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Heft Nr. 4/2003 - ev.-luth. Diakonissenanstalt Marienstift Braunschweig

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Prüfstände in Forschungsabteilungen<br />

erproben neue Techniken und Materialien.<br />

Die diakonische Altenhilfe leistet ebenfalls<br />

Entwicklungsarbeit für eine künftige<br />

Gestalt der Altenhilfe. Wie sieht dieser Prototyp<br />

<strong>ev</strong>angelischer Altenhilfe aus?<br />

Das Modell der Zukunft sind integrierte<br />

Versorgungssysteme, in denen Arzt, Krankenhaus,<br />

ambulanter Dienst und stationäre<br />

Altenhilfeeinrichtung flexibel und eng<br />

zusammenarbeiten. Die Diakonie kann die<br />

strukturellen Voraussetzungen für eine verbesserte<br />

Versorgungsintegration und -koordination<br />

bieten, z. B. durch neue Formen der<br />

Zusammenarbeit zwischen diakonischer<br />

Einrichtung, den Kirchengemeinden und<br />

Freiwilligen. Auf die Veränderung von<br />

Morbidität und Lebenserwartung wird die<br />

Diakonie mit veränderten und erweiterten<br />

Angebotsstrukturen antworten, die deutlicher<br />

auf die Wünsche der Bewohner bezogen<br />

sind. Im Alter benötigen Menschen<br />

auch eine intensive Beratung und Begleitung;<br />

das kann die Diakonie zusammen mit<br />

den Gemeinden bieten.<br />

Diakonie entwickelt einen erweiterten<br />

Pflegebegriff. Die weitgehend dominierenden<br />

körperbezogenen Maßnahmen („handwerkliche<br />

Pflege“) werden ergänzt, vielleicht<br />

sogar teilweise ersetzt werden durch<br />

die edukativen, anleitenden und beratenden<br />

Aufgaben einer auf Gesundheits- und Autonomieerhalt<br />

zielenden Pflege. So werden<br />

umfassend die körperlichen, seelischen,<br />

geistigen, sozialen, kulturellen und religiösspirituellen<br />

Bedürfnisse des ganzen Menschen<br />

wahrgenommen und berücksichtigt.<br />

Mit der Verlängerung der durchschnittlichen<br />

Lebenserwartung ändert sich die Morbidität<br />

nicht nur quantitativ, sondern auch<br />

qualitativ. So muss zum Beispiel auf die<br />

wachsende Zahl demenzkranker und stark<br />

betreuungsbedürftiger Menschen eingegangen<br />

werden. Anerkannte Altenpflegeziele<br />

wie Aktivierung, Prävention und Rehabilitation<br />

können angesichts von Hochaltrigkeit<br />

und Multimorbidität nur noch ansatzweise<br />

erreicht werden.<br />

16<br />

Die schwierigste Aufgabe bei der Entwicklung<br />

eines diakonischen Prototyps der<br />

Pflege stellt sich auf dem Feld der Kosten.<br />

Ohne eine Reform der Pfleg<strong>ev</strong>ersicherung<br />

können keine qualitätsvollen Formen der<br />

Altenhilfe geschaffen werden. Alle Kostenträger<br />

und Leistungserbringer im Bereich<br />

der Pflege müssen sich aber auch dem<br />

europäischen Vergleich stellen. Vergleichende<br />

Studien zeigen, dass die Qualität<br />

bzw. die Ergebnisse des deutschen Gesundheitswesens<br />

nicht in Relation zum Mitteleinsatz<br />

stehen. Alle Kostenträger und Leistungserbringer<br />

sind also gefordert, die vorhandenen<br />

und zukünftigen finanziellen Ressourcen<br />

optimiert einzusetzen.<br />

Diakonische Altenhilfe kann sich nicht<br />

damit zufrieden geben, ein Sektor der Sozialwirtschaft<br />

zu sein. Die diakonische Prägung<br />

der Pflege geschieht vornehmlich über<br />

die Mitarbeitenden. Benötigt wird also nicht<br />

nur Personal; notwendig sind Personen, die<br />

den geistlichen, theologischen und ethischen<br />

Überzeugungen des Christentums<br />

Gestalt geben. Der Ausbildung und Zurüstung<br />

der Mitarbeitenden widmet die Diakonie<br />

einen großen Raum. Bewähren wird<br />

sich dieses in einer würdigen Pflege, aber<br />

auch in einer achtungsvollen Sterbebegleitung.<br />

Versteht man Prüfstände als Orte, an<br />

denen sich Vorhandenes bewähren soll und<br />

Neues versucht wird, dann gibt es durchaus<br />

einen biblischen Beleg für dieses Tun. Der<br />

Apostel Paulus hat seinen Gemeinden geraten:<br />

„Prüfet alles, aber das Gute behaltet“. In<br />

einem solchen Prüfverfahren befindet sich<br />

zurzeit die diakonische Altenhilfe. Sie muss<br />

sich ihrer Grundlagen und ihres Auftrages<br />

vergewissern, sie muss den Mut aufbringen,<br />

zu prüfen und zu unterscheiden zwischen<br />

gut und weniger gut. Man könnte auch<br />

sagen, die <strong>ev</strong>angelische Altenhilfe befindet<br />

sich in einem Läuterungsprozess.<br />

(Der Autor ist Direktor des Diakonischen<br />

Werkes der Landeskirche in <strong>Braunschweig</strong>.)

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