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Instrumente der Stadtplanung.

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Lehrbausteine Stadt | Landschaft | Planung<br />

<strong>Instrumente</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadtplanung</strong><br />

Ein Überblick über die Möglichkeiten kommunaler Akteure, an <strong>der</strong><br />

Stadtentwicklung mitzuwirken<br />

Stadtentwicklung vollzieht sich im Wesentlichen<br />

durch das Handeln vieler Akteure in Gesellschaft<br />

und Märkten: Deren Standort- und<br />

Investitionsentscheidungen, ihre Qualitätsmaßstäbe<br />

und Renditeerwartungen, ihre Gewohnheiten<br />

und Präferenzen bewegen die Siedlungsentwicklung<br />

(dazu auch den Lehrbaustein<br />

-> Akteure <strong>der</strong> Stadtentwicklung). Öffentliche<br />

Akteure reagieren auf diese Entwicklungen<br />

bzw. Nachfragen und bieten Infrastrukturen<br />

und rechtliche Voraussetzungen für die weitere<br />

Entwicklung an. Daneben und darüber hinaus<br />

gibt es Bemühungen öffentlicher Akteure,<br />

selbst Entwicklungsimpulse zu setzen und aktiv<br />

(mit-)gestaltend auf die räumliche Entwicklung<br />

einzuwirken.<br />

Auf welche Weise geschieht das? Welche<br />

Möglichkeiten zur Einflussnahme und Mitgestaltung<br />

bestehen, welche <strong>Instrumente</strong>, Arbeitsweisen<br />

und Organisationsformen kommen<br />

zur Anwendung? Diesen Fragen wird im Folgenden<br />

nachgegangen.<br />

1. Das <strong>Instrumente</strong>nspektrum<br />

Wer von Planungsinstrumenten redet, denkt<br />

dabei in <strong>der</strong> Regel vorrangig an Pläne, Ge- und<br />

Verbote o<strong>der</strong> kommunale Satzungen.<br />

Dies ist jedoch nur ein Ausschnitt aus dem<br />

deutlich breiteren <strong>Instrumente</strong>nspektrum. Neben<br />

rechtlich verbindlichen Plänen und Ratsbeschlüssen<br />

zu kommunalen Satzungen etc. findet<br />

man in <strong>der</strong> Praxis zahlreiche weitere <strong>Instrumente</strong>.<br />

Nur einige Beispiele:<br />

• Aushandlungsprozesse zwischen Regionalverband<br />

und Kommune im Vorfeld von Flächennutzungsplanungen<br />

o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Neuausweisung<br />

einzelner Standorte;<br />

• Beschaffen von Finanzmitteln – nicht allein<br />

im kommunalen Haushalt, son<strong>der</strong>n auch bei<br />

Bund, Län<strong>der</strong>n, EU o<strong>der</strong> privaten Geldgebern;<br />

• Medienarbeit, um auf Probleme und Aufgaben<br />

aufmerksam zu machen (»public awa-<br />

reness«), über Absichten zu informieren o<strong>der</strong><br />

kontroverse Standpunkte zu diskutieren;<br />

• Durchführung eines städtebaulichen Wettbewerbs,<br />

eines Expertenworkshops u.ä. zur<br />

Qualifizierung von Konzepten;<br />

• Neuorganisation <strong>der</strong> Verwaltung zur Beschleunigung<br />

und Effektivierung von Prozessen;<br />

• Durchführung einer Bürgerversammlung, um<br />

über Entwicklungsabsichten und –möglichkeiten<br />

für einen Stadtteil zu diskutieren. etc.<br />

Diese hier ungeordnete und willkürlich genannten<br />

Beispiele lassen sich systematisieren<br />

und zu »Bündeln« zusammenfassen:<br />

Sechs »<strong>Instrumente</strong>nbündel«<br />

Es lassen sich sechs solcher »<strong>Instrumente</strong>nbündel«<br />

unterscheiden. Zu den indirekt wirkenden<br />

(also über die Einflussnahme auf Akteure auf<br />

den Raum zielenden) gehören:<br />

1. Regulative <strong>Instrumente</strong> (Bau-, Planungs-,<br />

Naturschutz-, Umweltrecht etc.);<br />

2. Kommunikative, auf Überzeugung (»Persuasion«)<br />

und Verständigung ausgerichtete Arbeitsformen;<br />

3. Finanzielle Steuerungsformen (öffentliche<br />

För<strong>der</strong>ung und an<strong>der</strong>e Quellen finanzieller Unterstützung).<br />

Direkt können öffentliche Akteure im Raum<br />

vor allem auf folgende Weise wirksam werden:<br />

4. Marktteilnahme (z.B. Zwischenerwerb von<br />

Grundstücken);<br />

5. Entwicklung von Standorten durch öffentliche<br />

Investitionen (Bau von Infrastrukturen, In-<br />

Wert-Setzung von Freiräumen, Schaffen von<br />

»Adressen«).<br />

Darüber hinaus können öffentliche Akteure<br />

strukturierend auf Prozesse einwirken. Hierzu<br />

geeignet sind unter an<strong>der</strong>em:<br />

6. Prozessmanagement, För<strong>der</strong>ung von Meinungsbildung<br />

und Koordination unter verschiedenen<br />

Akteursgruppen, Gestaltung von<br />

Kooperationen, Organisationsentwicklung etc.<br />

Baustein <strong>Instrumente</strong> | Selle & Wachten 1|12


Abb. 1: <strong>Instrumente</strong> <strong>der</strong> räumlichen Entwicklung und<br />

Steuerung aus <strong>der</strong> Sicht kommunaler Akteure<br />

Im Folgenden werden diese <strong>Instrumente</strong>narten<br />

kurz skizziert:<br />

»Regulative« <strong>Instrumente</strong><br />

Es ist kein Zufall, dass das Planungsinstrumentarium<br />

oft mit den Plänen und Satzungen, den<br />

Ver- und Geboten gleichgesetzt wird, die auf<br />

<strong>der</strong> Basis des Baugesetzbuches (o<strong>der</strong> dem Naturschutzrecht<br />

des Bundes und <strong>der</strong> Län<strong>der</strong>)<br />

erlassen werden. Denn diese <strong>Instrumente</strong> bilden<br />

den »harten Kern« <strong>der</strong> Steuerungsmöglichkeiten<br />

kommunaler Akteure. Sie wirken<br />

• einerseits auf an<strong>der</strong>e öffentliche Akteure (z.B.<br />

Fachbehörden) und binden sie an die Rahmen<br />

setzenden Pläne (etwa den Flächennutzungsplan)<br />

und<br />

• an<strong>der</strong>seits unmittelbar gegenüber privaten<br />

Akteuren – indem etwa die Bebauungspläne<br />

Art und Maß <strong>der</strong> baulichen Nutzung auf einem<br />

Grundstück rechtlich verbindlich regeln.<br />

Typische Pläne und Festsetzungen aus dem<br />

Bündel des regulativen Instrumentariums sind<br />

etwa: Flächennutzungs- und Bebauungspläne<br />

(dazu mehr in Kap. 2), städtebauliche Verträge,<br />

Vorhaben- und Erschließungspläne, städtebau-<br />

liche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen,<br />

Maßnahmen des »Stadtumbaus« und<br />

<strong>der</strong> »Sozialen Stadt«, Landschafts- und Grünordnungspläne,<br />

Festsetzung von Ausgleichsmaßnahmen,<br />

Bodenordnung, Erschließungsregelungen<br />

etc.<br />

Weil diese Pläne und Satzungen an<strong>der</strong>e<br />

rechtlich binden, werden sie gelegentlich auch<br />

als »harte« <strong>Instrumente</strong> bezeichnet.<br />

»Persuasive« <strong>Instrumente</strong><br />

Wesentliche Ziele <strong>der</strong> Stadtentwicklung und<br />

<strong>Stadtplanung</strong> lassen sich nicht allein per Satzung<br />

durch öffentliche Akteure fixieren und<br />

an<strong>der</strong>en Akteuren zur Umsetzung vorschreiben.<br />

Vielmehr sind hier vielfältige Verständigungsbemühungen<br />

notwendig: Der Sinn von<br />

Maßnahmen muss vermittelt und <strong>der</strong> mögliche<br />

Nutzen aufgezeigt werden. Zudem gilt es, verschiedene<br />

Umsetzungsmöglichkeiten und den<br />

damit verbundenen Aufwand sichtbar zu machen<br />

und gemeinsam zu erörtern. Diese »persuasiven«,<br />

also auf die wechselseitige Überzeugungsarbeit<br />

<strong>der</strong> Gesprächspartner beru-<br />

Baustein <strong>Instrumente</strong> | Selle & Wachten 2|12


henden <strong>Instrumente</strong>, sind für das Gelingen von<br />

Planungsprozessen oft von entscheiden<strong>der</strong> Bedeutung.<br />

Zwar schreiben auch die Gesetze<br />

Kommunikationsprozesse (so etwa das BauGB<br />

die Beteiligung <strong>der</strong> Öffentlichkeit (§ 3) und <strong>der</strong><br />

