

unterschiedlichen Geschmäcker eines anspruchsvollen<br />

Publikums. Unter ihnen ‚Der<br />

Kleine Bühnenboden‘ im Hansaviertel, eines<br />

der ältesten Privattheater der Stadt.<br />

Dort traf sich draußen!-Lokalredakteur<br />

Michael Heß mit den beiden Theatermachern<br />

Konrad Haller und Toto Hölters.<br />

Der Kleine Bühnenboden macht<br />

weiter. Das ist die gute Nachricht.<br />

Eine schlechte gibt es nicht und<br />

das ist die zweite gute Nachricht.<br />

Denn von teils existenziellen Problemen<br />

blieb die freie Spielstätte<br />

in der Schillerstraße in ihrer Geschichte<br />

nicht verschont; am 1.<br />

Mai feiern die Theatermacher um<br />

Toto Hölters (43, verheiratet, zwei<br />

Kinder, im Bild links*) und Konrad<br />

Haller (40, Single, rechts*) den 28.<br />

Jahrestag und ein Blick in die Geschichte<br />

der Spielstätte zeigt, warum<br />

das nichts Selbstverständliches<br />

sein wird.<br />

_Bereits 1984 gründete die seit 1973 in<br />

Münster wirkende griechische Choreografin<br />

und Tänzerin Marianna Thalassinou<br />

in einer ehemaligen Bonbonfabrik<br />

und Glaserei das Kammertheater ‚Der<br />

Kleine Bühnenboden‘. Schnell wuchs die<br />

Spielstätte <strong>zu</strong> einer Werkstatt für künstlerischen<br />

und experimentellen Tanz.<br />

Thalassinou selbst lernte ihre Kunst am<br />

Athener Konservatorium, am Staatstheater<br />

Stuttgart sowie an der Folkwangschule<br />

in Essen. Zeitweilig lehrte sie an<br />

der Musikhochschule Münster. Ihr besonderes<br />

Anliegen war stets, das Spartendenken<br />

und die daraus resultierende<br />

Trennung einzelner Kunstformen <strong>zu</strong><br />

überwinden. Marianna Thalassinou bot<br />

neben ihrer eigenen Arbeit auch anderen<br />

Künstlern die Möglichkeit <strong>zu</strong>m Auftritt;<br />

Austauschprojekte mit dem St. Petersburger<br />

Figurentheater und das Gastspiel<br />

des griechischen Karagiosis-Theaters stehen<br />

beispielhaft für diese Linie. Mittels<br />

ausgesuchter Gastspiele und der professionellen<br />

Zusammenarbeit mit unterschiedlichen<br />

Kunstsparten entwickelte<br />

sie, in zwei deutlich unterschiedlichen<br />

Kulturen wurzelnd, den Bühnenboden <strong>zu</strong><br />

einer namhaften Begegnungsstätte mit<br />

einer ganz eigenen Atmosphäre.<br />

_Als Marianna Thalassinou am 6. Juli<br />

2007 überraschend verstarb, war nicht<br />

klar, was aus der Spielstätte wird. Zwar<br />

stand hinter Thalassinous künstlerischer<br />

Arbeit der 1987 gegründete und heute<br />

etwa 30 Köpfe zählende gemeinnützige<br />

Trägerverein Theama e.V., doch die Lücke<br />

lies sich nicht ohne Weiteres schließen.<br />

Zunächst übernahm ihr Sohn Georgios<br />

Weyand die Theaterleitung, ohne an der<br />

künstlerischen Linie etwas <strong>zu</strong> ändern. Ab<br />

Dezember 2009 leitete der Schauspieler<br />

Konrad Haller interimistisch den Kleinen<br />

Bühnenboden, bis sich im Frühjahr 2010<br />

Diese Seite wurde von Zoodirektor Jörg Adler gesponsert<br />

ein vierköpfiges Leitungsteam <strong>zu</strong>sammenfand,<br />

dem neben Haller selbst auch<br />

Simone Timmers und Jens Krause sowie<br />

Toto Hölters angehören. In dem knappen<br />

Jahr seitdem entwickelte das Team<br />

ein an das Ursprungskonzept unmittelbar<br />

anknüpfendes Kulturangebot. Der Kleine<br />

Bühnenboden startet wieder durch und<br />

es gibt Stimmen, die meinen, dieses Konzept<br />

sei selbst für Münsters freie Szene in<br />

der Tat einzigartig. Toto Hölters ist<br />

heute auch Zweiter Vorsitzender<br />

des Trägervereins; Erste Vorsitzende<br />

ist mit der Schauspielerin Emma<br />

Goldmann die demnächst am Osnabrücker<br />

Theater fest engagierte<br />

Tochter der Theatergründerin.<br />

Eine feste Intendanz gibt es ebenso<br />

wenig wie eine feste Bürokraft.<br />

Das Engagement und die Manpower<br />

einzelner Theaterbegeisterter<br />

prägen den Bühnenboden. Bis <strong>zu</strong><br />

40 Stunden wöchentlich kommen<br />

vor Premieren <strong>zu</strong>sammen „Wenn<br />

es brennt,ist es quasi ein Zweitjob“,<br />

sagt Konrad Haller.<br />

_Die Theaterleidenschaft entstand für<br />

den studierten Germanisten Toto Hölters<br />

„während der Endphase meiner Schulzeit“.<br />

Den Großteil seines Könnens eignete<br />

er sich „über die Jahre autodidaktisch<br />

an“ und ist nun glücklich, „ein eigenes<br />

Theater <strong>zu</strong> haben“. Ein Unbekannter ist<br />

er in der Szene nicht; schon vor 15 Jahre<br />

spielte er im Cinema und machte <strong>zu</strong>letzt<br />

mit den Produktionen Loco Moskitos<br />

und Bier für Frauen auf sich aufmerksam.<br />

Konrad Haller ist dagegen von Beruf<br />

Schauspieler und fungiert neben seinen<br />

Engagements am nahen Borchert-Theater<br />

als künstlerischer Leiter des Bühnenbodens,<br />

den er seit 1996 kennt und<br />

dem der Idealismus der Gründerin stets


imponierte. „Interdisziplinäres Arbeiten<br />

hat mich immer schon interessiert“, gibt<br />

er außerdem als Motiv an. Gespielt wird<br />

an den Freitagen und Sonnabenden,<br />

manchmal auch donnerstags und sonntags.<br />

Im ersten Halbjahr 2010 gab es 30<br />

Vorstellungen, in der laufenden Spielzeit<br />

sind es bisher 50 Vorstellungen mit immerhin<br />

1.100 Besucher. „Es sind viele vom<br />

Ambiente angetane Erstbesucher dabei“,<br />

so Toto Hölters - der Kleine Bühnenboden<br />

hat sich einmal mehr berappelt und<br />

das spricht sich herum.<br />

_Was zeichnet den Bühnenboden inhaltlich<br />

aus? Konrad und Toto bezeichnen<br />

die Spielstätte als Labor, in dem man<br />

„neue Formen spielen und ausprobieren<br />

kann.“ Neue Formen meint das gewollte<br />

Zusammenspiel unterschiedlicher Sparten:<br />

Musik trifft auf Schauspiel, Kabarett,<br />

Tanz und Improvisationstheater. Ausstellungen<br />

im Foyer runden den Ansatz ab.<br />

Der aktuelle Spielplan sieht dementsprechend<br />

aus. Sei es eine szenische Lesung<br />

<strong>zu</strong> Ingmar Bergmanns „Einzelgespräche“,<br />

ein Abend über das GEHÖR nach Thomas<br />

Bernhards „Das Kalkwerk“ oder die Uraufführung<br />

des witzig-spritzigen „Diven-<br />

Alarm“. Oder Konzerte wie das mit der<br />

Indiepop-Band Lancaster, vorgetragen<br />

zwischen Verve und Romantik. Das Programm<br />

ist bunt, aber nicht beliebig, innovativ,<br />

aber mit Grenzen der Art, die ein<br />

Ausufern verhindern. Oft sitzen Gäste und<br />

Künstler nach dem Auftritt <strong>zu</strong>sammen,<br />

tauschen sich aus und manche Idee aus<br />

diesen Runden reifte <strong>zu</strong> einem neuen<br />

Projekt. Schlagzeilen der Lokalpresse wie<br />

„eine wunderschön traurige und etwas<br />

groteske Clownsrevue“ (<strong>zu</strong> Eugéne Ionescus<br />

„Die Stühle“) oder „Zwei starke, kraftvolle<br />

und auch experimentelle Abende“<br />

(<strong>zu</strong> Ingmar Bergmanns „Einzelgespräche“<br />

und Thomas Bernhards „Das Kalkwerk“)<br />

unterstreichen das im Bühnenboden erlebte<br />

künstlerische Niveau nachhaltig.<br />

_“Das Leben ist ein Mysterium, dem auf<br />

die Spur <strong>zu</strong> kommen ist“, sagt Konrad<br />

im Gespräch. Das meint auch, dass der<br />

gesellschaftliche Kontext, den so viele<br />

am modernen Theater sehen wollen,<br />

gewollt <strong>zu</strong>rücktritt hinter die subjektive<br />

Wahrnehmung der Protagonisten. Großes<br />

Theater mag die Zeitenkämpfe in epischer<br />

Kraft abbilden, Kammertheater reflektiert<br />

das eigene, seiner selbst immer wieder<br />

verunsicherte Sein bürgerlicher Antihelden.<br />

Kein Raum für Pathos, kein Raum<br />

für platte Ideologie.<br />

_Als ureigene Kreation des Ensembles an<br />

der Schillerstraße darf das Bookical gelten.<br />

Ein Bookical? Was ist das denn? Ein<br />

„Bookical“ ist eine Mix aus Buch/Book<br />

und Musik/Musical, wobei die Kapitel<br />

des Buches in ihrer Stimmung musikalisch<br />

eingefangen und vertieft werden.<br />

Lied und Text aus einem Guss, aus einem<br />

Geist. Das jeweils passende Musikstück<br />

taugt wahlweise <strong>zu</strong>r Hintergrundmusik<br />

oder <strong>zu</strong>m eigenständigen Hörgenuss. Neu<br />

ist das ohne Frage und wie jedes Experiment<br />

mit Risiken behaftet. Im Bookical<br />

„Engelshunger“ geht es um einen der<br />

geflügelten Helferlein, dessen unfreiwillige<br />

Schwäche für reichlich Verwirrung im<br />

Himmel sorgt. Tiefgründigkeit ist versprochen.<br />

Mehr wird über diese himmlischirdischen<br />

Wirrungen nicht verraten und<br />

wer es ganz wissen will, der begebe sich<br />

in die Schillerstraße.<br />

_Besonders hin<strong>zu</strong>weisen ist noch auf eine<br />

Veranstaltung im November. Unter dem<br />

schaurig-schönen Titel „Fuffzehn Mann<br />

auf des toten Manns Kiste“ ist ein Abend<br />

über Matrosen, Meuterei, über Piraten<br />

und Meeresungeheuer angekündigt. Die<br />

Münsteraner Blosewinds, Deutschlands<br />

kleinster Shantychor aus den drei feschen<br />

Matrosen Guido Kolk, Marcel Langenohl<br />

und Detlef Sult werden ihr erstes<br />

Programm päsentieren, in dem sie See-<br />

mannslieder und Shantys auf verblüffende<br />

Weise mit Pop, Rock und Reggae<br />

kombinieren. Korrespondierend mit Toto<br />

Hölters, der bestens passende Gedichte<br />

und Geschichten von Joachim Ringelnatz<br />

liest. Die Besucher dürfen sich schon jetzt<br />

auf einen Abend voller Überraschungen<br />

und verrückter Ideen, mit grotesken Szenen<br />

und schrägem Humor freuen.<br />

_Das Programm trägt, die Gebäudesubstanz<br />

hat es nötiger. Deshalb noch ein<br />

Wort <strong>zu</strong> den in ihrer heutigen Form seit<br />

1986 genutzen Baulichkeiten, die beim<br />

genauen Hinblicken immer noch den<br />

Charme der gewerblichen Nut<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong>vor<br />

haben. Um das weiterhin gewähren <strong>zu</strong><br />

können, gibt es die Idee der Raumpatenschaft.<br />

Ein Raumpate ist mehr als nur<br />

Sponsor. Er beteiligt sich an den Kosten<br />

für die Räume wie dem Theatersaal, dem<br />

Foyer oder dem Büro. Dafür gibt es nicht<br />

nur freien Eintritt <strong>zu</strong> den Veranstaltungen,<br />

sondern auch die Möglichkeit, die<br />

Räume für eigene Events nutzen <strong>zu</strong> können<br />

oder sich für Familie, Freunde und<br />

Bekannte eine Privatvorstellung geben <strong>zu</strong><br />

lassen. Selber stecken die Theatermacher<br />

viel eigenes Geld in ihr Ziehkind. Schritt<br />

für Schritt frischen sie das Ambiente auf,<br />

aber in die Bausubstanz und die Elektrik<br />

wird gleichfalls investiert. Auch ein<br />

Kammertheater muss schließlich auf der<br />

technischen Höhe der Zeit bleiben. Wie<br />

auch immer, startet der Kleine Bühnenboden<br />

im Hansaviertel <strong>zu</strong>r großen Freude<br />

des theaterbegeisterten Publikums der<br />

Westfalenmetropole wieder durch. Der<br />

Erfolg stellt sich gerade ein. #<br />

www.derkleinebuehnenboden.de<br />

info@derkleinebuehnenboden.de<br />

13


14<br />

Bericht | Text: Fabian Reeker | Foto: Sigi Nasner<br />

Jeden Tag diese Angst, jetzt bin ich weg<br />

Geduldet in Deutschland<br />

Ein Leben führen unter der ständigen<br />

Verpflichtung, Deutschland verlassen <strong>zu</strong><br />

müssen. Ohne eine längerfristige Perspektive<br />

in Deutschland <strong>zu</strong> besitzen, leben<br />

Ener und seine Familie nun bereits<br />

seit zehn Jahren in Deutschland mit dem<br />

Status der Duldung. Die Duldung wird<br />

nach wenigen Monaten immer wieder<br />

neu geprüft und verlängert, wobei eine<br />

Abschiebung stets als mögliche Konsequenz<br />

droht. Durch Leistungen nach<br />

dem Asylbewerberleistungsgesetz, die<br />

ca. 38% unter dem eigentlichen Existenzminimum<br />

Hartz IV liegen, stellt das<br />

Leben mit einer Duldung nicht nur im<br />

finanziellen Bereich eine erhebliche Belastung<br />

dar. Rechtliche Beschränkungen<br />

auf dem Arbeitsmarkt und die immer<br />

drohende Abschiebung bewirken bei<br />

den Betroffenen oft auch enorme psychische<br />

Belastungen. Eners Geschichte<br />

steht exemplarisch für viele andere<br />

Menschen, die unter den gleichen prekären<br />

rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

leben müssen.<br />

Ener beschreibt den Wunsch vieler der<br />

ca. 90.000 Menschen, die in Deutschland<br />

mit dem Status der Duldung leben: Eine<br />

längerfristige Perspektive in Deutschland<br />

<strong>zu</strong> erhalten, um ein friedliches und <strong>zu</strong>friedenes<br />

