22.02.2013 Aufrufe

Download des Jahresberichtes 2008/2009 als PDF - Deutscher ...

Download des Jahresberichtes 2008/2009 als PDF - Deutscher ...

Download des Jahresberichtes 2008/2009 als PDF - Deutscher ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Inhalt<br />

1. Vorwort <strong>des</strong> Vorstan<strong>des</strong> ............................................................................................ 2<br />

2. Schlechte Zeiten – auch für Kinder (-schützer) .......................................................... 8<br />

3. Kinderschutz in Berlin: Viel Gesetz mit wenig Wirkung .............................................. 13<br />

4. Wie der Kinderschutzbund hilft, die Arbeit im Bereich Kinderschutz<br />

zu professionalisieren ............................................................................................... 19<br />

5. Die Beratungsstelle <strong>des</strong> Berliner Kinderschutzbun<strong>des</strong> .............................................. 24<br />

6. „Starke Eltern – Starke Kinder®“ – Pubertät: Aufbruch, Umbruch,<br />

kein Zusammenbruch. Die „neuen“ Kurse <strong>des</strong> Kinderschutzbun<strong>des</strong> ......................... 28<br />

7. Elternkurse Statistik <strong>2008</strong>/<strong>2009</strong> ............................................................................... 31<br />

8. Stetiger Wandel <strong>als</strong> Konstante der Arbeit – das Kinder-Kiez-Zentrum ........................ 32<br />

9. Ein Tag in unserer Kita „A13“ ......................................................................................36<br />

10. Einblicke in die Arbeit der Schulstation <strong>des</strong> Berliner Kinderschutzbun<strong>des</strong> ............... 40<br />

11. Sechs Monate in der Schulstation aus Sicht von Elisa Ellrott, einer Praktikantin ...... 46<br />

12. „Meine Erfahrung mit dem Berliner Kinderschutzbund“<br />

von Mafope Aloa, einer Praktikantin aus den USA .................................................... 47<br />

13. Eine engagierte Ehrenamtliche: Wie Harriet Roth den Kindern<br />

im Schülerladen „A13“ hilft ....................................................................................... 49<br />

14. Pressemitteilungen/Presseartikel ............................................................................. 53<br />

15. Organigramm ............................................................................................................. 57<br />

Beitrittserklärung ............................................................................................................ 59<br />

Dank an die Spenderinnen und Spender ......................................................................... 61<br />

1


2<br />

Vorwort zum Jahresbericht <strong>2008</strong>/<strong>2009</strong> <strong>des</strong> Deutschen<br />

Kinderschutzbun<strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>verband Berlin e.V.<br />

Liebe Mitglieder, liebe Freundinnen und Freunde <strong>des</strong> Berliner Kinderschutzbun<strong>des</strong>, Sie<br />

halten den Bericht über die Arbeit <strong>des</strong> Berliner Kinderschutzbun<strong>des</strong> im vergangenen Jahr in<br />

den Händen.<br />

In einem Kinderlied von Volker Ludwig heißt es: „Wir werden immer größer, jeden Tag ein<br />

Stück...“. Ähnlich ergeht es auch dem Berliner Kinderschutzbund. Auch wir werden je<strong>des</strong><br />

Jahr ein bisschen größer! Und immer mehr Menschen arbeiten in unseren Projekten für<br />

Kinder, Familien und deren Umfeld. Alles Menschen, die eine tolle, hoch professionelle und<br />

engagierte Arbeit machen! Auf den folgenden Seiten möchten wir Ihnen einen kleinen<br />

Einblick in diese Arbeit geben.<br />

Es freut uns sehr, dass auch politisch Verantwortliche sowie öffentliche Geldgeber unsere<br />

Arbeit schätzen und uns nach unserer Meinung fragen. Leider ohne finanzielle Konsequenzen:<br />

Unsere berlinweit arbeitende Beratungsstelle – mit dem Schwerpunkt „Gewaltprävention“<br />

– muss seit vielen Jahren mit der gleichen Zuwendungssumme auskommen. Drei<br />

Sozialarbeiterinnen in Teilzeit beraten tagtäglich Menschen in Not und helfen in Krisensituationen.<br />

Sie bilden Fachleute zu Kinderschutzfachkräften aus, gehen in Schulen und<br />

Kitas, veranstalten Workshops mit Kindern zum Thema „Kinderrechte“, koordinieren und<br />

realisieren unsere „Starke Eltern – Starke Kinder®” Kurse. Darüber hinaus führen sie aufgrund<br />

der großen Nachfrage neue Elternkurse zum Schwerpunkt „Pubertät“ ein und, und,<br />

und. All das unter den Förderbedingungen von vor über zehn Jahren! Als Berliner Kinderschutzbund<br />

würden wir es sehr begrüßen, wenn die Politik endlich mehr Mittel für die präventive<br />

Arbeit in der Kinder- und Jugendhilfe bereitstellen würde. Denn nachhaltige, engagierte<br />

und professionelle Kinderschutzarbeit braucht dringend eine angemessene finanzielle<br />

Unterstützung. Kurz gesagt: Für mehr Kinderschutz braucht es auch mehr Geld.<br />

Froh und dankbar sind wir, dass es auch in wirtschaftlich schweren Zeiten wie diesen,<br />

Unterstützerinnen und Unterstützer, Sponsoren und Spender gibt, die unsere Arbeit anerkennen<br />

und wertschätzen. Ohne ihre Unterstützung wäre die Arbeit <strong>des</strong> Kinderschutzbun<strong>des</strong><br />

in der jetzigen Form gar nicht möglich. Daher ist es mir ein Bedürfnis, unseren wichtigsten<br />

Helferinnen und Helfern zu danken.<br />

So unterstützte die Alphons Velisch Stiftung auch im Jahr <strong>2008</strong> nachhaltig unsere Kinderprojekte<br />

z.B. durch einen Essensfonds, der es uns ermöglichte armen Kindern ein kostenfreies,<br />

gesun<strong>des</strong> Frühstück in unserer Kita anzubieten. Oder durch einen Kleiderfonds, aus<br />

<strong>des</strong>sen Mitteln wir für bedürftige Kinder vernünftige wetterfeste Kleidung anschaffen konn-


ten. So konnten sie auch im Winter warm und geschützt auf dem Spielplatz an der frischen<br />

Luft herumtoben. Die Arbeit unserer Beratungsstelle wurde von der Sanofi Aventis Deutschland<br />

GmbH unterstützt. Spenden bekamen wir auch von der Gesellschaft für Abfallverwertung<br />

mbH (GBAV) und der Appel Grafik Berlin GmbH. Unser Bildungs-Projekt für die Kleinsten<br />

freute sich ebenfalls über einen großen Zuschuss der A<strong>des</strong>so GmbH.<br />

Die Bun<strong>des</strong>architektenkammer verzichtete auf den Versand von Weihnachtskarten und<br />

spendete statt<strong>des</strong>sen für das Mädchenprojekt in unserem Schülerladen „A 13“ und die<br />

Berliner Country & Westernfreunde unterstützten unsere Arbeit durch ein Benefizkonzert.<br />

Sehr gefreut haben wir uns ebenfalls über die tollen Aktionen zur Weihnachtszeit: Die<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter <strong>des</strong> „Restaurant Tucher“ bereiteten unseren Kindern aus<br />

dem Kinder-Kiez-Zentrum einen unvergesslichen Vorweihnachtsnachmittag, beim „Weihnachtszauber“<br />

auf dem Gendarmenmarkt warteten zahlreiche Überraschungen auf vier<br />

unserer Kindergruppen und zwei Mitarbeiterinnen von Hertha BSC tauchten unangemeldet<br />

zur Weihnachtsfeier <strong>des</strong> Schülerladens „A13“ auf – im Gepäck jede Menge Geschenke und<br />

sogar Freikarten für das Spiel Hertha BSC gegen Eintracht Frankfurt. Die Freude war riesig!<br />

Dankbar sind wir ebenfalls für die Unterstützung durch ehrenamtliche Helferinnen und<br />

Helfer in unseren Einrichtungen, stellvertretend sei an dieser Stelle Harriet Roth genannt.<br />

Sie hilft den Kindern im Schülerladen „A13“ einmal in der Woche bei den Englisch-Hausaufgaben<br />

und organisiert und begleitet Ausflüge ins Museum.<br />

Auf Beschluss der Mitgliederversammlung von 2006 wurde das komplette Geschäftsjahr<br />

2007 von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer untersucht. Das Ergebnis <strong>des</strong> Wirtschaftsprüfungsberichtes<br />

bescheinigt dem Berliner Kinderschutzbund eine korrekte wirtschaftliche<br />

Haushaltsführung. Besonders erwähnt wurde darin sogar eine „spartanische“<br />

Haushaltsführung. Das erfüllt uns ein wenig mit Stolz. Denn eine Arbeitsweise, die sich<br />

„nach außen hin“ zurückhält, dafür aber inhaltlich umso stärker präsentiert, passt gut zu<br />

uns und in den Weddinger Kiez, in dem ein Großteil unserer Projekte angesiedelt ist. Auf<br />

Empfehlung <strong>des</strong> Wirtschaftsprüfers haben wir die immer größer werdende buchhalterische<br />

Verwaltung unseres Vereins einem Steuerbüro übergeben. Im Jahr <strong>2008</strong> bekam die Beratungsstelle<br />

<strong>des</strong> Berliner Kinderschutzbun<strong>des</strong> darüber hinaus das Qualitätssiegel <strong>des</strong> Paritätischen<br />

Wohlfahrtsverban<strong>des</strong>. Auch darüber haben wir uns sehr gefreut.<br />

Unsere Internetseite www.kinderschutzbund-berlin.de wurde überarbeitet. Schauen Sie<br />

doch einmal rauf. Hier finden Sie viele Informationen über unsere Arbeitsschwerpunkte,<br />

unser Engagement oder Sie hören sich einfach ein Radiointerview zum Thema „Kinderschutz“<br />

an.<br />

3


4<br />

Ebenfalls im Internet können sie die vielbeachtete Stellungnahme zum Berliner Kinderschutzgesetz<br />

nachlesen, mit der unsere Mitarbeiterinnen einmal mehr ihr großes fachliches<br />

Knowhow unter Beweis gestellt haben.<br />

All den vielen Unterstützerinnen und Unterstützern, aber auch den Menschen aus den politischen<br />

Gremien, die Wert auf unsere – oft unbequeme – Meinung legen, sagen wir ein<br />

„großes Dankeschön“. Auch den vielen Pressevertreterinnen und -vertretern sei herzlich<br />

gedankt, dass sie über die Arbeit <strong>des</strong> Berliner Kinderschutzbun<strong>des</strong> berichten und so wichtige<br />

Themen in die Öffentlichkeit tragen.<br />

Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den vielen ehrenamtlichen Helferinnen und<br />

Helfern, Ratgebern und Sponsoren sowie den Mitgliedern und meinen Vorstandskolleginnen<br />

und -kollegen bin ich zu tiefem Dank verpflichtet.<br />

Wie notwendig unsere Arbeit ist und auch bleiben wird, ich hoffe, Sie können sich in diesem<br />

Bericht davon überzeugen!<br />

Ich grüße Sie herzlich und bitte Sie, den Kinderschutzbund auch weiterhin zu unterstützen<br />

Ulrike Leyh


Hier steht Blindtext


8<br />

Schlechte Zeiten – auch für Kinder (-schützer)<br />

Leider ist das unruhige Jahr <strong>2008</strong> auch am Berliner Kinderschutzbund nicht spurlos vorbeigegangen.<br />

Erst verunsicherte der Spendenskandal einer großen Kinderhilfsorganisation<br />

die Menschen, dann zog die Wirtschaftskrise immer größere Kreise. Da ist es nur zu verständlich,<br />

dass sich die Menschen genau überlegen wem und wofür sie Ihr Geld (aus-)<br />

geben. Nachvollziehbar, dass für die meisten das Spenden nicht an erster Stelle stand. Für<br />

alle, die dennoch helfen wollten, war es umso wichtiger, dass ihr Geld auch wirklich denen<br />

zugute kommt, die ihre Unterstützung dringend benötigen. Kein Wunder <strong>als</strong>o, dass auch<br />

wir beim Berliner Kinderschutzbund häufig nach einem Spendensiegel gefragt wurden.<br />

Leider wissen nämlich die wenigsten Menschen (woher auch!), dass so ein Spendensiegel<br />

nur EIN möglicher Hinweis auf die Vertrauenswürdigkeit einer Organisation ist und somit<br />

lediglich eine Orientierung im „Spendendschungel“. Die Mitarbeiter <strong>des</strong> deutschen Zentralinstitutes<br />

für soziale Fragen (DZI) können beispielsweise die Bilanzen und Tätigkeitsberichte<br />

von Organisationen ausschließlich lesen, aber nicht prüfen. Denn dafür fehlt ihnen<br />

die rechtliche Handhabe. Das heißt, das DZI muss sich auf die Richtigkeit der Unterlagen<br />

verlassen, die ihnen die Organisationen zuschicken. Darüber hinaus müssen die Hilfsorganisationen<br />

für den Erhalt <strong>des</strong> DZI-Siegels eine nicht unerhebliche Bearbeitungsgebühr<br />

bezahlen und das, obwohl das DZI durch Steuermittel finanziert wird. Daher hat der Berliner<br />

Kinderschutzbund sich entschieden, seine knappen Mittel NICHT für die Beantragung<br />

eines Spendensiegels auszugeben.<br />

Aber natürlich haben sowohl unsere Spenderinnen und Spender wie auch unsere Mitglieder<br />

das Recht, zu erfahren, was mit ihren Spendengeldern passiert. Daher haben wir in<br />

Sachen Transparenz und Vertrauen auf anderer Ebene einiges unternommen:<br />

Zum einen haben wir erstm<strong>als</strong> seit Bestehen <strong>des</strong> Berliner Kinderschutzbun<strong>des</strong> einen unabhängigen<br />

Wirtschaftsprüfer beauftragt, unsere Finanzen ganz genau unter die Lupe zu nehmen.<br />

Dies sollte einerseits dazu dienen, intern abzuklären, dass wir im Bereich Verwaltung/<br />

Buchhaltung alles richtig machen. Andererseits war es uns wichtig, nachweisen zu können,<br />

dass wir mit Mitgliedsbeiträgen und Spendengeldern verantwortungsvoll umgehen. Nach<br />

eingehender Prüfung wurde uns dann auch bestätigt, dass wir vorbildlich arbeiten, alles<br />

mustergültig handhaben und es keinerlei Grund für Beanstandungen gibt. Oder – wie es im<br />

Amtsdeutsch heißt: „Wir bestätigen dem Deutschen Kinderschutzbund LV Berlin e.V. die<br />

ordnungsgemäße Behandlung der Zuwendungsströme.“ – und dafür werden wir auch in<br />

Zukunft Sorge tragen.