für die jeweilige Planung bedeutsamen Behörden<br />

(§ 4)) vor, aber mit diesen vorgeschriebenen<br />

Beteiligungsangeboten erschöpft sich in<br />

<strong>der</strong> Regel nicht die Kommunikation in Planungsprozessen.<br />

Vielmehr finden in <strong>der</strong> Mehrzahl<br />

<strong>der</strong> Fälle – in Arbeitsgruppen, Abstimmungsgesprächen,<br />

Foren etc. – kontinuierliche<br />

Kommunikations- und Überzeugungsbemühungen<br />

statt (vgl. auch die Lehrbausteine zur<br />

-> Kommunikation). Da diese Arbeitsformen<br />

nicht durch Vorschriften geregelt sind und auf<br />

Überzeugung bauen, werden sie oft auch als<br />

»weiche« <strong>Instrumente</strong> bezeichnet.<br />

Wenn man erfolgreiche Projekte <strong>der</strong> Siedlungs-<br />

und Freiraumentwicklung untersucht<br />

(vgl. die Beispiele bei Selle 2000 Bd. 2 und 3),<br />

dann wird deutlich, wie wichtig diese <strong>Instrumente</strong><br />

sind: Schon die Phase <strong>der</strong> Problemwahrnehmung<br />

und Ideenfindung wird häufig<br />

dialogisch gestaltet (Werkstätten, Wettbewerbe,<br />

Öffentlichkeitsarbeit…). Planung und Umsetzung<br />

sind zumeist durch engere Kooperationen<br />

(intensiver Austausch zwischen den Beteiligten,<br />

Arbeits-, Projekt- o<strong>der</strong> Steuerungsgruppen<br />

<strong>der</strong> unmittelbar Beteiligten, Aushandlung<br />

von Qualitätsvereinbarungen etc.), einen<br />

größeren Beteiligtenkreis und einbeziehende<br />

Kommunikationsangebote (Foren, Werkstätten…)<br />

gekennzeichnet. Und selbst die Nutzungsphase<br />

wird gelegentlich (etwa im Zuge<br />

von Patenschaften, Pflegevereinbarungen etc.)<br />

kooperativ gestaltet.<br />

Finanzierung, För<strong>der</strong>ung<br />

In <strong>der</strong> <strong>Stadtplanung</strong> geht es in <strong>der</strong> Regel auch<br />

um Geld: Mit den Plänen werden oft erhebliche<br />

Investitionen vorbereitet und rechtlich<br />

flankiert. Ein wesentlicher Teil dieser Investitionen<br />

wird zumeist von Privaten getragen (etwa<br />

im Wohnungs- und Gewerbebau etc.), aber<br />

wesentliche Finanzierungsaufgaben stellen sich<br />

auch für öffentliche Akteure (Erschließung, öffentliche<br />

Bauten und Grünanlagen). Zudem<br />

soll mit öffentlichen Mitteln oft das Verhalten<br />

<strong>der</strong> privaten Akteure in bestimmte Richtungen<br />

gelenkt werden: Ob nun die Hofbegrünung<br />

durch ein kleines kommunales För<strong>der</strong>programm<br />

angeregt, die Ansiedlung eines Gewerbebetriebes<br />

durch intensive Wirtschaftsför<strong>der</strong>ung<br />

betrieben o<strong>der</strong> ein anspruchsvolles Wohnungsbauprojekt<br />

durch verbilligte Grundstücke<br />

und Wohnungsbauför<strong>der</strong>ung für den Investor<br />

attraktiv gestaltet werden soll – in allen diesen<br />

Fällen sind die öffentlichen Akteure bemüht,<br />

über finanzielle Anreize das Verhalten privater<br />

Akteure zu beeinflussen.<br />

Aber die Quellen öffentlicher För<strong>der</strong>ung<br />

sprudeln längst nicht mehr so reichhaltig wie<br />

noch vor Jahren. Insofern müssen die Kommunen<br />

oft viel Kreativität bei <strong>der</strong> Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten<br />

entwickeln. Dabei<br />

zeigt sich in <strong>der</strong> Praxis, dass unterschiedliche<br />

öffentliche För<strong>der</strong>angebote – auf unterschiedlichen<br />

Ebenen (Län<strong>der</strong>, Bund, EU) und in verschiedensten<br />

Ressorts (Umwelt, Wirtschaft<br />

etc.) – erschlossen werden können.<br />

Beson<strong>der</strong>e Bedeutung haben auch gemischte<br />

öffentlich-private Finanzierungen – die z.B.<br />

über städtebauliche Verträge vereinbart werden<br />

– erlangt. Diese beziehen sich nicht mehr<br />

nur auf Gebäude, son<strong>der</strong>n auch auf öffentliche<br />

Einrichtungen (Plätze, Parks, Infrastrukturen).<br />

Marktteilnahme<br />

Oft übersehen wird, dass Gemeinden auch direkt<br />

an Märkten teilnehmen, um ihre Ziele zu<br />

erreichen. Sie verfügen zum Beispiel nicht selten<br />

über einen erheblichen Grundstücksbestand,<br />

den sie zur Entwicklungssteuerung einsetzen<br />

können. Zudem besteht die Möglichkeit,<br />

dass Gemeinden Flächen erwerben, bevor<br />

sie Planungsrecht schaffen und so die Bodenwertzuwächse<br />

für Erschließung und Infrastruktur<br />

nutzen etc. Auch <strong>der</strong> Zwischenerwerb von<br />

Brachen – etwa durch öffentliche Grundstücksfonds<br />

– kann ein wichtiges Instrument sein,<br />

denn so eröffnen sich nicht nur ökonomische<br />

Steuerungsmöglichkeiten (Preisgestaltung bei<br />

<strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>veräußerung) son<strong>der</strong>n auch privatrechtliche<br />

Regelungen (im Rahmen des Kaufvertrages).<br />

Auch die offensive Vermarktung<br />

von Flächen durch die Städte (Flächenmanagement)<br />

sind hier zu nennen. Angesichts <strong>der</strong><br />

prekären Haushaltslage vieler Städte werden<br />

diese Aufgaben zum Teil ausgelagert (z.B. an<br />

Baustein <strong>Instrumente</strong> | Selle & Wachten 3|12


kommunal beeinflusste Wohnungsunternehmen<br />

und Entwicklungsgesellschaften) und/<br />

o<strong>der</strong> mit Unterstützung von Bundeslän<strong>der</strong>n (in<br />