Leben führen <strong>zu</strong> können. Ener<br />

ist Roma und stammt aus dem Kosovo. Er<br />

ist 20 Jahre alt und lebt <strong>zu</strong>sammen mit<br />

seiner Familie nun bereits seit 10 Jahren<br />

in Deutschland. An das Kosovo hat er nur<br />

noch wenige Erinnerungen. Eigentlich<br />

kenne er nur Deutschland und kein anderes<br />

Land, sagt er.<br />

_Ener und seine Familie sind seit ihrer<br />

Ankunft in Deutschland nur geduldet. Das<br />

bedeutet, dass sie stets verpflichtet sind,<br />

Deutschland <strong>zu</strong> verlassen, die Abschiebung<br />

aber aus rechtlichen oder tatsächlichen<br />

Gründen momentan nicht durchgeführt<br />

werden kann. Da eine Duldung<br />

immer zeitlich befristet ist, muss die Familie<br />

regelmäßig <strong>zu</strong>r Ausländerbehörde,<br />

um ihre Duldung für weitere drei Monate<br />

oder, wenn es gut läuft, für sechs Monate<br />

verlängern <strong>zu</strong> lassen. Ener beschreibt,<br />

am Anfang habe er gar nicht gewusst, was<br />

„Duldung“ überhaupt bedeutet. Vielmehr<br />

habe er sich gefreut, nun in Deutschland<br />

<strong>zu</strong> sein. Doch mit der Zeit wurde ihm klar,<br />

was es heißt, dauerhaft in Deutschland<br />

unter dem Status der Duldung leben <strong>zu</strong><br />

müssen: „[…] auch wenn ich mich hier an<br />

diese Bedingungen schon gewöhnt habe<br />

und mich eingelebt und integriert habe,<br />

bin ich leider nicht Teil der Gesellschaft,<br />

bin ich überhaupt nichts.“<br />

_Die ständige Angst, abgeschoben werden<br />

<strong>zu</strong> können, begleitet geduldete Menschen<br />

Tag für Tag. Ener erklärt, besonders belastend<br />

habe sich die Angst vor Abschiebung<br />

in seiner früheren Schulzeit ausgewirkt:<br />

„[...] diese Angst, ah, jetzt bin ich<br />

weg, jetzt bin ich weg... und wenn ich<br />

nicht heute weg bin, dann bin ich morgen<br />

weg. Und das kommt jeden Tag: diese<br />

Angst. Jeden Tag wird man ängstlicher.“<br />

Heute bedauert er es sehr, dass er sich<br />

in der Schule trotz dieser schlechten Bedingungen<br />

nicht sonderlich angestrengt<br />

hat: „Vielleicht hat man Scheiße gebaut<br />

früher als Kind und so und sich nicht um<br />

die Schule gekümmert, aber hinterher ist<br />

man immer schlauer.“ Weiterhin macht<br />

er deutlich: „Und ich will einfach nur Bildung<br />

und ich würde mich freuen, wenn<br />

mir jemand helfen würde[...]“<br />

_Zwar besteht in Deutschland auch für<br />

geduldete Personen die Möglichkeit eine<br />

Ausbildung <strong>zu</strong> absolvieren, jedoch treten<br />

in der Praxis häufig enorme Probleme<br />

auf. Mit einem Aufenthaltsstatus, der<br />

alle paar Monate verlängert werden muss<br />

und bei dem eine Abschiebung jederzeit<br />

als mögliche Konsequenz droht, fällt es<br />

oft schwer einen Ausbildungsplatz o.ä.<br />

<strong>zu</strong> finden. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt<br />

sieht dies nicht anders aus. Geduldete<br />

Personen haben im ersten Jahr der<br />

Duldung ein generelles Arbeitsverbot.<br />

In den darauffolgenden drei Jahren besteht<br />

eine nachrangige Arbeitserlaubnis.<br />

Das bedeutet, dass Erwerbstätigkeit nur<br />

nach Zustimmung der Ausländerbehörde<br />

gestattet ist. In der Praxis heißt dies,<br />

dass eine geduldete Person eine Stelle nur<br />

dann bekommt, wenn für diese bestimmte<br />

Stelle kein deutscher Angestellter oder<br />

EU-Bürger gefunden wird.<br />

_Nach den ersten vier Jahren der Duldung<br />

besteht dann ein gleichberechtigter Zugang<br />

<strong>zu</strong>m Arbeitsmarkt, wobei Arbeitsverbote<br />

jedoch weiterhin als Sanktionen<br />

durch die Ausländerbehörde möglich sind.<br />

Das Prinzip der Nachrangigkeit sowie die<br />

zeitliche Befristung der Duldung auf wenige<br />

Monate macht es für die Betroffenen<br />

oft sehr schwer, auch bei gleichberechtigtem<br />

Arbeitsmarkt<strong>zu</strong>gang nach den ersten<br />

vier Jahren, eine Arbeitsstelle <strong>zu</strong> finden.<br />

„Und dann war ich immer wieder frustriert<br />

<strong>zu</strong>hause, hab immer wieder <strong>zu</strong>hause<br />

gesessen und ich hab immer wieder mich<br />

um Arbeit bemüht und immer wieder und<br />

immer wieder und immer wieder. Immer<br />

wieder hab ich mich beworben und dann<br />

haben die gesagt: Ja, wir melden uns. Was<br />

es überhaupt gar nicht gebracht hat, die<br />

haben sich gar nicht gemeldet, im Gegenteil.“<br />

_Auf die Frage nach seinem Traumjob antwortet<br />

Ener: „So etwas, was auch andere<br />

Leute machen. Aber da wird man dann so<br />

ausgegrenzt. Ich weiß nicht so genau, was<br />

mein Traumberuf wäre, aber es hat mir<br />

nie jemand eine Chance gegeben das heraus<strong>zu</strong>finden,<br />

leider.“ Und weiter: „Man<br />

wird ja immer mit den schlimmsten Berufen<br />

konfrontiert irgendwie. Dann wird gesagt:<br />

Ja, du kriegst nur den Beruf in einer<br />

Putzfirma oder als Toilettenreiniger und<br />

dann muss man sich <strong>zu</strong>frieden geben.“<br />

_Geduldete Menschen sind in Deutschland<br />

leistungsberechtigt nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.<br />

