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PDF zum Download - Evangelische Kirche in Hessen und Nassau

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II.<br />

„K<strong>in</strong>der für ihre Zukunft stützen <strong>und</strong> stark machen“,<br />

das ist e<strong>in</strong> Ziel der evangelischen Dietrich-Bonhoeffer-<br />

K<strong>in</strong>dertagesstätte. Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d die Erzieher<strong>in</strong>nen<br />

dabei <strong>in</strong> der Praxis mit vielfältigen Problemen<br />

konfrontiert.<br />

30<br />

II. „Viele Gaben, e<strong>in</strong> Geist; viele Glieder, e<strong>in</strong> Leib“ – Bildung, Qualifizierung, Arbeit<br />

K<strong>in</strong>der für ihre Zukunft stützen <strong>und</strong> stark machen<br />

Dietrich-Bonhoeffer-K<strong>in</strong>dertagesstätte, Pfungstadt<br />

Als besonders gravierend nennt die Leiter<strong>in</strong> Barbara Jacobs<br />

die zunehmende Armut, häufig als Folge von Langzeitarbeitslosigkeit,<br />

die auch im Alltag der K<strong>in</strong>dertagesstätte spürbar<br />

wird. Sie zeigt sich daran, dass K<strong>in</strong>der <strong>in</strong>sgesamt vernachlässigt<br />

wirken, dass sie z. B. für die Jahreszeit bzw. für<br />

bestimmte Witterungsbed<strong>in</strong>gungen nicht passend gekleidet<br />

s<strong>in</strong>d. („Sie kommen im W<strong>in</strong>ter mit nackten Füßen <strong>in</strong> Gummistiefeln<br />

oder haben ke<strong>in</strong>e warmen oder regenfesten Jacken.“)<br />

Sie wirken ungepflegt <strong>und</strong> unsauber, haben Körpergeruch,<br />

M<strong>und</strong>geruch, schmutzige Kleidung. Sie s<strong>in</strong>d schlecht ernährt,<br />

kommen ohne gefrühstückt zu haben <strong>in</strong> die Tagesstätte <strong>und</strong><br />

haben auch ke<strong>in</strong> Frühstück dabei. Das Geld für Mittagessen<br />

<strong>in</strong> Ganztagesgruppen wird nicht (regelmäßig) bezahlt bzw.<br />

K<strong>in</strong>der werden ohne Angabe von Gründen abgemeldet <strong>und</strong><br />

nehmen nie an Festen teil. 25% der Eltern s<strong>in</strong>d alle<strong>in</strong>erziehend,<br />

4% haben e<strong>in</strong> Familiene<strong>in</strong>kommen unter 20.000 € p.a.<br />

Es zeigt sich dar<strong>in</strong>, dass Elternbeiträge trotz e<strong>in</strong>er Staffelung<br />

nach E<strong>in</strong>kommenshöhe nicht (vollständig) bezahlt werden<br />

(können).<br />

Gleichzeitig ist Armut, ähnlich wie Arbeitslosigkeit, e<strong>in</strong><br />

stark tabuisiertes Thema. Hilfe muss den Eltern so angeboten<br />

werden, dass sie unauffällig <strong>und</strong> unaufdr<strong>in</strong>glich wirkt <strong>und</strong><br />

ohne Scham angenommen werden kann.<br />

In der Geme<strong>in</strong>de s<strong>in</strong>d die Symptome von Armut oft am<br />

deutlichsten <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>dertagesstätte wahrnehmbar <strong>und</strong> es ist<br />

s<strong>in</strong>nvoll, dort auch mit direkten Hilfen für die K<strong>in</strong>der anzusetzen.<br />

Außerdem s<strong>in</strong>d hier viele Eltern direkt erreichbar <strong>und</strong> im<br />

Interesse ihrer K<strong>in</strong>der auch am ehesten offen <strong>und</strong> bereit, Hilfe<br />

anzunehmen. Gleichzeitig dürfen aber die K<strong>in</strong>dertagesstätten<br />

<strong>und</strong> die Erzieher<strong>in</strong>nen damit nicht alle<strong>in</strong> gelassen werden.<br />

Es handelt sich um e<strong>in</strong> gesamtgesellschaftliches Problem.<br />

Deshalb ist es vor allem wichtig, dass die Geme<strong>in</strong>de <strong>und</strong> der<br />

<strong>Kirche</strong>nvorstand über das Problem gut <strong>in</strong>formiert s<strong>in</strong>d <strong>und</strong><br />

die Suche nach Lösungen auch zur geme<strong>in</strong>samen Sache<br />

gemacht wird. Dazu gehören letztlich auch Verhandlungen<br />

mit der Kommune <strong>und</strong> die öffentliche (selbstverständlich<br />

anonymisierte) Darstellung des Problems <strong>in</strong> den Medien.<br />

K<strong>in</strong>dertagesstätten <strong>und</strong> Geme<strong>in</strong>den erhalten oft e<strong>in</strong>en tiefen<br />

E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die familiären Lebensverhältnisse <strong>und</strong> Notlagen<br />

<strong>und</strong> können dadurch zu e<strong>in</strong>er wichtigen, authentischen<br />

Informationsquelle für Politiker/<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Fachleute <strong>in</strong> den<br />

zuständigen Ämtern <strong>und</strong> zur Lobby für K<strong>in</strong>der <strong>und</strong> Familien<br />

werden. Das Ziel all dieser Bemühungen ist „Integration statt<br />

Ausgrenzung“.<br />

Dies kann durch entsprechende Angebote der Fachberatung<br />

<strong>und</strong> Weiterbildung unterstützt werden sowie durch<br />

Eltern- <strong>und</strong> Geme<strong>in</strong>deabende zu Themen wie:<br />

− Umgang mit Ressourcen: (nicht nur Müll vermeiden, sondern<br />

auch Wertschätzung für Gebrauchtes, z. B. Kleidung),<br />

− Umgang mit Problemen (Resilienz): Entwicklung von Selbstwertgefühl,<br />

z. B. worüber def<strong>in</strong>iere ich me<strong>in</strong>en Selbstwert?<br />

− Werteerziehung: Welche Arbeit ist wertvoll? Was macht<br />

e<strong>in</strong>en Menschern wertvoll? <strong>und</strong><br />

− Sozialkompetenz: Verteilungsgerechtigkeit, Chancengleichheit<br />

etc.<br />

Materialien der <strong>Kirche</strong>nsynode 1: Die Zukunft des Sozialstaates <strong>und</strong> unsere Verantwortung

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