NRW zum Beispiel durch Grundstücksfonds<br />

und eigene Programme etwa für Bahnflächen)<br />

gemanaged.<br />

Standortentwicklung<br />

Öffentliche Akteure wirken durch Bau, Umbau,<br />

Pflege etc. auch direkt auf die räumliche Entwicklung<br />

ein und betreiben so Standortentwicklung<br />

(ein neuer Park erhöht Bodenwerte<br />

und schafft attraktive Lagen, neue Straße verän<strong>der</strong>t<br />

Lagegunst und Erreichbarkeit etc.).<br />

Auch diese »Produktion von Lagen« kann strategisch<br />

eingesetzt werden.<br />

Hier ist zwar im Zuge <strong>der</strong> Privatisierungen<br />

einiges in Bewegung geraten (etwa: Finanzierung<br />

öffentlicher Einrichtungen durch Private),<br />

aber noch gehören wesentliche Teile <strong>der</strong> Infrastrukturausstattung<br />

von Städten und Regionen<br />

zum öffentlichen Aufgabenbestand. Bei <strong>der</strong><br />

Wahrnehmung dieser Aufgaben geht es nicht<br />

nur um die Bereitstellung <strong>der</strong> Infrastrukturen<br />

an sich, son<strong>der</strong>n auch um die Steuerung <strong>der</strong><br />

räumlichen Entwicklung: »Harte« Infrastrukturen<br />

wie Straßen, Schienen und Flughäfen spielen<br />

bei Industrieansiedlungen o<strong>der</strong> Standortsicherungen<br />

noch immer eine wichtige Rolle. So<br />

wäre etwa die BMW-Ansiedlung im Leipziger<br />

Nordraum nicht ohne massive Infrastrukturinvestitionen<br />

denkbar gewesen.<br />

Auch bei <strong>der</strong> Innenentwicklung hat sich gezeigt,<br />

dass die neuen Standorte durch öffentliche<br />

Vorleistungen attraktiviert werden müssen,<br />

um die gewünschten Nutzer anzuziehen: Industriebrachen<br />

o<strong>der</strong> aufgelassene Bahn- und<br />

Hafengelände haben zunächst wenig Standortqualitäten<br />

und leiden zudem oft unter einem<br />

schlechten Image. Um das zu än<strong>der</strong>n und<br />

den gewünschten hochwertigen Nutzungen<br />

eine angemessene »Adresse« bieten zu können,<br />

steht am Anfang <strong>der</strong> Standortentwicklung<br />

– neben <strong>der</strong> Anpassung <strong>der</strong> infrastrukturellen<br />

Erschließung – oft die Schaffung von ansprechenden<br />

Freiräumen. Auch kulturelle Einrichtungen<br />

beson<strong>der</strong>er Art können, so fern ihre<br />

Ansiedlung gelingt, zu »Magneten« für Folgenutzungen<br />

werden (»Bilbao-Effekt«).<br />

Versuche, auf diese Weise durch öffentliche<br />

Vorleistungen Standortqualitäten zu prägen<br />

und Adressen zu schaffen, sind inzwischen<br />

nicht mehr nur auf einzelne Projekte begrenzt.<br />

Vielmehr werden ganze Regionen in diesem<br />

Sinn als Aufgabenfeld begriffen: Im Zuge <strong>der</strong><br />

Internationalen Bauausstellung Emscher Park<br />

war zum Beispiel die Rede von <strong>der</strong> »ökologischen<br />

Mo<strong>der</strong>nisierung« als Voraussetzung für<br />

die ökonomische Entwicklung <strong>der</strong> Region.<br />

Auch an<strong>der</strong>norts dachte man ähnlich: Viele <strong>der</strong><br />

großräumigen Freiraumprojekte <strong>der</strong> 90er Jahre<br />

verdanken diesem Begründungshintergrund<br />

ihre Entwicklung.<br />

Prozessmanagement, Organisationsentwicklung,<br />

Projektentwicklung<br />

Zuletzt zu erwähnen sind die <strong>Instrumente</strong>, die<br />

sich auf die Prozessgestaltung und die Organisation<br />

<strong>der</strong> Arbeit öffentlicher Akteure (untereinan<strong>der</strong><br />

und mit an<strong>der</strong>en Beteiligten) beziehen:<br />

Ob und wie zum Beispiel die Verwaltungsaktivitäten<br />

bei <strong>der</strong> Umgestaltung öffentlicher<br />

Räume koordiniert werden, hat wesentliche<br />

Wirkungen auf das Ergebnis. O<strong>der</strong>: Ob und<br />

wie öffentliche Verwaltungen sich mit Immobilienentwicklung<br />

auskennen, bestimmt nicht<br />

unwesentlich ihre Verhandlungssituation mit<br />

privaten Investoren etc. Dieses »<strong>Instrumente</strong>nbündel«<br />

bezieht sich also auf Prozessmanagement,<br />

Organisationsentwicklung, Qualifizierung<br />

etc.<br />

Die auf die Binnenwelt von Politik und Verwaltungen<br />

gerichtete Koordination gewinnt im<br />

Zuge <strong>der</strong> Entwicklung und Realisierung von<br />

Projekten weiter an Bedeutung: Um <strong>der</strong> Dynamik<br />

<strong>der</strong> Projektentwicklung folgen und sie<br />

mitgestalten zu können, müssen Informationen<br />

zusammengeführt, Zuständigkeiten gebündelt,<br />

Verantwortlichkeiten geregelt und Abstimmungsprozesse<br />

auf kurzen Wegen ermöglicht<br />

werden. Zudem gilt es, für die oft zahlreichen<br />

verwaltungsexternen Akteure klare Ansprechpartner<br />

zu benennen und <strong>der</strong>en Einbindung<br />

»in die Tiefen <strong>der</strong> Verwaltung« zu gewährleisten.<br />

Für diese vielen Aufgaben wurden und werden<br />

unterschiedliche Lösungen gefunden. Sie<br />

reichen von informellen Abstimmungen auf <strong>der</strong><br />

Arbeitsebene innerhalb <strong>der</strong> Verwaltung, <strong>der</strong><br />

Baustein <strong>Instrumente</strong> | Selle & Wachten 4|12


Benennung von Projektbeauftragten über Ämter<br />

übergreifende Arbeitsgruppen bis hin zur<br />

Einrichtung spezieller Geschäfts- o<strong>der</strong> Stabsstellen,<br />

Abteilungen, Büros etc.<br />

An diesen Steuerungs- und Kooperationsbemühungen<br />

sind vielfach auch Externe (Berater,<br />

Büros etc.) beteiligt. Ihre Aufgabe kann<br />

darin bestehen, Wissen in die Beratungen einzubringen,<br />

um so die Qualifizierung des Projektes<br />

voranzutreiben. An<strong>der</strong>erseits obliegt es<br />

ihnen oft, Teile des Kooperationsprozesses (z.B.<br />

mit <strong>der</strong> Öffentlichkeit) o<strong>der</strong> einzelne Phasen<br />

<strong>der</strong> Verfahren (z.B. Wettbewerbe) zu gestalten<br />

bzw. zu mo<strong>der</strong>ieren.<br />

<strong>Instrumente</strong>n-Mix<br />

Die <strong>Instrumente</strong>, von denen hier die Rede war,<br />

werden in <strong>der</strong> Regel nicht isoliert eingesetzt.<br />

Sie sind vielmehr zumeist Elemente eines komplexen<br />

Planungs- und Entwicklungsprozesses.<br />

Bei den meisten Aufgaben <strong>der</strong> Stadt- und<br />

Landschaftsplanung finden sich in diesen Prozessen<br />

sowohl gesetzlich geregelte, hoheitliche<br />

Verfahrensbestandteile (regulative <strong>Instrumente</strong><br />

– wie etwa Bebauungspläne) wie informelle,<br />

vor allem kommunikative <strong>Instrumente</strong>. Von<br />

zunehmen<strong>der</strong> Bedeutung sind zudem Verbindungen<br />

dieser Prozesselemente mit finanziellen<br />

Regelungen und Verträgen (die zum Beispiel<br />

das Zusammenwirken öffentlicher und privater<br />

Partner regeln).<br />

Voraussetzungen für den <strong>Instrumente</strong>neinsatz:<br />

<strong>Stadtplanung</strong> als politischer Prozess<br />

Abschließend muss daran erinnert werden,<br />

dass <strong>der</strong> <strong>Instrumente</strong>neinsatz in <strong>der</strong> <strong>Stadtplanung</strong><br />

nicht nur von Fachleuten – zum Beispiel<br />

in den kommunalen Planungsämtern – entschieden<br />

und gehandhabt wird. Vielmehr wirken<br />

hier viele Akteure zusammen (was wie<strong>der</strong>-<br />

um auf die Bedeutung <strong>der</strong><br />

Akteursanalyse verweist;<br />

vgl. den -> Lehrbaustein<br />

Akteure <strong>der</strong> Stadtentwicklung):<br />

an<strong>der</strong>e Behörden,<br />

die bei Auswahl und<br />

Anwendung von <strong>Instrumente</strong>n<br />

mitwirken, freie<br />

Büros, die zum Beispiel<br />

Pläne im Auftrag <strong>der</strong><br />

»Nur eine Min<strong>der</strong>heit von Juristen glaubt<br />

daran, dass ein Gesetz, wenn es<br />

ordnungsgemäß verkündet und in Kraft<br />

getreten ist, deswegen auch schon gelte. Das<br />

ist keineswegs <strong>der</strong> Fall. Vielmehr unterliegt die<br />

Anwendung o<strong>der</strong> Nichtanwendung des<br />

geltenden Rechts dem Gesichtspunkt <strong>der</strong><br />

Opportunität. Ohne den Willen, es<br />

anzuwenden, bleibt jedes Gesetz toter<br />

Buchstabe«.<br />

Hans Magnus Enzensberger<br />

Kommunen erarbeiten etc. – insbeson<strong>der</strong>e aber<br />

die Politik, denn: Stadträte müssen die Bereitstellung<br />

von Mitteln für (größere) Planungsprozesse<br />

genehmigen, sind oft an <strong>der</strong> Vergabe<br />

öffentlicher Grundstücke beteiligt, beschließen<br />

Verfahrensgrundsätze und erlassen Satzungen<br />

(z.B. führt erst <strong>der</strong> Beschluss des Stadtrates zur<br />

Rechtskraft eines Bebauungsplanes). Insofern<br />

liegt es auf <strong>der</strong> Hand: <strong>Stadtplanung</strong> ist ein politischer<br />