Dessen Regelsätze


liegen momentan 38 % unter den Regelsätzen<br />

von Hartz IV, welche momentan<br />

bei 364 Euro monatlich für eine alleinstehende<br />

Person liegen. Seit dem Bestehen<br />

des Asylbewerberleistungsgesetzes im<br />

Jahr 1993 sind diese Sätze nicht verändert<br />

worden und werden auch in heutigen Gesetzestexten<br />

noch in DM angegeben. Das<br />

Bundesverfassungsgericht definiert ein<br />

menschenwürdiges Existenzminimum,<br />

welches jedem Menschen sichergestellt<br />

werden muss, als die Sicherung sowohl<br />

der physischen Existenz als auch die Zusicherung<br />

von einem Mindestmaß an soziokultureller<br />

Teilhabe. In seinem Urteil<br />

vom 09.02.2010 macht das Bundesverfassungsgericht<br />

deutlich, dass die Regelsätze<br />

von Hartz VI nicht ausreichend sind, um<br />

ein solches Existenzminimum <strong>zu</strong> gewährleisten.<br />

Das Asylbewerberleistungsgesetz,<br />

dessen Regelsätze weit unter denen von<br />

Harzt IV liegen, erfüllt diese Bedingungen<br />

erst recht nicht. Bereits die Absicherung<br />

der physischen Existenz ist nur sehr eingeschränkt<br />

möglich. „[...] und dann müssen<br />

wir gucken und jeden Cent noch zwei<br />

mal umdrehen oder dreimal. Wenn wir<br />

das Geld bekommen, dann kaufen wir erst<br />

mal Lebensmittel ein, das ist das A und O<br />

und das zweite ist, dass wir am Ende des<br />

Monats gar kein Geld mehr haben, das ist<br />

furchtbar.“ Ein Mindestmaß an soziokulturelle<br />

Teilhabe <strong>zu</strong> ermöglichen, ist durch<br />

solch niedrige Regelsätze undenkbar:<br />

„[...] so als junge Person so wie ich und<br />

du, ich meine, man will ja auch mal ein<br />

bisschen rausgehen, Freunde treffe, Party<br />

machen, seine Jugend noch ein bisschen<br />

genießen, aber kann man nicht, das kann<br />

man überhaupt gar nicht.“<br />

_Oft sind geduldete Personen für einen<br />

sehr langen Zeitraum auf das Asylbewerberleistungsgesetz<br />

angewiesen. Arbeitsverbote,<br />

das Prinzip der Nachrangigkeit<br />

sowie die zeitliche Befristung der Duldung<br />

machen es sehr schwer, den eigenen Lebensunterhalt<br />

selbstständig <strong>zu</strong> sichern.<br />

Dies führt <strong>zu</strong> einer Abhängigkeit von<br />

staatlichen Leistungen, die die meisten<br />

Menschen sehr belastet. Ener beschreibt<br />

dieses Gefühl folgendermaßen: „Es ist ein<br />

Gefühl, wie soll man das sagen, es ist immer<br />

mit Angst verbunden, weil ich immer<br />

denke: Was passiert, wenn ich vom Staat<br />

abhängig bin. Werde ich vielleicht abgeschoben<br />

oder schlecht dargestellt? Also<br />

ich sag mal so, es ist so ein Spiel wie mit<br />

der Katz und Maus. Die können immer mit<br />

dir spielen, wie sie wollen, der Staat kann<br />

mit dir machen was der will.“<br />

_Mehr als 60 % der geduldeten Menschen<br />

in Deutschland lebt nun schon seit<br />

mehr als sechs Jahren hier. Die Betroffenen<br />

werden durch bestehende Gesetze<br />

in die Armut hineingedrängt, obwohl sie<br />

sich schon mehrere Jahre in Deutschland<br />

aufhalten oder sogar hier geboren sind.<br />

So kommt es oft vor, dass sich Menschen<br />

schon über zwei oder sogar drei Generationen<br />

hinweg in diesem rechtlichen Status<br />

befinden. Es werden dementsprechend<br />

nicht nur Erwachsene, sondern vor allem<br />

auch deren minderjährige Kinder, <strong>zu</strong> einem<br />

Leben in Armut gezwungen.<br />

_Mit Beschluss vom 26.07.2010 hat nun<br />

das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen<br />

(LSG NRW) das Asylbewerberleis-<br />

tungsgesetz dem Verfassungsgericht <strong>zu</strong>r<br />

Überprüfung vorgelegt. Ein menschenwürdiges<br />

Existenzminimum kann durch<br />

das Asylbewerberleistungsgesetz nach<br />

Ansicht des LSG NRW beim Vergleich mit<br />

den Regelsätzen von Hartz IV offensichtlich<br />

nicht gewährleistet werden.<br />

_Der Beschluss des LSG NRW stellt einen<br />

kleinen Hoffnungsschimmer für Ener und<br />

für alle Menschen dar, die in Deutschland<br />

von diesen prekären rechtlichen Bedingungen<br />

betroffen sind. Der Staat steht<br />

in der Verpflichtung, jedem ein menschenwürdiges<br />

Leben sicher<strong>zu</strong>stellen,<br />

unabhängig von den Gründen der Hilfebedürftigkeit.<br />

Weiterhin stellt ein menschenwürdiges<br />

Existenzminimum ein individuelles<br />

und einklagbares Recht jedes<br />

Einzelnen dar und muss unabhängig von<br />

Nationalität oder Aufenthaltsstatus jedem<br />

Menschen gewährleistet werden.<br />

_Ener B. und seine Familie leben nun<br />

bereits seit zehn Jahren in Deutschland<br />

unter diesen Bedingungen. Für ihn steht<br />

daher mittlerweile schon lange fest:<br />

„Gott hat für jeden Menschen diese Erde<br />

erschaffen, dass sich jeder frei bewegen<br />

kann.“ #<br />

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15


16<br />

Bericht | Text: Carsten Scheiper<br />

Atomkurs abgewählt<br />

Restrisiko bestimmt Landtagswahlen<br />

Bis an die Urnen hat sich der Widerstand<br />

gegen den Atomkurs der schwarz-gelben<br />

Bundesregierung ausgewirkt. Die<br />

politische Landschaft Deutschlands hat<br />

sich verändert, nach dem Unglück von<br />

Fukushima ist, so scheint es, wirklich<br />

nichts mehr so wie es vorher war. Viele<br />

Wähler sind augenscheinlich nicht mehr<br />

bereit, das Restrisikio des Betriebs von<br />

Kernkraftwerken mit<strong>zu</strong>tragen. Ein Kommentar<br />

von Carsten Scheiper.<br />

Das waren noch Zeiten im Fernsehen, als<br />

Herr Pohl sich mit Atomstrom am Nordpol<br />

wohl fühlte und ein Atomkraftwerk<br />

en miniature unter dem Weihnachtsbaum<br />

noch Puff machte – damals als<br />

Atomenergie noch die Zukunft war.<br />

Heute, etwa drei Dekaden später, ist es<br />

das Fernsehen, dass den Deutschen den<br />

Reaktorunfall von Fukushima ins Wohnzimmer<br />

bringt, das reale Restrisiko bildgewaltig<br />

ins Bewusstsein brennt und den<br />

unzähligen Experten ein Forum bietet,<br />

die sich in der Ferndiagnose der Havarie<br />

versuchen.<br />

_Und natürlich die Newsticker des Internets,<br />

die uns über die aktuellen Strahlenmesswerte<br />

des Betreibers Tepco in Mikro-<br />

und Millisievert und deren Dementis<br />

informieren, über die Stellungnahmen<br />

der japanischen Regierung, die verzweifelten<br />

Versuche der Reaktormannschaften<br />

das Schlimmste <strong>zu</strong> verhindern – die<br />

Dokumentation einer schleichenden Katastrophe<br />

mit ungewissen Ausgang, an<br />

der die Massenmedien zwar nach etwas<br />

mehr als einer Woche angesichts anderer<br />

Weltereignisse mehr und mehr das<br />

Interesse <strong>zu</strong> verlieren scheinen, aber die<br />

Wirkung auf die deutsche Gesellschaft<br />

bleibt.<br />

_Diese mediale Darstellung ist anders<br />

als bei der Katastrophe in Tschernobyl,<br />

als das Ausmaß des schnellen Unglücks<br />

erst nach und nach bekannt wurde –<br />

eine Ausstellung im Fürstenberg <strong>zu</strong>m 25.<br />

Jahrestag der atomaren Katastrophe in<br />

der heutigen Ukraine erinnerte im März<br />

just <strong>zu</strong>r Zeit des japanischen Unglücks an<br />

den damaligen Super-Gau und die Folgen.<br />

Und anderes als in der japanischen<br />

Gesellschaft, wo die Regierung über die<br />

Verhaltensregeln bei einer möglichen<br />

nuklearen Katastrophe mit einem harmlosen<br />

Faltblatt in Comicform aufklärt und<br />

den Kinder der schwere Unfall in Fukushima<br />

mit Hilfe von Nuklear-Boy, dem<br />

AKW-Männchen mit Blähungen, das die<br />

Doktoren wieder gesund machen, näher<br />

gebracht wird - die japanische Art der<br />

Aufklärung.<br />

_Die realen Bilder aus Japan zeigen hier<br />

Fernwirkung, sie bestärken den Zweifel<br />

an der Sicherheit der deutschen Atomkraftwerke,<br />

das Restrisiko scheint auch<br />

hier<strong>zu</strong>lande greifbarer denn je. Eine Viertelmillion<br />

Menschen ging auf die Straße<br />

und noch viel mehr an die Wahlurne. Im<br />

Ländle zeichnet sich eine grün-rote Koalition<br />

unter der Führung eines grünen<br />

Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann<br />

nach den Wahlen ab. Die Grünen<br />

konnten ihr Wahlergebnis im Vergleich<br />

<strong>zu</strong>r letzten Landtagswahl in Baden-Württemberg<br />

verdoppeln und auch die Wahlbeteiligung<br />

war außergewöhnlich hoch.<br />

Die Energiepolitik der Zukunft scheint die<br />

Politikverdrossenen wieder mehr an die<br />

Wahlurne <strong>zu</strong> bringen. Gut für die Demokratie<br />

und ein deutliches Zeichen an die<br />

Politik in Berlin.<br />

_Die Bundeskanzlerin hatte <strong>zu</strong>vor versucht<br />

ad hoc <strong>zu</strong> reagieren, ein umstrittenes<br />

Moratorium <strong>zu</strong> den Laufzeitverlängerungen<br />

wurde verkündet, die sieben ältesten<br />

Meiler gingen vom Netz, die Überprüfung<br />

aller deutschen Kernreaktoren in Aussicht<br />

gestellt und das Versprechen geben, die<br />

Untersuchungen seien ergebnisoffen. Zusätzlich<br />

wurden zwei Expertenkommissi-<br />

Diese Seite wurde von Siegfried Kurz gesponsert<br />

onen angekündigt, eine, die den Sicherheitsfragen<br />

nachgehen soll, und eine<br />

zweite, die Grundfragen <strong>zu</strong>r sicheren<br />

Energieversorgung klären soll. Eine Kurskorrektur<br />

sollte dieses Maßnahmenpaket<br />

begründen, denn nichts sei mehr wie<br />

<strong>zu</strong>vor. Aber gleichzeitig beschwor Angela<br />

Merkel noch die Sicherheit der deutschen<br />

Reaktoren bei ihrem Amtseid. Die Glaubwürdigkeit<br />

dieser Wende galt im Licht der<br />

Landtagswahlen von vornherein als fragwürdig.<br />

Und Wirtschaftsminister Rainer<br />

Brüderle schien dies mit seiner Aussage<br />

vor dem BDI <strong>zu</strong> bestätigen. Oder wurde er<br />

doch falsch zitiert? Politische Glaubwürdigkeit<br />

wird anders vermittelt. Es wird<br />

sich zeigen, ob die Bundesregierung die<br />

Botschaft der Wähler verstanden hat, wie<br />

Guido Westerwelle darlegte.<br />

_Nun gilt es den Ausstieg aus der Atomenergie<br />

mit Augenmaß in Angriff <strong>zu</strong><br />

nehmen und <strong>zu</strong> vermitteln, dass die<br />

Kernkraft keine erneubare Energie im<br />

politischen Sinne wird. Ein schwierige<br />

Aufgabe, denn es gilt einen tragfähigen<br />

Kompromiss entwickeln, der den verschiedenen<br />

Interessen Rechnung trägt.<br />

Das Erbe der Atomenergie jedenfalls wird<br />

noch Generationen beschäftigen, denn<br />

auch abgeschaltete Meiler und Zwischenlager<br />

bergen Risiken, der Rückbau der<br />

Anlagen dauert Jahrzehnte und die Problematik<br />

eines deutschen Endlager für die<br />

Atomabfälle ist noch brisant. #


Bericht | Text: Horst Gärtner<br />

Umdenken und Umschalten<br />

Wechsel <strong>zu</strong>m Öko-Strom setzt Zeichen<br />

Die Atomkatastrophe in Japan hat<br />

menschliche Un<strong>zu</strong>länglichkeit und<br />

menschliches Elend in unvorstellbarer<br />

Weise freigelegt. Sichere Atomkraftwerke<br />

waren nicht sicher! Kühlsysteme<br />

funktionierten nicht, <strong>zu</strong>r Erdbeben- und<br />

Tsunamikatastrophe kommt eine tödliche<br />

Strahlenbedrohung für Millionen<br />

von Menschen, die alles bisher Dagewesene<br />

in den Schatten stellt.<br />

Wir sitzen vor den grauenhaften Fernsehbildern<br />

und den Zeitungsberichten und<br />

müssen täglich mit den Tränen kämpfen,<br />

denn das geht wirklich unter die Haut!<br />

_Die Anti-Atombewegung hat eine neue<br />

Größenordnung, denn wir wissen: „Es<br />

gibt keine absolute Sicherheit und die<br />

Katastrophe ist nicht beherrschbar!“ Demonstrationen<br />

in den Städten, seitenweise<br />

Leserbriefe, fast alle mit dem gleichen<br />

Tenor: „Die Politik muss umdenken.“<br />

I_ch bin mal von einer anderen Seite an<br />

das Problem herangegangen, habe mich<br />

gefragt, was Unternehmer (das sind natürlich<br />

auch die Atomkonzerne) am besten<br />

verstehen, worauf sie ganz schnell reagieren.<br />

In den WN vom 17. März habe ich nach<br />

einer halben Seite mit Leserbriefen „Raus<br />

aus der Atomenergie. Die Regierung/die<br />

Politik müssen handeln“ einen Bericht<br />

über die Stadtwerke in Greven gefunden,<br />

mit der Unterzeile „Nur wenige Kunden<br />

wollen Öko-Strom“. Es gab auch Zahlen:<br />

nur 74 Kunden ließen sich im Jahr 2010<br />

„Greenenergie“ liefern, 76 Kunden das<br />

Strompaket „Greven natur“ bei einer Gesamtzahl<br />

von 16.107 Stromkunden!<br />

_Bei den Stadtwerken Münster habe ich<br />

erfahren, dass es zwar seit zwei Jahren<br />

eine starke Nachfrage gibt, die seit Japan<br />

deutlich in die Höhe gegangen ist,<br />

dass aber 130.000 Stromkunden rund<br />

6.000 Ökostrom-Kunden gegenüberstehen;<br />

4.000 Privathaushalte. Und ich habe<br />

bei meinen Recherchen in Erfahrung gebracht,<br />

dass die jährlichen Mehrkosten<br />

zwischen etwa 9.00 Euro und 35,00 Euro<br />

liegen. Das Gespräch mit den Stadtwerken<br />

hat auch einige interessante Varianten<br />

aufgezeigt, etwa die, dass man mit einer<br />

geringen Anteilsinvestition auch noch<br />

Geld verdienen kann!<br />

_Fazit: Demonstrationen und Leserbriefe<br />

schreiben ist einfacher als den Strom <strong>zu</strong><br />

wechseln; damit verzichtet der Verbraucher<br />

auf das einzig wirksame Signal, auf<br />

das Zeichen, dass er beim Dioxinskandal<br />

für Fleisch und Eier und andere Produkte<br />

postwendend gesetzt hat; warum also<br />

verzichtet er? Weil die öffentliche Diskussion<br />

sich darauf eingeschossen hat, die<br />

verantwortlichen Politiker an den Pranger<br />

<strong>zu</strong> stellen. Wenn der Verbraucher umdenken<br />

würde und entsprechend handeln,<br />

dann wäre das der eigentlich revolutionäre<br />

Schritt, dann brauchten wir in Kürze gar<br />

nicht mehr über die Laufzeitverlängerung<br />

der AKWs <strong>zu</strong> diskutieren (oder <strong>zu</strong> protestieren<br />