Zum anderen haben wir uns Anfang <strong>des</strong> Jahres <strong>2008</strong> zu einem externen Audit im Rahmen<br />

unseres Qualitätsmanagements angemeldet. Denn seit Jahren wachsen nicht nur die<br />

Aufgaben und Herausforderungen <strong>des</strong> Berliner Kinderschutzbun<strong>des</strong>, sondern auch die<br />

Anzahl der Mitarbeiter/innen ist gestiegen. Das bedeutet, dass Arbeitsabläufe noch<br />

bewusster geplant und durchgeführt werden müssen, damit uns keine Fehler unterlaufen.<br />

Denn ohne Transparenz und Verlässlichkeit kann sich weder ein Vertrauensverhältnis zu<br />

den Kindern und ihren Familien aufbauen noch zu denen, die unsere Arbeit unterstützen.<br />

Und Vertrauen ist die Grundvoraussetzung für alles, was wir tun. Daher haben wir beschlossen,<br />

unsere Arbeit bei einem Audit ausführlich überprüfen und begutachten zu lassen.<br />

Nach intensiver Vorbereitung sowie diversen Weiterbildungen war es am 23. April <strong>2008</strong><br />

soweit. Ein ausgebildeter Gutachter begleitete uns bei der Arbeit in der Geschäfts- und<br />

Beratungsstelle. Er ließ sich Unterlagen zeigen, redete ausführlich mit allen Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern, stellte Fragen zu den Arbeitsabläufen und schaute uns bei allem<br />

genau über die Schulter. Am Ende kam er zu dem Ergebnis: Die Geschäfts- und Beratungsstelle<br />

<strong>des</strong> Berliner Kinderschutzbun<strong>des</strong> hat sich in den vergangenen Jahren positiv entwikkelt,<br />

leistet qualitativ hochwertige Arbeit und verdient das Qualitätssiegel <strong>des</strong> Paritätischen<br />

Wohlfahrtsverban<strong>des</strong>, das gemeinsam mit der Zertifizierungsgesellschaft SQ Cert<br />

vergeben wird. Das hat uns sehr gefreut und wir versprechen an dieser Stelle, auch weiterhin<br />

alles dafür zu tun, dass das so bleibt.<br />

Trotz und gerade weil das Jahr <strong>2008</strong> ein sehr schwieriges war, haben wir uns sehr gefreut,<br />

dass es immer noch Menschen, Unternehmen und Institutionen gibt, die unsere Arbeit für<br />

Kinder und mit Kindern so wunderbar unterstützen. Dafür danken wir allen an dieser Stelle<br />

noch einmal recht herzlich und hoffen auch im Jahr <strong>2009</strong> auf viele engagierte Menschen,<br />

die sich für arme und vernachlässigte Kinder einsetzen.<br />

9


Kinderschutz in Berlin – viel Gesetz mit wenig Wirkung<br />

An einem Wochenende in Berlin: Um sich von ihren Kindern zu erholen, fährt eine Mutter<br />

für ein paar Tage an die Ostsee. Die drei Geschwister lässt sie alleine in Berlin-Hellersdorf<br />

zurück. Ihr jüngster Sohn ist gerade einmal fünf Jahre. Ein dreijähriges Mädchen wird von<br />

der Polizei aus einer völlig verwahrlosten Wohnung in Wilmersdorf geholt. Die Zimmer sind<br />

voller Müll. Essen und Kleidung für das Kind fehlen fast völlig. In Marzahn klettert ein zweijähriges<br />

Mädchen auf dem Fenstersims der Wohnung im neunten Stock, ein weiteres Kind<br />

lehnt aus dem geöffneten Fenster. Von den Eltern ist nichts zu sehen.<br />

Das Jahr <strong>2008</strong> war wieder einmal von Schlagzeilen über vernachlässigte und misshandelte<br />

Kinder bestimmt. Aber durchaus auch von Meldungen über Politikerinnen und Politiker, die<br />

sich für einen besseren Kinderschutz einsetzen wollten. So forderte beispielsweise Kanzlerin<br />

Merkel in ihrer Neujahrsansprache eine „Kultur <strong>des</strong> Hinsehens“. Und im Sommer trafen<br />

sich die Regierungschefs der Länder mit der Kanzlerin, um Mittel für einen besseren<br />

Kinderschutz zu beschließen. Die Lan<strong>des</strong>politik in Berlin waren ebenfalls nicht untätig und<br />

brachte einen Gesetzentwurf „über Maßnahmen zur Weiterentwicklung <strong>des</strong> Kinderschutzes“<br />

auf den Weg.<br />

Diesen Referentenentwurf bekamen wir vom Berliner Kinderschutzbund im August <strong>2008</strong><br />

zur Kenntnisnahme. In dem 23-seitigen Papier geht es vor allem darum, in Berlin eine „zentrale<br />

Stelle“ einzurichten, die die Teilnahme aller Kinder an den ärztlichen Frühuntersuchungen<br />

(kurz „U4 – U9“) überwachen soll. Damit sollen Kinder vor Vernachlässigung, Missbrauch<br />

und Misshandlung geschützt werden. Ein Anliegen, das dem Berliner Kinderschutzbund<br />

ebenfalls ausgesprochen wichtig ist. Dennoch lehnen wir das geplante Gesetz aus<br />

vielerlei Gründen ab. An dieser Stelle drei der wichtigsten Argumente:<br />

1.) Der größte Teil der Kinder- und Jugendärzte hält die Vorsorgeuntersuchungen für<br />

nicht geeignet, um Vernachlässigung und/oder Misshandlung vorzubeugen bzw.<br />

rechtzeitig zu erkennen.<br />

2.) Durch eine „zentrale Stelle“ würde ein neuer Verwaltungsapparat aufgebaut,<br />

obwohl bereits eine bezirkliche Versorgung besteht. Aus unserer Sicht ist es sinnvoller,<br />

mit den entsprechenden Geldern den Kinder- und Jugendgesundheitsdienst<br />

in den Bezirken auszubauen und zu stärken.<br />

3.) Die Zentralisierung der Meldungen bedeutet einen riesigen bürokratischen<br />

Aufwand, wobei die wichtigste Frage noch ungeklärt ist: Wer soll die Hausbesuche<br />

der Familien übernehmen, die nicht zu den Untersuchungen erschienen sind?<br />

13


14<br />

Um es an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich zu sagen: Der Berliner Kinderschutzbund<br />

begrüßt es ausdrücklich, dass sich Politikerinnen und Politiker endlich stärker mit dem<br />

Thema „Kinderschutz“ beschäftigen. Allerdings stehen die Beschlüsse fachlich-inhaltlich<br />

zum Teil auf sehr wackeligen Füßen und sind dadurch mitunter sogar kontraproduktiv,<br />

wenn nicht sogar schädlich. Vor allem, wenn entsprechende Mittel und dringend benötigtes<br />

Personal zur Umsetzung der Beschlüsse nicht zur Verfügung gestellt werden. Dann hilft<br />

das „tollste Gesetz“ lediglich, die Menschen vermeintlich in Sicherheit zu wiegen. Denjenigen<br />

aber, die Hilfe und Schutz dringend nötig haben, hilft das Gesetz nicht – den Kindern.<br />

Daher hat sich der Berliner Kinderschutzbund in einer ausführlichen Stellungnahme eindeutig<br />

zu dem geplanten Gesetz positioniert (siehe unten). Der Referentenentwurf wurde<br />

mittlerweile überarbeitet, und es hat uns sehr gefreut, dass viele unserer Anregungen und<br />

Argumente dabei berücksichtigt wurden. Der endgültige Gesetzentwurf soll <strong>2009</strong> vom<br />

Berliner Senat beschlossen werden.<br />

Stellungnahme <strong>des</strong> Berliner Kinderschutzbun<strong>des</strong> zum Referentenentwurf eines<br />

Berliner Gesetzes zum Schutz und Wohl <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> vom 08.08.<strong>2008</strong><br />

Der Deutsche Kinderschutzbund, Lan<strong>des</strong>verband Berlin e.V. nimmt zum vorliegenden Referentenentwurf<br />

wie folgt Stellung:<br />

Mit dem Gesetz über Maßnahmen zur Weiterentwicklung <strong>des</strong> Kinderschutzes soll in Berlin<br />

ein verbindliches Einladewesen und Rückmeldeverfahren für die Früherkennungsuntersuchungen<br />

ab der U4 bis zur Vollendung <strong>des</strong> sechsten Lebensjahres eingeführt werden.<br />

Darüber hinaus sollen weitere Maßnahmen zum gesundheitlichen Schutz <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> und<br />

zur Vermeidung von Vernachlässigung, Missbrauch oder Misshandlung getroffen werden.<br />

Der Fokus <strong>des</strong> Gesetzentwurfes liegt dabei auf dem frühzeitigen Erkennen von Gewalt<br />

gegen Kinder und auf einer möglichst lückenfreien Kontroll- und Mel<strong>des</strong>truktur.<br />

Dies widerspricht nach unserer Einschätzung der grundsätzlichen Haltung <strong>des</strong> Kinder- und<br />

Jugendhilfegesetzes, das den Eltern das Recht und die Pflicht auf die Pflege und Erziehung<br />

ihrer Kinder zuspricht. Dabei unterstützt die staatliche Gemeinschaft die Eltern bei der<br />

Verwirklichung ihrer Rechte und Pflichten. Diese wertschätzende Haltung gegenüber<br />

Kindern und ihren Eltern fehlt unserer Meinung nach <strong>als</strong> grundsätzliche Position im<br />

„Berliner Kinderschutzgesetz“. Statt<strong>des</strong>sen deutet sich in dem Entwurf ein Misstrauen<br />

gegenüber elterlicher Verantwortung an, zugespitzt formuliert: Alle Berliner Eltern stehen<br />

unter Generalverdacht.


Zur Haltung und Absicht <strong>des</strong> Gesetzentwurfes<br />

Die Kernaussage <strong>des</strong> Gesetzentwurfes bezieht sich in der Hauptsache auf Kontrolle, Meldung<br />

sowie Stigmatisierung so genannter Risikogruppen. Aufgrund unserer jahrelangen,<br />

praktischen Erfahrung <strong>als</strong> Fachkräfte für Kinderschutz weisen wir daraufhin, dass zunehmende<br />

Kontrollfunktionen Familien noch weiter in die Isolation bringen. Aus Angst, dass<br />

ihnen die Kinder weggenommen werden, verschließen sie sich jeglichen Hilfsangeboten.<br />

Ein wichtiger Schritt in der Prävention sowie der Intervention bei Gewalt gegen Kinder ist:<br />

der persönliche, vertrauensvolle und kontinuierliche Kontakt zu Eltern, das Ansprechen von<br />

Überforderungen, die Informationsvermittlung über entwicklungsgemäße Bedürfnisse von<br />

Kindern sowie die Stärkung elterlicher Fähigkeiten, damit sie selbst die Verantwortung für<br />

den Schutz und das gesunde Aufwachsen ihrer Kinder übernehmen können.<br />

Denn Eltern sind die wichtigsten und prägendsten Bezugspersonen, die Kinder haben.<br />

Daher sollte deren Stärkung an oberster Stelle stehen, wenn wir über Kinderschutz sprechen.<br />

Eine wohlwollende, aber auch klare Haltung gegenüber Eltern in Not führt in der<br />

Regel zu einem offeneren Umgang der Familien mit ihren Problemen. Sie holen sich früher<br />

Hilfe und haben, trotz zahlreicher Schwierigkeiten, letztlich positive Erfahrungen gemacht.<br />

Sie sind sich ihrer eigenen Schwächen und Stärken bewusster.<br />

Einlade- und Meldewesen – Zentrum zur Förderung der<br />

Früherkennungsuntersuchungen und Sozialraumorientierung<br />

Mit dem Referentenentwurf verpasst Berlin die große Chance, sich <strong>als</strong> eine familienfreundliche<br />

Stadt zu profilieren. Statt<strong>des</strong>sen wird detailliert der Aufbau eines neuen Verwaltungsapparates<br />

geplant – das Zentrum zur Förderung von Früherkennungsuntersuchungen. Aus<br />

unserer Sicht befördert dies eine unnötige Parallelstruktur und es entstehen enorme Kosten<br />

an der f<strong>als</strong>chen Stelle.<br />

In einem Vergleich zwischen dem Saarland und Berlin (Mitte) zeigt sich, dass in Berlin die<br />

U5 von Eltern zu 94,6% wahrgenommen wird; im Saarland nur zu 80%, obwohl dort seit<br />

nunmehr einem Jahr ein verbindliches Einladewesen besteht. Das bedeutet im Vergleich,<br />

dass die U-Untersuchungen in Berlin sehr stark wahrgenommen werden und das auch noch<br />

eigenverantwortlich! Zudem weisen Kinderärzte darauf hin, dass Früherkennungsuntersuchungen<br />

noch nicht <strong>als</strong> Kinderschutzinstrument verstanden werden können.<br />

Die bestimmende Praxis in den Bezirken ist die Weiterentwicklung der Sozialraumorientierung<br />

– gerade auch mit dem Fokus auf das Thema „Kinderschutz“. Hierzu sollen die<br />

Fachleute vor Ort gebündelt Maßnahmen zum Kinderschutz weiterentwickeln und ausbauen.<br />

Dazu fordert sowohl das Netzwerk Kinderschutz <strong>als</strong> auch der Gesetzentwurf auf. Wie zu<br />

15


16<br />

dieser durchaus fortschrittlichen und sinnvollen Entscheidung nun das Etablieren einer so<br />

genannten „zentralen Stelle“ passen soll, bleibt unklar.<br />

Die über Jahrzehnte bewährten Strukturen <strong>des</strong> Kinder- und Jugendgesundheitsdienst werden<br />

vollkommen außer Acht gelassen. Mit der Geburt eines Kin<strong>des</strong> werden die Daten vom<br />

Stan<strong>des</strong>amt an den KJGD weitergeleitet, so dass dieser Hausbesuche durchführen kann,<br />

um Kind und Familie zu begrüßen sowie über Hilfen zu informieren. Die Rückkehr zur<br />

bewährten, aber aus Kostengründen in den letzten Jahren nicht mehr durchgängig realisierten<br />

Praxis, dass die Kinder- und Jugendgesundheitsdienste zumin<strong>des</strong>t zu allen Erstgebärenden<br />

nach der Geburt Kontakt aufnehmen, ist aus unserer Sicht ein elementarer Punkt im<br />

Netzwerk Kinderschutz, um präventiv zu wirken.<br />

Mit den Kinder- und Jugendgesundheitsdiensten sind Fachleute vor Ort, die die Kontakte zu<br />

den Familien aufbauen, ggf. schwierige Situationen ansprechen, das Wohnumfeld kennen,<br />

für die Familien in der Regel fußläufig und regelmäßig erreichbar sind und so ein wichtiges<br />

Unterstützungsangebot darstellen. Deshalb halten wir es für unnötig und familienunfreundlich,<br />

wenn Hausbesuche durch die zentrale Stelle durchgeführt werden. Es entbehrt<br />

jeglicher Logik in Bezug auf Sozialraumorientierung und widerspricht den grundlegenden<br />

Arbeitsansätzen in der Kinderschutzarbeit, solche Hausbesuche zentral durchführen.<br />

Kinderschutz und Aufgaben sowie Vernetzung in der Jugendhilfe<br />

Die Jugendhilfe musste in den vergangenen Jahren Einsparungen von 40% verkraften.<br />

Diese Einsparungen konnten aus Sicht <strong>des</strong> Kinderschutzbun<strong>des</strong> nicht ohne Folgen bleiben.<br />

Kinderschutz kann es nicht zum Nulltarif geben. Wir unterstützen die Untersuchungen, wie<br />

vorhandene Strukturen erfolgreich in das Netzwerk Kinderschutz eingearbeitet werden<br />

können bzw. durch Veränderungen einen stärkeren Kinderschutz gewährleisten.<br />

Im SGB VIII wird ausdrücklich die Kooperation zwischen öffentlicher und freier Jugendhilfe<br />

gefordert. Hierzu heißt es:<br />

„Die öffentliche Jugendhilfe soll mit der freien Jugendhilfe zum Wohl junger Menschen und<br />

ihrer Familien partnerschaftlich zusammenarbeiten.“ Daneben fordert §8a SGBVIII Vereinbarungen<br />

zwischen den öffentlichen und freien Trägern der Jugendhilfe, um die Gewährleistung<br />

<strong>des</strong> Kinderschutzes sicherzustellen.<br />

Diesen Grundsatz sehen wir in dem Referentenentwurf zu wenig beachtet. Insbesondere<br />

entsteht der Eindruck, dass §8a SGBVIII gerade in Zusammenarbeit mit den freien Trägern<br />

<strong>als</strong> „Meldeparagraf“ verstanden wird. Jedoch geht es im Kinderschutz nicht nur um Meldewesen,<br />

sondern um die Befähigung der Fachkräfte vor Ort, professionell mit Kinderschutzfragen<br />

umzugehen. Hierbei besteht ein erhöhter Bedarf an Fortbildungen, an Austausch,<br />

Kooperation und Vernetzung auf gleicher Augenhöhe. Dies findet aus unserer Sicht zu<br />

wenig Berücksichtigung in Berlin und führt dazu, dass wichtige Ressourcen im Bereich der


Kinderschutzarbeit übersehen werden. An dieser Stelle wollen wir darauf verweisen, dass<br />

der Kinderschutzbund dieselbe Kritik schon bei der Erstellung <strong>des</strong> Netzwerkes<br />

Kinderschutz erhoben hat. Es drängt sich an dieser Stelle die Frage auf, worin der Grund liegen<br />

könnte, dass die freie Jugendhilfe gerade beim Thema Kinderschutz mit ihren speziellen<br />

Beratungsstellen und ihrer Fachkompetenz außen vor bleibt.<br />

Prävention und frühe Förderung<br />

Dass Prävention und frühe Hilfen Garanten für den Schutz von Kindern sein können, ist hinlänglich<br />

bekannt. Viele umfangreiche Studien und wissenschaftlich begleitete Projekte<br />

unterstützen diese Aussage. Im vorliegenden Gesetzentwurf finden sich zwar diese Begriffe<br />

wieder, bleiben aber inhaltlich eine leere Hülle. Dies kritisieren wir vehement.<br />

Als <strong>Deutscher</strong> Kinderschutzbund LV Berlin wünschen wir uns eine größere Verbindlichkeit,<br />

was den Ausbau von präventiven und frühen Hilfen betrifft. Dies könnten aus unserer Sicht<br />

z.B. der Ausbau folgender Angebote sein:<br />

• Wertschätzende Begrüßungsbesuche aller Neugeborenen und ihrer Eltern<br />

durch z. B. den Kinder- und Jugendgesundheitsdienst der Bezirke<br />

• Kontinuierliche Begleitung von Eltern im ersten Jahr durch z.B. Familienhebammen<br />

• Flächendeckende Angebote im Bereich Elternbildung<br />

• Das Recht auf einen Ganztageskitaplatz ab dem 1. Lebensjahr<br />

sowie unbürokratische Bereitstellung der Kitaplätze<br />

• Förderung von Eltern-Kind-Zentren in Kooperation mit Kindertagesstätten,<br />

vor allem in sozialen Brennpunkten.<br />

17<br />

Hier steht jetzt ein wenig Blindtext.