Prozess.<br />

Das gilt aber auch noch in einer an<strong>der</strong>en<br />

Hinsicht: Viele Probleme, mit denen sich die<br />

<strong>Stadtplanung</strong> auseinan<strong>der</strong>setzen muss, werden<br />

wesentlich durch politische Rahmenbedingungen<br />

geprägt, so wurde z.B. kürzlich <strong>der</strong> Zusammenhang<br />

von Eigenheimför<strong>der</strong>ung, Entfernungspauschale<br />

und Zersiedelung öffentlich<br />

diskutiert.<br />

Als »politisch« bezeichnen wir hier solche<br />

Prozesse, in denen es um die Suche nach Möglichkeiten<br />

»kollektiven Handelns bei nicht vorauszusetzendem<br />

Konsens« geht (Fritz W.<br />

Scharpf). Bezogen auf die Inhalte von Plänen<br />

ist die Schwierigkeit <strong>der</strong> Konsensbildung häufig<br />

offensichtlich – wenn es etwa bei <strong>der</strong> Flächeninanspruchnahme<br />

darum geht, zwischen <strong>der</strong><br />

Nachfrage nach Wohn- und Gewerbegrundstücken<br />

und langfristig notwendiger Flächensicherung<br />

abzuwägen.<br />

Bezogen auf die Verfahren und institutionellen<br />

Regeln könnte man aber zur Auffassung<br />

kommen, dass hier sehr wohl zwischen sachlichem<br />

Handeln <strong>der</strong> Verwaltung und politischen<br />

Entscheidungen z.B. des Rates unterschieden<br />

werden könne: Der Rat gibt Ziele vor, die Verwaltung<br />

prüft alternative Maßnahmen, <strong>der</strong> Rat<br />

entscheidet zwischen Alternativen, die Verwaltung<br />

setzt die Konzepte um.<br />

Diese idealtypische Trennung von sachlichem<br />

und politischem Handeln ist allerdings in <strong>der</strong><br />

Realität nicht wie<strong>der</strong> zu fin-<br />

den. Wissensvorsprung,<br />

personelle Kapazitäten und<br />

Finanzausstattung <strong>der</strong> Verwaltungen<br />

haben längst<br />

dazu geführt, dass hier nicht<br />

nur Entscheidungen vorbereitet,<br />

son<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> alltäglichen<br />

Arbeit an vielen Stellen<br />

auch getroffen werden.<br />

Baustein <strong>Instrumente</strong> | Selle & Wachten 5|12


Und umgekehrt sind Fälle zu beobachten,<br />

wo sich die Politik sehr weit ins »operative Geschäft«<br />

einmischt und so Prozesse zu Ergebnissen<br />

führen, die aus fachlicher Sicht nicht wünschenswert<br />

sind.<br />

Als Zwischenresümee kann festgehalten werden:<br />

Insbeson<strong>der</strong>e zur Erreichung von Zielen,<br />

die von eingefahrenen Routinen abweichen, ist<br />

ein offensives Ausschöpfen <strong>der</strong> vorhandenen<br />

Spielräume und die ständige Suche nach neuen<br />

Wegen Bedingung für den Erfolg. Es kommt<br />

also darauf an, sich genaue Kenntnisse über<br />

die <strong>Instrumente</strong> zu verschaffen und auf den<br />

politischen Aushandlungsprozess, <strong>der</strong> zu ihrer<br />

Auswahl und Anwendung gehört, einzulassen.<br />

2. Zum Beispiel: Das Instrumentarium <strong>der</strong><br />

Bauleitplanung<br />

Im Baugesetzbuch (dessen Text u.a. unter<br />

http://dejure.org/gesetze/BauGB zu finden ist)<br />

wird in den §§ 1-13a die Bauleitplanung geregelt.<br />

Deren Aufgabe ist es, die »bauliche und<br />

sonstige Nutzung <strong>der</strong> Grundstücke in <strong>der</strong> Gemeinde<br />

... vorzubereiten und zu leiten« (§ 1<br />

Abs. 1 BauGB).<br />

»Die Bauleitpläne sollen<br />

• eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung,<br />

• die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen auch in Verantwortung<br />