oder Leserbriefe <strong>zu</strong> schreiben); reden<br />

und handeln wir doch so, dass die<br />

Unternehmen nicht immer nur „Bahnhof“<br />

verstehen, sondern dass sie merken: Die<br />

Rendite bricht <strong>zu</strong>sammen!<br />

_Wollten Sie nicht schon lange bei Ihrem<br />

Strom<strong>zu</strong>lieferer nachfragen? Tun Sie´s<br />

doch! #<br />

17


18<br />

Bericht | Text: Lena Klimkeit | Foto: Bundestag/Lichtblicke/Achim Melde<br />

Geliebt, gewankt, gefallen<br />

Karl-Theodor <strong>zu</strong> Guttenberg<br />

Ein langes Hin und Her ging dem voraus,<br />

was am 1. März 2011 geschah: Bundesverteidigungsminister<br />

Karl-Theodor <strong>zu</strong><br />

Guttenberg ist nach einer unangenehmen<br />

Plagiatsaffäre um seine Doktorarbeit<br />

von seinem Amt <strong>zu</strong>rückgetreten.<br />

Und das ausgerechnet im Superwahljahr<br />

2011, in dem in neun von sechzehn Bundesländern<br />

neu gewählt wird.<br />

Guttenberg versetzte die Menschen in<br />

Staunen. Ein 36-jähriger junger Mann und<br />

Vater steigt <strong>zu</strong>m CSU-Generalsekretär auf,<br />

weiter <strong>zu</strong>m Wirtschaftsminister, kurze Zeit<br />

später <strong>zu</strong>m Verteidigungsminister. Ein rasanter<br />

Aufstieg, der für Bewunderung und<br />

Beliebtheit in der Bevölkerung sorgt. Jung,<br />

energisch und authentisch, redegewandt,<br />

selbstsicher und selbstbewusst – diese<br />

Eigenschaften gelten während seiner gesamten<br />

Amtszeit als bezeichnend für Guttenberg.<br />

Und sie stehen für etwas Neues,<br />

Ungewöhnliches in der Politik. An Stelle<br />

von <strong>zu</strong>rückhaltenden, undurchsichtigen<br />

und unscheinbaren Politikern steht plötzlich<br />

ein Star.<br />

_Doch bereits in den ersten Monaten seines<br />

Amtes läuft nicht alles glatt. Die Kunduz-Affäre<br />

im September 2009 stellt Guttenberg<br />

vor seine erste harte Probe. Bei<br />

einem deutschen Luftangriff auf zwei von<br />

den Taliban entführte Tanklaster in Afghanistan<br />

kommt eine Vielzahl von Zivilisten<br />

<strong>zu</strong> Tode – die Folge einer fatalen Entscheidung<br />

durch den damaligen Oberst Georg<br />

Klein. Zu Guttenberg trifft keine direkte<br />

Schuld, jedoch findet er <strong>zu</strong> wenige Worte<br />

für das katastrophale Bombardement. Somit<br />

wird die Kunduz-Affäre <strong>zu</strong> seiner ersten<br />

politischen Krise. Und trotzdem bleibt<br />

Guttenberg der neue Hoffnungsträger der<br />

Deutschen.<br />

_Zu Guttenberg setzt Meilensteine der<br />

Politik, er initiiert die Bundeswehrreform<br />

und mit ihr die Abschaffung der Wehrpflicht.<br />

Jedoch spielen auch die Medien<br />

und Selbstinszenierung in seiner Politik<br />

eine große Rolle: Er reist <strong>zu</strong> den deutschen<br />

Soldaten in Afghanistan und veranstaltet<br />

vor Ort in Anwesenheit der Bundeswehrsoldaten<br />

eine Aufsehen und Kritik<br />

erregende Talkshow. Und die Deutschen<br />

lieben ihn immer noch. Zu Guttenberg gilt<br />

mittlerweile sogar als potenzieller Kanzlerkandidat.<br />

_Kurz darauf wird das Bild des Politikers<br />

erneut durch einen Skandal bei der Bundeswehr<br />

getrübt: Ende des Jahres 2010<br />

werden Missstände auf dem Segelschulschiff<br />

der deutschen Marine Gorch Fock<br />

bekannt, nachdem eine junge Offiziersanwärterin<br />

während ihrer Ausbildung tödlich<br />

verunglückt. Die sofortige Entlassung<br />

des Gorch Fock-Kapitäns erfolgt durch den<br />

Verteidigungsminister und erfährt öffentliche<br />

Kritik. Der Lieblingsminister wankt –<br />

hält der Kritik aber stand.<br />

_Was dann, Mitte Februar diesen Jahres,<br />

geschieht, dürfte bereits allen bekannt<br />

sein: Ein Juraprofessor findet in Karl-Theodor<br />

<strong>zu</strong> Guttenbergs Bestnoten-Doktorarbeit<br />

Passagen aus fremden Texten, die er ohne<br />

Kennzeichnung in seine Arbeit übernommen<br />

haben soll. Die Medien reagieren sofort<br />

– der Verteidigungsminister auch, und<br />

zwar durchaus gelassen. Nachdem er die<br />

Vorwürfe <strong>zu</strong>nächst als „abstrus“ abtut und<br />

erklärt, die „verfasste Dissertation ist kein<br />

Plagiat“, gesteht er bei einem Wahlkampfauftritt<br />

in Hessen „gravierende Fehler“ ein<br />

und legt seinen Doktortitel freiwillig ab.<br />

Was <strong>zu</strong> einer neuen Debatte führt: Auch<br />

ein Politiker, ein höchst beliebter <strong>zu</strong>dem,<br />

kann nicht einfach frei über einen vormals<br />

erlangten Titel entscheiden. Schließlich<br />

erkennt die Universität Bayreuth den Titel<br />

im Schnellverfahren ab. Die Affäre eines so<br />

berühmten Politikers schadet schließlich<br />

nicht nur der Bundesregierung, sondern<br />

vor allem das Ansehen von Universität und<br />

Wissenschaft.<br />

_Die Medien, die Guttenberg sonst gezielt<br />

für seine öffentlichen Auftritte einsetzte,<br />

nehmen ihn hart ran, kein Tag vergeht<br />

ohne eine neue Schlagzeile. Rücktrittsforderungen<br />

werden laut, doch der Verteidigungsminister<br />

will nicht gehen. Guttenberg-Gegner<br />

durchforsten jede einzelne<br />

Passage der Dissertation und finden immer<br />

mehr Plagiate, die allesamt im GuttenPlag<br />

Wiki festgehalten werden. Das Internet<br />

lehnt sich gegen Guttenberg auf, Oppositionspolitiker<br />

äußern ihren Unmut, die Wissenschaft<br />

rät <strong>zu</strong> einem Rücktritt, vereinzelt<br />

finden Anti-Guttenberg-Demonstrationen<br />

statt. Der Druck wächst – und wächst dem<br />

jungen Politiker schließlich über den Kopf.<br />

_Der Rücktritt Guttenbergs kann durchaus<br />

als Verlust für die Politik angesehen werden.<br />

Es gab lange keine Person mehr in der<br />

Politik, die die Deutschen Umfragewerten<br />

<strong>zu</strong>folge so mitreißen konnte. Kaum ein<br />

anderer Politiker genoss eine vergleichbare<br />

Glaubwürdigkeit und ein derartiges<br />

Ansehen in der Gesellschaft. Vielleicht hat<br />

Guttenberg es geschafft, Politik wieder ein<br />

Stück weit näher an die Bürger <strong>zu</strong> bringen.<br />

In diesem Fall ist sein Rücktritt durchaus<br />

ein Verlust für Politik und Gesellschaft.<br />

_Die Plagiatsaffäre bedeutet aber auch<br />

einen gravierenden Vertrauensbruch gegenüber<br />

den Wählern, die an der Glaubwürdigkeit<br />

des Politikers festhielten.<br />

Guttenbergs Auftreten in Zeiten der Krise<br />

zeigte ihn mehr selbstherrlich als reumütig.<br />

Sein Krisenmanagement glich eher<br />

der „defensiven (Salami-)Taktik“ nach<br />

den Wissenschaftlern Laux und Schütz als<br />

einer ehrlichen Entschuldigung: Erst wur-


den Vorwürfe geleugnet und umgedeutet,<br />

schließlich gerechtfertigt und mildernde<br />

Umstände für sein falsches Handeln gefunden.<br />

Die Entschuldigung, die er den<br />

Bürgern schuldete, blieb am Ende aber<br />

aus. „Ich habe die Grenzen meiner Kräfte<br />

erreicht“, war der Knackpunkt seiner<br />

Rücktrittsrede. Nicht die Entschuldigung<br />

seines Betrugs.<br />

_Guttenberg ist als Minister mit einer so<br />

großen Verantwortung nicht mehr haltbar<br />

gewesen und hat schließlich selbst<br />

die Notbremse gezogen, wenn auch <strong>zu</strong><br />

spät. Der geliebte Politiker ist gefallen und<br />

nun wieder ein „normaler“ Bundesbürger,<br />

den mittlerweile mehr als 100 Strafanzeigen<br />

belasten. Guttenberg hat politische<br />

Geschichte geschrieben, wenn auch eine<br />

kurze. Er hat Meilensteine gesetzt, über die<br />

er schließlich stolpern musste.<br />

_Nun dürfte die Politik auf einen vergleichbaren<br />

Superheld hoffen, der die<br />

Herzen der Menschen für die Politik gewinnt<br />

– auch mit Blick auf die anstehenden<br />

Wahlen. Ob ein derartiger Vertrauensverlust<br />

in einen Politiker jedoch <strong>zu</strong>r<br />

Besänftigung der Politikverdrossenheit in<br />

der Gesellschaft führt, ist fraglich. Zu wünschen<br />

wäre es jedenfalls.<br />

_Die anstehenden Wahlen werden zeigen,<br />

welche Auswirkungen Guttenbergs Rücktritt<br />

womöglich auf die Wahlbeteiligung<br />

und die -ergebnisse hat und welche Partei<br />

womöglich von den Geschehnissen profitieren<br />

kann.<br />

_Sicher ist bislang nur, dass die Union<br />

einen ihrer wichtigsten Männer verloren<br />

hat. Das Thema Guttenberg ist noch lange<br />

nicht gegessen und wird noch lange die<br />

mediale Agenda bestimmen. #<br />

Bericht | Text: Saskia Zeh<br />

Für ein gerechtes Miteinander<br />

Tour der 1000 Brücken<br />

Es liegt in unserer Macht,<br />

die Welt <strong>zu</strong> verändern.<br />

Es ist nur eine Frage<br />

des Wollens.<br />

Solche Worte wählt der Schriftsteller<br />

und Musiker Heinz Ratz, wenn er über<br />

die Motivation spricht, die ihn da<strong>zu</strong> bewegt<br />

7000 km mit dem Fahrrad durch<br />

Deutschland <strong>zu</strong> fahren, Benefizkonzerte<br />

<strong>zu</strong> geben in 70 Städten <strong>zu</strong>gunsten der<br />

Flüchtlinge in Deutschland und für ein<br />

Miteinander ohne Rassismus und Diskriminierung.<br />

2008 tourte Ratz <strong>zu</strong> Fuß <strong>zu</strong> Gunsten von<br />

Wohnungslosen und gegen die soziale<br />

Härte durch Deutschland. 2009 machte<br />

er mit der „Lee(h)re der Flüsse“ schwimmend<br />

auf die <strong>zu</strong>nehmende Zerstörung der<br />

Natur aufmerksam. Im Rahmen der letzten<br />

Etappe des moralischen Triathlons war<br />

die „Tour der 1000 Brücken“ schon das<br />

fünfte Konzert von Ratz in Münster. In Zusammenarbeit<br />

mit Pro Asyl und den deutschen<br />

Flüchtlingsräten kämpft er für das<br />

Miteinander von Kulturen und Religionen,<br />

einen respektvollen und menschenwürdigen<br />

Umgang mit Notleidenden und<br />

Flüchtlingen anderer Nationen und für ein<br />

klares Nein <strong>zu</strong> Fremdenfeindlichkeit und<br />

Rassismus.<br />

_Drei Monate ist Heinz Ratz mit dem Fahrrad<br />

unterwegs, sensibilisiert und mobilisiert<br />

die Menschen, besucht Flüchtlinge in<br />

ihren Unterkünften und gibt Benefizkonzerte.<br />

Auf den Konzerten erzählt Ratz von<br />

seinen Erlebnissen in den Flüchtlingsunterkünften.<br />

Er erzählt von tragischen Einzelschicksalen,<br />

unerfreulichen Begegnungen<br />

mit Heimverwaltungen und immer<br />

wieder von „chaotischen Wohnverhält-<br />

nissen“ und Perspektivlosigkeit. „Das hier<br />

ist schlimmer als Gefängnis, denn im Gefängnis<br />

weiß man wenigstens, weswegen<br />

man drin sitzt“, zitiert der Liedermacher<br />

auf seinem Konzert im März hier in Münster<br />

einen Flüchtling, den er auf seiner Tour<br />

besucht hatte. „Wir müssen den Flüchtlingen<br />

endlich Achtung entgegenbringen<br />

und ihnen eine echte Chance geben. Einfach<br />

das Grundgesetz <strong>zu</strong> achten, würde<br />

die meisten Probleme schon lösen“, kommentierte<br />

er die Situation der Flüchtlinge<br />

in Deutschland.<br />

_Auf seinem Weg mit dem Fahrrad durch<br />

die Bundesrepublik wird Ratz immer wieder<br />

durch einzelne Menschen unterstützt,<br />

die ihn ein Stück seines Weges begleiten.<br />

Doch so viele Menschen wie auf seinem<br />

Weg von Bochum nach Münster waren es<br />

auf der ganzen Tour bisher noch nicht. 70<br />

Münsteraner sind dem Aufruf der GGUA<br />

Flüchtlingshilfe gefolgt, am Vormittag des<br />

Konzertabends in Münster dem Musiker<br />

entgegen<strong>zu</strong>fahren und ihn nach Münster<br />

hinein <strong>zu</strong> begleiten.<br />

_Heinz Ratz und seine Band „Strom und<br />

Wasser“ unterhielten während des Konzerts<br />

die Münsteraner mit ihrer Mischung<br />

aus Ska, Punk, Polka, Rock, schweren Harmonien<br />

und einer großen Portion Charisma<br />

und klärten zeitgleich über die aktuelle<br />

Situation von Flüchtlingen in Deutschland<br />

auf. Ratz‘ Erzählungen seiner Erlebnisse<br />

der vergangenen Wochen verliehen<br />

den geistreichen Texten seiner Lieder einen<br />

aktuellen, beklemmenden und <strong>zu</strong>m<br />

Nachdenken anregenden Hintergrund. Mit<br />

Herzenswärme und Lebensfreude brachte<br />

er das Münsteraner Publikum aus Stadtgesellschaft<br />

und direkt Betroffenen <strong>zu</strong>m<br />

Mitsingen und Mittanzen und ermutigte<br />

sie ihren Kampf für eine bessere Flüchtlingspolitik<br />

fort<strong>zu</strong>setzen.<br />

19


20<br />

Bericht | Text und Fotos: Bianka Boyke<br />

Klassiker im neuen Gewand<br />

Daniel Napp über seine Illustrationen <strong>zu</strong>m kleinem Wassermann<br />