Wie der Kinderschutzbund hilft, die Arbeit<br />

im Bereich Kinderschutz zu professionalisieren<br />

1) Berufsbegleitende zertifizierte Fortbildung zur Kinderschutzfachkraft<br />

Bereits seit vielen Jahren kooperieren wir mit der Paritätischen Akademie, um Elternkursleiter/innen<br />

für die Starke Eltern – Starke Kinder® Kurse zu qualifizieren. Nun haben wir ein<br />

weiteres Fortbildungsangebot für Fachkräfte konzipiert und im Jahr <strong>2008</strong> zum ersten Mal<br />

erfolgreich durchgeführt: den 11-tägigen Zertifikatskurs zur Kinderschutzfachkraft.<br />

Vor drei Jahren wurde der Schutzauftrag bei Kin<strong>des</strong>wohlgefährdung für die öffentliche und<br />

freie Jugendhilfe durch die Einführung <strong>des</strong> Paragraphen 8a SGB VIII präzisiert und erweitert.<br />

Für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kinder- und Jugendhilfe bedeutet das,<br />

dass sie über professionelle Handlungsstrategien und Fachkompetenz verfügen sollten,<br />

um bei Anhaltspunkten für eine Kin<strong>des</strong>wohlgefährdung angemessen reagieren zu können.<br />

Hierfür können sie sich zur sogenannten „insoweit erfahrenen Fachkraft“ ausbilden lassen.<br />

Diese „insoweit erfahrene Fachkraft“ soll zum Beispiel in Kindertagesstätten, Schulstationen,<br />

Familienberatungsstellen und vielen anderen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe<br />

unterstützend zur Wahrnehmung <strong>des</strong> Schutzauftrages hinzugezogen werden. Ihre Aufgaben<br />

beinhalten vor allem die Beratung von Kolleginnen und Kollegen sowie die Einschätzung<br />

von Gefährdungsrisiken und ggf. die Planung weiterer Schritte. Entsprechend<br />

den internen Strukturen kann die Kinderschutzfachkraft hinzugezogen werden, wenn es um<br />

die Zusammenarbeit mit Eltern, Kindern und zuständigen Fachkräften, um Prozessbegleitung,<br />

konkrete Interventionen und/ oder um interdisziplinäre Kooperation in einem Kinderschutzfall<br />

geht.<br />

Die Aufgaben der Kinderschutzfachkräfte sind umfangreich, herausfordernd und erfordern<br />

ein hohes Maß an Verantwortung. Entwickelt haben wir die Weiterbildung mit dem Hintergrundwissen<br />

aus unserer langjährigen Erfahrung in der Beratung von Familien, von „Fremdmeldern“<br />

aber auch von Fachkräften zum Thema „Gewalt in der Familie“. Die Fortbildung<br />

findet in vier mehrtägigen Blöcken in Berlin statt, um Fachkräfte für die oben genannten<br />

Aufgaben zu qualifizieren.<br />

Geleitet wird der Kurs von zwei Sozialarbeiterinnen <strong>des</strong> Kinderschutzbun<strong>des</strong> Berlin. Zusätzlich<br />

referieren Gastdozentinnen und Gastdozenten in einzelnen Seminareinheiten zu Themen<br />

wie Familienrecht, kinderärztliche Sicht auf Kin<strong>des</strong>misshandlung, Arbeit mit Familien<br />

mit Migrationshintergrund sowie die Arbeit der Polizei bei Kinderschutzfragen.<br />

19


20<br />

Die Schwerpunktthemen der Weiterbildung sind:<br />

• Rechtliche Grundlagen<br />

• Rolle und Aufträge von verschiedenen Institutionen und Diensten<br />

• Historie <strong>des</strong> Kinderschutzes in Deutschland<br />

• Verstehen von familiären Gewaltbeziehungen<br />

• Einschätzung <strong>des</strong> Gefährdungsrisikos<br />

• Formen der Gewalt gegen Kinder und deren Auswirkungen<br />

• Familien mit Migrationshintergrund<br />

• Gewalt gegen Kinder innerhalb von Institutionen<br />

• Gesprächsführung mit und Beteiligung von Eltern und Kindern<br />

• Hinwirken zur Inanspruchnahme von Hilfen<br />

• Krisenintervention und fallspezifische Interventionen<br />

• Vernetzung, Prozessbegleitung, Transparenz und Fallkoordination<br />

• Ausgestaltung interner Abläufe, Dokumentation<br />

• Rollenklärung und Auftrag der Kinderschutzfachkraft<br />

• Stärkung der persönlichen und selbstreflexiven Fähigkeiten<br />

•<br />

Leiten von Fallbesprechungen, Modelle kollegialer Beratung<br />

Die teilnehmende Gruppe im Jahr <strong>2008</strong> setzte sich aus Fachkräften unterschiedlichster Einrichtungen<br />

zusammen. Sie kamen unter anderem aus Kindertagesstätten, Schulstationen,<br />

ambulanten Familienhilfen, Drogenberatungsstellen, Erziehungs- und Familienberatungsstellen,<br />

Ehrenamtsprojekten, Mutter-Kind-Projekten oder dem heilpädagogischen Bereich.<br />

Die Vielfalt der beruflichen Hintergründe ermöglichte während der Fortbildung ein spannen<strong>des</strong><br />

Lernen von- und miteinander. Insbesondere, wenn man es in der beruflichen Praxis<br />

mit Kinderschutzfällen zu tun hat, muss man mit vielen verschiedenen Einrichtungen<br />

kooperieren, Einblick in die Grenzen und Möglichkeiten anderer Dienste haben und möglichst<br />

auf gleicher Augenhöhe und respektvoll zusammen arbeiten. Die Diversität der Teilnehmer<br />

spiegelte daher sozusagen die Praxis der Kinderschutzarbeit wider und war ein<br />

enormer Gewinn für den Austausch während der Fortbildung.<br />

Die genannten Themen füllten ein umfangreiches Programm für alle Fortbildungsmodule<br />

und es freute uns, dass unsere inhaltliche Schwerpunktsetzung sowie die Struktur der<br />

Seminare auf sehr positive Resonanz bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern stießen.<br />

Insbesondere die Themen: „schwierige Gespräche mit Eltern“ und „Kooperation im Kinderschutzfall“<br />

berührten die Teilnehmenden und nahmen viel Zeit und Raum ein. Die Vermittlung<br />

einer wertschätzenden, transparenten und offenen Haltung im Dialog mit Eltern sowie


mit anderen Fachkräften in Kinderschutzfällen, war uns ein besonderes Anliegen! Unsere<br />

nach wie vor bewährte Kinderschutzbund-Haltung „Hilfe statt Strafe“ floss parallel zu Informationen<br />

aus der aktuellen Forschung durchgängig in die Fortbildung mit ein. Vor allem in<br />

Diskussionen, Kleingruppenarbeit und intensiver Fallarbeit festigten die Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer ihr Wissen und Gespür im Umgang mit Kinderschutzfällen. Leseaufgaben<br />

zwischen den einzelnen Modulen sowie das Verfassen einer Abschlussarbeit intensivierten<br />

die persönliche Auseinandersetzung mit ihrer Rolle und ihren Aufgaben <strong>als</strong> Kinderschutzfachkraft.<br />

Der erste Durchgang dieser umfassenden Fortbildung löste bei uns viel Aufregung, jede<br />

Menge Arbeit und große Neugier aus – die wunderbaren Rückmeldungen bestärkten und<br />

erfreuten uns am Ende sehr. Wir hatten es mit hoch motivierten, engagierten Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmern zu tun und hoffen, dass sie in ihrer Praxis noch erfolgreicher tätig<br />

sein werden.<br />

Im Jahr <strong>2009</strong> ist ein weiterer Durchgang geplant, der im März <strong>2009</strong> beginnt. Der Kurs ist seit<br />

langem ausgebucht und wir sind gespannt, welche „bunte“ Gruppe von Fachkräften uns<br />

dann erwarten wird.<br />

Kinderschutzarbeit braucht Mut, gute Kenntnisse über dieses Arbeitsfeld sowie die ausgeprägte<br />

Fähigkeit zur Selbstreflexion – viele Kompetenzen sind gefragt, aber das Arbeitsfeld<br />

ist auch ein höchst anspruchsvolles und sensibles. Deshalb halten wir es für dringend notwenig,<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Feld gut zu schulen. Unser Engagement<br />

im Fortbildungsbereich verstehen wir <strong>des</strong>halb auch <strong>als</strong> eine wichtige Aufgabe in der<br />

Prävention von Gewalt, denn je besser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit schwierigen<br />

Situationen im Bereich <strong>des</strong> Kinderschutzes umgehen können, <strong>des</strong>to eher ist es möglich,<br />

Familien frühzeitig Hilfen zukommen zu lassen und nicht erst tätig zu werden, „wenn das<br />

Kind in den Brunnen gefallen ist“.<br />

2.) Weitere Fortbildungsangebote in <strong>2008</strong><br />

Der Kinderschutzbund ist in Berlin zunehmend gefragt, wenn es um die Qualifizierung von<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bereich <strong>des</strong> Kinderschutzes geht. So haben wir beispielsweise<br />

eine Fachtagung mit den Kita-Eigenbetrieben Nordwest zum Thema „Kinderschutz“<br />

durchgeführt, Ehrenamtliche vom Lan<strong>des</strong>jugendring und von den christlichen Pfadfindern<br />

geschult, mit den Stadtteilmüttern zum Thema „Gewalt gegen Kinder“ gearbeitet<br />

und insbesondere für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Kindertagesstätten<br />

Fortbildungsveranstaltungen durchgeführt.<br />

21


22<br />

Wir freuen uns, dass so viele Einrichtungen ihren „neuen“ Kinderschutzauftrag so ernst<br />

nehmen und ihre Fachkräfte dafür qualifizieren. Bislang stellt das Land Berlin den Trägern<br />

allerdings keine weiteren Mittel zur Verfügung, damit die dringend benötigten zeitlichen<br />

und personellen Ressourcen in den Einrichtungen vorhanden sind, um dem gesetzlichen<br />

Kinderschutzauftrag gerecht werden zu können und die Fachkräfte entsprechend Zeit für<br />

Fortbildungen haben. Einerseits freuen wir uns <strong>als</strong>o, dass sich immer mehr Fachkräfte<br />

intensiv mit diesem schwierigen Thema auseinandersetzen, andererseits fordern wir aber,<br />

dass die Einrichtungen dafür besser ausgestattet werden müssen. Denn unsere Befürchtung<br />

ist, dass das hoch gesteckte Ziel, den Bereich <strong>des</strong> Kinderschutzes zu verbessern, ohne<br />

die entsprechenden Ressourcen an vielen Stellen schwer umzusetzen ist. Besseren Kinderschutz<br />

gibt es nicht zum Nulltarif, vor allem nicht bei den freien Trägern, die tagtäglich mit<br />

Kindern und Familien in Notsituationen arbeiten.


Hier steht jetzt ein wenig Blindtext.


24<br />

Die Beratungsstelle <strong>des</strong> Berliner Kinderschutzbun<strong>des</strong><br />

Unsere Beratungsstelle ist berlinweit für alle da, die sich um das Wohl von Kindern sorgen.<br />

Die Beratungsangebote vom Berliner Kinderschutzbund sind kostenlos und auf Wunsch<br />

selbstverständlich anonym. Daher kommt der erste Kontakt meist per Telefon zustande.<br />

Nach einem ausführlichen ersten Gespräch entscheiden wir gemeinsam mit den Klienten,<br />

wie es weitergehen soll. Ganz allgemein lässt sich unsere Arbeit in kurz-, mittel- und langfristige<br />

Beratungen sowie in Fachberatungen kategorisieren.<br />

Die kurzfristigen Beratungen<br />

Oftm<strong>als</strong> melden sich bei uns Eltern, neue Lebenspartner, Großeltern, nähere Verwandte<br />

oder Nachbarn, die sich Sorgen um ein Kind machen. Der Leidensdruck ist meist hoch und<br />

sie wissen bereits seit längerer Zeit nicht, wie sie mit einem bestimmten Problem umgehen<br />

sollen. Häufig geht es dabei um Themen wie Trennung/Scheidung, Gewalt durch einen<br />

Elternteil, schreiende Kinder in der Nachbarschaft, chronische Konflikte zwischen Elternteilen<br />

oder den Verdacht, dass Kinder körperlich, psychisch oder sexuell misshandelt werden.<br />

Häufig suchen auch Eltern von drei- bis sechsjährigen Kindern den Kontakt zu uns. Sie<br />

haben Angst, die Nerven zu verlieren und fühlen sich „den Kleinen“ nicht mehr gewachsen,<br />

schildern Wutausbrüche, Trotzphasen und ihre eigene Hilflosigkeit sowie Phantasien, dem<br />

Kind etwas anzutun. Auch Eltern von pubertierenden Kindern rufen bei uns an, weil sie das<br />

Gefühl haben, ihre „Großen“ entgleiten ihnen, geraten auf den f<strong>als</strong>chen Weg und sie können<br />

nichts dagegen tun.<br />

Um die Ratsuchenden „mit ins Boot zu holen“, fragen wir die Klienten zuerst, was sie sich<br />

von uns <strong>als</strong> Beratungsteam <strong>des</strong> Berliner Kinderschutzbun<strong>des</strong> wünschen bzw. wie wir ihnen<br />

helfen können. Oftm<strong>als</strong> stoßen wir damit auf große Verwunderung, weil die Klienten es<br />

selbst gar nicht wissen und auch nicht damit rechnen, nach ihren Bedürfnissen gefragt zu<br />

werden. Im weiteren Verlauf schätzen wir mit ihnen die Situation ein. Wenn wir gemeinsam<br />

eine andere Hilfe – <strong>als</strong> kontinuierliche Beratungsgespräche bei uns – für geeigneter halten,<br />

suchen wir entweder nach passenden Angeboten beim Kinderschutzbund (z.B. die „Starke<br />

Eltern – Starke Kinder®“ Kurse) oder nach Hilfsmöglichkeiten im Umfeld der Familie z.B. in<br />

einem Nachbarschaftsheim oder einer Familienbildungsstätte. Es ist auch möglich, dass<br />

wir zu der Einschätzung kommen, dass das Jugendamt der geeignete Ansprechpartner ist<br />

oder eine Erziehungs- und Familienberatungsstelle vor Ort. Viele Familien und andere<br />

besorgte Bürger haben es nach wie vor schwer, sich in der Jugendhilfelandschaft zu Recht<br />

zu finden und deren Arbeitsweisen einzuschätzen: Oftm<strong>als</strong> favorisieren sie ein vertrauliches<br />

Gespräch und eine Einschätzung in unserer Beratungsstelle, bevor sie sich trauen,<br />

auf andere Einrichtungen zuzugehen.


