25.02.2013 Aufrufe

Meine Bühne - Die regionale Veranstaltungszeitung für Reutlingen, Tübingen und Stuttgart

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Ausgabe 34 | November 2012<br />

M<br />

etal mit Rock ’n’ Roll-Einflüssen:<br />

Das ist nicht neu, wird aber von<br />

vier jungen Frauen aus Stockholm neu<br />

interpretiert. Mit mitreißenden Gitarrenriffs<br />

<strong>und</strong> vollem Körpereinsatz beim Bangen<br />

begeisterten Crucified Barbara Mitte<br />

Oktober im Sudhaus in <strong>Tübingen</strong>, <strong>und</strong><br />

das, obwohl nur etwa 120 Zuschauer<br />

kamen – <strong>für</strong> eine Band, die schon unter<br />

den Top 10 der schwedischen Charts<br />

war <strong>und</strong> in Wacken auf der <strong>Bühne</strong><br />

stand, ist das sehr wenig. Mit Lederhosen,<br />

Tattoos <strong>und</strong> trotzdem feminin boxen<br />

sich die Schwedinnen derzeit in einer<br />

männlich geprägten Musikszene durch –<br />

mit Erfolg <strong>und</strong> sichtlich Spaß.<br />

Seltenheitscharakter: Konzerte dieser Art<br />

sind in <strong>Tübingen</strong> rar <strong>und</strong> eine reine<br />

Frauen-Performance im Metal-Genre<br />

eher die Ausnahme. Schon allein deshalb<br />

war der skandinavische Metal-<br />

Rock-Abend im Tübinger Sudhaus Mitte<br />

Oktober ein besonderer. Aber mehr<br />

noch: <strong>Die</strong> vier Damen lieferten eine engagierte<br />

Show, standen in puncto Headbanging<br />

ihren männlichen Kollegen aus<br />

der Szene in nichts nach <strong>und</strong> feuerten<br />

ohne großes Gerede einen Song nach<br />

dem anderen ab. Musikalisch durchaus<br />

abwechslungsreich spielten die Stockholmer<br />

Mädels Mal schnellere Mal langsamere<br />

Stücke, Mal Martialisches wie „I<br />

Am The Crucifier“ aber dann streichelt<br />

Klara Force auch mal im Sitzen die Saiten<br />

ihrer Gitarre zu einer ruhigen Ballade.<br />

MITREISSENDE RIFFS<br />

Natürlich haben Crucified Barbara das<br />

Rad nicht neu erf<strong>und</strong>en. Metal mit Rockeinflüssen<br />

gab es in den 80er Jahren<br />

schon, etwa von Bands wie Accept oder<br />

in den 90er Jahren zum Beispiel von den<br />

<strong>Meine</strong><br />

Backyard Babies, mit denen Crucified<br />

Barbara <strong>für</strong> ihr zweites Album „Til Death<br />

Do Us Party“ zusammenarbeiteten <strong>und</strong><br />

die Stimme von Sängerin <strong>und</strong> Gitarristin<br />

Mia Coldheart erinnert live gelegentlich<br />

an Ex-Warlook-Rockröhre Doro Pesch,<br />

mit der die Schwedinnen übrigens schon<br />

zusammen tourten. Trotzdem überraschen<br />

einige Songs, wie etwa „Into The<br />

Fire“ vom aktuellen Album „The Midnight<br />

Chase“ mit neuen, mitreißenden<br />

Riffs. Der So<strong>und</strong> ist druckvoll, was nicht<br />

zuletzt auch an Nicki Wicked liegt, die<br />

kräftig auf ihr Schlagzeug haut, was<br />

man ihr aufgr<strong>und</strong> ihrer zierlichen Oberarme<br />

so zunächst gar nicht zutraut.<br />

FÜR WENIG ZUSCHAUER<br />

ALLES GEGEBEN<br />

Rein äußerlich ist vieles wie bei den Bad<br />

Guys aus der Szene: Lederhosen, Nietengurt,<br />

Tattoos, böse klingende Pseudonyme<br />

wie zum Beispiel bei Bassistin Ida<br />

Evileye – frei übersetzt, Ida das Auge<br />

des Bösen – <strong>und</strong> nicht selten kam ein<br />

<strong>Bühne</strong><br />

„Motherfucker“ aus den Boxen. Trotzdem,<br />

böse sind die Mädels keineswegs.<br />

Sie haben im Sudhaus alles gegeben,<br />

was man ihnen angesichts der Kulisse<br />

hoch anrechnen muss. Gerade mal etwa<br />

120 Metalheads waren gekommen. Hätten<br />

nicht Mitglieder von „Metal <strong>Tübingen</strong>“<br />

kurz vorher noch mal die Szene<br />

informiert, wären es wahrscheinlich<br />

noch weniger gewesen.<br />

Für eine Band, deren Debütsingle „Losing<br />

The Game“ vom 2005er Debütalbum<br />

„In Distortion We Trust“ in den<br />

schwedischen Charts bis auf Platz acht<br />

schoss, eine Band, die schon mit Gruppen<br />

wie Motörhead, Sepultura <strong>und</strong> In<br />

Flames tourte <strong>und</strong> 2010 auf Deutsch-<br />

RÜCKBLICK<br />

CRUCIFIED BARBARA<br />

Vier Schwedinnen in Lederhosen <strong>und</strong> Nietengurt<br />

23<br />

lands größtem Metal-Festival in Wacken<br />

auf der <strong>Bühne</strong> stand, ist das „sehr<br />

wenig“, wie ein Roadie der Schwedinnen<br />

im Anschluss an das Konzert meinte.<br />

Und so gab es vom Publikum auch keine<br />

Pfiffe, als die Show inklusive Zugaben<br />

bereits nach 65 Minuten schon wieder<br />

zu Ende war.<br />

DIE HEILIGE BARBARA PASST AUF<br />

Im November gehen Crucified Barbara<br />

erst mal auf Südamerika-Tour, aber auch<br />

in Deutschland wird man die vier Stockholmerinnen<br />

sicher noch häufiger sehen<br />

können – ihre Karriere ist noch jung,<br />

zeigt aber in die richtige Richtung. Außerdem<br />

haben sie eine gute Weggefährtin:<br />

<strong>Die</strong> Heilige Barbara gilt auch als<br />

Schutzpatronin der Mädchen. Mit dieser<br />

Frau, die einer Legende nach gegen<br />

Ende des 3. Jahrh<strong>und</strong>erts nach Christus<br />

lebte, haben Crucified Barbara ansonsten<br />

nur bedingt zu tun.<br />

Zum einen wurde sie von ihrem eigenen<br />

Vater enthauptet <strong>und</strong> nicht gekreuzigt,<br />

zum anderen bekannte sie sich<br />

unumstößlich bis zu ihrem Tode zum<br />

Christentum. Allerdings galt sie auch<br />

als besonders schön <strong>und</strong> ging standhaft<br />

in einer von Männern dominierten<br />

Welt ihren eigenen Weg. Beides Attribute,<br />

die auch auf Crucified Barbara<br />

zutreffen.<br />

(Text + Foto: Thomas Krammer)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!