gegenüber künftigen Generationen<br />

miteinan<strong>der</strong> in Einklang bringt, und<br />

• eine dem Wohl <strong>der</strong> Allgemeinheit dienende<br />

sozialgerechte Bodennutzung gewährleisten.<br />

Sie sollen dazu beitragen,<br />

• eine menschenwürdige Umwelt zu sichern<br />

und<br />

• die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen<br />

und zu entwickeln, auch in Verantwortung<br />

für den allgemeinen Klimaschutz, sowie<br />

• die städtebauliche Gestalt und das Orts- und<br />

Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu<br />

entwickeln«. (§ 1 Abs. 5 BauGB).<br />

Aufgestellt werden die Bauleitpläne von den<br />

Gemeinden. Ihre Planungshoheit wird jedoch<br />

insoweit begrenzt, als sich die Bauleitplanung<br />

grundsätzlich den Zielen <strong>der</strong> Raumordnung<br />

und Landesplanung anpassen muss.<br />

»Formale« Pläne und ihre Unterschiede: Abb. 2 (oben)<br />

Unterschiede von F- und B-Plänen (BBR 2000); Abb. 3:<br />

Bebauungsplan (in Schwarzweiß-Darstellung) (BBR<br />

2000); Abb. 4: FNP Aachen, Abb. 5: Ein vorhabenbezogener<br />

B-Plan (Finanzzentrum Krefel<strong>der</strong> Str./Aachen)<br />

Baustein <strong>Instrumente</strong> | Selle & Wachten 6|12


Es wird zwischen vorbereitenden und verbindlichen<br />

Bauleitplänen unterschieden:<br />

• Der Flächennutzungsplan (F-Plan, §§ 5-7<br />

BauGB) als vorbereiten<strong>der</strong> Plan stellt die beabsichtigte<br />

Nutzung von Grund und Boden im<br />

gesamten Gemeindegebiet in den Grundzügen<br />

dar. Dies umfasst unter an<strong>der</strong>em Aussagen zu<br />

Flächen für die Bebauung (nach Nutzungsarten<br />

unterglie<strong>der</strong>t: Wohnbauflächen, gemischte<br />

Bauflächen, gewerbliche Bauflächen, Son<strong>der</strong>bauflächen,<br />

Gemeinbedarfseinrichtungen),<br />

Grünflächen und Wasserflächen, Landwirtschaftliche<br />

Flächen und Wald, sowie überörtliche<br />

Verkehrsflächen<br />

Der F-Plan ist behördenverbindlich, das<br />

heißt: Weiterführende Pläne müssen den Darstellungen<br />

des Flächennutzungsplanes folgen.<br />

• Die Bebauungspläne (B-Pläne, §§ 8-13<br />

BauGB) konkretisieren die Festlegungen des F-<br />

Plans für Teilbereiche des Gemeindegebietes.<br />

Sie regeln (parzellenscharf) Art und Maß <strong>der</strong><br />

baulichen Nutzung und alle weiteren wesentlichen<br />

Fragen <strong>der</strong> künftigen Bodennutzung.<br />

Zum Beispiel werden Baugebiete nach Nutzungsarten<br />

differenziert: Reine Wohngebiete,<br />

allgemeine Wohngebiete, Mischgebiete, Kerngebiete,<br />

Gewerbegebiete, Industriegebiete und<br />

an<strong>der</strong>e Grünflächen, Gemeinbedarfsflächen,<br />

Verkehrsflächen etc. Die Festsetzungen des<br />

Bebauungsplanes sind unmittelbar rechtlich<br />

bindend – etwa für die Eigentümer von Grundstücken.<br />

Mit ihnen werden für Baumaßnahmen<br />

– und damit auch für die planenden Architekten<br />

– wesentliche Vorgaben formuliert, insbeson<strong>der</strong>e:<br />

bebaubare und nicht überbaubare<br />

Grundstücksflächen, Maß <strong>der</strong> Nutzung mit<br />

GRZ und GFZ.<br />

§ 6 BauGB schreibt vor, dass <strong>der</strong> Flächennutzungsplan<br />

durch die höhere Verwaltungsbehörde<br />

(Landkreis bzw. Bezirksregierung) genehmigt<br />

werden muss. Die aus genehmigten<br />

Flächennutzungsplänen abgeleiteten Bebauungspläne<br />

sind <strong>der</strong> höheren Verwaltungsbehörde<br />

lediglich anzuzeigen. Es gibt auch Ausnahmefälle<br />

– wenn etwa ein Bebauungsplan<br />

aufgestellt und parallel ein F-Plan geän<strong>der</strong>t<br />

wird – auf die wir hier nicht eingehen.<br />

Die Pläne, die auf Grundlage des BauGB<br />

erstellt werden, regeln allerdings nicht die ge-<br />

samte Siedlungs- und Freiraumentwicklung in<br />

einer Gemeinde. Auf drei (sehr verschiedene)<br />

Grenzen ist hier zu verweisen:<br />

1. Angebotsplanung: Mit den Bauleitplänen,<br />

insbeson<strong>der</strong>e dem Bebauungsplan wird lediglich<br />

festgelegt, welche Bodennutzung möglich<br />

wäre. Ob sie in dieser Form dann auch realisiert<br />

wird, entzieht sich weitgehend dem Einfluss<br />

<strong>der</strong> kommunalen Planung. Bestes Beispiel<br />

sind die in vielen Gemeinden ausgewiesenen<br />

Gewerbegebiete, die nicht bebaut werden,<br />

weil sich keine Investoren für diesen Standort<br />

finden – auch, wenn die Gemeinden schon erhebliche<br />

Vorleistungen, etwa in Form von Erschließungsmaßnahmen,<br />

erbracht haben. Mit<br />

den Bauleitplänen wird also lediglich ein Angebot<br />

formuliert, das erst dann für die Bodennutzung<br />

wirksam wird, wenn es eine entsprechende<br />

Nachfrage gibt.<br />

2. Neue Abhängigkeit: Nicht zuletzt vor dem<br />

Hintergrund solcher Erfahrungen wurde eine<br />

Regelung in das Baugesetzbuch aufgenommen,<br />

mit <strong>der</strong> Initiativen von Investoren zum<br />

Ausgangspunkt für die Bauleitplanung werden<br />

können. Aufbauend auf einen Vorhaben- und<br />

Erschließungsplan, den <strong>der</strong> Initiator mit <strong>der</strong><br />

Gemeinde »abstimmt«, wird <strong>der</strong> »vorhabenbezogene<br />

Bebauungsplan« aufgestellt (§ 12<br />

BauGB). Zugleich verpflichtet sich <strong>der</strong> »Vorhabenträger«<br />

die Planungs- und Erschließungskosten<br />

ganz o<strong>der</strong> teilweise zu tragen.<br />

Mit diesem Verfahren wird die Gemeinde<br />

entlastet (finanziell wie personell). Zugleich<br />

kann die Überproduktion nicht nachgefragten<br />

Baulandes vermieden werden. Aber die Praxis<br />

zeigt auch, dass oft recht ungute Nähen zu<br />

den Projektinitiatoren entstehen, die Gemeinden<br />

nicht selten auf das Einbringen eigener<br />

Zielvorstellungen verzichten und die gebotenen<br />

Abwägungsprozesse von öffentlichen und<br />

privaten Interessen krass verkürzt werden.<br />

3. Zulässigkeit von Vorhaben: Nicht alle Bauvorhaben<br />

werden aufgrund eines gültigen Bauleitplans<br />

genehmigt. Neben <strong>der</strong> Zulässigkeit<br />

von Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes<br />

(§ 30 BauGB) können ebenso<br />

Vorhaben innerhalb <strong>der</strong> im Zusammenhang<br />

bebauten Ortsteile genehmigt (§ 34 BauGB)<br />

und das Bauen im Außenbereich zugelassen<br />

werden (§ 35 BauGB). Das führt dazu, dass<br />

Baustein <strong>Instrumente</strong> | Selle & Wachten 7|12


etwa 20-40% <strong>der</strong> Bauvorhaben (die Schätzungen<br />

gehen hier auseinan<strong>der</strong>, konkrete Untersuchungsergebnisse<br />

gibt es nur für Teilräume)<br />

ohne einen rechtskräftigen Bebauungsplan,<br />

also zum Beispiel auch ohne Beteiligung <strong>der</strong><br />

Öffentlichkeit, genehmigt wurden.<br />

Verfahren <strong>der</strong> Bauleitplanung<br />

Flächennutzungs- und Bebauungspläne werden<br />

nach dem gleichen Verfahren aufgestellt<br />

(vgl. Abb. 2). Nach § 1 Abs. 3 BauGB haben<br />

die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, »sobald<br />

und soweit es für die städtebauliche Entwicklung<br />

und Ordnung erfor<strong>der</strong>lich« ist. Sie<br />

übernehmen diese Aufgabe in eigener Verantwortung.<br />

Die einzelnen Verfahrensschritte in<br />

kurzer Form:<br />

• Vorlaufphase. Zunächst wird von <strong>der</strong> Gemeinde<br />

von Amts wegen o<strong>der</strong> aufgrund von<br />

an<strong>der</strong>en Anregungen (z.B. Baugesuch, Maßnahmen<br />

an<strong>der</strong>er Planungsträger, Anpassung<br />

an Raumordnung und Landesplanung etc.) das<br />

Erfor<strong>der</strong>nis, einen Bauleitplan aufzustellen, geprüft.<br />

• Eröffnung, Aufstellungsbeschluss. Die Eröffnung<br />

des förmlichen Verfahrens erfolgt mit<br />

dem Aufstellungsbeschluss (§ 2 Abs. 1 BauGB).<br />

Er ist ortsüblich bekannt zu machen. Mit dem<br />

Aufstellungsbeschluss kann eine Verän<strong>der</strong>ungssperre,<br />

die bauliche Vorhaben im Planungsgebiet<br />

für eine begrenzte Zeit untersagt,<br />

als Satzung erlassen werden.<br />

• Ausarbeitung eines vorläufigen Bauleitplanentwurfs.<br />

Vor bzw. nach dem Aufstellungsbeschluss<br />

wird ein vorläufiger Planentwurf von<br />

<strong>der</strong> Verwaltung o<strong>der</strong> einem beauftragten Büro<br />

erarbeitet. Dabei finden in <strong>der</strong> Regel bereits<br />

Abstimmungen mit <strong>der</strong> Raumordnung und<br />

Landesplanung, mit bestimmten Trägern öffentlicher<br />

Belange sowie ggf. benachbarten<br />

Gemeinden und direkt Betroffenen statt.<br />

• Öffentlichkeitsbeteiligung: »Die Öffentlichkeit<br />

ist möglichst frühzeitig über die allgemeinen<br />

Ziele und Zwecke <strong>der</strong> Planung, sich wesentlich<br />

unterscheidende Lösungen, die für die<br />

Neugestaltung o<strong>der</strong> Entwicklung eines Gebiets<br />

in Betracht kommen, und die voraussichtlichen<br />

Auswirkungen <strong>der</strong> Planung öffentlich zu unterrichten;<br />

ihr ist Gelegenheit zur Äußerung und<br />

Erörterung zu geben« (§ 3 Abs. 1 BauGB).<br />

Abb. 6: Ablauf <strong>der</strong> Bauleitplanung nach Baugesetzbuch<br />

• Behördenbeteiligung: Behörden und sonstige<br />

Träger öffentlicher Belange (TöB, z.B. Naturschutz,<br />

Denkmalschutz, Wasserschutz, Landesplanungsbehörde,<br />

Verkehrsbetriebe, Kirchen<br />

und viele mehr), <strong>der</strong>en Aufgabenbereich<br />

durch die Planung betroffen sind, werden unterrichtet<br />

und um Stellungnahme gebeten. Es<br />

können auch Stellen o<strong>der</strong> Personen beteiligt<br />

werden, die nicht Träger öffentlicher Belange<br />

sind. »Ihre Beteiligung kann im Gegenteil sogar<br />

zweckmäßig sein, wenn von diesen Personen<br />

o<strong>der</strong> Stellen sachdienliche Anregungen o<strong>der</strong><br />