Entscheiden wir uns mit den Klienten gemeinsam für eine Beratung beim Berliner Kinderschutzbund,<br />

treffen wir zu Beginn eine mündliche „Arbeitsvereinbarung“. Darin legen wir<br />

zusammen fest, was in der Beratung erreicht werden soll.<br />

In vielen Fällen lassen sich die Probleme in ein bis fünf Terminen klären. Das heißt, die<br />

Klienten sind in soweit gestärkt und in der Lage, eine schwierige Situation für sich zu klären<br />

und anzugehen. Manchmal kann es sein, dass sich eine Mutter oder ein Vater noch einmal<br />

meldet. Das zeigt, dass sie mittlerweile Vertrauen zu uns, aber auch zu sich selbst<br />

gefunden haben. Sie suchen Rat, bevor eine Situation eskaliert. Und das ist natürlich ganz<br />

in unserem Sinne, aber vor allem auch im Sinne der betreffenden Kinder.<br />

Die mittel- und langfristigen Beratungen<br />

In den mittel- und langfristigen Beratungen sind wir vor allem Ansprechpartner für Eltern<br />

und manchmal auch für gesamte Familien mit Kindern. Ziel in diesen Beratungen ist es, mit<br />

den Eltern an verinnerlichten und familiären Gewaltstrukturen zu arbeiten. Zum einen geht<br />

es um Bewusstwerdung gewaltförmiger Strukturen, um die Einfühlung in die Situation der<br />

Kinder und auch um Reflexion von Gewalt, die Eltern häufig aus der eigenen Herkunftsfamilie<br />

kennen. Zum anderen geht es um das Finden und Anerkennen der Stärken und<br />

Ressourcen in den Familien. Häufig fehlt es in den Familien an Wertschätzung und fehlender<br />

Wahrnehmung der vorhandenen Stärken. Die Probleme rücken in den Mittelpunkt und<br />

überdecken die Fähigkeiten der Kinder und Eltern und die Ressourcen im sozialen Netzwerk.<br />

Unserer Erfahrung nach, lassen sich insbesondere Eltern, die ihre Kinder körperlich<br />

züchtigen und daraus einen Ausweg suchen sowie Eltern, die sich in vorübergehenden<br />

Krisensituationen befinden, sehr gut auf Beratungsprozesse ein und bemühen sich stark<br />

um Veränderung.<br />

In Familien, in denen schwerere Formen von Vernachlässigung vorliegen bzw. wo Eltern<br />

(-teile) psychisch besonders instabil sind oder psychische Gewalt gegen Kinder ausüben,<br />

z.B. in jahrelangen Trennungskonflikten, und wo diese Gewaltformen schon chronifiziert<br />

sind, müssen wir vernetzt mit anderen Diensten und Einrichtungen arbeiten. Ein längerfristiges<br />

Beratungsangebot findet dann zumeist in Kooperation statt. Für unsere Beratungsarbeit<br />

bedeuten diese Familien, dass wir zunächst versuchen, bei ihnen ein Problembewusstsein<br />

sowie die Bereitschaft schaffen wollen, weitere Hilfen anzunehmen. Oftm<strong>als</strong><br />

sind die Eltern nicht (mehr) in der Lage, die Bedürfnisse ihrer Kinder angemessen zu erkennen<br />

und sie altersentsprechend zu erfüllen. Kinder werden dann überfordert, unterfordert,<br />

ungenügend gefördert oder unzureichend mit Liebe, Fürsorge oder kindgerechter Aufsicht<br />

begleitet. Die Zusammenhänge, weshalb es zu gefährdenden Situationen für Kinder in<br />

Familien kommen kann, sind in der Regel komplex und individuell verschieden. Häufige<br />

Risikofaktoren sind jedoch soziale Notlagen bzw. Armut, eigene Gewalterfahrungen der<br />

Eltern, Erkrankungen/Behinderungen der Eltern oder der Kinder, Isolation, häufige Trennungen<br />

in den Familien oder Suchtproblematiken.<br />

25


26<br />

Unsere Aufgabe ist es, mit den Eltern gemeinsam zu überlegen, wie sie selbst für den<br />

Schutz und die angemessene Begleitung ihrer Kinder wieder die Verantwortung übernehmen<br />

können und welche weitere Hilfen ggf. für sie selbst oder die Kinder notwendig wären.<br />

Meist geht es im ersten Schritt um die Frage, wie sie für sich selbst wieder mehr Verantwortung<br />

übernehmen können. Denn wer für sich verantwortlich ist, kann in die Lage versetzt<br />

werden, Verantwortung für Kinder zu übernehmen. Solch einen Beratungsprozess<br />

erleben Eltern häufig <strong>als</strong> schmerzvoll, fordernd, aber auch aktivierend. Bei den manchmal<br />

folgenden Jugendhilfemaßnahmen handelt es sich beispielsweise um Familienhilfe, soziale<br />

Gruppenarbeit mit Kindern oder Tagesgruppenarbeit, die durch das Jugendamt gewährt<br />

bzw. bewilligt werden können.<br />

Die Beratung und Begleitung dieser Familien ist sehr zeitintensiv und fordert auf allen<br />

Seiten ein hohes Durchhaltevermögen, sozusagen „Geduld und Spucke“ – jahrelange<br />

Konflikte lassen sich nicht „eben mal“ aus der Welt schaffen und die Familien brauchen Zeit<br />

und Vertrauen für Veränderungen. Die Kooperation mit anderen Helfersystemen kann in<br />

diesen schwierigen Fällen von „guten wie schlechteren Zeiten“ geprägt sein.<br />

Es kann passieren, dass Verantwortung hin- und hergeschoben wird, dass ein ausgeprägter<br />

Defizitblick auf die Probleme der Eltern vorherrscht und dass die Kinder in der Folge<br />

häufig aus dem Sichtfeld geraten. Erkennen die Helfersysteme dies und schaffen sie es,<br />

darüber ins Gespräch zu kommen, kann Familien gut in einer transparenten, wertschätzenden<br />

Zusammenarbeit geholfen werden. Das Helfersystem fungiert dann <strong>als</strong> Vorbild: Es werden<br />

Verantwortlichkeiten klar benannt, nichts passiert hinter dem Rücken der Familien,<br />

Probleme werden offen und klar angesprochen, Absprachen eingehalten. Die Arbeit im<br />

Bereich <strong>des</strong> Kinderschutzes fordert Helfer wie Eltern stark heraus und kostet Zeit, die aber<br />

auch gebraucht wird. Einschätzungen von Gefahren oder Hilfen, um Gefahren abzuwenden,<br />

lassen sich nicht in wenigen Stunden und selten von einzelnen allein bewältigen.<br />

Fachberatungen<br />

Im vergangenen Jahr haben wir die Erfahrung gemacht, dass sich zunehmend Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter aus Kitas, Schulen und ambulanten Hilfen bei uns melden und<br />

nach einer Beratung fragen, um einen Verdacht auf Kin<strong>des</strong>wohlgefährdung abzuklären.<br />

Meist geht es dabei um Verdachtsmomente im Zusammenhang mit innerfamiliärer Gewalt<br />

und häufig speziell um sexuellen Missbrauch. Aber auch Schwierigkeiten in Kitagruppen<br />

oder Schulklassen, wie beispielsweise sexuelle Übergriffe oder Gewalt unter Kindern, sind<br />

Anlass für Nachfragen. Die Fachkräfte wünschen sich in solchen Situationen Anleitung, wie<br />

sie mit den Problemen umgehen sollen. Hierfür müssen wir erst einmal klären, was genau<br />

passiert ist, was nächste Schritte sein können und was für Befürchtungen auf Seiten der<br />

Fachkräfte bestehen. Wovor haben sie beispielsweise bei einem bevorstehenden Elterngespräch<br />

Angst? Was brauchen sie, um mit ihrer Angst umzugehen? Gerne begleiten die


Beraterinnen <strong>des</strong> Kinderschutzbun<strong>des</strong> den weiteren Prozess. In Einzelfällen steht die Fachberatung<br />

auch einem ganzen Team beratend zur Seite und veranstaltet zum Beispiel einen<br />

themenbezogenen Elternabend zum Umgang mit kindlicher Sexualität.<br />

Insgesamt konnten wir auch im Jahr <strong>2008</strong> feststellen, dass die Nachfrage nach Beratungen<br />

zu Kin<strong>des</strong>vernachlässigung und -missbrauch ständig steigt. Umso unverständlicher ist es,<br />

dass die öffentliche Förderung unserer Beratungsstelle seit mehr <strong>als</strong> zehn Jahren „eingefroren“<br />

ist. Ohne die Unterstützung durch Spendengelder wäre unsere Arbeit längst nicht<br />

mehr denkbar. Vielen Dank an alle, die die Arbeit der Beratungsstelle <strong>des</strong> Berliner Kinderschutzbun<strong>des</strong><br />

auch im vergangenen Jahr unterstützt haben.<br />

Basler Zeitung, 25.07.<strong>2008</strong><br />

27


28<br />

Starke Eltern – Starke Kinder® –<br />

Pubertät: Aufbruch, Umbruch, kein Zusammenbruch –<br />

Die „neuen“ Kurse <strong>des</strong> Kinderschutzbun<strong>des</strong><br />

Krabbelgruppen, Pekip, Babyschwimmen, Eltern-Kind-Turnen, Babymassage, Elterncafés<br />

und so weiter… die Liste mit Angeboten für Eltern, deren Kinder noch klein sind, ist lang. Im<br />

Vordergrund stehen Themen wie z.B. Trotzphasen, Beziehungsstärkung oder Pflegefragen.<br />

Dann werden die Kinder älter – die Fragen der Eltern jedoch nicht weniger. Aber selten finden<br />

sie ein Angebot, wenn sie Austausch über die Wirren, Überraschungen oder Verzweiflungen<br />

während der Zeit der Pubertät suchen.<br />

Deshalb gibt es nun eine auf diese Bedürfnisse und Themen angepasste Version der Elternkurse.<br />

Die Pubertätskurse etablieren sich nach und nach in ganz Berlin und erfreuen sich<br />

großer Beliebtheit. Die einhellige Meinung von Eltern: Es wurde wirklich Zeit, dass es auch<br />

für diese besondere Zeit im Familienleben Angebote gibt, da der Austausch über heranwachsende<br />

Kinder mit anderen Eltern meist völlig fehlt.<br />

Die Eltern schildern, wie normal es zu Kita- und Grundschulzeiten war, sich regelmäßig über<br />

die Entwicklung der Kinder auszutauschen, gute Tipps von anderen Eltern und dem betreuenden<br />

Fachpersonal, insbesondere von den Kita-Erzieherinnen zu bekommen. Und dann<br />

hört oft der Austausch auf, nach dem Motto: „Nun sind die Kinder ja aus dem Gröbsten heraus.“<br />

– Aber die Realität ist eine andere. Die Pubertät überrollt die Eltern häufig. Ihre Kinder<br />

verändern sich, die Konflikte erschweren den Alltag und Kinder und Eltern werden sich in<br />

dieser Zeit oft erst einmal fremd. Die Pubertät (be-)trifft nicht nur die Kinder, sondern die<br />

gesamte Familie. Für die Kinder heißt es, Wege zu finden, mit den körperlichen Entwicklungen<br />

zurecht zu kommen, die häufig beschämenden, Angst machenden oder aufregenden<br />

Veränderungen an ihrem Körper auszuhalten, sie anzunehmen und sich auf den Weg<br />

ins Erwachsenenleben zu machen. Sie müssen sich emotional von ihren Eltern lösen, eine<br />

eigene Identität finden, sich schulische und berufliche Ziele stecken, die Welt entdecken<br />

und einen Platz darin finden. Liebe und sexuelle Orientierung stehen hoch im Kurs, Gefühle<br />

machen Berg- und Talfahrten, Selbstüberschätzung und Selbstentwertung sind häufig an<br />

der Tagesordnung. Die Pubertierenden stecken innerlich im Chaos und damit meist auch<br />

die Eltern und der Rest der Familie. Mal sitzt die 13-jährige Tochter mit ihren Barbiepuppen<br />

auf Mamas Schoß und im nächsten Moment belegt sie für eine halbe Stunde das Bad,<br />

schminkt sich und will selbst entscheiden, wann sie nach der Disko nach Hause kommt. So<br />

der Bericht einer Mutter – ihr Fazit: „Und da soll man nicht verunsichert sein?“<br />

Für Eltern bedeutet diese Zeit auch, dass sie sich wieder mehr auf sich selbst besinnen<br />

müssen: Wie läuft eigentlich unsere Partnerschaft? Was tue ich, wenn mich mein Kind weni-


ger braucht? Habe ich bislang bei meinem Kind alles f<strong>als</strong>ch oder richtig gemacht? Wie viel<br />

kann ich meinem Kind schon zutrauen, wie weit vertrauen? Wie wird mein weiteres Leben<br />

aussehen, wenn die Kinder immer weniger im Mittelpunkt stehen? Was möchte ich vom<br />

Leben?<br />

Freud und Leid liegen in dieser Zeit nah beieinander, genauso wie Trauer und Lachen. Für<br />

all diese Gefühle und die Verunsicherungen ist Raum im Elternkurs. Im Pubertätskurs erfahren<br />

Eltern einerseits, was in der Pubertät passiert, welche Entwicklungsaufgaben für Kinder<br />

wie Eltern anstehen. Daneben wollen wir die Kommunikation in der Familie stärken und<br />

ergründen, welche Erziehungs- und Beziehungshaltung in der Zeit der Pubertät förderlich<br />

ist. Das anleitende Erziehungsmodell, das bei Starke Eltern – Starke Kinder® Kursen vermittelt<br />

wird, eignet sich hervorragend für die Zeit der Pubertät, da es um keine fertigen<br />

„Rezepte“ geht. Vielmehr können die Eltern „Werkzeuge und Anregungen“ für ihre spezielle<br />

Familiensituation und die Entwicklungsreife ihrer Kinder finden. Auch wenn es ein Kurs<br />

zur Stärkung der Kommunikation in der Familie ist, drehen sich die Themen um sehr spezifische<br />

Sorgen und Nöte, die auch aufgegriffen werden. So bereiten in dieser Zeit häufig folgende<br />

Fragen den Eltern erhebliche Bauchschmerzen: Was mache ich, wenn mein Kind in<br />

meinen Augen die f<strong>als</strong>chen Freunde hat? Wie bekomme ich mein Kind vom Computer weg?<br />

Was macht mein Kind stundenlang am Computer? Wie kann ich mein Kind vor Drogen<br />

schützen? Was tue ich, wenn mein Kind fast gar nicht mehr mit mir spricht? Wie soll ich reagieren,<br />

wenn mein Kind in der Schule völlig abrutscht? Wie kann ich den fehlenden Vater<br />

ersetzen? Und dies ist nur ein Bruchteil der Ängste, die Eltern in dieser Zeit bewegen….<br />