Ein ganz neues Abenteuer des „Kleinen<br />

Wassermanns“ aus der Feder des weltbekannten<br />

Autors Otfried Preußler steht jetzt<br />

in den Regalen der Buchhandlungen. Illustriert<br />

hat das phantastische Werk der<br />

Kinderbuchautor und Illustrator Daniel<br />

Napp aus Münster. ~-Redakteurin<br />

Bianka Boyke traf den 36-Jährigen in<br />

seinem Atelier an der Hafenstraße 64 und<br />

sprach mit ihm über das zauberhafte Bilderbuch<br />

und seine <strong>zu</strong>künftigen Projekte.<br />

Bianka Boyke: Sie haben ein bisher<br />

unbekanntes Abenteuer von Otfried<br />

Preußlers kleinem Wassermann neu<br />

illustriert. Was haben Sie gedacht,<br />

als Sie das fertige Buch <strong>zu</strong>m ersten<br />

Mal in den Händen hielten?<br />

Daniel Napp: Mir gefiel das Ergebnis<br />

auf Anhieb gut, was keine<br />

Selbstverständlichkeit ist. Sehr oft<br />

bin ich enttäuscht, wenn das Titelbild<br />

<strong>zu</strong> flau gedruckt ist oder einen<br />

Farbstich bekommen hat. Nicht so<br />

beim Wassermann, der auch sonst<br />

insgesamt sehr gut reproduziert<br />

und gedruckt worden ist.<br />

Bianka Boyke: Das Original vom<br />

„Kleinen Wassermann“ ist schon 55<br />

Jahre alt. Kennen Sie es aus Ihrer<br />

Kindheit?<br />

Daniel Napp: Als ich sechs war, hat<br />

mir mein großer Bruder die Geschichte<br />

während eines Urlaubs in<br />

Bad Tölz vorgelesen. Aber draußen war<br />

es schon dunkel und ich hatte Angst vor<br />

dem Neunauge. Komplett gelesen habe<br />

ich das Buch erst während meines Studiums,<br />

als ich selbst mit dem Schreiben<br />

anfangen wollte.<br />

Bianka Boyke: Haben Sie das Buch für die<br />

Vorbereitungen <strong>zu</strong>m Bilderbuch nochmal<br />

gelesen?<br />

Daniel Napp: Vor der Arbeit an dem Bilderbuch<br />

habe ich das Buch mehrere Male<br />

gelesen, um den Tonfall und die Stimmung<br />

der Geschichte <strong>zu</strong> verinnerlichen.<br />

Außerdem sind dort viele Details über das<br />

Wassermannsleben <strong>zu</strong> finden, wie <strong>zu</strong>m<br />

Beispiel die Beschreibung der Kleidung<br />

oder die Einrichtung des Hauses.<br />

Bianka Boyke: Haben Sie sich sonst irgendwie<br />

speziell vorbereitet?<br />

Daniel Napp: Bei meiner Internet-Recherche<br />

nach außergewöhnlichen Häusern<br />

bin ich auf die „Worpsweder Käseglocke“<br />

gestoßen - ein Rundhaus aus<br />

Holz, das irgendwie aus einer anderen<br />

Welt <strong>zu</strong> kommen scheint. Eben ein richtiges<br />

Wassermannshaus. Bei einer Besichtigung<br />

habe ich fast dreihundert Fotos<br />

gemacht, die mir später sehr geholfen<br />

haben, die komplizierte Innenarchitektur<br />

mit dem märchenhaften Lichteinfall<br />

zeichnen <strong>zu</strong> können. Auch eine Wassermühle<br />

im Detmolder Freilichtmuseum<br />

habe ich besucht und fotografiert - und<br />

dem verwunderten Mann von der Museumsleitung<br />

Löcher in den Bauch gefragt<br />

(lacht).<br />

Bianka Boyke: Wie ist der Verlag eigentlich<br />

auf Sie gekommen?<br />

Daniel Napp: Thienemann hat einen<br />

kleinen Illustratoren-Wettbewerb veranstaltet,<br />

um den Preußlers eine Auswahl<br />

an möglichen Wassermännern<br />

anbieten <strong>zu</strong> können. Mein Glück<br />

war, dass sich meine Figur sehr an<br />

den Proportionen des Originals von<br />

Winnie Gebhardt orientierte. So<br />

hatte meine Illustration den größten<br />

Wiedererkennungseffekt und<br />

wurde schließlich ausgewählt.<br />

Bianka Boyke: Haben Sie Otfried<br />

Preußler auch persönlich kennengelernt?<br />

Daniel Napp: Da sich Herr Preußler<br />

schon seit Längerem aus der Öffentlichkeit<br />

<strong>zu</strong>rückgezogen hat, habe<br />

ich mit seinen beiden Töchtern,<br />

Frau Stigloher und Frau Preußler-<br />

Bitsch <strong>zu</strong>sammengearbeitet. Wir<br />

haben uns <strong>zu</strong>vor in München in<br />

einem gemütlichen Café getroffen,<br />

um uns für das Bilderbuch ab- und<br />

ein<strong>zu</strong>stimmen.<br />

Bianka Boyke: Wie lange haben die<br />

Arbeiten am „Kleinen Wassermann“ gedauert?<br />

Daniel Napp: Eigentlich waren vier Monate<br />

geplant, aber dann musste ich nochmal<br />

zwei Wochen Überstunden machen,<br />

um die Scans digital nach<strong>zu</strong>bearbeiten.<br />

Besonders bei den Augen des Wassermanns<br />

war viel Tüftelei erforderlich – am<br />

Ende habe ich aber eine gute Lösung gefunden,<br />

die <strong>zu</strong> meinem Stil passt, ohne<br />

mich <strong>zu</strong> weit von den Originalbildern<br />

Winnie Gebhardts <strong>zu</strong> entfernen.


