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Meine Bühne - Die regionale Veranstaltungszeitung für Reutlingen, Tübingen und Stuttgart

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Ausgabe 34 | November 2012<br />

Der Strom kommt aus der Steckdose: Lange<br />

stand dieser Spruch da<strong>für</strong>, dass man sich<br />

um Strom keine Gedanken machen muss.<br />

Er ist einfach da <strong>und</strong> er ist bezahlbar. Seit das Gesetz<br />

über erneuerbare Energien (EEG) regelt, dass<br />

Verbraucher eine Umlage zur Förderung, derzeit<br />

vor allem von Solarstrom- <strong>und</strong> Windkraftanlagen<br />

zahlen müssen, sind die Kosten gestiegen. Jene<br />

Umlage, die mit der Stromrechnung automatisch<br />

eingezogen wird, soll nach den aktuellen Zahlen der<br />

Netzbetreiber im kommenden Jahr um fast 50 Prozent<br />

steigen. Zudem sollen die Netzentgelte steigen.<br />

Schon jetzt bezahlen alle Privatverbraucher – ausgenommen<br />

die Selbstverbraucher – <strong>und</strong> viele Unternehmen<br />

eine EEG-Umlage von 3,59 Cent je<br />

Kilowattst<strong>und</strong>e, ab Januar 2013 sind es dann etwa<br />

5,3 Cent. Der Verbraucherzentrale B<strong>und</strong>esverband<br />

(vzbv) geht davon aus, dass ein durschnittlicher<br />

Haushalt pro Jahr mit Mehrkosten von r<strong>und</strong> 70 Euro<br />

zu rechnen hat. Doch damit nicht genug, auch die<br />

Netzentgelte sollen steigen. Das Verbraucherportal<br />

Verifox rechnet mit durschnittlich 10 Prozent <strong>und</strong><br />

sieht somit insgesamt eine Mehrbelastung von 135<br />

Euro pro Jahr auf den Durchschnittshaushalt zukommen.<br />

<strong>Die</strong> Netzbetreiber begründen dies meist mit<br />

steigenden Kosten beim Anschluss neuer Strom-Erzeugungsanlangen.<br />

Und die Mehrbelastung steigt noch weiter: Der Multimediamarkt,<br />

der Supermarkt mit seinen vielen<br />

Kühlregalen <strong>und</strong> nicht zuletzt der Bäcker um die<br />

Ecke, der den ganzen Tag seinen Backofen auf Betriebstemperatur<br />

halten muss, sie alle werden die<br />

steigenden Energiekosten an ihre K<strong>und</strong>en weitergeben<br />

müssen.<br />

DIE UMLAGE LÄUFT AUS DEM RUDER<br />

Mit dem EEG sollte ursprünglich der Ausbau von<br />

Ökostromanlagen vor allem im privaten Sektor gefördert<br />

werden. Wer sich beispielsweise eine Fotovoltaikanlage<br />

aufs Dach schraubt, erhält <strong>für</strong> den ins<br />

Netz eingespeisten Strom 20 Jahre lang eine feste<br />

Vergütung, finanziert aus der EEG-Umlage. So weit<br />

so gut: In den vergangenen Jahren ging der Ausbau<br />

von Ökostromanlagen allerdings weit rascher<br />

voran, als viele Politiker glaubten <strong>und</strong> durch die politisch<br />

gewollte Energiewende wird dieser Prozess<br />

jetzt noch einmal beschleunigt. Folglich steigt die<br />

EEG-Umlage.<br />

<strong>Die</strong> Mehrheit der B<strong>und</strong>esbürger steht hinter der<br />

Energiewende, viele sind auch bereit da<strong>für</strong> ein<br />

wenig mehr zu bezahlen. Dass allerdings viele Un-<br />

<strong>Meine</strong><br />

<strong>Bühne</strong><br />

ternehmen von dieser Umlage befreit sind <strong>und</strong> der<br />

Privatverbraucher diese damit indirekt subventioniert,<br />

das geht vielen Bürgern <strong>und</strong> einigen Politikern<br />

zu weit. Gewiss, Deutschland ist eine Industrienation<br />

<strong>und</strong> gerade auch an der energieintensiven Industrie<br />

hängen viele Arbeitsplätze. Laut einer<br />

Umfrage der Industrie- <strong>und</strong> Handelskammer <strong>Reutlingen</strong><br />