Im Kurs geht es daher auch um den gemeinsamen Austausch, das Erinnern an die eigene<br />

Zeit in der Pubertät, um gemeinsames Aushalten. Insbesondere das Einfühlen in die Pubertierenden,<br />

das Spiegeln der Wünsche der Eltern und der Austausch über Belasten<strong>des</strong> ist für<br />

die Eltern hilfreich. Über die Kunst <strong>des</strong> Loslassens bei gleichzeitiger Begrenzung der Kinder<br />

ins Gespräch zu kommen, soll helfen, zugespitzte Konflikte in den Familien zu entschärfen.<br />

Die Pubertät ist eine höchst sensible Zeit – nicht umsonst spricht man von dieser Zeit auch<br />

<strong>als</strong> Krise in der gesamten Familie. Kontaktabbrüche, psychische Erkrankungen, Suchtproblematiken,<br />

Schulabbrüche haben häufig ihren Anfang in der Pubertät. Deshalb ist ein<br />

Präventionsangebot in dieser Form besonders wichtig.<br />

Aber die Pubertät ist nicht nur anstrengend! Eltern können ihre Kinder dabei begleiten und<br />

beobachten, wie sich deren Persönlichkeit herausbildet, wie sie zu eigenständigen<br />

Erwachsenen werden. Sie können sehen, wie sich ihre Beziehungs- und Erziehungsarbeit<br />

positiv auf die Entwicklung der Jugendlichen auswirkt. Deshalb ist es auch eine durchgängige<br />

Aufgabe für die Eltern im Kurs, Woche für Woche auf die positiven Seiten ihrer Kinder<br />

zu achten! Denn es gibt viel Spannen<strong>des</strong> zu entdecken, wofür im Alltag häufig der Blick<br />

fehlt!<br />

29


30<br />

Die Kurse sind Präventionsangebote, die helfen sollen, diese besondere Entwicklungszeit<br />

gemeinsam gut zu bewältigen und Eltern dabei zu stützen. Bei zugespitzten Konflikten und<br />

schweren Krisen haben die Kurse allerdings ihre Grenzen. In diesen Fällen werden Eltern<br />

dazu ermutigt, Beratungsangebote aufzusuchen.<br />

Unser Ziel ist es, die Starke Eltern – Starke Kinder® Kurse in den nächsten Jahren weiter<br />

auszubauen, so dass möglichst viele Eltern davon profitieren können. Eine Kursleiterin<br />

erzählte bereits, dass sie einen Vater in ihrem Kurs hat, der vor einigen Jahren den<br />

ursprünglichen Starke Eltern – Starke Kinder® Kurs für Eltern mit Kleinkindern besucht hat.<br />

Nun wolle er sich für die Zeit der Pubertät stark machen! Wenn Eltern unsere Kurse weiterempfehlen<br />

und sogar Jahre später wiederkommen, ist das eines der besten Komplimente,<br />

die wir uns vorstellen können. Und wir hoffen, dass auch zukünftig ganz viele Eltern von<br />

den Angeboten der Starke Eltern – Starke Kinder® Kurse Gebrauch machen. Für sich, aber<br />

ganz besonders auch im Sinne ihrer Kinder …<br />

Hier steht Blindtext


Elternkurse – Statistik 2007/<strong>2008</strong><br />

31


32<br />

Stetiger Wandel <strong>als</strong> Konstante der Arbeit – das Kinder-Kiez-Zentrum<br />

Auch im Kinder-Kiez-Zentrum (KiKiZet) – der Freizeitbetreuung an der Erika-Mann-Grundschule<br />

– hat sich im vergangenen Jahr einiges verändert. Zu Beginn <strong>des</strong> neuen Schuljahres<br />

stieg die Zahl der zu betreuenden Kinder auf 220 an, mit denen mittlerweile 16 Pädagoginnen<br />

und Pädagogen <strong>des</strong> Deutschen Kinderschutzbun<strong>des</strong> und sechs Kolleginnen <strong>des</strong> Öffentlichen<br />

Dienstes arbeiten. Entgegen ursprünglichen Prognosen stieg und steigt die Zahl der<br />

Schulanfänger stetig. Es ist aber nicht nur die Gesamtzahl der Schüler, die zunimmt, sondern<br />

auch der prozentuale Anteil der Eltern, die eine Förderung ihrer Kinder im Nachmittagsbereich<br />

wünschen. So sind mittlerweile 55,66 Prozent aller Schülerinnen und<br />

Schüler der Klassenstufen 1 bis 4 beim Berliner Kinderschutzbund angemeldet. Bei den<br />

Schulanfängern betrug der Prozentsatz stolze 69,5 Prozent.<br />

Um der zunehmenden Zahl von „Hortkindern“ Rechnung zu tragen, sind wir fortlaufend<br />

darauf bedacht, die Organisation und Struktur den sich wandelnden Gegebenheiten anzupassen.<br />

Allein die Teamsitzungen, an denen heute mit Praktikantinnen und Praktikanten<br />

bis zu 25 Personen teilnehmen, verlangen völlig neue Strukturen, um wirklich alle auf den<br />

gleichen Informationsstand zu bringen. Bei der Anzahl der Personen und der Kürze der Zeit,<br />

bleiben pädagogische Fragen oder Fallsbesprechungen aus den einzelnen Gruppen beinahe<br />

zwangsläufig auf der Strecke. Daher hat jede Kollegin und jeder Kollege einmal im<br />

Monat die Möglichkeit unter Supervision mit ihrem bzw. seinem „Mini-Team“ einzelne<br />

Kinder oder Vorfälle zu besprechen und das eigene pädagogische Handeln in einem sicheren<br />

Rahmen zu reflektieren. Dadurch hat sich die Qualität der pädagogischen Arbeit eindeutig<br />

zum Positiven verändert.<br />

Dem kommt entgegen, dass sich auch die Räumlichkeiten im Kinder-Kiez-Zentrum weiterentwickelt<br />

haben. Eine neue Betriebsgenehmigung erlaubt die Aufnahme von bis zu 300<br />

Kindern. Diese Zahl, die bis vor Kurzem noch völlig utopisch klang, rückt mittlerweile tatsächlich<br />

in den Bereich <strong>des</strong> Möglichen. Denn die Prognosezahl für das neue Schuljahr liegt<br />

momentan bei 258 Anmeldungen. Grundlage für die neue Betriebsgenehmigung ist der<br />

Umstand, dass der Neubau der Erika-Mann-Grundschule inzwischen ausschließlich für den<br />

Nachmittagsbereich genutzt wird. Es gibt <strong>als</strong>o ein komplettes Freizeithaus, flankiert von<br />

drei weiteren Gruppen im Schulhaus. Diese feste Funktionszuteilung für einzelne Räume<br />

und <strong>des</strong> gesamten Neubaus <strong>als</strong> „Freizeitbereich“ ist ebenfalls Ausdruck einer besonderen<br />

Qualität. Kinder und Pädagogen haben so genug Raum für Projekte und gemeinschaftliches<br />

Arbeiten.<br />

Anders sieht es an Schulen aus, in denen es keine Kooperation mit einem freien Träger gibt.


Dort ist – aus nicht nachvollziehbaren Gründen – keine Betriebsgenehmigung notwendig.<br />

Diese schreibt eine pädagogische Min<strong>des</strong>tfläche von drei Quadratmetern pro Kind zwingend<br />

vor. Die Folgen der fehlenden Betriebsgenehmigung sind dann oftm<strong>als</strong> völlig überfüllte<br />

Horträume und entnervte Pädagogen und Kinder. Wir sind daher sehr froh, dass das<br />

Kinder-Kiez-Zentrum für alle genügend (Frei-) Räume bietet.<br />

Wesentlich verstärkt hat sich auch der Anteil der offiziell anerkannten Integrationskinder.<br />

Streng genommen redet man nicht mehr von „Integration“ sondern von „Inklusion“. Unter<br />

„Inklusion“ versteht man den pädagogischen Ansatz, <strong>des</strong>sen wesentliches Prinzip die<br />

Wertschätzung der Diversität in Bildung und Erziehung ist. Das bedeutet, dass in einer<br />

Bildungseinrichtung – <strong>als</strong>o auch dem KiKiZet – die Bildungs- und Erziehungsziele aller<br />

Kinder in all ihrer Unterschiedlichkeit zu befriedigen sind. Dies setzt eine exakte<br />

Betrachtung und Wertschätzung <strong>des</strong> Individuums voraus und ist daher praktisch identisch<br />

mit den diesbezüglichen Leitzielen <strong>des</strong> Berliner Kinderschutzbun<strong>des</strong>. Dennoch ist diese<br />

Veränderung im Schulsystem nicht unproblematisch. Denn zum einen hatte nicht jeder<br />

Pädagoge in seiner Ausbildung die Möglichkeit, das nötige Fachwissen zu erwerben, um<br />

mit den einzelnen Besonderheiten der betroffenen Kinder umgehen zu können. Und zum<br />

anderen ist der bürokratische Aufwand enorm hoch, um wenigstens quantitativ - <strong>als</strong>o im<br />

Person<strong>als</strong>chlüssel - den neuen Anforderungen gerecht werden zu können.<br />

Qualitativ haben wir unsere Bemühungen wesentlich intensiviert, diese Kinder eben nicht<br />

nur zu integrieren, sondern sie auch an ihrem besonderen Bedarf orientiert fördern zu können.<br />

So arbeitet im KiKiZet bereits eine ausgebildete Heilpädagogin, eine weitere Kollegin<br />

hat die Ausbildung zur „Fachkraft für Integration“ (hier hinkt der offizielle Fachterminus<br />

noch der neuen Sprachregelung hinterher) erfolgreich absolviert und ein Kollege wird im<br />

Februar mit seiner Ausbildung beginnen. Einmal monatlich treffen sich alle Kollegen, die<br />

mit Integrations- oder Inklusionskindern arbeiten, um Fort- oder auch Rückschritte zu<br />

besprechen und das weitere Vorgehen verlässlich zu planen.<br />

Die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Kinder sind auch das Hauptmotiv für die<br />

Veränderung der Nachmittagsstruktur. Ein breit gefächertes AG-Angebot an drei Nachmittagen<br />

der Woche ermöglicht es uns, die Gruppenstrukturen „aufzuweichen“ und zu entzerren.<br />

Neben mehreren bewegungsorientierten Sport-AG’s haben die Mädchen beispielsweise<br />

in der AG „Wir tanzen aus der Reihe“ die Möglichkeit, ihren Gefühlen tänzerisch<br />

Ausdruck zu verleihen; bei der „Springbande“ wird mit Kindern mit motorischen Defiziten<br />

gearbeitet, während andere in den Genuss einer „Progressiven Muskelentspannung“ kommen.<br />

„Körperwelten“ ist der Name der AG, in denen die Kinder in der Wahrnehmung gefördert<br />

werden. Experimentierfreudige Kinder haben die Möglichkeit an der AG „Ökologie und<br />

Natur“ teilzunehmen. Das sind nur einige von zahlreichen Angeboten, die wir den Kindern<br />

machen – zumal wir die Angebote auch immer wieder überprüfen: Nehmen die Kinder das<br />

33


34<br />

Angebot an? Wollen vielleicht viel zu viele Kinder in die AG? In jedem Fall ist die Umstrukturierung<br />

ein wesentlicher Schritt hin zu einem offeneren Arbeiten und damit auch zu einer<br />

höheren Qualität für die Kinder. Erleichtert wurde uns dieser Schritt wesentlich dadurch,<br />

dass sich die Erika-Mann-Grundschule, nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen der<br />

Erzieherinnen und Erzieher aus den Vorjahren, dazu entschlossen hat, Hausaufgaben im<br />

klassischen Sinn abzuschaffen und durch Schulaufgaben im Morgenbereich zu ersetzen.<br />

Dies ermöglichte uns KiKiZet-Pädagogen überhaupt erst einen zeitlich ausreichenden<br />

Rahmen für neue und sinnvolle pädagogische Angebote.<br />

Neu ist auch der Essensanbieter im KiKiZet. Alle drei Jahre muss „das Catering“ ausgeschrieben<br />

werden. Und ganz offensichtlich wollten die Kinder endlich einmal etwas anderes<br />

essen und Abwechslung erfahren. Infolge <strong>des</strong>sen haben wir vor dem Schuljahreswechsel<br />

ein Essenskomitee, bestehend aus zwei Pädagogen, zwei Eltern und zwei Kindern<br />

gegründet. Dieses Komitee hatte die Aufgabe, sich mit den unterschiedlichen Qualitäten<br />

der verschiedenen Essensanbieter auseinanderzusetzen. Davon abgesehen, dass wir oft<br />

das Gefühl hatten, einen Einblick in die Abgründe der Großküchen zu erhalten, war der<br />

Prozess mit den Kindern sehr intensiv und spannend. Denn, wenn der Berliner Kinderschutzbund<br />

sich schon die „Partizipation von Kindern und Jugendlichen“ auf die Fahnen<br />

schreibt, dann muss man die Kinder auch ernst nehmen. Nur was macht man, wenn diese<br />

so einen gänzlich anderen Geschmack an den Tag legen? Oder was tun, wenn die Kinder<br />

von dem tollen Ambiente einer ihnen unbekannten Mensa derart beeindruckt sind, dass<br />

ihnen der exorbitant hohe Wasseranteil an der Tomatensoße nicht auffallen will? Natürlich:<br />

Reden, am Thema arbeiten, ihnen die Vorteile einer gesunden Ernährung aufzeigen, trotzdem<br />

ihre Meinung ernst nehmen und im Zweifelsfall ihrer Bewertung Rechnung tragen und<br />

den eigenen Wunschkandidaten von der Liste streichen.<br />

Und auch wenn die Erfahrungen mit dem neuen Essensanbieter nicht unbedingt auf eine<br />

Verbesserung der Qualität schließen lassen – den Kindern schmeckt es in der Regel.<br />

Etwas hat sich jedoch leider nicht verändert – die überbordende Bürokratie, die vor dem<br />

Vertragsabschluss bzw. der Betreuung eines Kin<strong>des</strong> steht. Viele Eltern sind bereits völlig<br />

überfordert und abgeschreckt, wenn sie sich (allein) durch den vierseitigen Antrag auf<br />

Hortbetreuung kämpfen müssen. Dieser ist obendrein in einem Deutsch verfasst, das<br />

selbst so manchen Deutsch-Muttersprachler verzweifeln lässt. Oftm<strong>als</strong> schaffen es viele<br />

Eltern nicht, die nötigen Dokumente zusammenzubringen, die das Amt einfordert. Ein großes<br />

Problem ist auch, dass Eltern, die beide ohne Arbeit sind, nicht ohne weiteres ein Platz<br />

für ihr Kind in der ergänzenden Betreuung zusteht. Das heißt, in einem Bezirk wie Berlin-<br />

Wedding, muss für beinahe je<strong>des</strong> Kind eine pädagogische Begründung geschrieben und<br />

eingereicht werden. Inklusive eines Kindergeldnachweises, den Belegen <strong>des</strong> Jobcenters für<br />

ein ganzes Jahr oder einer Arbeitsbescheinigung, dem eigentlichen Antragsformular und


der pädagogischen Stellungnahme und falls vorhanden auch einem Steuerbescheid,<br />

umfasst der Antrag für ein einzelnes Kind bis zu 20 Seiten, die alle geschrieben, kopiert und<br />

gelesen werden wollen. Was für ein immenser und völlig unnutzer Aufwand. Wie viel<br />

Energie und Geld könnte statt<strong>des</strong>sen bei den Kindern direkt ankommen, sollte sich der<br />

Senat endlich dazu durchringen, die Zugangsmöglichkeiten für Kinder in die ergänzende<br />

Betreuung zu vereinfachen. Mit diesem Wunsch und dem stetigen Wandel <strong>als</strong> Konstante<br />

unserer Arbeit im Hinterkopf blicken wir gespannt auf das neue Jahr.<br />

Hier steht Blindtext<br />

35


38<br />

Ein Tag in unserer Kita „A 13“<br />

Seit mittlerweile fünf Jahren ist die Kita „A13“ <strong>des</strong> Berliner Kinderschutzbun<strong>des</strong> eine feste<br />