Bedenken zu erwarten sind. Das Gesetz will<br />

nicht Fühlungsnahmen, Erörterungen o<strong>der</strong><br />

sonstige Beteiligungsformen, die für die Bauleitplanung<br />

för<strong>der</strong>lich sein können, ausschließen«<br />

(Bielenberg a. a. O. zu § 4 Rdnr. 7).<br />

Die Form <strong>der</strong> Beteiligung lässt das Gesetz<br />

offen; maßgebend ist hier <strong>der</strong> Beteiligungszweck.<br />

Das heißt: Auch Anhörungen und gemeinsame<br />

Erörterungen, in denen verschiedene<br />

Beteiligte zusammengeführt werden (Bielenberg<br />

nennt sie »Plankonferenzen«) sind<br />

möglich.<br />

Baustein <strong>Instrumente</strong> | Selle & Wachten 8|12


Die abgegebenen Stellungnahmen sind beim<br />

Entwurf eines Bauleitplans zu berücksichtigen<br />

(Abwägungsmaterial).<br />

• Auslegungsbeschluss. Nach einer ersten Abwägung<br />

<strong>der</strong> vorgebrachten Bedenken und Anregungen<br />

und sich daraus ergebenden eventuellen<br />

Än<strong>der</strong>ungen wird <strong>der</strong> Planentwurf dem<br />

Gemein<strong>der</strong>at zur Entscheidung darüber vorgelegt,<br />

ob er in dieser Form <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />

vorgestellt werden soll.<br />

• Beteiligung – 2. Stufe: förmliche Auslegung<br />

(§ 3 Abs. 2 BauGB). Nach dem Auslegungsbeschluss<br />

wird <strong>der</strong> endgültige Planentwurf für die<br />

Dauer eines Monats förmlich ausgelegt.<br />

• Abwägung. Die verschiedenen Belange müssen<br />

gerecht gegen- und untereinan<strong>der</strong> abgewogen<br />

werden (Abwägungsgebot § 1 Abs. 6<br />

BauGB). Dabei müssen alle relevanten Argumente,<br />

Gesichtspunkte und Erkenntnisse einbezogen<br />

werden (bzw. sachfremde Argumente<br />

unberücksichtigt bleiben). Die Gewichtung <strong>der</strong><br />

verschiedenen Argumente soll nachvollziehbar<br />

sein. Leidet ein Plan unter Abwägungsfehlern,<br />

kann er für nichtig erklärt werden.<br />

• Beschluss <strong>der</strong> Gemeinde, Anzeige/Genehmigung<br />

durch die höhere Verwaltungsbehörde.<br />

Der (geän<strong>der</strong>te/ergänzte) Plan wird <strong>der</strong> Gemeindevertretung<br />

zum Beschluss vorgelegt. F-<br />

und B-Pläne werden unterschiedlich verabschiedet:<br />

<strong>der</strong> Flächennutzungsplan als (behördenverbindliches)<br />

Planwerk, <strong>der</strong> Bebauungsplan<br />

als Satzung. Der F-Plan muss <strong>der</strong> höheren<br />

Verwaltungsbehörde zur Genehmigung vorgelegt,<br />

<strong>der</strong> B-Plan ihr lediglich angezeigt werden.<br />

Nicht berücksichtigte Anregungen sind mit einer<br />

Stellungnahme <strong>der</strong> Gemeinde bei <strong>der</strong> Genehmigung/Anzeige<br />

beizufügen (§ 3 Abs. 2 S.<br />

6 BauGB). »Hierdurch wird die für das Genehmigungs-<br />

bzw. Anzeigeverfahren zuständige<br />

Behörde in die Lage versetzt zu prüfen, ob die<br />

Gemeinde ohne Rechtsverstoß die privaten<br />

und öffentlichen Belange nach § 1 Abs. 6<br />

(BauGB) berücksichtigt und gerecht …abgewogen<br />

hat« (Bielenberg a.a.O., § 3 Rdnr. 59).<br />

• Bekanntmachung und Inkrafttreten. Die Genehmigung<br />

(bzw. Anzeige) des Planes ist ortsüblich<br />

bekannt zu machen. Dabei ist darauf<br />

hinzuweisen, wo <strong>der</strong> Plan eingesehen werden<br />

kann (§ 6 Abs. 5, § 12 BauGB). Mit <strong>der</strong> Bekanntmachung<br />

tritt <strong>der</strong> Bauleitplan in Kraft.<br />

Der Plan und <strong>der</strong> zugehörige Erläuterungsbericht<br />

sind für je<strong>der</strong>mann zur Einsicht bereitzuhalten.<br />

Öffentliche Planungsträger, die an<br />

<strong>der</strong> Aufstellung des Flächennutzungsplans beteiligt<br />

wurden, müssen ihre Planungen in <strong>der</strong><br />

Folgezeit anpassen (§ 7 BauGB).<br />

Ein solcher Planungsprozess kann und wird<br />

während des Studiums nicht in vollem Umfang<br />

selbst gestaltet werden können. Gegenstand<br />

sind hier vor allem »informelle« Pläne (dazu<br />

mehr in Kap. 3). Aber einige Grundsätze des<br />

Bauleitplan-Verfahrens sind auch für diese<br />

Planarten von unverzichtbarer Bedeutung. Das<br />

gilt insbeson<strong>der</strong>e für<br />

• die Erfassung <strong>der</strong> relevanten Akteure, Interessen<br />

und Belange sowie<br />

• die nachvollziehbare Abwägung dieser Gesichtspunkte<br />

und die Anwendung <strong>der</strong> Ergebnisse<br />

dieses Abwägungsprozesses auf das Planungskonzept.<br />

3. Informelle Pläne und Konzepte<br />

Die auf <strong>der</strong> Grundlage des Baugesetzbuches<br />

aufgestellten Bauleitpläne werden gelegentlich<br />

auch als »formelle« (o<strong>der</strong> formalisierte) Pläne<br />

bezeichnet, weil die in ihnen darzustellenden<br />

Inhalte, die Art in <strong>der</strong> dies geschieht (Planzeichen)<br />

und die Verfahren ihrer Aufstellung<br />

»formal«, was in diesem Fall heißt: gesetzlich,<br />

geregelt ist. Es gibt noch zahlreiche weitere<br />

solcher Pläne. Zum Beispiel zahlreiche Fachpläne<br />

(Wasserwirtschaft, Verkehr, Naturschutz,<br />

Denkmalpflege etc.) o<strong>der</strong> auf den Ebenen von<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n und Regionen die Landesentwicklungs-,<br />

