Deter, Hohemark - Klinik Hohe Mark
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te es Teile der auf Seelsorge und Evangelisation<br />
beruhenden Diakonie, »den Nationalsozialisten<br />
ein Nationalsozialist zu werden, um ihrer etliche<br />
selig zu machen«. 15 Viele, vor allem jüngere<br />
Schwestern, traten der NS-Frauenschaft bei. Auch<br />
in Dornholzhausen, wo die Nationalsozialisten<br />
immer mehr Anhänger fanden, 16 begrüßte man<br />
anfangs die Machtergreifung durch Hitler und<br />
setzte große Hoffnungen auf ihn. Die NS-Frauenschaft<br />
von Dornholzhausen traf sich in der ersten<br />
Zeit regelmäßig im Saal von »Haus Taunusblick«.<br />
Später fanden diese Treffen im Dorf statt,<br />
bei denen Schwester Ruth und Schwester Irmgard<br />
Vorträge für die Dorffrauen hielten, um Wissen<br />
und Erkenntnisse über Haushalt und Familie zu<br />
vermitteln. Die Vorträge schlossen mit einem Gebet.<br />
Öfters sah man «die Mädsche vons Elim« –<br />
wie sie im Dorf hießen – singend zu den Klängen<br />
einer Mundharmonika in ihrer Tracht flott durch<br />
den Ort ziehen. Schon am Erntedankfest von<br />
1933, bei dem der Zug von der örtlichen NSDAP<br />
angeführt wurde, nahmen auch zahlreiche Schwestern<br />
und Schülerinnen des »Elim« teil – für die<br />
lokale Presse ein Zeichen dafür, dass »auch in diesem<br />
Institut bereits echter Hitlergeist eingekehrt<br />
sei«. 17 Im Rahmen der Winterhilfe verteilten<br />
Diakonissen im Hotel Adler in Dornholzhausen<br />
Winterkleidung. An die Winterhilfe wurden auch<br />
Erspanisse abgeführt, die dadurch erzielt worden<br />
waren, dass einmal wöchentlich ein besonders<br />
einfaches Mittagsmahl und Abendbrot eingenommen<br />
wurde. Es konnte nicht ausbleiben, dass<br />
die Beziehungen zur Dornholzhäuser Pfarrgemeinde<br />
unter dem regimekritischen Pfarrer Hans<br />
Hief sich schwierig gestalteten. 18 Doch nicht alle<br />
Schwestern haben die zunehmende Politisierung<br />
und Radikalisierung gutgeheißen. Als in der<br />
»Reichskristallnacht« vom 9. November 1938 auch<br />
die Homburger Synagoge in Flammen aufging,<br />
wurden die Schülerinnen zum ausgebrannten<br />
Gebäude geführt, um ihnen ein abschreckendes<br />
Beispiel für die rohe Gewalt zu zeigen, die hier<br />
gewütet hatte. 19 Die Erfahrungen, die auch die<br />
Diakonie bereits seit dem Kirchenkampf mit dem<br />
neuen Regime machen musste, Willkürakte und<br />
zunehmende Eingriffe in diakonische Einrichtun-<br />
——————————————————<br />
15 Dohne, Ist der Deutsche Gemeinschafts-Diakonieverband noch auf dem richtigen Geleise? Marburg 1935, S. 13<br />
16 Chronik der franz.-ref. Kirchen-Gemeinde Dornholzhausen, a.a.O., S. 12<br />
17 Taunusbote v. 2. 10. 1933<br />
18 Meyer zu Ermgassen, Gerda, Zeit des Bekennens, in: 1699-1999. 300 Jahr Dornholzhausen. 300 Jahre Waldenser<br />
Kirchengemeinde. o.O., (1999) S. 57<br />
19 Frdl. Auskunft von Eva Reum, Berlin<br />
20 Neuendettelsauer Chronik. Sonderausgabe 2004. S. 10f.<br />
Bildnachweis: Sammlung Bernd Ochs: Abb. 1, 4, 5, 7, 8; Privatbesitz: Abb. 2, 3, 9; StAHg: Abb. 6, 9, 10<br />
33<br />
gen vor allem der Behindertenhilfe, ließen viele in<br />
der Diakonie von der Haltung der Nationalsozialisten<br />
abrücken. 20<br />
Dahin ein Stück geistlichen Lebens<br />
Nach der Auflösung des Lazaretts im August 1946<br />
wurde nicht wieder an die frühere Haushaltungsschule<br />
angeknüpft, sondern, wie schon erwähnt,<br />
»Haus Taunusblick« der Kuranstalt <strong><strong>Hohe</strong>mark</strong> in<br />
Oberursel unterstellt, deren Räume und Bettenkapazitäten<br />
als Reservelazarett für die gegen<br />
Kriegsende stark gestiegene Zahl von Patienten<br />
nicht mehr ausreichten. Etwa 70 Patienten, zumeist<br />
leichtere Fälle, wurden nach Dornholzhausen<br />
verlegt und von einem einzigen Arzt, dem späteren<br />
Chefarzt der Kuranstalt <strong><strong>Hohe</strong>mark</strong>, Dr.<br />
Arthur Mader, behandelt, unterstützt von dem<br />
Krankenpfleger Diakon Schulz. Die Leitung des<br />
Hauses lag in den Händen der inzwischen fast<br />
achtzigjährigen Anna Handt. Auch andere unentbehrliche<br />
Schwestern aus früheren Jahren wie<br />
Martha Holzhausen und Martha Jaddatz, halfen<br />
neben zahlreichen Haustöchtern in der Krankenpflege,<br />
der Verwaltung, bei der Haus-, Gartenund<br />
Küchenarbeit, die sie einen langen Tag auf<br />
Trab hielten. Doch die Zeiten waren andere geworden:<br />
die Anbindung an die Kuranstalt in<br />
Oberursel war mit mancherlei Veränderungen<br />
und Umständen verbunden. Auch die Zunahme<br />
des Autoverkehrs wurde für das Genesungsheim,<br />
an der lebhaften Kreuzung der Peters Pneu Renova<br />
gelegen, als störend empfunden. Zugenommen<br />
hatte auch der Betrieb der stark expandierenden<br />
Reifenfirma unmittelbar neben »Haus Taunusblick«.<br />
Gravierender aber erwies sich im Laufe der<br />
Jahre, dass die älteren Schwestern, die die Hauptlast<br />
zu tragen hatten, sich den neuen Herausforderungen<br />
nicht mehr recht gewachsen fühlten.<br />
Nach sieben Jahren wurde der Krankenhausbetrieb<br />
eingestellt. In seiner letzten Phase, von 1953<br />
bis 1960, diente »Haus Taunusblick« – wie noch<br />
immer die Bezeichnung lautete – als »Feierabendheim«,<br />
ein Ort, der erschöpften Diakonissen Besinnung<br />
und die nötige Ruhe von der Last ihres<br />
Lebens bot.