Größe an der Amsterdamer Straße Ecke Malplaquetstraße.<br />

In unseren Räumlichkeiten könnten wir eigentlich bis zu 45 Kinder betreuen. Da aber der<br />

Förderbedarf vieler unserer Weddinger Kinder das „Normalmaß“ übersteigt, haben wir uns<br />

dafür entschieden, weniger Kinder aufzunehmen, um sie so gezielter und nachhaltiger fördern<br />

zu können. Das heißt beispielsweise, dass zwei Räume ausschließlich für besondere<br />

Angebote reserviert sind. Momentan besuchen 24 Kinder im Alter von einem bis sechs<br />

Jahre unserer Kita. Wir arbeiten in zwei Gruppen mit jeweils zwei Gruppenerzieherinnen,<br />

einer zusätzlichen „Springerin“ und einer Heilpädagogin. Seit dem Sommer <strong>2008</strong> kümmert<br />

sich die neue Kitaleiterin, Alexandra de Michieli, um die inhaltlich-organisatorischen Aufgaben<br />

der Kita „A13“ und ist darüber hinaus auch selbst Gruppenerzieherin.<br />

Der Kitatag beginnt in der Regel um 8 Uhr. Los geht es mit einem gemeinsamen Frühstück.<br />

Auf dem Tisch stehen dabei vor allem leckeres Brot, frisches Obst und Gemüse, Wurst,<br />

Käse, Quark und Milch – alles Bio und aus der Region. Leider können sich die wenigsten<br />

Eltern die Frühstücks-Kosten zusätzlich zu dem Kita-Beitrag leisten. Daher freuen wir uns<br />

sehr, dass die Velisch-Stiftung die Mittel zur Verfügung stellt, mit denen wir das Frühstück<br />

für die Kinder finanzieren können. Denn viele der Kleinen verlassen morgens ganz ohne<br />

Essen das Haus und müssten den Vormittag bis zum Mittagessen hungrig verbringen. Da<br />

uns aber eine gesunde und ausgewogene Ernährung der Kinder sehr am Herzen liegt,<br />

möchten wir dies auch gerne allen Kindern ermöglichen.<br />

Denn so gestärkt haben die Kleinen viel Kraft für die Aktivitäten <strong>des</strong> Tages – und vormittags<br />

haben wir meist „volles Programm“: Unsere „Großen“ werden durch systematische Vorschularbeit<br />

gezielt auf ihren neuen Lebensabschnitt vorbereitet. Die Heilpädagogin betreut<br />

ihre Schützlinge einzeln oder in einer Kleingruppe, zweimal wöchentlich bietet eine<br />

Erzieherin Sprachförderung an und für manche Kinder kommt eine Logopädin ins Haus.<br />

Jeden Mittwoch schlägt ein Musiklehrer mit den Zwei- bis Dreijährigen in der einen Gruppe<br />

und mit den Vier- bis Fünfjährigen in einer zweiten Gruppe neue Töne an. Je nach Alter und<br />

Entwicklung der Kinder wird gesungen, getanzt, gehüpft, im Rhythmus geklatscht und an<br />

Instrumenten ausprobiert, welche Geräusche man ihnen entlocken kann. Nach langer vergeblicher<br />

Suche, freuen wir uns sehr, dass wir nun endlich einen sympathischen, kompetenten<br />

und engagierten Musiklehrer gefunden haben. Und auch darüber, dass wir die<br />

Frühförderung „unserer“ Kleinsten mit einem weiteren Angebot ausbauen konnten. Ab<br />

März <strong>2009</strong> wird nun endlich auch unser langgehegte Wunsch wahr, dass unsere „Großen“


schwimmen lernen können. Spendenmittel waren<br />

schon länger vorhanden, die Suche nach einem<br />

geeigneten Schwimmbad und -lehrer erwies sich<br />

allerdings <strong>als</strong> ungeahnt schwierig. Aber schlussendlich<br />

ist es uns doch gelungen, einen Kurs zu<br />

organisieren. Und dann gibt es hoffentlich zum<br />

Sommer eine Menge neuer „Seepferdchen“.<br />

Neben all diesen Dingen findet bei uns natürlich<br />

auch noch der „ganz normale“ Kita-Alltag statt.<br />

Wir spielen, puzzeln, tanzen, lesen, malen und<br />

werken, gehen auf den Spielplatz, machen Ausflüge<br />

(neu entdeckt: ins Spatzenkino) und feiern<br />

Feste (dies gerne auch mit den Eltern, die oft wahre<br />

Köstlichkeiten beisteuern). Und natürlich brauchen<br />

die Kleinen zwischendurch ausreichend Zeit<br />

zum Ruhen und Schlafen und zum freien Spielen<br />

mit ihren Freundinnen und Freunden. Um 15 Uhr<br />

endet der Kita-Tag und wir freuen uns, wenn wir<br />

den Eltern beim Abholen stolz berichten können,<br />

was ihr Nachwuchs wieder alles Tolles gebaut,<br />

gemalt, erzählt, gelernt oder gebastelt hat. Und<br />

Dank der Initiative „Berliner Freunde“ von Hertha<br />

BSC, der Wall AG, Randstadt und der Stadt Berlin<br />

haben wir im Jahr <strong>2009</strong> hoffentlich noch mehr zu<br />

berichten. Denn die „Berliner Freunde“ haben<br />

unser Kita-Projekt „Bildungs(t)räume“ aus 115 eingereichten<br />

Projekt-Anträgen ausgesucht und für<br />

förderungswürdig befunden. Wir danken allen<br />

Beteiligten und freuen uns über die tolle Unterstützung.<br />

Hier steht Blindtext<br />

Hier steht Blindtext<br />

39


40<br />

Einblicke in die Arbeit der Schulstation <strong>des</strong><br />

Berliner Kinderschutzbun<strong>des</strong><br />

Seit ihrem Start vor fast genau drei Jahren hat sich in der Schulstation <strong>des</strong> Berliner Kinderschutzbun<strong>des</strong><br />

einiges getan. Sowohl personell <strong>als</strong> auch inhaltlich. Zum einen verstärkt der<br />

Sozialpädagoge, Detlef Kahlau, seit dem 01. Februar <strong>2008</strong> das Team der Schulstation. Zum<br />

anderen hat sich der Bekanntheitsgrad der Schulstation in den vergangenen Monaten<br />

erheblich erhöht – sowohl im Lehrerkollegium <strong>als</strong> auch bei den Schülern der Erika-Mann-<br />

Grundschule (EMG). Mittlerweile ist die Schulstation ein integraler Bestandteil <strong>des</strong> Schullebens.<br />

Die Arbeitsschwerpunkte der Schulstation im Jahr <strong>2008</strong> waren:<br />

• Einzelfallarbeit und Elterngespräche<br />

• Pausenbegleitung<br />

• Mädchen- und Jungenarbeit<br />

• weiterer Ausbau der Zusammenarbeit mit dem Kinder-Kiez-Zentrum,<br />

dem Schülerladen „A13“ und der Beratungsstelle <strong>des</strong> Berliner Kinderschutzbun<strong>des</strong><br />

•<br />

Klassenseminare und Kleingruppenseminare zu Themen <strong>des</strong> sozialen Lernens<br />

Die Einzelfallarbeit<br />

Sie ist weiterhin der Schwerpunkt der Schulstationsarbeit. Da der Kontakt zu einem großen<br />

Teil <strong>des</strong> Lehrerkollegiums mittlerweile sehr vertrauensvoll ist, hat sich folgende Verfahrensweise<br />

gut bewährt:<br />

Werden Kinder im Unterricht in irgendeiner Weise auffällig, sei es durch länger anhaltende<br />

Traurigkeit, übermäßige Aggressivität oder sonstiges auffälliges Verhalten, wird die Schulstation<br />

informiert. Daraufhin gibt es Gespräche mit den jeweiligen Kindern, in denen es darum<br />

geht, einen ersten Kontakt herzustellen. Hierbei versuchen wir einzugrenzen, was das<br />

Kind beschäftigt und davon abhält, dem Unterricht zu folgen. Durch eine einfühlsame und<br />

vor allem vorwurfsfreie Gesprächsführung gelingt es in den meisten Fällen, schon bei dem<br />

ersten oder zweiten Treffen das eigentliche Problem herauszuarbeiten.Mit welchen Schwierigkeiten<br />

die Kinder zu kämpfen haben, möchten wir anhand von zwei Fällen darstellen:<br />

1. Abdullah (Name geändert), 7 Jahre, keine Geschwister, erstes Schuljahr:<br />

Die Lehrerin nimmt wahr, dass der Junge häufig abwesend wirkt und dem Unterricht nicht<br />

folgen kann. Auf Nachfragen reagiert er nicht. Gespräche mit der Mutter bringen auch keine<br />

Klarheit. Daraufhin erfolgt eine Meldung an die Schulstation. Als festes Ritual in den


ersten Gesprächen hat sich etabliert, den Kindern mitzuteilen, dass alles, was sie erzählen,<br />

in der Schulstation bleibt und nur mit ihrem ausdrücklichen Einverständnis weitergeleitet<br />

bzw. einzelne Teile der Unterhaltung weitergeleitet werden.<br />

Im dargestellten Fall, konnte der Junge schnell Vertrauen fassen und seine Geschichte<br />

erzählen. Dabei stellte sich heraus, dass der Vater <strong>des</strong> Jungen, über einen längeren Zeitraum<br />

Streit mit seiner Frau hatte. Es kam zu körperlichen Auseinandersetzungen zwischen<br />

den Eheleuten und gipfelte in einem massiven körperlichen Gewaltakt gegen die Mutter.<br />

Sie lag schwer blutend auf dem Boden und konnte nur durch den Einsatz von Polizei und<br />

Feuerwehr geschützt werden. Der Junge schildert diese Ereignisse sehr eindrücklich und<br />

auch seine Ängste. Denn er hatte jede dieser Auseinandersetzungen in seinem Zimmer miterlebt.<br />

Seine Versuche, die Streitigkeiten zu schlichten, wurden durch körperliche Gewalt<br />

seitens <strong>des</strong> Vaters unterbunden. Inzwischen hat der Vater die Familie verlassen.<br />

Durch den vertrauensvollen Umgang mit dem Jungen ist es uns gelungen, auch die Mutter<br />

für Gespräche zu gewinnen. Im weiteren Verlauf konnte die Mutter an die Beratungsstelle<br />

<strong>des</strong> Berliner Kinderschutzbun<strong>des</strong> angebunden werden. Dabei wurden weitere Schwierigkeiten<br />

deutlich, die die Familie belasteten. Der Vater hatte der Familie Schulden hinterlassen,<br />

die die Mutter nun zurückzahlen musste. Im Verlauf der Beratungen war es uns möglich,<br />

das finanzielle Umfeld zu stabilisieren.<br />

Abdullah konnte sich in der Schulstation weiter öffnen. Allerdings reagiert er nun in der<br />

Schule mit einem übertriebenen Beschützerinstinkt, so dass es in den Pausen regelmäßig<br />

zu körperlichen Auseinandersetzungen mit anderen Kindern kommt. Es wurde deutlich,<br />

dass Abdullah durch die familiären Auseinandersetzungen traumatisiert ist und nach wie<br />

vor Hilfen benötigt. Als weitere Maßnahme wird eine Kindertherapie angestrebt. In der<br />

Schule haben wir die Hort-Mitarbeiter sowie die Klassenlehrerin für die Probleme <strong>des</strong><br />

Jungen sensibilisiert, die ihn nun ebenfalls stützen. Er wird weiterhin regelmäßig durch die<br />

Schulstation begleitet.<br />

2. Ahmed (Name geändert), 9 Jahre, 1 Schwester<br />

Ahmed wurde in der Klasse auffällig, indem er im Unterricht häufig andere Kinder ärgerte<br />

und in den Pausen immer öfter in körperliche Auseinandersetzungen verwickelt war. Trauriger<br />

Höhepunkt war ein besonders heftiger Schlag gegen ein Mädchen. Die Beschwerden<br />

der Eltern <strong>des</strong> Mädchens veranlassten den Lehrer dazu, die Schulstation einzuschalten. Im<br />

Verlauf der Gespräche erzählte der Junge von der Trennung seiner Eltern, dass die Eltern vor<br />

dem Familiengericht darum kämpfen, wo die Kinder zukünftig ihren Lebensmittelpunkt<br />

haben. Die Mutter <strong>des</strong> Jungen hat einen neuen Mann kennengelernt und würde ihn gern in<br />

die Familie einführen. Das bringt den Jungen völlig aus dem Konzept.<br />

41


42<br />

Nach mehreren Gesprächen wird klar, dass er Angst hat, einen neuen Vater zu bekommen.<br />

Das will er nicht. Er kann aber auch seiner Mutter nicht sagen, was und wie er es gerne<br />

möchte. Das setzt ihn unter Druck, da er beide Elternteile liebt. In seiner Not wird er in der<br />

Schule immer auffälliger, damit seine Mutter keine Zeit mehr für anderes hat. Insgeheim<br />

hofft er, dass er so den neuen Freund der Mutter verschreckt. In unseren regelmäßigen<br />

Gesprächen konnten wir mit Abdullah über seine Sorgen reden. Dabei ist es uns gelungen,<br />

ihn insoweit zu stützen, dass er in der Klasse keine aggressiven Ausbrüche mehr hat und<br />

somit erst einmal keine Schulsanktionen zu befürchten sind. In weiteren Schritten ist ein<br />

gemeinsames Gespräch mit seiner Mutter geplant und die Einübung von alternativen Handlungsoptionen<br />

in Konflikten. Er besucht weiterhin regelmäßig die Schulstation.<br />

Bei den meisten Einzelfällen kam es in Absprache mit den Kindern zu Kontakten mit den<br />

Eltern. Sprachliche Schwierigkeiten konnten wir dadurch beseitigen, dass wir durch einen<br />

Kooperationsvertrag mit dem Gemeindedolmetscherdienst, jederzeit türkisch oder arabisch<br />

spechende Dolmetscher zur Verfügung hatten. Das erleichtert uns die Arbeit erheblich.<br />

Zumal die Dolmetscher überwiegend sozial geschult sind und somit nicht nur wortgenau<br />

Gespräche übersetzten, sondern einfühlsam die gesamte Dimension der jeweiligen<br />

Sprachen ausnutzten. Damit tragen sie zu wesentlich mehr Verständnis und einem vertrauensvollen<br />

Umgang mit den Eltern bei.<br />

Schwerpunkt der Problemlagen bleiben innerfamiliäre Konflikte wie Trennung und Scheidung,<br />

Tod eines Elternteils, Überforderung Alleinerziehender und damit einhergehend, fehlende<br />

Kommunikation mit den Kindern.<br />

Die Pausenbegleitung<br />

Ursprünglich war die regelmäßige Präsenz <strong>des</strong> Schulstation-Teams in den Pausen zum besseren<br />

Kennenlernen der Kinder und <strong>des</strong> Kollegiums geplant. Es stellte sich jedoch heraus,<br />

dass Konflikte, von denen uns die Kinder erst im Nachhinein erzählt hätten, durch unsere<br />

Anwesenheit schneller entdeckt und bearbeitet werden konnten.<br />

Daher haben wir beschlossen, regelmäßig in den Pausen anwesend zu sein. Das führte zu<br />

einer spürbaren Entspannung auf dem Schulhof. Zum einen für die Kinder, die von anderen<br />

ständig geärgert oder gehauen wurden. Sie hatten jetzt zusätzliche Ansprechpartner, die<br />

sich in das Geschehen einmischen und dadurch viele Situationen schnell aufklären und<br />

entspannen konnten. Zum anderen auch für die Kinder, die häufig <strong>als</strong> Agierende in Konflikte<br />

verwickelt waren. Für sie wirkte sich diese Maßnahme positiv aus, da sie nun jederzeit auf<br />

ihr Verhalten angesprochen wurden, sich immer wieder für ihre Aktionen rechtfertigen<br />

mussten und so von sich aus andere Verhaltensweisen an den Tag legten.


