was süßes 38 Die Versuchsbeschreibung … liest sich etwa so: Zu bestimmen sind die Geschwindigkeitskonstanten der Reaktion Rohrzucker > Glucose + Fructose in wässriger Lösung, die durch HCl (als Katalysator) angesäuert wurde, bei unterschiedlichen Temperaturen. Aus der Geschwindigkeitskonstanten sind der Temperaturkoeffizient der Reaktionsgeschwindigkeit und die Aktivierungsenergie zu berechnen. Der Verlauf dieser Reaktion lässt sich gut verfolgen, da sowohl die Rohrzuckerlösung als auch Invertzucker, das Gemisch aus Glucose und Fructose, die Ebene von linear polarisiertem Licht drehen. Rohrzucker dreht polarisiertes Natriumlicht nach rechts, Invertzuckerlösung weniger stark nach links. Die Konzentrationen der Reaktionspartner lassen sich in den Untersuchungen durch die ihnen proportionalen Drehungen ersetzen. Die Einzelheiten der Versuchsführung sollen hier nicht wiederholt werden. Sie sind in jedem Lehrbuch über Physikalische Chemie nachzulesen. Wichtig dabei ist, dass die Probe zwischen einen Polarisator (der linear polarisiertes Licht selektiert) und einen drehbaren Analysator (der selektiv polarisiertes Licht durchlässt) gebracht wird und der Gesamtdrehwinkel über einen Helligkeitsabgleich erfolgt. Beim Rohrzuckerinversionsversuch wird monochromatisches Licht verwendet. Die ganze Breite für den Einsatz polarisierten Lichts zeigt sich jedoch, wenn man alle Wellenlängen aus dem sichtbaren Spektrum einsetzt und das Ganze mit einem Mikroskop verbindet. Dies ist die Domäne der Polarisationsmikroskopie. Ein Polarisationsmikroskop … ist ein Lichtmikroskop, das mit polarisiertem Licht arbeitet. Es wird vor allem in der Mineralogie zur Untersuchung von Gesteinsproben sowie zu Texturuntersuchungen von Flüssigkristallen eingesetzt. Zucker im polarisierten Licht Von Prof. Dr. Jürgen Brickmann Fast jeder Chemiker hat irgendwann im Rahmen seiner Ausbildung im physikalisch-chemischen Grundpraktikum zur Untersuchung der Kinetik von chemischen Reaktionen einen Versuch gemacht, der unter der Bezeichnung „Rohrzuckerinversion“ in der Praktikumsanleitung aufgeführt wird. Unterhalb des Objekttisches befindet sich eine Polarisationsfolie, auch der Polarisator oder Primärfilter genannt, die das Licht der Lichtquelle des Mikroskops polarisiert, also nur Licht durchlässt, das in derselben Schwingungsebene schwingt. Oberhalb des Objekttisches befindet sich eine zweite Polarisationsfolie, die als Analysator oder Sekundärfilter bezeichnet wird und gegenüber der ersten Folie um 90° gedreht ist. Diese Anordnung von Primär- und Sekundärfilter wird „gekreuzte Polarisatoren“ genannt. Zwischen diesen wird die zu untersuchende Probe, zumeist als Dünnschliff, angeordnet. Befindet sich keine Probe auf dem Objekttisch, so erreicht kein Licht das Auge, da die zweite Polarisationsfolie für das nur in einer Schwingungsebene schwingende Licht nicht durchlässig ist. Manche chemischen Verbindungen, zum Beispiel Minerale, haben die Eigenschaft die Schwingungsebene des Lichts zu drehen, sie werden als doppelbrechend oder optisch anisotrop bezeichnet. Durch Drehen des Analysators und somit Änderung der durchgelassenen Polarisationsebene werden solche Strukturen sichtbar; die anderen optisch isotropen Strukturen bleiben dunkel. Auch ist es möglich durch Interferenz auftretende Farben zu beobachten, den Analysator auszuklappen, um die Gesteinsprobe bei linear polarisiertem Licht zu untersuchen oder die Probe bei Auflicht zu betrachten. Durch Untersuchung der verschiedenen optischen Eigenschaften können so Rückschlüsse auf die Zusammensetzung der Probe gezogen werden. Die Abbildungen auf der nebenstehenden Seite und auch das Centerfoldbild zeigen Aufnahmen von Zuckerkristallen, die durch unterschiedliche Anwendungen von polarisationsmikroskopischen Methoden gewonnen wurden. > JB Doppelbrechung Anisotrope Materialien zeigen zwischen gekreuzten Polarisatoren das Phänomen der Doppelbrechung. Es kann mittels Polarisationsmikroskopie zur Analyse des Aufbaus und der inneren Ordnung transparenter anisotroper, anorganischer wie biologischer und polymerer Strukturen dienen. In isotropen Materialien (Gase, Flüssigkeiten, spannungsfreie Gläser, kubische Kristalle) ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit v des Lichts (Wellenlänge l) in allen Richtungen gleich. Sie besitzen damit richtungsunabhängige, konstante Brechungsindices n(l) = c/v. In anisotropen Materialien sind die Ausbreitungsgeschwindigkeiten v des Lichtes und damit die Brechungsindices n richtungsabhängig. In doppelbrechendem Material sind außerdem für jede Richtung je zwei senkrecht zueinander stehende Schwingungsebenen für linear polarisiertes Licht vorgegeben. Beim Durchgang durch das Material entstehen in verschiedenen Richtungen Laufzeitunterschiede für zwei zueinander senkrecht schwingende, linear polarisierte Lichtwellen mit den Brechungsindices ng' und na'. Daraus resultieren Gangunterschiede Γ = d · (ng' – na') als Produkt aus der Schichtdicke d und der Doppelbrechung (ng'–na') in der jeweiligen Richtung. Der Betrag dieses Gangunterschiedes kann bei monochromatischem Licht als Grauwert bzw. bei Weißlicht als charakteristische Interferenzfarbe IF sichtbar gemacht werden, wenn man mittels eines Analysators nur die jeweils in dessen Durchlassebene liegenden Vektoren der beiden im Material senkrecht zueinander schwingenden polarisierten Wellen zur Interferenz bringt. Die unterschiedliche Ausbreitung des Lichtes in anisotropem Material läßt sich auf zwei Arten räumlich darstellen mittels der Lichtgeschwindigkeiten v als zweischalige Konstruktionsfläche der Strahlengeschwindigkeiten (Strahlenfläche), oder mittels der Indikatrix als einschalige Konstruktionsfläche aus den Brechungsindices n und den Schwingungsebenen des polarisierten Lichtes für alle Richtungen. Quelle: http://www.uni-giessen.de/~gi38/publica/mikros/kapitel9.html ■ 04/08
Vitamin C und Saccharose Zucker bei 150fach mit Polfilter. Ausschnitt ca: 800µm x 500µm 04/08 ■ Foto: Jan Homann 39