Bianka Boyke: Können Sie Ihre einzelnen<br />

Arbeitsschritte näher beschreiben?<br />

Daniel Napp: Ich fange immer mit kleinen,<br />

sehr groben Skizzen an, die ich - am<br />

Computer - in die Bildrahmen des Layouts<br />

lade und so lange drehe, verschiebe<br />

und skaliere, bis eine brauchbare Komposition<br />

entstanden ist. Das Bild drucke<br />

ich vergrößert aus, übertrage die wichtigsten<br />

Linien am Leuchttisch auf ein<br />

neues Blatt und mache die Vorzeichnung.<br />

Die wird nochmal vergrößert und dann<br />

auf das Aquarellpapier übertragen. Dann<br />

erst wird gemalt.<br />

Bianka Boyke: Der Hund im „Kleinen<br />

Wassermann“ ähnelt Ihrem Hubertus aus<br />

den „Schnüffelnasen“ ein wenig. Hat das<br />

einen bestimmten Grund?<br />

Daniel Napp (lacht): Man braucht ja das<br />

Rad und eben auch den Hund nicht immer<br />

gleich neu <strong>zu</strong> erfinden. Außerdem<br />

gibt es immer noch genug Unterschiede:<br />

So würde sich Hubertus niemals von einer<br />

Stockente verscheuchen lassen.<br />

Bianka Boyke: Sie bauen in Ihre Bilderbücher<br />

immer witzige Details ein. So gibt<br />

es im Wassermannhaus einen Rauchmelder<br />

und Kerzenleuchter. Warum?<br />

Daniel Napp: Na, weil es lustig ist.<br />

Bianka Boyke: Betrachtet man Ihre Illustrationen<br />

länger, entdeckt man kleine<br />

Käfer in Hängematten oder auf Schatzsuche.<br />

Daniel Napp (lacht): Ich finde es spannend,<br />

wenn man in den Bildern nicht<br />

alles sofort sieht, auch mal etwas suchen<br />

muss. Darum bleiben solche Details auch<br />

oft Strichzeichnungen. Und natürlich soll<br />

der Fokus beim Vorlesen der Geschichte<br />

immer auf den Hauptdarstellern und der<br />

Atmosphäre liegen. Bei Wimmelbilderbüchern<br />

ist es genau umgekehrt, aber dort<br />

werden ja auch selten so komplexe Geschichten<br />

erzählt.<br />

Bianka Boyke: Würden Sie gerne weitere<br />

Klassiker neu interpretieren?<br />

Daniel Napp: Das kommt ganz auf den<br />

Klassiker an. Bei den Preußler-Geschichten<br />

dachte ich schon immer, dass man<br />

aus ihnen wunderbare Bilderbücher machen<br />

kann. Ich würde sofort wieder <strong>zu</strong>sagen.<br />

Bianka Boyke: Und eigene Projekte?<br />

Daniel Napp: Meine eigene Arbeit wird<br />

dabei auch nicht <strong>zu</strong> kurz kommen. Mehr<br />

als ein Kinderbuch kann ich pro Jahr sowieso<br />

nicht schreiben.<br />

Bianka Boyke: Verraten Sie uns noch,<br />

woran Sie gerade arbeiten?<br />

Daniel Napp: Zurzeit zerbreche ich mir<br />

den Kopf über den neusten Fall der<br />

Schnüffelnasen Hubertus und Pock. Wenn<br />

mir etwas Gescheites einfällt, kann ich<br />

mich Anfang April an die Schreibmaschine<br />

setzen. Und was ich gerade illustriere,<br />

können sich alle Leser am besten auf<br />

meinem Blog anschauen: www.danielnapp.de/blog<br />

Bianka Boyke: Herr Napp, vielen Dank für<br />

das Gespräch.<br />

Daniel Napp: Sehr gerne. #<br />

Veranstaltungstipp: Daniel Napps<br />

Original-Illustrationen <strong>zu</strong>m Bilderbuch<br />

„Der kleine Wassermann“ gehen<br />

jetzt auch auf Tournee. 20 Arbeiten<br />

- Original-Illustrationen,<br />

Skizzen und die Konzeptarbeit -<br />

sind jeweils für drei Wochen in verschiedenen<br />

Bibliotheken und<br />

Buchhandlungen <strong>zu</strong> sehen. Termine<br />

auf: www.daniel-napp.de<br />

Daniel Napp<br />

wurde am 19.06.1974 in Nastätten,<br />

Rheinland-Pfalz, geboren. Mit 22 begann<br />

er sein Designstudium mit dem<br />

Schwerpunkt Illustration in Münster<br />

und mit seiner Karriere ging es schnell<br />

voran. Seine ersten Aufträge waren<br />

Schulbuch-Illustrationen für den Cornelsen<br />

Verlag. Gleichzeitig illustrierte er<br />

als Semesterprojekt sein erstes Bilderbuch<br />

„Herr Jambus und der Elefant“.<br />

„Zwei Jahre später hatte ich dann<br />

endlich meinen ersten Kinderbuch-<br />

Auftrag“, so Daniel Napp. Der Schweizer<br />

Lektor Hans ten Doornkaat schickte<br />

ihm Christian Tielmanns Geschichte<br />

„Bauer Beck fährt weg“. 2001 erschien<br />

das Buch im Sauerländer Verlag<br />

- im wahrsten Sinne des Wortes<br />

ein Bilderbuchstart, denn „Bauer<br />

Beck fährt weg“ hat sich <strong>zu</strong> einem<br />

Longseller entwickelt. 2002 konnte<br />

Daniel Napp dann auch „Herr Jambus<br />

und der Elefant“ veröffentlichen.<br />

Doch seinen Durchbruch schaffte er<br />

mit dem tollpatschigen Braunbären<br />

Dr. Brumm – seiner Diplomarbeit von<br />

2002. Das lustige Bilderbuch „Dr.<br />

Brumm versteht das nicht“ erschien<br />

2004 im Thienemann-Verlag, der bis<br />

heute alle eigenen Kinder- und Bilderbücher<br />

von Daniel Napp verlegt.<br />

Inzwischen gibt es bereits sieben<br />

Abenteuer des Doktortieres.<br />

Sein erstes Kinderbuch „Schnüffelnasen<br />

an Bord“ folgte 2007 und wurde<br />

mit dem Paderborner Hasen 2008<br />

ausgezeichnet, sowie sogar ins Chinesische<br />

und Koreanische übersetzt.<br />

Von seinen Werken bevor<strong>zu</strong>gt Daniel<br />

Napp keins, hängt eigentlich immer<br />

besonders an dem, das er gerade bearbeitet.<br />

#<br />

21


C<br />

M<br />

Y<br />

CM<br />

MY<br />

CY<br />

CMY<br />

K<br />

22<br />

Bericht | Text: Jörg Hüls | Foto: Horst Hamann/DFB<br />

Frauen-Fußball-WM in Deutschland<br />

Silvia Neid im Interview<br />

Für die Bundestrainerin Silvia Neid läuft<br />

die Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft<br />

im eigenen Land auf Hochtouren.<br />

Seit 2005 betreut sie die deutsche Frauen-<br />

Nationalmannschaft und konnte 2007 bei<br />

der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft in China<br />

mit der DFB-Auswahl den zweiten WM-<br />

Titel in Folge feiern. Die im Januar 2011<br />

von der FIFA <strong>zu</strong>r ersten ‚Welt-Trainerin des<br />

Jahres‘ gekürte Bundestrainerin hat das<br />

nächste Ziel fest im Visier: Weltmeister im<br />

eigenen Land. ~-Redakteur Joerg<br />

Huels sprach mit der erfolgreichen Fußballlehrerin.<br />

~: Wie sind Sie persönlich <strong>zu</strong>m<br />

Fußball gekommen?<br />

Silvia Neid: Ich bin damit aufgewachsen.<br />

Seit ich laufen kann, spiele ich Fußball.<br />

Anzeige<br />

Mein Vater und mein Bruder Ricardo haben<br />

mich begeistert und mitgerissen.<br />

~: Welches war das kurioseste Erlebnis,<br />

das Sie beim Fußball erlebt haben?<br />

Silvia Neid: Ich erinnere mich weniger an<br />

die kuriosen als an die schönen Momente.<br />

Mein erstes Länderspiel gehört da<strong>zu</strong>,<br />

der Gewinn der EM 1989 oder die beiden<br />

WM-Titel 2003 und 2007.<br />

MS_Anz_draußen_42,7x126_sw_RZ.pdPage 1 31.08.2009 14:29:31 Uhr<br />

~: Welche Wünsche haben Sie an<br />

den DFB?<br />

Silvia Neid: Eigentlich habe ich nur einen<br />

Wunsch an den DFB, nämlich, dass<br />

er den Frauenfußball weiterhin so fördert<br />

wie bisher. Ich glaube, es gibt weltweit<br />

keinen anderen Verband, der sich derart<br />

im Frauenfußball engagiert. Das ist mit<br />

Sicherheit ein Verdienst solcher Leute wie<br />

DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger und<br />

DFB-Vize-Präsidentin Hannelore Ratzeburg.<br />

~: Was sagen Sie über die Stadionauswahl<br />

bei dieser WM?<br />

Silvia Neid: Die ist sehr gut. Wir spielen<br />

in sehr modernen und schönen Arenen,<br />

deren Zuschauerkapazität dem Anlass<br />

angemessen ist.<br />

~: Wer ist Favorit auf den Weltmeistertitel<br />

und welches der Teams wird<br />

die größte Überraschung Mannschaft<br />

werden?<br />

Silvia Neid: Der Kreis der Favoriten ist<br />

groß. Ich zähle natürlich die<br />

USA und Brasilien da<strong>zu</strong>. Mit Japan<br />

und Nordkorea habe ich<br />

zwei asiatische Mannschaften<br />

ganz oben auf meiner Rechnung.<br />

Und natürlich werden<br />

mit Schweden, England und<br />

Norwegen auch die europäischen<br />

Vertreter ein Wort bei der<br />

Titelvergabe mitreden. Wenn<br />

einer unserer Gruppengegner<br />

Kanada, Nigeria oder Frankreich<br />

sich als Überraschungsmannschaft<br />

des Turniers entpuppen<br />

sollte, würde mich das nicht<br />

überraschen.<br />

~: Damenfußball wird<br />

immer athletischer, wo würden<br />

sie die derzeitige Damen-Nationalmannschaft<br />

in der aktuellen<br />

Herren-Bundesliga sehen?<br />

Silvia Neid: Ich merke daran,<br />

dass diese Frage noch immer<br />

häufig gestellt wird, dass das<br />

Verständnis dafür noch nicht<br />

vorhanden ist. Der Vergleich zwischen<br />

Männern und Frauen hinkt einfach. Es<br />

gibt biologische Unterschiede zwischen<br />

den Geschlechtern, die einen Leistungsunterschied<br />

erklären. Männer haben<br />

von Natur aus mehr Muskeln als Frauen,<br />

können deshalb schneller laufen, höher<br />

springen, weiter und fester schießen,<br />

sich in Zweikämpfen besser durchsetzen.<br />

Das sind grundverschiedene Vorausset<strong>zu</strong>ngen<br />

und deshalb stellt sich der Vergleich<br />

nicht. #


Columne | Text: Der Lingualpirat | Foto: Der Lingualpirat<br />

Columne: „~ auf Cuba“<br />

Neues aus der Fernsehmensa<br />

Moin <strong>zu</strong>sammen und herzlichen Glückwunsch<br />

<strong>zu</strong> der Entscheidung, diesen Artikel<br />

<strong>zu</strong> lesen! Meinen thematischen Fokus lege<br />

ich heute einmal auf ein nicht tot<strong>zu</strong>kriegendes<br />

Unkraut der Fernsehenunterhaltung:<br />

den gemeinen Fernsehkoch!<br />

_Unter dem Schleier des Bildungsfernsehens<br />

schmeißen diese Kochtopfterroristen<br />

<strong>zu</strong>r besten Sendezeit irgendwelche Lebensmittel<br />

in die schmiedeeisernen Pfannen<br />

der Fernsehunterhaltung, die geistig gesunde<br />

Menschen nicht mal kurz vorm Hungertod<br />

verspeisen würden. Zur Krönung<br />

würzen sie den Fraß noch mit irgendwelchen<br />

Unkräutern, die wahrscheinlich <strong>zu</strong><br />

Recht seit Hunderten von Jahren aus allen<br />

Küchen der Welt verbannt wurden, und<br />

nennen das Resultat der Lebensmittelvergewaltigung<br />

dann noch hochmütig Nouvelle<br />

Couisine.<br />

_So amüsant es auch anmuten mag, aber<br />

diese Induktionsherdinquisitoren kochen<br />

tatsächlich im Fernsehen wirklich nur<br />

Kram, den kein normaler Mensch freiwillig<br />

essen würde. Ernsthaft! Wenn ich<br />

mir mal auf der Reeperbahn schön die<br />

Festplatte formatiert habe und nach verrichteter<br />

Nachtschicht in meine Küche<br />

taumele, dann denke ich doch maximal:<br />

Boah... jetzt ein kaltes Schnitzel! Oder vielleicht<br />

noch: hmm... jetzt ein Mettbrot mit<br />

Zwiebeln und nicht... Hossa, ja jetzt noch<br />

schnell eine krosse Perlhuhnbrust aus dem<br />

Vakuumofen, Hmm... in einem Bett aus<br />

Rucolapesto an Dinkeltagliatelle!<br />

_Wenn ich vor ein paar Jahren eine Frau<br />

mit den Worten: „Komm doch heute Abend<br />

<strong>zu</strong> mir, es erwartet dich als Vorspeise ‚Getrüffelter,<br />

mediteraner Kartoffelstampf an<br />

Brokolischaum‘ und als Hauptgang ‚Dreierlei<br />

vom Weideochsen auf Frühlingsrisotto<br />

auf einem Rotweinamarenakirschspiegel‘„<br />

nach Hause <strong>zu</strong>m Essen eingeladen hätte,<br />

wäre sie wohl <strong>zu</strong> Recht der Ansicht gewesen,<br />

dass ich ein psychopathischer Serienkiller<br />

und das Menü ihre Henkersmahlzeit<br />

wäre!<br />

_OK, dass meine Freundinnen damals<br />

nicht auf gehobene Küche standen, liegt<br />

vielleicht auch an meinem Beuteschema.<br />

Ich habe mich nie mit Frauen verabredet,<br />

die kochen konnten wie meine Mutter.<br />

Ich datete Frauen, die trinken konnten<br />

wie mein Vater, tätowiert waren wie mein<br />

Onkel und geflucht haben wie mein Opa!<br />

Aber Fernsehköche sind tatsächlich nahe<strong>zu</strong><br />

allesamt Psychopathen.<br />

_Bestes Beispiel: Johann Lafer, der weiße<br />

Hai des Öffentlich-Rechtlichen Kochimperiums.<br />

Lafer, der weißgeschürzte Lebensmittelzauberer<br />

mit dem Revolvergebiss und<br />

einem Lächeln, das sagt: Ich lagere meine<br />

Schwiegermutter schön in Scheibchen geschnitten<br />

und Tütchen verpackt in meinem<br />

Tiefkühler. Ein Blick in seine Augen und<br />

man sieht sofort: Der Typ hört mindestens 8<br />

Stimmen gleichzeitig in seinem Kopf. 4 diskutieren<br />

wahrscheinlich über die exakten<br />

Arbeitsabläufe und die Kochreihenfolge der<br />

Zutaten, 3 Stimmen planen in unterschiedlichen<br />

Sprachen die Erringung der Weltherrschaft,<br />

während die letzte eindringlich<br />

den Bratmaxesong summt.<br />

_Besonders perfide finde ich an diesem<br />

Norman Bates der Einbau- und Großraumküchen<br />

auch, dass er nur Fleisch von glücklichen<br />

Tieren in die Pfannen haut. Was blöderweise<br />

in seinem Fall allerdings nichts mit<br />

artgerechter Haltung <strong>zu</strong> tun: NEIN! Der Lafer<br />

findet Fleisch nämlich nur lecker, wenn<br />

der ganz genau weiß, dass das arme Tier<br />

möglichst jung aus einem harmonischen,<br />

glücklichen und intakten Familienumfeld<br />

gemetzelt wurde! Der feine Herr will einfach<br />

kein massengehaltenes, völlig deprimiertes<br />

Stück Käfigtier essen, was sich antibiotika-<br />

und wachstumsbeschleunigerverseucht vor<br />

lauter Frust über die 24-stündige Neonröhrensonne<br />

im überfüllten Kloakenknast<br />

schon fast freiwillig in ein Bolzenschussgerät<br />

wirft!<br />

In diesem Sinne – Guten Appetit! #<br />

~ auf Cuba!<br />

Cubarett ist die offene Kabarettbühne<br />

Münsters im Cuba Nova, unter<br />

der Leitung von Christoph Tiemann<br />

Seit April 2010 schreibt einer der<br />

aktuell auftretenden Künstler in<br />

der ~.<br />

Diesmal ist es Glenn Langhorst,<br />

dem Lingualpirat.<br />

Glenn Langhorst kann man am<br />

2.5.2011 live bei Cubarett auf der<br />

Bühne sehen.<br />

www.Lingualpirat.de<br />

Das nächste Cubarett findet am<br />

4.4.2011 im Cuba Nova an der Achtermannstraße<br />

statt. Mit dabei<br />

sind: Hanno Fischer, Tom Ehrlich,<br />

Philipp Scheffbuch, Florian Gründel<br />

und Manuel Wolff. Im Mai findet<br />

Cubarett am 2.5.2011 ebenfalls im<br />

Cuba Nova statt.<br />

Cubarett Youtube Kanal jetzt online:<br />

Zu finden ist der Kanal unter: http://<br />

www.youtube.com/user/Cubarett<br />

23


24<br />

Rechtstipps | Text: Rechtsanwältin Annette Poethke<br />

§<br />

Neues aus dem allgemeinen Zivilrecht<br />

Hartz-IV-Empfänger glücklos?<br />

Grosses Aufsehen erregt in der Medienwelt<br />

und bei Hartz-IV-Empfängern eine<br />

Entscheidung des Landgerichts Köln von<br />

Anfang März 2011, wonach Hartz-IV-<br />

Empfänger in Nordrhein-Westfalen nicht<br />

mehr am staatlichen Sportwettenangebot<br />

Oddset teilnehmen dürfen.<br />

_Ein privater Glücksspielanbieter mit Sitz<br />

auf Malta namens „Tipico“ hat das einstweilige<br />

Verfügungsverfahren gegen Westlotto<br />