Zusammenfassend ist diese Entscheidung für alle Kinder ein Gewinn. Sie können jetzt mehr<br />

in ihr Spiel eintauchen, ohne von anderen Kindern gestört zu werden. Viele Kinder nehmen<br />

auch die Gelegenheit wahr, mit uns ins Gespräch zu kommen, über ihre Sorgen oder einfach<br />

über ihre Erlebnisse zu berichten und genießen diese Momente.<br />

Die Mädchenarbeit<br />

Die 2007 ins Leben gerufene Mädchen-Gruppe wurde auch im Jahr <strong>2008</strong> weitergeführt. Die<br />

Gruppe bietet den Mädchen eine Plattform zur Thematisierung von Problemen, Sorgen,<br />

Wünschen und Träumen. Sie arbeitet gezielt auf die Stärkung der Mädchen in Bezug auf ihr<br />

Selbstwertgefühl, ihre Rolle <strong>als</strong> „Frau“ und ähnliches hin. So wurden beispielsweise spielerisch<br />

Themen erarbeitet, wie: „Wo sehe ich mich in zehn Jahren?“, „Was sind meine<br />

Rechte?“, „Was macht mich glücklich – was macht mich traurig?“, „Was ist typisch Junge,<br />

was typisch Mädchen – was ist für die Mädchen persönlich typisch?“. Zudem ist Raum für<br />

in diesem Alter interessierende Fragen über Sexualität und die Rolle der Frau, wobei stets<br />

Rücksicht auf die verschiedenen kulturellen Hintergründe genommen wird. Fester Bestandteil<br />

der Mädchen-AG ist das Anbieten von Tee und Keksen; die zu Beginn und zum Schluss<br />

der Stunde gestellte Frage nach dem Befinden der Mädchen; gemeinsames Lesen in den<br />

letzten zehn Minuten und das Weitergeben der „Sorgenpüppchen“. Das Erzählen von<br />

Schicksalen, das Erkennen von Parallelen, der Aufbau von Vertrautheit sowie die kontinuierliche<br />

Basis durch die wöchentlichen Treffen tragen dazu bei, die Gruppenkohäsion zu<br />

stärken und den Mädchen Halt zu geben.<br />

Die Jungengruppe<br />

Im Mai <strong>2008</strong> konnten wir eine Gruppe von acht bis zehn Jungen regelmäßig einmal in der<br />

Woche zusammenbringen. Dabei wurde deutlich, dass Gespräche wie sie in der Mädchengruppe<br />

möglich sind, mit den Jungen eher schwierig waren. Das lag unter anderem an dem<br />

Drang der Jungen, sich in der Gruppe übermäßig präsentieren zu wollen. Daher haben wir<br />

uns entschieden, dem Bedürfnis der Jungen nach Bewegung nachzukommen und über<br />

regelmäßige sportliche Aktivitäten bestimmte Themen zu bearbeiten. Als probates Mittel<br />

erwies sich ein regelmäßiges Fußballspiel. Die Jungen konnten dabei ausprobieren wie<br />

man Mannschaften wählt und schwächere Spieler integriert. Fragen wie: „Wie gehe ich mit<br />

Fouls um, ohne sofort zuzuschlagen?“, „Wie gelingt es mir, eine Niederlage zu verkraften,<br />

ohne im Nachhinein durch gezielte Aggressionen aus der Niederlage doch noch einen Sieg<br />

zu machen?“ standen im Fokus. Leider konnte die Gruppe nach den Sommerferien nicht<br />

mehr weitergeführt werden. Wir werden aber versuchen, eine neue Gruppe zu initiieren und<br />

43


44<br />

bemühen uns um feste Sporthallenzeiten, in denen wir ein dauerhaftes Angebot für Jungen<br />

durchführen möchten.<br />

Die Zusammenarbeit mit dem Hort (KiKiZet), dem Schülerladen “A13”<br />

und der Beratungsstelle <strong>des</strong> Berliner Kinderschutzbun<strong>des</strong><br />

Die Zusammenarbeit mit den anderen Einrichtungen <strong>des</strong> Berliner Kinderschutzbun<strong>des</strong> hat<br />

sich weiter intensiviert. Insbesondere die Zusammenarbeit mit den Hortmitarbeiterinnen<br />

und -mitarbeitern konnten wir kontinuierlich ausbauen. Denn es hat sich herausgestellt,<br />

dass Kinder, die in der Schulstation angebunden sind, zum größten Teil auch in den Hort<br />

gehen.<br />

So ist es möglich, Absprachen zu treffen, welche Angebote für das jeweilige Kind gemacht<br />

werden können. Weiterhin ist es möglich, durch den intensiven Austausch ein umfassen<strong>des</strong><br />

Bild von den Kindern zu bekommen. Fragen wie zum Beispiel: „Wie verhält sich das Kind in<br />

der Klasse, wie im Hort?“ oder „Gibt es Unterschiede zwischen Verhaltensweisen im Hort<br />

und in der Klasse?“ können so schnell geklärt werden. Aber auch die Stärken der Kinder<br />

lassen sich besser herausarbeiten. Das wiederum ermöglicht uns, den Eltern in gemeinsamen<br />

Gesprächen einen umfassenden Eindruck über ihr Kind zu verschaffen, um dann mit<br />

Ihnen gemeinsam zu überlegen, welche Hilfen für das Kind nötig sind. In den Fällen, in<br />

denen Familien weitergehende Hilfen benötigen, hat sich die Zusammenarbeit mit der<br />

Beratungsstelle <strong>des</strong> Kinderschutzbun<strong>des</strong> bewährt. Gerade türkische und arabische Familien<br />

haben auf Grund ihres kulturellen Hintergrun<strong>des</strong> große Schwierigkeiten, sich direkt an<br />

staatliche Stellen zu wenden, wenn es um Probleme innerhalb der Familien geht. Daher ist<br />

es von Vorteil, dass wir die Möglichkeit haben, Eltern kurzfristig in Kontakt mit der Beratungsstelle<br />

zu bringen und somit weitere Gesprächsangebote und ggfs. weitergehende<br />

Hilfen zu gewährleisten.<br />

Auch die Zusammenarbeit mit dem Schülerladen „A13“ ist kontinuierlich gut. Gerade<br />

Kinder, die nicht mehr in den Hort gehen, aber in der „A13“ einen Ort gefunden haben, wo<br />

sie sich gerne aufhalten, sind so auch für uns immer noch erreichbar.<br />

Die Klassenseminare<br />

In Zusammenarbeit mit der Kontaktlehrerin der EMG werden weiterhin Klassenseminare<br />

angeboten. Themen sind beispielsweise: „Mobbing“, „Konfliktlösungsstrategien“, „Gefühle“<br />

und „Klassengemeinschaft: Wie geht das?“. Für das Jahr <strong>2009</strong> sind drei Seminare in<br />

Vorbereitung.<br />

Wir freuen uns sehr, dass sich die Schulstation <strong>des</strong> Berliner Kinderschutzbun<strong>des</strong> so positiv


entwickelt hat und zu einer festen Größe sowohl für Schülerinnen und Schüler <strong>als</strong> auch für<br />

Lehrerinnen und Lehrer der Erika-Mann-Grundschule geworden ist. Wir werden auch im Jahr<br />

<strong>2009</strong> alles daran setzen, unsere Angebote weiter auszubauen.<br />

Hier steht Blindtext<br />

45


46<br />

Sechs Monate in der Schulstation<br />

aus Sicht von Elisa Ellrott, einer Praktikantin<br />

Nun war es soweit, das praktische Fachsemester stand vor der Tür und es galt die passende<br />

Praktikumsstelle zu finden. Kein leichtes Unterfangen, denn man hört ja immer wieder,<br />

wie zukunftsweisend ein solches Praktikum für die spätere berufliche Karriere ist. „Zukunftweisend“,<br />

welch’ großes Wort.<br />

Mir <strong>als</strong> Studentin der „Sozialen Arbeit“ taten sich <strong>als</strong>o unendliche Möglichkeiten auf, welche<br />

nicht nur das gewählte Berufsfeld, sondern auch die Wahl der Stadt betrafen. Da mir<br />

zum einen der Deutsche Kinderschutzbund (DKSB) bereits ein Begriff war und ich mich für<br />

die Arbeit <strong>des</strong> DKSB schon immer interessiert hatte, und zum anderen die Stadt Berlin<br />

immer einen großen Reiz auf mich ausübte, lag es nahe, mich beim DKSB, Lan<strong>des</strong>verband<br />

Berlin zu bewerben. Gesagt getan und über die Zusage, mein Praktikum in der Schulstation<br />

<strong>des</strong> Kinderschutzbun<strong>des</strong> in der Erika-Mann-Grundschule absolvieren zu können, freute ich<br />

mich sehr. Aufgrund der medialen Präsenz von Schulen in so genannten „Problemkiezen“<br />

war ich sehr gespannt, was mich in meinem Praktikum, welches ich am 1. September<br />

begann, erwarten würde.<br />

In die Arbeit der Schulstation fand ich mich, durch die richtige Hilfestellung, schnell ein und<br />

so wurde mir zügig Eigenverantwortung übertragen.<br />

Ab sofort zählten nun zu meinen Aufgaben:<br />

• die Betreuung von Einzelfallkindern<br />

• die Leitung einer Mädchen-AG<br />

• die Pausenbegleitung<br />

• das Mitwirken beim Mädchentanz<br />

•<br />

und das Lösen akuter Konfliktsituationen<br />

Zudem wurde es mir ermöglicht, Elterngesprächen beizuwohnen, Supervisionen mitzuerleben,<br />

an Fortbildungen teilzunehmen, sowie, in Kooperation mit den Kontaktlehrern der<br />

Schulstation, an Klassenseminaren und der Konfliktlotsenausbildung mitzuwirken. Was ich<br />

auch sehr zu schätzen wusste, waren die intensiven Anleitergespräche, die mir halfen, meine<br />

Arbeit zu reflektieren.<br />

Zu den Kindern war der Kontakt schnell hergestellt und an das Vertrauen und die Freude,<br />

die mir diese Kinder entgegenbrachten, werde ich noch lange denken. Nicht selten staunte<br />

ich über die Resilienz, die manche Kinder besitzen müssen, um belastende Lebensumstände<br />

zu meistern. Umso deutlicher wurde mir daher, wie wichtig eine umfassende, ganzheitliche<br />

Betreuung für Kinder ist. Eine Erkenntnis die in Deutschland leider noch nicht weit<br />

verbreitet ist. Schade – wie ich finde, denn die Erfolge sprechen für sich.


Was ich nach diesem erfahrungsreichen halben Jahr den Kindern und den anderen<br />

Menschen, die ich kennen lernen durfte, wünsche ist das, was ich in dieser Zeit erfahren<br />

durfte – grenzenlose Akzeptanz, das Entgegenbringen von Vertrauen und Freude. Für das<br />

Ermöglichen dieser Erfahrung danke ich dem Deutschen Kinderschutzbund.<br />

„Meine Erfahrung mit dem Berliner Kinderschutzbund“<br />

von Mafope Aloa, einer Praktikantin aus den USA<br />

Der Berliner Kinderschutzbund kümmert sich fürsorglich und ressourcenorientiert um<br />

Kinder und Familien. Je<strong>des</strong> Projekt dieser Organisation, die ich kennen lernen durfte, hat für<br />

verschiedene familiäre Probleme – von großer Armut bis zur häuslichen Gewalt – einen<br />

besonderen Lösungsansatz. Während meiner Zeit beim Berliner Kinderschutzbund lernte<br />

ich vor allem die Schulstation, aber auch die Kita, den Schülerladen „A 13“ sowie das<br />

Kinder-Kiez-Zentrum in der Erika-Mann-Grundschule (EMG) kennen.<br />

In der Schulstation begrüßte mich Daniela Gutschank, eine Sozialarbeiterin. Sie kümmert<br />

sich hier intensiv sowohl um körperliche <strong>als</strong> auch um emotionale Blessuren, mit denen die<br />

Kinder zu ihr kommen. Ich denke, dass die Arbeit von Daniela Gutschank in einer Schule<br />

wie der EMG dringend nötigt ist. Die mehr <strong>als</strong> 600 Schüler brauchen Menschen wie sie, die<br />

mit einem ganzheitlichen Ansatz die Entwicklung der Kinder fördert. Viele Schüler kommen<br />

aus sehr armen Familien, meist mit Migrationshintergrund. Ihre Werte unterscheiden sich<br />

sehr von den Werten der deutschen Gesellschaft. Doch in der Schulstation scheinen sich<br />

die Kinder verstanden zu fühlen, denn sie freuen sich immer riesig, wenn sie Daniela und<br />

ihren Kollegen Detlef sehen. Auch die Kommunikation zwischen den beiden Kollegen und<br />

der Schulleitung läuft gut. Gespräche zwischen Tür und Angel, kurze effiziente Meetings<br />

und qualifizierte Einzelgespräche machen die Schulstation zu einer erfolgreichen Einrichtung.<br />

Dieser Austausch an Informationen macht es möglich, den Kindern besonders effektive<br />

Hilfen anzubieten. So können Probleme erkannt und Schritt für Schritt Lösungen erarbeitet<br />

werden.<br />

Dennoch stehen die Kollegen von der Schulstation manchmal vor großen Herausforderungen.<br />

Vor allem, wenn nicht alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Zum Beispiel, wenn eine<br />

Jungengruppe in der gemeinsamen Sitzung permanent Unruhe stiftet, statt zu lernen, wie<br />

man Lehrern und Mitschülern mit mehr Respekt begegnet. Oder wenn von Familien Widerstand<br />

kommt und sie ihren Kindern verbieten, in die Schulstation zu gehen, um sich dort<br />

Hilfe zu holen. Oder aber wenn Kinder sich selbst verweigern, auch wenn ihre Eltern nichts<br />

gegen eine Zusammenarbeit mit der Schulstation einzuwenden haben. Doch das ist das<br />

47


48<br />

Besondere an der Schulstation: Sie stellt sich allen Hindernissen und schwierigen Situationen,<br />

benutzt auch mal ungewöhnliche Methoden und erfindet sich dabei ständig neu.<br />

Ich freue mich sehr, den Kinderschutzbund kennen gelernt zu haben. Er zeigt, wie erfolgreich<br />

eine Organisation sein kann, wenn alle an einem Strang ziehen. Zum Erfolg <strong>des</strong><br />

Kinderschutzbun<strong>des</strong> gehört, dass alle Projekte zusammenarbeiten – von der Kita bis zur<br />

Beratungsstelle. Das habe ich selbst so erlebt. Der Kinderschutzbund nimmt alle Belange<br />

von Familien ernst. Ich gratuliere ihm zu den getanen Schritten und seinen Leistungen, die<br />

zu einer gesunden Entwicklung von Kindern in Berlin beitragen.<br />

Mafope Aloha studiert Sozialpolitik in Kalifornien an der Stanford University.