Regional- und Landschaftspläne<br />

und so fort.<br />

Ihnen gegenüber stehen die »informellen<br />

Pläne«. Dabei handelt es sich um eine Sammelbezeichnung<br />

für Konzepte und Pläne, die je<br />

nach Anlass und Aufgabe in Form und Inhalt<br />

unterschiedlich gestaltet werden können (da<br />

sie nicht gesetzlich geregelt sind). Ohne formale<br />

Vorgaben können sie maßgeschnei<strong>der</strong>t werden,<br />

problem- und zielorientiert angelegt sein,<br />

sowohl gesamtörtlich wie teilräumlich ausgerichtet,<br />

teils programmatisch, teils maßnahmengenau<br />

in den konzeptionellen Aussagen.<br />

Sie sind in <strong>der</strong> Maßstabsebene zumeist zwischen<br />

Flächennutzungsplan (gesamtes Ge-<br />

Baustein <strong>Instrumente</strong> | Selle & Wachten 9|12


Ausschnitte aus informellen Planwerken von o. n. u.:<br />

Abb. 7: Masterplan HafenCity (Stadtentwicklungsbehörde<br />

Hamburg)<br />

Abb. 8: Leitplan Stadterneuerung Innenstadt Münster<br />

(Büro Zlonicky & Partner)<br />

Abb. 9: Ortsteilentwicklungsplanung Schwerte (Büro<br />

scheuvens + wachten)<br />

meindegebiet) und Bebauungsplan (einzelnes<br />

Baugebiet) angesiedelt und sollen<br />

• Entwicklungsmöglichkeiten in räumlich-funktionaler<br />

und sachlicher (z.B. bezogen auf verschiedene<br />

Themen wie Wirtschaft, Umwelt,<br />

soziale Fragen etc.) Hinsicht verdeutlichen,<br />

• Anlass zu Verständigungsprozessen zwischen<br />

verschiedenen Beteiligten geben und so<br />

• eine Grundlage für die spätere Erstellung<br />

rechtsverbindlicher Pläne (z.B. Bebauungspläne)<br />

und/o<strong>der</strong> die Durchführung einzelner Vorhaben<br />

bieten.<br />

In <strong>der</strong> Regel dient <strong>der</strong> Prozess ihrer Aufstellung<br />

auch dazu, dass die von <strong>der</strong> Planung Betroffenen<br />

und die an ihr Beteiligten sich über<br />

die Aufgabenstellung und mögliche Lösungswege<br />

verständigen. Informelle Planungsprozesse<br />

sind also zumeist dialog- und kommunikationsfreundlich<br />

angelegt.<br />

Es wird also versucht,<br />

• das Handeln <strong>der</strong> öffentlichen Akteure zu koordinieren,<br />

• privaten Akteuren Perspektiven zu geben<br />

und Rahmen zu setzen,<br />

• und so zu einem sinnvollen Ineinan<strong>der</strong>greifen<br />

öffentlicher und privater Aktivitäten beizutragen.<br />

Ergebnisse solcher Planungsprozess können<br />

ganz unterschiedlich aussehen: Von einfachen<br />

Planskizzen, die Grundaussagen verdeutlichen,<br />

bis hin zu komplexen Stadt(teil)entwicklungsplanwerken<br />

ist alles möglich.<br />

Diese Pläne sind nur dann und soweit verbindlich,<br />

wie sich die Beteiligten auf sie verständigen<br />

und sich an die Ergebnisse binden.<br />

Häufig werden sie z.B. politisch beschlossen<br />

und Stadtrat wie Verwaltung betrachten sie<br />

dann als Grundlage ihres weiteren Handelns<br />

(und leiten daraus z.B. Bebauungspläne ab).<br />

Es gibt aber auch reine Studien o<strong>der</strong> Machbarkeitspläne,<br />

die zunächst nur Entwicklungsoptionen<br />

verdeutlichen sollen, ohne schon Bindungswirkung<br />

zu entfalten.<br />

Informelle Pläne und Konzepte haben viele<br />

Namen. Je nach Zweck, Anlass und lokalen<br />

Gepflogenheiten heißen sie zum Beispiel:<br />

Rahmenpläne, Handlungskonzepte, Masterpläne,<br />

Leitkonzepte, Strukturpläne o<strong>der</strong> -konzepte,<br />

(Stadtteil-) Entwicklungspläne etc.<br />

Baustein <strong>Instrumente</strong> | Selle & Wachten 10|12


Bausteine Integrierter Handlungskonzepte<br />

»Diese Bausteine sind nicht immer trenn- scharf<br />

voneinan<strong>der</strong> abzugrenzen, da Integrierte<br />

Handlungskonzepte unter an<strong>der</strong>em dadurch<br />

charakterisiert sind, dass verschiedene Prozesse<br />

parallel ablaufen (Gleichzeitigkeit …von<br />

Zielformulierung und Realisierung erster<br />

Projekte)…. Deshalb sind sie nicht als fest gefügte<br />

Konzeptstruktur zu verstehen…«<br />

1. Identifizierung von Problemen und Potenzialen<br />

sowie <strong>der</strong> Klärung von Handlungsbedarfen und<br />

damit <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong> Ausgangssituation u.a. mit<br />

• Zusammenführung bereits vorhandener<br />

Untersuchungsergebnisse und Planungen;<br />

• Bestandsaufnahme von Initiativen und<br />

Aktivitäten im Quartier;<br />

• Benennung <strong>der</strong> zentralen Problemfel<strong>der</strong> und<br />

Entwicklungspotenziale (Analyse von Stärken und<br />

Schwächen des Stadtteils).<br />

2. Formulierung von Leitvorstellungen und Zielen<br />

sowie <strong>der</strong> daraus abzuleitenden Maßnahmen und<br />

Projekte u.a. mit<br />

• Leitbild für die Stadtteilentwicklung (Ver-<br />

netzung und Operationalisierung von Zielen<br />

verschiedener Handlungsfel<strong>der</strong>, Hinweise auf<br />

Prioritäten und absehbaren Zielkonflikten);<br />

• Einbindung <strong>der</strong> Entwicklungsziele für den<br />

Stadtteil in gesamtstädtische Überlegungen;<br />

• Darstellung von Strategien, Maßnahmen und<br />

Projekten.<br />

3. Überlegungen zur Umsetzungsprogrammatik<br />

und zur Bündelung möglicher Finanzierungs-<br />

quellen. Hier geht es insbeson<strong>der</strong>e um Ver-<br />

netzung, Koordination und Kooperation - u.a.<br />

• Angaben zur Organisation und zur<br />

Projektsteuerung sowie zum Management;<br />

• Strategien zur Aktivierung und Beteiligung (Wer<br />

wird durch wen wie beteiligt, welche<br />

Handlungsmöglichkeiten bestehen, werden<br />

Entscheidungsstrukturen dezentralisiert – Quartierbudgets,<br />

Verfügungsfonds – und so fort.<br />

• Kosten- und Finanzierungsübersicht;<br />

• Angaben zum Zeitablauf und Umsetzungsplan;<br />

• Evaluierungskonzept;<br />

• Entwicklung von Verstetigungsstrategien …<br />

Bausteine integrierter Handlungskonzepte; nach: Difu<br />

2003 (Kap. 3)<br />

Im Zusammenhang mit dem StadtProjekt (5.<br />

Semester Bachelor) verwenden wir die Bezeichnung<br />

Rahmenkonzept – als Zusammenfassung<br />

<strong>der</strong> Begriffe »Rahmenplan« und »integriertes<br />

Handlungskonzept«. Damit sollen<br />

die beiden zentralen Aussagenbereiche verdeutlicht<br />

werden, die ein solches Rahmenkon-<br />

zept enthalten soll:<br />

1. räumlich-funktionale Aussagen (Flächennutzung,<br />

funktionale Zusammenhänge, städtebauliche<br />

Strukturen)<br />

2. thematisch-inhaltliche Aussagen (z.B. Programme<br />

und Maßnahmen zur wirtschaftlichen<br />

Entwicklung, zur Verbesserung <strong>der</strong> Freiraum-<br />

o<strong>der</strong> Umweltsituation, Konzepte für einzelne<br />

Zielgruppen, etwa Kin<strong>der</strong> und Jugendliche und<br />

so fort).<br />

Räumliche und inhaltliche Aussagen hängen<br />

eng miteinan<strong>der</strong> zusammen: Wer etwa ein für<br />

Familien attraktives Quartier entwickeln will,<br />

wird verdeutlichen, was das inhaltlich bedeutet<br />

und wie das in den städtebaulichen Strukturen<br />

seinen Ausdruck findet; wer einen wirtschaftlich<br />

starken Standort beför<strong>der</strong>n will, muss beschreiben,<br />

was dazu notwendig ist und wie das<br />

räumlich umzusetzen ist und so fort…<br />

In Rahmenkonzepten finden sich in <strong>der</strong> Regel<br />

viele Gestaltungsideen und Maßnahmenvorschläge.<br />

Nicht alle werden in einem Zuge zu<br />

realisieren sein. Daher ist<br />

3. eine Prioritätensetzung notwendig. Sie beinhaltet<br />

Maßnahmen, die unbedingt als erste<br />

durchgeführt werden sollten und solche, die in<br />

anzugebenden Zeiträumen folgen könnten.<br />

Diese Auswahl und Reihung wird begründet –<br />

sowohl mit räumlich-funktionalen wie mit inhaltlichen<br />

Argumenten.<br />

Der Maßstab <strong>der</strong> Darstellung ist konzeptabhängig.<br />

Wer etwa großräumig funktionale Freiraumbezüge<br />

sichtbar machen will, wird einen<br />

an<strong>der</strong>en Maßstab wählen als <strong>der</strong>jenige, <strong>der</strong><br />