eingeleitet. In der Entscheidung des<br />

Landgerichts Köln heißt es: Westlotto ist<br />

die Annahme von Oddset-Wetten durch<br />

Spieler verboten, die „Spieleinsätze riskieren,<br />

die in keinem Verhältnis <strong>zu</strong> ihrem<br />

Einkommen stehen, insbesondere Hartz-<br />

IV-Empfänger“.<br />

_Spiegel Online berichtet, der Konkurrent<br />

Tipico habe Testkäufer in die Lottoannahmestellen<br />

geschickt, die sich laut über ihr<br />

Auskommen mit Hartz-IV ausgetauscht<br />

hätten. Wenn Ihnen dann dennoch eine<br />

Sportwette verkauft worden sei, wäre<br />

Lenny und Marie<br />

Lenny und Marie sind ein ganz wunderbares und<br />

hübsches Geschwisterpaar von 11 Monaten, das auf<br />

der Suche nach einem liebevollen Zuhause ist. Ihre<br />

neuen Besitzer sollten den beiden Stubentigern <strong>zu</strong><br />

Beginn vor allem Einfühlungsvermögen, Geduld<br />

und viel Liebe entgegenbringen. Denn obwohl die<br />

beiden von Herzen gerne ihre Späße treiben – wie<br />

es sich für ihr Alter gehört – so verkriechen sich<br />

Lenny und Marie anfänglich in ihrem Schneckenhaus.<br />

Die erste Rücksichtnahme wird später dafür<br />

umso mehr belohnt. Beide sind es gewohnt, in einem<br />

berufstätigen Haushalt <strong>zu</strong> leben und kommen<br />

gut mit der vorübergehenden Stille <strong>zu</strong>recht. Lenny<br />

und Marie dürfen gerne <strong>zu</strong> zweit umziehen, können<br />

aber auch <strong>zu</strong> einer vorhandenen Zweitkatze.<br />

dies ein Verstoß gegen die geltenden Bestimmungen.<br />

Die Entscheidung des Landgerichts<br />

Köln im Wege der einstweiligen<br />

Verfügung droht dem Wettanbieter Westlotto<br />

bei Verstoß ein Ordnungsgeld von<br />

bis <strong>zu</strong> 250.000,00 Euro an und ein ½ Jahr<br />

Gefängnisstrafe, falls er Wettscheine von<br />

Hartz-IV- Empfängern annimmt.<br />

_Die Inhaber von Lottoannahmestellen<br />

in Nordrhein- Westfalen sind ratlos, da<br />

sie nicht wissen, wie sie vorgehen sollen,<br />

denn schließlich sind Hartz-IV-Empfänger<br />

nicht durch Abzeichen oder Brandzeichen,<br />

wie es ein Betroffener sarkastisch<br />

formuliert (Gleichstellung von Hartz-IV-<br />

Empfängern mit Pferden?), gekennzeichnet.<br />

_Die Betroffenen sind schockiert, fühlen<br />

sich diskriminiert, ungleich behandelt<br />

und bevormundet. Im Übrigen fragen sie<br />

sich: Wie schützt man Personen, die beim<br />

Glücksspiel nur verlieren können, weil sie<br />

die Gewinne – falls sie denn eintreten -<br />

Kontakt: Tel. 0251-8469757 oder www.katzenhilfe-muenster.de<br />

nicht behalten dürfen? Die Gewinne sind<br />

nämlich beim Amt an<strong>zu</strong>geben und als<br />

Einkommen <strong>zu</strong> berücksichtigen.<br />

_Nach allem will Westlotto gegen die<br />

Entscheidung Widerspruch einlegen und<br />

im Hauptsachverfahren die bestehenden<br />

Ungereimtheiten klären lassen, insbesondere,<br />

wie in der Praxis <strong>zu</strong> verfahren<br />

ist.<br />

_Denn offensichtlich wird hier der Machtkampf<br />

von Konkurrenten auf dem Rücken<br />

der Ärmsten ausgetragen. Niemand wird<br />

ernsthaft glauben, dass Tipico mit seinem<br />

Antrag beim Landgericht Köln den Schutz<br />

der Hartz-IV-Empfänger bezweckt.<br />

_Es bleibt also <strong>zu</strong> hoffen, dass im Hauptsachverfahren<br />

eine Entscheidung getroffen<br />

wird, die praxisnah und durchsetzbar<br />

ist. Im Gegensatz <strong>zu</strong>m einstweiligen<br />

Verfügungsverfahren, in dem die vorgebrachten<br />

und behaupteten Tatsachen lediglich<br />

glaubhaft gemacht werden müssen,<br />

sind diese im Hauptsachverfahren <strong>zu</strong><br />

beweisen. #


Kurz und knapp | Text: Sabrina Kipp und Jörg Hüls | Fotos: Sigi Nasner<br />

Große Osteraktion am Aasee<br />

Unter dem Motto: „Heiße Würstchen für<br />

arme Würstchen“ lädt das Straßenmagazin<br />

~ am Ostersonntag ein. Direkt<br />

an den Aaseetreppen wird es neben<br />

Würstchen, Ostereiern und Kaffee einen<br />

großen Bücherflohmarkt geben. Das Beste:<br />

Den Preis bestimmen Sie selbst! Alles<br />

was am Ostersonntag am Aasee angeboten<br />

wird, wechselt gegen eine freiwillige<br />

Spende den Besitzer.<br />

_Außerdem winken tolle Preise bei einer<br />

Tombola. Neben Fahrrad und Fernseher<br />

gibt es einige besondere Leckerbissen.<br />

Handsignierte CD‘s und Platten, Fußballtrikots<br />

und vieles mehr können gewonnen<br />

werden. Mit nur 1.- Euro pro Los sind Sie<br />

dabei. #<br />

Großzügige Spende<br />

Dass die Verkäufer sowie das gesamte Team der<br />

~ versuchen, ständig ihr Bestes <strong>zu</strong> geben, erkennen<br />

immer mehr Menschen. So auch Bianka Menzel,<br />

die im Marketingbereich des IKK-Informations-<br />

Service-Center im Centrum Nord in Münster tätig ist.<br />

Und davon überzeugte sie auch die Geschäftsleitung,<br />

die sich daraufhin entschloss, uns mit einer großzügigen<br />

Spende in Höhe von 1000,- Euro <strong>zu</strong> unterstützen.<br />

Die Übergabe des Schecks fand am 16. März in<br />

den Geschäftsräumen der IKK-ISC eG, Anton-Bruchhausen-Straße<br />

8, statt. Unserer Mitarbeiter Jörg Hüls<br />

nahm den Scheck in Empfang. Zugegen waren die<br />

IKK-Firmenmitarbeiter Frau Reker, Frau Schürmann<br />

und Herr Hölscher (von links nach rechts). Wir danken<br />

der IKK-ISC eG ganz herzlich für diese wohlwollende<br />

Zuwendung und wünschen alles Gute. #<br />

Anzeige<br />

25


26<br />

Buchtipps | Text: 1. Bianka Boyke | 2. Michael Heß<br />

Lesen<br />

Otfried Preußler/Regine Stigloher<br />

Daniel Napp (Illu)<br />

Der kleine Wassermann:<br />

Frühling im Mühlenweiher<br />

Thienemann 2011, 32 Seiten,<br />

ab 4 Jahren, 12,90 Euro<br />

ISBN: 978-3-522-43678-6<br />

Eckart Lohse, Markus Wehner:<br />

„Guttenberg Biografie“<br />

Droemer Verlag München 2011,<br />

416 Seiten, 19,99 Euro<br />

ISBN 978-3-426-27554-2<br />

Der kleine Wassermann ist wieder da! Die<br />

neue Geschichte ist ein Bilderbuch, zauberhaft<br />

illustriert vom Münsteraner Illustrator<br />

Daniel Napp. Und es ist tatsächlich<br />

Wassermann-Erfinder Otfried Preußler,<br />

jetzt 87 Jahre alt, der mit Tochter Regine<br />

Stigloher den Text geschrieben hat.<br />

_Im neuen Abenteuer wird es Frühling.<br />

Die ersten wärmenden Sonnenstrahlen<br />

erreichen den Grund des Mühlenweihers<br />

und der kleine Wassermann erwacht aus<br />

dem Winterschlaf. Neugierig und voller<br />

Tatendrang macht er sich sofort nach<br />

dem Frühstück auf, um seine Umgebung<br />

<strong>zu</strong> erkunden. Ob sich irgendetwas verändert<br />

hat und ob seine Freunde noch alle<br />

da sind?<br />

_Es ist einfach wunderbar, dass das kleine<br />

Fabelwesen mit den grünen Haaren, der<br />

Hose aus Fischschuppen und der roten<br />

Zipfelmütze nach 55 Jahren mit „Frühling<br />

in Mühlenweiher“ ein neues Aben-<br />

Der Shootingstar des deutschen Politbetriebs<br />

ist abgestürzt. Zufällig erscheint<br />

zeitgleich die erste Biografie des fränkischen<br />

Freiherrn, was die vorliegende Arbeit<br />

noch interessanter macht. Das Manko<br />

der ersten Auflage, den eigentlichen Sturz<br />

deshalb nur am Rande <strong>zu</strong> beleuchten,<br />

wird in den folgenden Ausgaben korrigiert,<br />

so die Ankündigung des Verlages.<br />

Die Autoren Lohse und Wehner sind als<br />

Korrespondenten der FAZ keine Linken,<br />

was ihre sehr lesenswerte Arbeit in diesem<br />

Kontext noch glaubwürdiger macht.<br />

Einen „Instinktpolitiker“ nennen sie Guttenberg<br />

nach langjähriger Begleitung und<br />

das ist nicht als Kompliment gedacht.<br />

Dennoch beleuchten sie sachlich Guttenbergs<br />

Werdegang als „erster Spitzenpolitiker<br />

der Twitter- und Facebook-Generation“<br />

(Joschka Fischer). Lesenswert sind<br />

auch die Geschichte der uradligen Familie<br />

Guttenberg, die Herkunft ihres Vermögens<br />

und die verwandtschaftlichen Verhältnisse.<br />

Kurz: Lohse und Wehner durchleuch-<br />

teuer erlebt. Sicher werden viele Kinder,<br />

die hier dem kleinen Wassermann <strong>zu</strong>m<br />

ersten Mal begegnen, so begeistert sein,<br />

dass sie <strong>zu</strong> dem Buch greifen, das schon<br />

ihre Eltern und Großeltern liebten.<br />

_Eine fantasievolle Geschichte über eine<br />

einzigartige Unterwasserwelt, in der Daniel<br />

Napp mit seinen liebevollen Illustrationen<br />

die Figuren lebendig und die<br />

besondere Atmosphäre unter Wasser<br />

spürbar werden lässt – inklusive kleiner<br />

Wasserkäfer, die an der Staffelei einen<br />

Fisch porträtieren oder faul in der Hängematte<br />

lümmeln.<br />

ten das Phänomen Guttenberg mit flüssiger,<br />

distanzierter Schreibe in Gänze und<br />

sie zeichnen das Bild einer Persönlichkeit,<br />

die sich formvollendet und telegen<br />

<strong>zu</strong> Höherem berufen glaubt(e). Der Begriff<br />

„Blender“ kommt dem Leser dabei<br />

immer wieder in den Sinn.<br />

Das ist Guttenberg nicht vor<strong>zu</strong>werfen, da<br />

gibt es noch andere. Den Nährboden seines<br />

Sturzes bildeten vielmehr die rüde,<br />

ja selbstherrliche Art seiner immer stärker<br />

kritisierten Entscheidungen (Kundus,<br />

Gorch Fock) sowie der ausgeprägte Hang<br />

<strong>zu</strong>r Selbstinszenierung (Thomas Gottschalk,<br />

Johannes B. Kerner). Wo kaum<br />

Inhalte waren und sind, können noch<br />

so professionelle Bilder und Images auf<br />

Dauer nichts kaschieren. Man mag Guttenberg<br />

als (reparierten?) Betriebsunfall<br />

des Politsystems werten. Man kann ihn<br />

aber auch als konsequente Ausgeburt des<br />

Systems werten, dem andere folgen werden.<br />

Wie auch immer, ist die Guttenbergshow<br />

vorbei. Vorerst.


Rezepte | Text: Martina Hegemann<br />

Allles Eierlei<br />

Was wäre Ostern ohne Ostereier? Besonders Kinder bis <strong>zu</strong> einem bestimmten Alter lieben es die bunten Eier <strong>zu</strong> suchen und für<br />

sie gilt: Je mehr Eier, desto besser. Auch auf dem Frühstückstisch darf gerade <strong>zu</strong> Ostern das Ei nicht fehlen. Doch spätestens<br />

am Ostermontag stellt sich die Frage: Was mache ich mit den noch vorhandenen hartgekochten Eiern? Da es sich um ein hochwertiges<br />

Lebensmittel handelt, soll es ja auch verzehrt werden. Selbst hartgekochte Eier sind gekühlt immerhin zwei bis drei<br />

Wochen haltbar, so kann mensch sich noch ein wenig an den am besten gelungenen Kunstwerken erfreuen, doch dann sollten<br />

sie verarbeitet werden. Der klassische Eiersalat bietet sich an, kleingewürfelt eignen sie sich auch als Suppeneinlage. Oder belegen<br />

Sie doch mal eine Pizza mit in Scheiben geschnittenen Eiern und schwarzen Oliven. Aber was ist noch möglich? Einige<br />

Anregungen finden Sie hier. Viel Vergnügen beim Nachkochen.<br />

Feldsalat mit Ei und Räucherlachs<br />

Zutaten:<br />

150 g Feldsalat<br />

1 Bund Radieschen<br />

50 g Walnußkerne<br />

150 g Räucherlachs<br />

5 hartgekochte Eier<br />

3 Schalotten oder milde Zwiebeln<br />

2 Zweige Estragon, geht auch getrocknet<br />

3 EL Sherry- oder Apfelessig<br />

½ TL Senf<br />

Salz, schwarzer Pfeffer<br />

1 Prise Zucker<br />

4 EL Öl<br />

Zubereitung:<br />

Feldsalat putzen, waschen und gut abtropfen<br />

lassen. Die ebenfalls gewaschenen<br />

Radieschen in Scheiben schneiden. Nüsse<br />

grob hacken. Den Lachs in Streifen und<br />

die Eier jeweils in Scheiben schneiden. Die<br />

Zutaten <strong>zu</strong>sammenfügen oder sofort auf<br />

vier Portionstellern anrichten. Mit Pfeffer<br />

übermahlen. Für die Sauce die Schalotten<br />

schälen und fein würfeln. Estragonblätter<br />

klein schneiden und beides mit Essig,<br />

Senf, Salz und Zucker vermischen. Zum<br />

Schluss das Öl unterrühren und die Sauce<br />

über den Salat träufeln.<br />

Tipp: Statt des Räucherlachses kann auch<br />

feingewürfelter Apfel genommen werden.<br />

#<br />

Eierfrikassee mit Spargel<br />

Zutaten:<br />

1 kg Spargel<br />

Salz<br />

1 Prise Zucker<br />

150 g gekochter Schinken<br />

4 hartgekochte Eier<br />

2 Schalotten<br />

25 g Butter<br />

¼ l Milch<br />

1/8 l Sahne<br />

2 EL Speisestärke<br />

1 EL kleine Kapern<br />

weißer Pfeffer<br />

4 EL trockener Weißwein, gern alkoholfrei<br />

Zubereitung:<br />

Spargel schälen. Wasser mit je einer Prise<br />

Zucker und Salz <strong>zu</strong>m Kochen bringen und<br />

den Spargel darin in ca. 15 bis 20 Minuten<br />

gar kochen. Schinken würfeln und die<br />

abgepellten Eier vierteln. Die Schalotten<br />

fein würfeln, in der Butter glasig werden<br />

lassen. Den Schinken hin<strong>zu</strong>fügen und<br />

einige Minuten mitbraten. Ca. 250 ml<br />

vom Spargelwasser mit der Milch und der<br />

Sahne aufkochen lassen. Die Speisestärke<br />

kalt mit etwas Wasser anrühren, in die<br />

Milchmischung einrühren und die entstandenen<br />

Sauce ca. 3 Minuten köcheln<br />

lassen. Spargel in mundgerechte Stücke<br />

schneiden. Zusammen mit den Eivierteln,<br />

dem Schinken, den Schalotten und den<br />

Kapern in die Sauce geben. Mit Salz, Pfeffer<br />

und Weißwein abschmecken.<br />

Da<strong>zu</strong> schmeckt Reis. #<br />

Amerikanischer Gemüseauflauf<br />

Zutaten:<br />

3 Scheiben Toastbrot<br />

50 g Butter<br />

1 Zwiebel<br />

250 g Putenschnitzel<br />

2 TL Mehl<br />

1 TL Curry<br />

1/8 l trockener Weißwein oder Brühe<br />

Salz und weißer Pfeffer<br />

1 Spritzer Tabascosauce<br />

150 g Créme fraîche<br />

1 Dose Maiskörner<br />

4 hartgekochte Eier<br />

4 Tomaten<br />

50 g geriebener Chesterkäse oder entsprechender<br />

würziger Käse<br />

25 g Kräuterbutter<br />

Zubereitung:<br />

Toastbrot würfeln, in 20 g Butter goldbraun<br />

rösten und in eine gebutterte Auflaufform<br />

füllen. Die Zwiebel ebenfalls<br />

würfeln und in Butter glasig braten. Das<br />

Fleisch in Streifen schneiden und etwa 3<br />

Minuten mitbraten. Mit Mehl und Curry<br />

bestäuben, mit dem Wein oder der Brühe<br />

aufgießen und mit Salz, Pfeffer und Tabasco<br />

würzen. Etwa 1/3 der Créme fraîche<br />

<strong>zu</strong>fügen und vorsichtig unterrühren. Die<br />

Fleisch-Zwiebel-Mischung auf die Brotwürfel<br />

verteilen und mit den Maiskörnern<br />

gleichmäßig bedecken. Geschälte Eier und<br />

Tomaten in Scheiben schneiden und auf<br />

dem Auflauf verteilen. Die noch übrige<br />

Créme fraîche mit dem Käse mischen und<br />

auf die Eierscheiben streichen. Die Tomatenscheiben<br />

mit Kräuterbutterflöckchen<br />

belegen. Den Auflauf bei 200 Grad etwa 20<br />

Minuten im Ofen backen. #<br />

27


28<br />

Bericht | Text: Horst Gärtner<br />

Schlussakkord<br />

Zu Guttenberg einmal anders. Zunächst einmal klargestellt: Was der<br />

<strong>zu</strong>rückgetretene Verteidigungsminister Karl-Theodor <strong>zu</strong> Guttenberg<br />