Eine engagierte Ehrenamtliche:<br />

Wie Harriet Roth den Kindern im Schülerladen „A13“ hilft<br />

Kennengelernt habe ich den Berliner Kinderschutzbund vor einigen Jahren <strong>als</strong> Vorsitzende<br />

der Eltern-Lehrer Gruppe an der Schule meiner Tochter. Dort wagten wir in Zusammenarbeit<br />

mit dem Berliner Kinderschutzbund ein Projekt der Schüler-Betreuung durch Schüler aus<br />

einem anderen sozialen und sprachlichen Umfeld. Begleitet wurde das Projekt durch den<br />

damaligen Schulseelsorger und Mitarbeiter der Schule. Die Annäherung und Offenheit auf<br />

beiden Seiten war bei diesem ungewöhnlichen Projekt beeindruckend.<br />

Da ich zusehends über mehr Zeit verfüge und mich stärker im sozialen Bereich engagieren<br />

wollte, habe ich mit dem Kinderschutzbund Kontakt aufgenommen. Dies hing insbesondere<br />

mit meinem Interesse an der Arbeit mit Kindern mit unterschiedlichen Hintergründen,<br />

Religionen und Sprachen zusammen.<br />

Für die mir zur Verfügung stehende Zeit entwickelten das Team der „A13“ und ich konkrete<br />

Projekte, die die Kinder in ihrem Alltag und in der Zukunft unterstützen sollen. Dies ist zum<br />

Einen die konkrete Hilfe bei den Englischhausaufgaben und zum Anderen – je nach Bedarf<br />

– eine allgemeine Unterstützung bei den Hausaufgaben, Vorlesen oder was auch immer<br />

gerade anstehen mag. Hier versuche ich Kinder aller Altersstufen gleichermaßen anzusprechen,<br />

die im Laufe <strong>des</strong> Nachmittags die „A13“ besuchen. Das funktioniert inzwischen sehr<br />

gut. Die Kinder kommen entweder von alleine auf mich zu oder lassen sich gerne auffordern.<br />

Sie berichten mittlerweile sogar schon von ersten kleinen Erfolgen im Englisch-<br />

Unterricht.<br />

Alle zwei Wochen koche ich das Mittagessen für die „A13“– nach Möglichkeit mit den<br />

Kindern gemeinsam, die im Vorfeld „Menü-Vorschläge” machen. Sie kommen zum Reden in<br />

die Küche und es gibt immer einen lebendigen Austausch über den Alltag und die kleinen<br />

und großen Probleme. Danach essen wir gemeinsam und räumen zusammen auf.<br />

Einmal im Monat – an einem Wochenende – planen wir darüber hinaus einen Museumsbesuch.<br />

Die Gruppen sind je<strong>des</strong> Mal ganz unterschiedlich zusammengesetzt. Wenn es die<br />

Zeit aller erlaubt, frühstücken wir vorher gemeinsam im Schülerladen.<br />

Bis jetzt haben wir das Ethnologische Museum in Dahlem besucht und dort eine Führung<br />

durch die Sammlung Nordamerikas bekommen. Mit den Jüngeren waren wir im Kinder-<br />

Museum zu einem Spielnachmittag. Eine dritte Gruppe war in der Paul-Klee-Ausstellung in<br />

der Neuen Nationalgalerie und es sind weitere Besuche an verschiedenen Berliner Museen<br />

49


50<br />

geplant. Wir fahren gemeinsam mit der U-Bahn dorthin und die Kinder freuen sich über<br />

einen Ausflug über die Kiezgrenzen hinaus.<br />

Mittlerweile hat sich ein vertrauensvolles Verhältnis zu den Kindern entwickelt. Wir können<br />

gut miteinander arbeiten und spielen und lösen gemeinsam auch so manches Problem. Ich<br />

verbringe die Zeit mit den Kindern gerne und nach den Äußerungen der Kinder zu urteilen,<br />

beruht dies auf Gegenseitigkeit. Daher freue ich mich auf die weitere gute Zusammenarbeit<br />

mit dem „A13“-Team und natürlich besonders auf viele gemeinsame Unternehmungen mit<br />

den Kindern. Ich bin dankbar für die offene Aufnahme in der „A13“ und glaube, dass wir<br />

zusammen noch vieles entwickeln und bewegen können.<br />

Hier steht Blindtext


Berliner Morgenpost, 21.09.<strong>2008</strong>


xbn028 4 vm 231 vvvva DDP0467<br />

bln/vm/Kriminalität/Babyleichen/Kinderschutzbund/INT/<br />

(ddp-Interview)<br />

Kinderschutzbund: Wowereit soll Kinderschutz zur Chefsache machen<br />

Berlin (ddp-bln). Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit<br />

(SPD) soll nach dem Willen <strong>des</strong> Kinderschutzbun<strong>des</strong> den Kinderschutz<br />

in Berlin zur Chefsache zu machen. Auf das vor einem Jahr vom<br />

Berliner Senat verabschiedete Konzept «Netzwerk Kinderschutz» habe<br />

man lange genug warten müssen, sagte die Vorsitzende <strong>des</strong> Berliner<br />

Kinderschutzbun<strong>des</strong>, Sabine Walther, am Montag der Nachrichtenagentur<br />

ddp in Berlin. «Jetzt feiert dieses Mel<strong>des</strong>ystem seinen einjährigen<br />

Geburtstag und wir müssen feststellen, dass präventive Maßnahmen<br />

kaum umgesetzt wurden.»<br />

Die Kinderschutzbund-Chefin bemängelte insbesondere die schlechte<br />

finanzielle Ausstattung der Behörden sowie die fehlende Zusammenarbeit<br />

zwischen Jugend-, Gesundheitsämtern und Schulen. «In Berlin<br />

ist ein Grundübel, dass jeder Bezirk es so macht, wie er meint»,<br />

sagte sie. Es gebe <strong>des</strong>halb nicht überall dieselben Standards. Der<br />

Bezirk Neukölln habe zum Beispiel Ende <strong>des</strong> vergangenen Jahres<br />

zugegeben, angesichts von 3000 Geburten pro Jahr in nur 1000 Familien<br />

Erstbesuche durchführen zu können. Von diesen Familien hätte<br />

ein Drittel weitere sozialpädagogische Hilfe gebraucht. Die Diplompsychologin<br />

forderte, bei der Früherkennung nicht zu sparen.<br />

Kinderschutz müsse eingebettet sein in Fürsorge vonseiten <strong>des</strong><br />

Staates und Achtsamkeit vonseiten der Familien und Nachbarn, sagte<br />

sie weiter. «Solange diese fehlen, ist Berlin ein schlechter Ort<br />

für Kinder.»<br />

Nach dem Senatskonzept «Netzwerk Kinderschutz», das am 20. Februar<br />

2007 beschlossen worden war, sollen unter anderem Kinderärzte,<br />

Jugendämter, Kindertageseinrichtungen, Schulen und Polizei nach<br />

lan<strong>des</strong>weit einheitlichen Standards vorgehen. Außerdem sollten unter<br />

anderem in den Jugendämtern und Gesundheitsämtern der Bezirke<br />

«Koordinierungsstellen Kinderschutz» eingerichtet werden.<br />

ddp/kvg/fgr


Pressemitteilungen/Presseartikel<br />

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit/Anfragen im Jahr <strong>2008</strong><br />

Interviews/Radiosender ........................... 14<br />

Interviews/regionale Zeitungen ............... 24<br />

Interviews/Fernsehen ............................... 52<br />

Themen der Presseanfragen<br />

Familienpolitik .......................................... 12<br />

Erziehung.................................................. 17<br />

Gesundheit ............................................... 7<br />

Kinderarmut .............................................. 20<br />

Vernachlässigung ..................................... 13<br />

Gewalt in der Familie ................................ 19<br />

Migration .................................................. 2<br />

53<br />

Hier steht Blindtext


Pressemitteilung vom 13. Februar <strong>2008</strong><br />

Berliner Kinderschutzbund: Kinder brauchen mehr<br />

<strong>als</strong> Bratwurst mit Sauerkraut<br />

Der Berliner Kinderschutzbund kritisiert die Äußerungen <strong>des</strong> Berliner<br />

Finanzsenators, Thilo Sarrazin, <strong>als</strong> menschenunwürdig und kinderfeindlich.<br />

„Das Leben von armen Familien kann nicht nur davon bestimmt werden,<br />

centweise Speisepläne aufzustellen und Billig-Discounter nach Angeboten<br />

abzuklappern“, sagte Sabine Walther, Geschäftsführerin <strong>des</strong> Berliner<br />

Kinderschutzbun<strong>des</strong>.<br />

„Auch Kinder aus armen Familien müssen eine Chance bekommen, am<br />

gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, gesund aufzuwachsen und einen<br />

anständigen Schulabschluss zu machen. Dazu gehört mehr <strong>als</strong> ein Teller mit<br />

Bratwurst und Sauerkraut“, betonte Sabine Walther weiter. Daher fordert der<br />

Berliner Kinderschutzbund, dass gerade der Hartz IV-Satz für Kinder endlich<br />

dem realen Bedarf der Kleinsten und Heranwachsenden angepasst wird.<br />

Der Berliner Kinderschutzbund warnt seit Jahren vor der steigenden<br />

Kinderarmut in der Hauptstadt. Bereits im vergangenen Jahr lebte je<strong>des</strong><br />

dritte Kind in der Hauptstadt unterhalb der Armutsgrenze.


Pressemitteilung vom 18. Februar <strong>2008</strong><br />

„Netzwerk Kinderschutz“ = „Flickwerk Kinderschutz“<br />

Ein Jahr nach Verabschiedung <strong>des</strong> Kinderschutzkonzeptes sieht der Berliner<br />

Kinderschutzbund dringend Handlungsbedarf. „Bislang ist das ‚Netzwerk<br />

Kinderschutz’ ein Verwaltungspapier, was dringend mit Leben gefüllt werden<br />

muss“, sagte Sabine Walther, Geschäftsführerin <strong>des</strong> Berliner Kinderschutzbun<strong>des</strong>.<br />

Beispielsweise funktioniere die zwingend notwendige fachübergreifende<br />

Arbeit zwischen den Bereichen Jugend, Gesundheit und Schule nicht<br />

ausreichend. Auch die Ausstattung der Jugend- und Gesundheitsämter lasse<br />

zu wünschen übrig.<br />

„Das Konzept steckt nicht in den Kinder- sondern bislang noch in den Babyschuhen“,<br />

so Sabine Walther weiter. Besonders wichtig sei es, das Präventionsangebot<br />

für junge Familien auszubauen. So wäre z.B. die (Wieder-)Einführung<br />

von flächendeckenden Erstbesuchen bei Eltern mit Neugeborenen<br />

begrüssenswert. „Kinderschutz muss eingebettet sein in Fürsorge und Achtsamkeit.<br />

So lange diese fehlen, ist Berlin ein schlechter Ort für Kinder.“<br />

Am 20. Februar 2007 hatte der Berliner Senat das Konzept für ein „Netzwerk<br />

Kinderschutz“ verabschiedet. Darin wurden einheitliche Standards festgelegt,<br />

woran man Kin<strong>des</strong>wohlgefährdung erkennt und wie man sich im Verdachtsfall<br />

verhalten soll


Pressemitteilung vom 16. September <strong>2008</strong><br />

Arm, krank und dumm.<br />

Welche Perspektiven haben Kinder in Berlin?<br />

Am 20. September ist Weltkindertag. In diesem Zusammenhang warnt der Berliner Kinderschutzbund<br />

erneut vor der steigenden Kinderarmut und ihren Folgen. Im vergangenen Jahr<br />

lebte bereits je<strong>des</strong> dritte Berliner Kind unterhalb der Armutsgrenze – Tendenz steigend.<br />

Sabine Walther, Geschäftsführerin <strong>des</strong> Berliner Kinderschutzbun<strong>des</strong>, erklärt dazu: „Arm aufzuwachsen<br />

heißt nicht, dass Kinder auf irgendwelche Markenspielzeuge verzichten müssen.<br />

Arme Kinder sind öfter krank <strong>als</strong> andere, haben weniger Chancen in der Schule und sind<br />

meist sozial ausgegrenzt. Sie haben kaum eine Möglichkeit, aus der Spirale der Armut herauszukommen.<br />

So werden aus den Kindern der Arbeitslosen von heute, die Arbeitslosen von<br />

morgen.“<br />

Dies gelte auch und vor allem für Kinder mit Migrationshintergrund. Schon heute ist jeder<br />

3. Zuwanderer ohne Job. 46 Prozent der erwerbstätigen Berliner Migranten haben keinen<br />

Schulabschluss. Sabine Walther weiter: „Berlin kann es sich nicht leisten, Jahrgang für<br />

Jahrgang Kinder ohne Schulabschluss ins Leben zu entlassen. Wenn wir so weitermachen,<br />

wird bald die Hälfte der Heranwachsenden in der Hauptstadt arm und ungebildet sein.“<br />

Daher fordert der Berliner Kinderschutzbund:<br />

• Kostenfreier Besuch von Krippe, Kita und Schule für alle Kinder<br />

• Lernmittelfreiheit für alle Kinder<br />

• Wiedereinführung der Einmalhilfen<br />

• Kostenfreies Essen in Krippe, Kita und Schule für Kinder aus armen und einkommensschwachen<br />

Familien<br />

• Besondere Berücksichtigung der Erfordernisse für Kinder mit Migrationshintergrund<br />

• Sensibilisierung und Qualifizierung pädagogischer Fachkräfte für das Entstehen von Armut<br />

und ihren Folgeproblemen (z.B. Fortbildung zum Thema „Armutskompetenz“)<br />

• Besonders qualitativ hochwertige Ausstattung von Krippen, Kitas und Schulen in<br />

Problemkiezen<br />

• Ausbau von Kitas zu Eltern-Kind-Zentren


Organigramm <strong>des</strong> DKSB LV Berlin<br />

Qualitätsmanagementbeauftragte<br />

GESCHÄFTS- UND<br />

BERATUNGSSTELLE<br />

Beratungsstelle:<br />

Beratung/Intervention<br />

Prävention/Starke Eltern –<br />

Starke Kinder<br />

Presse- und<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Assistenz der<br />

Geschäftsführung<br />

Verwaltung<br />

Mitgliederversammlung<br />

A 13<br />

Vorstand<br />

Geschäftsführung<br />

Kita<br />

Leitung<br />

MitarbeiterInnen<br />

Offener Kinder- und<br />

Jugendbereich/<br />

Schulbezogene Kinder-<br />

und Jugendsozialarbeit<br />

Leitung<br />

MitarbeiterInnen<br />

57<br />

KOOPERATION<br />

MIT DER ERIKA-MANN-<br />

GRUNDSCHULE<br />

Hortbetreuung<br />

Koordinierende<br />

ErzieherInnen<br />

MitarbeiterInnen<br />

Schulstation<br />

Leitung<br />

MitarbeiterIn


Beitrittserklärung<br />

Hiermit erkläre ich meinen Beitritt zum<br />

DEUTSCHEN KINDERSCHUTZBUND<br />

Lan<strong>des</strong>verband Berlin e.V.<br />

Malplaquetstr. 38<br />

13347 Berlin<br />

Telefon (030) 45 80 29 31<br />

Fax (030) 45 80 29 32<br />

Jährlicher Beitrag (bitte ankreuzen):<br />

verminderter Beitrag: 30,00 1<br />

üblicher Beitrag: 50,00 1<br />

freiwilliger Beitrag in Höhe von: .......................... 1<br />

Bank für Sozialwirtschaft Berlin, BLZ 100 205 00, Konto-Nr. 3 182 100<br />

Name: ...................................................... Vorname: ...........................................................<br />

Straße: ................................................................................................................................<br />

PLZ, Ort: ..............................................................................................................................<br />

geb. am: ...................... in: .................................... Tel./Fax: ...............................................<br />

Beruf: ..................................................................................................................................<br />

Datum: ......................... Unterschrift: ..................................................................................<br />

Hinweis: der Mitgliedsbeitrag ist lt. Satzung § 6 bis zum 31. März <strong>des</strong> laufenden<br />

Jahres zu bezahlen!<br />

Um Verwaltungskosten zu sparen, bitten wir Sie möglichst um Erteilung einer<br />

Einzugsermächtigung<br />

Mein Beitrag soll bis auf Widerruf von meinem Konto<br />

Nr. ................................................................ BLZ ................................................................<br />

bei ( Bank ) ............................................................... in: .....................................................<br />

per Lastschrift eingezogen werden.<br />

Datum: ......................... Unterschrift: ..................................................................................<br />

Wir versichern: Ihre Angaben werden nur für Zwecke <strong>des</strong> Deutschen Kinderschutzbun<strong>des</strong> LV Berlin verarbeitet.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!