Maßnahmen im Gebäudebestand des Plangebietes<br />

kennzeichnen will. Es ist also sinnvoll,<br />

das Konzept auf verschiedenen Maßstabsstufen<br />

und mit Hilfe verschiedener Medien (Text,<br />

Bild etc.) darzustellen.<br />

Fingerübungen<br />

<strong>Instrumente</strong>nkenntnis ist ein unabdingbarer<br />

Bestandteil des Fachwissens. Da wir jedoch keine<br />

Juristen sind, kommt es nicht so sehr auf das Formulierungs-Detail<br />

an (hier ist lediglich entscheidend,<br />

dass man weiß, wo dies nachzuschlagen o<strong>der</strong><br />

im Internet zu finden ist – wobei man stets darauf<br />

achten muss, die jeweils aktuelle Gesetzes-, Verordnungs-<br />

o<strong>der</strong> Planfassung zu finden, denn die Mate-<br />

Baustein <strong>Instrumente</strong> | Selle & Wachten 11|12


ie än<strong>der</strong>t sich schnell). Wesentlich ist vielmehr die<br />

»Struktur-Kenntnis«:<br />

• Auf welcher Planungsebene sind die einzelnen<br />

<strong>Instrumente</strong> angesiedelt?<br />

• Wie verhalten sie sich zu an<strong>der</strong>en Plänen?<br />

• Was regeln, wen binden sie?<br />

• Wie sind sie für Aufgabenstellungen <strong>der</strong> Stadtentwicklung<br />

nutzbringend anzuwenden?<br />

Hinsichtlich <strong>der</strong> praktischen Anwendung folgt<br />

daraus: Man sollte bei <strong>der</strong> Festlegung von Planaussagen<br />

überprüfen, wie sie umgesetzt werden, welche<br />

<strong>Instrumente</strong> zu ihrer Realisierung eingesetzt<br />

werden könnten o<strong>der</strong> müssten. Wenn man also z.B.<br />

das Wohnungsumfeld einer Siedlung aus den 60er<br />

Jahren verbessern möchte, so wäre zu fragen: Welchen<br />

Einfluss hätte z.B. das kommunale <strong>Stadtplanung</strong>samt?<br />

Auf welche Weise könnte es die geplante<br />

Maßnahme initiieren, anregen, umsetzen? Welche<br />

<strong>Instrumente</strong> müssten zum Einsatz kommen, auf<br />

wen würden sie wirken und so fort…<br />

Fragen dieser Art lassen sich im Prinzip für alle<br />

möglichen Planaussagen stellen (ob es nun um die<br />

öffentlichen Räume in <strong>der</strong> Innenstadt o<strong>der</strong> die Wie<strong>der</strong>nutzung<br />

einer Bahnbrache etc. geht).<br />

Fragen zur Vorlesung<br />

• Nennen Sie einen wesentlichen<br />

Unterschied zwischen<br />

Flächennutzungs- und Bebauungsplan.<br />

• Was wird in Bebauungsplänen<br />

im Wesentlichen festgesetzt?<br />

Nennen Sie zwei<br />

Schlüsselbegriffe.<br />

• Welche Aussagen des Bebauungsplans sind für<br />

Architekten, die ein Bauvorhaben planen, von beson<strong>der</strong>er<br />

Bedeutung? Nennen Sie zwei Beispiele.<br />

• Umreißen Sie mit wenigen Worten die Funktion<br />

<strong>der</strong> »Abwägung« im Prozess <strong>der</strong> Bauleitplanung.<br />

Literatur<br />

Als Überblick:<br />

_Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung<br />

(BBR) (Hg.): Stadtentwicklung und Städtebau in<br />

Deutschland. Ein Überblick. Berichte Bd. 5. Bonn<br />

2000<br />

Immer empfehlenswert: Ein Blick in einen Kommentar<br />

zum Baugesetzbuch (BauGB) – z.B. den<br />

Loseblatt-Kommentar von Ernst/Zinkahn/Bielenberg<br />

[Beck-Verlag]<br />

Zur Steuerung <strong>der</strong> Siedlungsflächenentwicklung<br />

heute:<br />

_Klemme, Marion; Selle, Klaus (2008): Alltag <strong>der</strong><br />

<strong>Stadtplanung</strong>. Der kommunale Beitrag zur Entwick-<br />

lung <strong>der</strong> Siedlungsflächen. [PDF, www.pt.rwth-<br />

aachen.de/content/view/135/93/lang,de/]<br />

Etwas veraltet, aber als Beispiel für die Vielfalt<br />

möglicher <strong>Instrumente</strong> immer noch geeignet:<br />

_Selle, Klaus; Bochnig, Stefan (1993): Freiräume für<br />

die Stadt Bd. 2: <strong>Instrumente</strong> <strong>der</strong> Freiraumentwicklung.<br />

Wiesbaden/Berlin [Bauverlag]<br />

In zwei umfangreichen Beispielsammlungen zur<br />

Prozessgestaltung bei <strong>der</strong> Freiraum- und Siedlungsentwicklung<br />

lassen sich Details für einzelne Fälle<br />

nachlesen:<br />

_Selle, Klaus (Hg.): Arbeits- und Organisationsformen<br />

für eine nachhaltige Entwicklung<br />

• Bd. 2: Siedlungen bauen, Quartiere entwickeln.<br />

Beispiele aus <strong>der</strong> Praxis<br />

• Bd. 3: Freiräume entwickeln – in Stadt und Region.<br />

Beispiele aus <strong>der</strong> Praxis. Dortmund 2000<br />

Diese beiden Bücher sind zu (für Studierende) reduzierten<br />

Preisen im Sekretariat PT zu beziehen.<br />

Zur Bedeutung von Wettbewerben, Workshops etc.<br />

als Qualifizierungsinstrument:<br />

_Becker, Heidede: Stadtbaukultur – Modelle, Workshops,<br />

Wettbewerbe. Verfahren <strong>der</strong> Verständigung<br />

über die Gestaltung <strong>der</strong> Stadt (2 Bde). Stuttgart etc.<br />

[Kohlhammer] 2002<br />

Zur beson<strong>der</strong>en Aufgabe <strong>der</strong> Stadtteilerneuerung:<br />

_Deutsches Institut für Urbanistik (2003): Strategien<br />

für die Soziale Stadt. Berlin (auch: www.soziale<br />

stadt.de/veroeffentlichungen/endbericht/<br />

Links<br />

Zu Rechtsinstrumenten:<br />

http://dejure.org/gesetze/BauGB<br />

http://jurcom5.juris.de/bundesrecht<br />

Praxisbeispiele<br />

Fast alle Gemeinden stellen inzwischen im Internet<br />

ihre laufenden Planungen – formelle wie informelle<br />

dar. Hier findet sich viel Wissenswertes (z.B. auch<br />

zur Verfahrensgestaltung <strong>der</strong> Bauleitplanung) und<br />

Anschauliches (zu Inhalten und Darstellungsmöglichkeiten<br />

insbeson<strong>der</strong>e informeller Pläne).<br />

Hier nur wenige Beispiele:<br />

• Aachen<br />

http://www.aachen.de/DE/Stadt_buerger/bauen_p<br />

lanen/stadtplanung/index.html<br />

• Bonn<br />

http://www.bonn.de/umwelt_gesundheit_planen_<br />

bauen_wohnen/stadtplanungsamt/index.html?lang<br />

=de<br />

• Düsseldorf<br />

http://www.duesseldorf.de/planung/rahmplan/ind<br />

ex.shtml<br />

_Stand_Bearbeitung_08/08_<br />

Baustein <strong>Instrumente</strong> | Selle & Wachten 12|12

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