(IHK) sehen 56 Prozent aller Firmen in der<br />

Region Neckar-Alb als größtes Konjunkturrisiko die<br />

steigenden Energiepreise. „<strong>Die</strong> Unternehmer warten<br />

auf klare Signale aus der Politik. Derzeit ist kein<br />

gangbarer Weg erkennbar, daher rechnen eigentlich<br />

alle Firmenchefs mit deutlich steigenden Kosten“,<br />

sagt IHK-Präsident Christian O. Erbe.<br />

Grünen-Chefin Claudia Roth kritisierte hingegen<br />

jüngst in der ARD im Bericht aus Berlin die vielen<br />

Ausnahmeregelungen bei der EEG-Umlage. „Tiermastbetriebe<br />

<strong>und</strong> Golfanlagen brauchen keine Förderung“,<br />

so Roth.<br />

RETTUNG IN SICHT?<br />

B<strong>und</strong>esumweltminister Peter Altmaier hat Mitte Oktober<br />

einen „Verfahrensvorschlag zur Neuregelung<br />

des Erneuerbaren Energien-Gesetzes“ vorgelegt.<br />

Der Verbraucherzentrale B<strong>und</strong>esverband begrüßt<br />

die geplante EEG-Reform, fordert aber eine sofortige<br />

Kostenentlastung <strong>für</strong> Verbraucher: <strong>Die</strong> Analyse<br />

Altmaiers sei richtig, eine Überarbeitung des EEG<br />

nicht im Schnellverfahren durchzuführen, so Gerd<br />

Billen, Vorstand des vzbv. „Dennoch muss die B<strong>und</strong>esregierung<br />

jetzt da<strong>für</strong> sorgen, dass der Strom <strong>für</strong><br />

alle bezahlbar bleibt.“ Der vzbv schätzt die zusätzlichen<br />

Mehrwertsteuereinnahmen durch den Anstieg<br />

der EEG-Umlage auf knapp vier Milliarden<br />

AUFREGER<br />

PREISSCHOCK AUS DER STECKDOSE<br />

... <strong>und</strong> bald beim Bäcker<br />

15<br />

Euro pro Jahr <strong>und</strong> fordert die B<strong>und</strong>esregierung auf,<br />

die Steuereinnahmen an die Verbraucher zurückzugeben.<br />

Vor allem <strong>für</strong> Haushalte mit geringem Einkommen<br />

ist die Begrenzung der Ausgaben <strong>für</strong><br />

Strom nach Ansicht des Verbandes unerlässlich.<br />

VERBRAUCHER NICHT MACHTLOS<br />

Ein kleines Rechenbeispiel: 4,25 Euro stehen einem<br />

Hartz-IV-Empfänger pro Tag <strong>für</strong> Essen zur Verfügung.<br />

Mal 30 Tage macht 127,50 Euro im Monat.<br />

Um 135 Euro Mehrkosten im Jahr schultern zu können,<br />

müsste ein Bezieher von Arbeitslosengeld II<br />

also theoretisch auf gut einen Monat Essen verzichten,<br />

denn die Stromrechnung ist aus dem Regelsatz<br />

zu begleichen.<br />

Verbraucher sind aber nicht machtlos: Mehr den je<br />

gilt es Strompreise zu vergleichen, <strong>und</strong> gegebenenfalls<br />

den Anbieter zu wechseln. Dazu gibt es eine<br />

Reihe von Verbraucherportalen im Internet, wie<br />

zum Beispiel Verifox. Außerdem Können Verbraucher<br />

in vielen Bereichen sparen: Zum Beispiel<br />

Stand-by-Geräte vom Netz nehmen, wenn sie nicht<br />

benötigt werden. Selbst ein Handy-Ladegerät verbraucht<br />

Strom, auch wenn das Gerät nicht angeschlossen<br />

ist.<br />

Wer im Kühlschrank mit einem Thermometer die<br />

Temperatur überprüft, vermeidet es den Kühlschrank<br />

zu hoch einzustellen. LED-Leuchten sparen<br />

viel Strom <strong>und</strong> halten zudem sehr lange. Trotzdem<br />

gilt auch hier: Licht aus, wenn es nicht benötigt<br />

wird. Ferner lohnt es sich beim Kauf neuer Elektrogeräte<br />

nicht nur den Preis zu vergleichen, sondern<br />

auch den Stromverbrauch.<br />

(Text + Foto: Thomas Krammer)

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