bei der Abgabe seiner Doktorarbeit bei der Universität Bayreuth getan<br />

hat und sein anschließendes Krisenmanagement ist grottenschlecht,<br />

vor allem der Umgang mit der Wahrheit, und im Grunde<br />

nicht entschuldbar – auch wenn er sich (all <strong>zu</strong> spät) in aller Form<br />

entschuldigt hat.<br />

Aber mittlerweile reicht es auch und man hätte die Uhr danach<br />

stellen können, dass in den Aschermittwochsveranstaltungen der<br />

Oppositionsparteien die stumpfen Messer noch einmal gewetzt<br />

werden; Redebeiträge aus der jüngsten Vergangenheit gab es säckeweise,<br />

da brauchte man sich nichts Neues einfallen <strong>zu</strong> lassen!<br />

Ich habe 47 Jahre bei öffentlichen Verwaltungen gearbeitet und<br />

ich weiß, wie sorgfältig man Prüfungsaufträge bearbeiten muss.<br />

Da frage ich mich schon, weshalb kaum jemand über die Rolle<br />

der Universität Bayreuth spricht oder schreibt. Da sagte Andreas<br />

Fischer-Lescano, Direktor am Zentrum für Europäische Rechtspolitik<br />

in Bremen, dem die Ungereimtheiten in der „Doktorarbeit“ bei<br />

der Vorbereitung eines Seminars <strong>zu</strong>m Verfassungsrecht aufgefallen<br />

sind: „Mir fiel auf, dass das Niveau dieser Arbeit sowohl sprachlich<br />

als auch argumentativ sehr uneinheitlich war. Besonders schwach<br />

fand ich die Passage, in der es um den fehlenden Gottesbe<strong>zu</strong>g in<br />

der EU-Verfassung geht.“ Wenn Fischer-Lescano <strong>zu</strong>fällig auf <strong>zu</strong><br />

Guttenbergs Plagiat stößt, dann weiter recherchiert und weitere<br />

findet, wenn die Scharen derer, die anschließend gegoogelt haben,<br />

alles Mögliche in der Arbeit noch entdeckten und scharenweise<br />

über ihn hergefallen sind, dann fragt man sich, wie es möglich<br />

ist, dass vier Professoren an der Universität Bayreuth die Doktorarbeit<br />

geprüft haben, dass ihnen nichts aufgefallen ist und dass sie<br />

Balu<br />

Der hübsche Mischlingsrüde Bilal kam aus einer rumänischen Hundeauffangstation<br />

nach Deutschland. Anfänglich hielt sich der knapp Dreijährige<br />

lieber im Hintergrund auf und beobachtete das Geschehen, so allmählich<br />

wird er aber mutiger und taut von Tag <strong>zu</strong> Tag mehr auf. Er genießt die<br />

menschliche Zuwendung und zeigt sich auch gegenüber Artgenossen sozialverträglich.<br />

Er ist freundlich und tollt auch gerne mal mit seinen Hundekumpels<br />

herum. In vielen Dingen ist Bilal noch etwas unsicher, ein selbstbewusster<br />

Zweithund wäre daher eventuell von Vorteil. Da er sich schnell<br />

einschüchtern lässt, ist ein Haushalt mit kleineren Kindern eher ungeeignet.<br />

Er benötigt eine ruhige und konsequente Erziehung, die ihm die erforderliche<br />

Sicherheit vermittelt. Der Besuch einer Hundeschule ist für Bilal in<br />

jedem Fall unerlässlich.<br />

Tierfreunde Münster e. V., Kötterstr. 198, 48157 Münster - www.tierfreunde-ms.de<br />

Öffnungszeiten: samstags und sonntags von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr<br />

sie sogar mit „summa cum laude“, der besten Note, ausgezeichnet<br />

haben, die im Jahre 2009 nur 14,7 % der Doktoranden erreichten!<br />

Wenn in der Jugendhilfe in einer Familie Gewalt oder Vernachlässigung<br />

von Kindern auftritt und diese erst spät - leider manchmal<br />

<strong>zu</strong> spät - entdeckt wird, dann ist die erste Frage: „Wo war das<br />

Jugendamt, warum hat es das nicht verhindert?“ Als der Dioxin-<br />

Skandal hohe Wellen schlug, weil Unternehmer aus Profitgier die<br />

Gesundheit von Menschen auf´s Spiel gesetzt haben, war eine der<br />

ersten Fragen „Wo waren die behördlichen Prüfinstanzen?“<br />

Da muss man doch auch im Fall <strong>zu</strong> Guttenberg die Frage stellen: Wo<br />

war die Universität Bayreuth, als sie grünes Licht mit der höchsten<br />

Auszeichnung für diese Arbeit gegeben hat? Sich nur darauf <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>ziehen,<br />

dass 2006/2007 und in den Jahren davor die Prüfmöglichkeiten<br />

im Netz noch nicht so ausgeprägt waren, ist eine<br />

<strong>zu</strong> billige, sicher nicht ausreichende Erklärung, denn heißt das<br />

etwa, dass man vor 2006/2007 ohne Gefahr <strong>zu</strong> laufen, entdeckt <strong>zu</strong><br />

werden, einfach reihenweise abgeschriebene Doktorarbeiten hat<br />

durchgehen lassen? Oder ging das nur bei der Universität Bayreuth?<br />

Ich wünsche Ihnen liebe Leserinnen und Leser, dass der April beim<br />

Mai das schöne Wetter abschreibt; ich hoffe sehr, dass Sie gut durch<br />

diesen langen Winter gekommen sind<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Ihr<br />

Horst Gärtner


Ostermontag, 25.4. Auftaktkundgebung um 14 Uhr<br />

am Gronauer Bahnhof. Anschließend bunte Demo<br />

<strong>zu</strong>m Haupttor der Urananreicherungsanlage<br />

Am 26. April 2011 jährt sich die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl<br />

<strong>zu</strong>m 25. Mal. In Münster wurde gerade eine Ausstellung<br />

<strong>zu</strong> Tschernobyl aufgebaut, als wir von der drohenden Katastrophe<br />

in Fukushima hörten. Schlagartig wurde uns klar, dass uns<br />

die Vergangenheit eingeholt hatte.<br />

Die Reaktorkatastrophen in Three Mile Island `79, in Tschernobyl<br />

`86 und nun in Fukushima zeigen: Atomkraft ist nicht beherrschbar!<br />

Dennoch wurden in Deutschland 2010 die Laufzeiten für Atomkraftwerke<br />

verlängert, auch für alte Pannen-AKW wie Biblis.<br />

Damals wie heute – Verschweigen und Verharmlosen<br />

Zu Beginn der Katastrophe in Fukushima kam oft der Hinweis:<br />

es bestehe keine Gefahr für die Gesundheit. Informationen<br />

wurden gegeben und widerrufen. Die Situation erinnert an<br />

1986, auch damals wurde verschwiegen, vertuscht und abgewiegelt.<br />

Und so geht es heute nicht nur in Japan, sondern auch<br />

rund um Tschernobyl weiter: Unterlagen werden von russischen<br />

Behörden und der Weltgesundheitsorganisation geheim gehalten.<br />

Fakt ist, dass Krebserkrankungen, Leukämiefälle und Missbildungen<br />

rund um Tschernobyl deutlich <strong>zu</strong>genommen haben.<br />

Sicherheitsrisiko in Deutschland<br />

Keines der AKW in Deutschland ist gegen Flugzeugsabstürze<br />

geschützt. Das AKW Krümmel musste nach einem Brand eines<br />

Transformators 2007 abgeschaltet werden und ging gleich nach<br />

der Wiederinbetriebnahme 2009 wegen eines erneuten Störfalls<br />

wieder vom Netz. Mit der Laufzeitverlängerung wird das<br />

steigende Risiko der veralteten Anlagen des Profites wegen in<br />

Kauf genommen.<br />

Und was lernen Politiker aus den Ereignissen in Japan? Dass<br />

man <strong>zu</strong> Wahlkampfzeiten schnell mal seine Meinung ändern<br />

sollte, damit man die Wahl nicht verliert! Und nach der Wahl<br />

geht es weiter wie vorher. Wie sonst ist <strong>zu</strong> erklären, dass Merkel<br />

und Röttgen für die Entscheidung über die „alten“ AKW ein<br />

dreimonatiges Moratorium benötigen? Aber auch die „neuen“<br />

AKW sind inzwischen alle über 20 Jahre alt! Heute wären die<br />

AKW als Neubau nicht mehr genehmigungsfähig. Einen absoluten<br />

Schutz gegen eine Kernschmelze bietet keines der AKW.<br />

Ostermontag demonstrieren – Aus den Katastrophen endlich<br />

Konsequenzen ziehen<br />

Am Ostermontag (25.4.) soll der Opfer von Tschernobyl und in<br />

Japan gedacht werden und gleichzeitig für den Atomausstieg<br />

demonstriert werden. Und zwar bundesweit an 12 Standorten.<br />

Die Großdemo für NRW findet im westfälischen Gronau statt.<br />

Wann, wenn nicht jetzt? Es ist Zeit <strong>zu</strong> handeln und eine konsequente<br />

Energiewende <strong>zu</strong> fordern.<br />

Uranproduktion – keine saubere Sache<br />

Das Uran für die Reaktoren, wird vor allem in Australien, Niger,<br />

Kanada abgebaut. 70% der bekannten Uranvorkommen liegen<br />

auf dem Gebiet indigener Völker, in Niger wurden Tuareg vertrieben,<br />

um Uran ab<strong>zu</strong>bauen. Beim Abbau des Uranerzes sind<br />

die Arbeiter_innen radioaktivem Staub ausgesetzt, die Krebserkrankungen<br />

häufen sich. Es entstehen riesige Mengen giftiger,<br />

radioaktiver Schlämme, welche das Grundwasser gefährden.<br />

Diese Sicherheitsrisiken und fahrlässiges Handeln treten nicht<br />

nur in „armen“ Ländern, sondern auch in Australien auf.<br />

Warum in Gronau demonstrieren?<br />

In NRW konzentrieren sich Anti-Atom- und Friedensproteste auf<br />

die Urananreicherungsanlage (UAA) der Firma Urenco in Gronau.<br />

Ohne Urananreicherung können die europäischen AKW nicht<br />

laufen. Nach der Katastrophe in Fukushima wurde bekannt,<br />

dass die Urenco ebenfalls Uran nach Japan lieferte. Sie ist in das<br />

internationale Atomgeschäft verstrickt, schickte bis 2009 sogar<br />

Uranmüll in Form von abgereichertem Uran nach Russland.<br />

Die Urananreicherung steht für die untrennbare Verknüpfung<br />

von angeblich friedlicher Atomenergie und Atomwaffen. So<br />

wurde beispielsweise Pakistans Atombombenprogramm erst<br />

durch Urencos Zentrifugen-Anreicherungstechnologie ermöglicht.<br />

Bei der Anreicherung entstehendes abgereichertes Uran<br />

wird oftmals für panzerbrechende Munition verwendet, worunter<br />

die Zivilbevölkerung der Kriegsgebiete, z.B. im Balkan oder<br />

Iran noch Jahrzehnte an den Folgen der Radioaktivität und Giftigkeit<br />

des Urans leidet.<br />

Atommüll muss dort verhindert werden, wo er entsteht, fangen<br />

wir also in Gronau an!<br />

Alle Infos und Materialbestellung unter:<br />

www.tschernobyl25.de | www.ostermarsch-gronau.de<br />

email an: gronau@tschernobyl25.de<br />

29


30<br />

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Die neue<br />

~<br />

erscheint am<br />

01. 05. 2011<br />

Redaktionsschluss<br />

ist der 10. 04. 2011<br />

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des Kräutersammelkalenders für 12 Euro<br />

Anrufen und bestellen oder in der Redaktion abholen<br />

§Rechtsanwältin<br />

Annette Poethke<br />

Fachanwältin<br />

für Familienrecht<br />

Tätigkeitsschwerpunkte:<br />

Eherecht<br />

Miet - und Pachtrecht<br />

Verkehrsrecht<br />

Interessenschwerpunkte:<br />

Arbeitsrecht<br />

Erbrecht<br />

Hüfferstraße 8 | 48149 Münster<br />

Tel.: 0251-511023 und 511024 | Fax: 0251-57606


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Raus<br />

aufs Land<br />

Jetzt heißt es bald wieder: Raus in die Natur, Sonne genießen<br />

und schöne Stunden auf dem Land verbingen! In der Reihe<br />

„40 schöne Ferienhöfe“ werden die besten ausgewählten<br />

Urlaubshöfe in Deutschland für Familien und für Radbegeisterte<br />

präsentiert. „Genießen und Verweilen“ ist der praktische<br />

Bauernhofcafé-Führer für ganz NRW. Der Sommer kann kommen!<br />

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40 schöne Ferienhöfe<br />

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€ 9,95<br />

ISBN 978-3-7843-5147-6<br />

Erhältlich in jeder Buchhandlung oder direkt unter Tel.: 0 25 01/80 13 00<br />

40 schöne Ferienhöfe<br />

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96 Seiten, Broschur<br />

€ 9,95<br />

ISBN 978-3-7843-5148-3<br />

LV·Buch 32 im Landwirtschaftsverlag GmbH<br />

48084 Münster www.buchweltshop.de

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