26.02.2013 Aufrufe

Die Albert-Reis-Technikerschule Sigmaringen sorgt für qualifizierte ...

Die Albert-Reis-Technikerschule Sigmaringen sorgt für qualifizierte ...

Die Albert-Reis-Technikerschule Sigmaringen sorgt für qualifizierte ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Wissenswertes zur Schulart<br />

der zweijährigen<br />

landwirtschaftlichen Fachschule<br />

Im Unterschied zu den einjährigen<br />

Fachschulen <strong>für</strong> Landwirtschaft, die in<br />

Vollzeit- oder Teilzeitform durchgeführt<br />

werden, ist die <strong>Technikerschule</strong> eine<br />

zweijährige Fachschule, die in Vollzeit -<br />

unterricht angeboten wird. Sie führt<br />

zum Berufsabschluss „Staatlich geprüfte<br />

Technikerin bzw. Staatlich geprüfter<br />

Techniker“, jeweils mit dem Zusatz<br />

„Fachrichtung Landwirtschaft“. <strong>Die</strong> Berufsbezeichnung<br />

„Techniker“ ist in vielen<br />

Wirtschaftsbereichen ein Abschluss vergleichbarer<br />

Qualifikation. Mit dem er -<br />

folgreichen Abschluss wird die Fachhochschulreife<br />

erworben, die zum Studium an<br />

Fachhochschulen auch nichtlandwirtschaftlicher<br />

Fakultäten berechtigt. Daher<br />

sind die Unterrichtsfächer Berufsbezogenes<br />

Englisch und Technische Mathematik<br />

Pflicht. <strong>Die</strong> Schülerinnen und Schüler erhalten<br />

nach erfolgreicher theoretischer<br />

und praktischer Prüfung die Ausbildereignung<br />

nach der Ausbilder-Eignungsverordnung<br />

zuerkannt, welche zur Ausbildung<br />

von Auszubildenden in den Berufen<br />

der Landwirtschaft berechtigt.<br />

Besonders ist die Schule <strong>für</strong> zukünftige<br />

Jungunternehmer interessant, aber auch<br />

<strong>für</strong> solche Absolventen, die sich <strong>für</strong> eine<br />

Schwerpunkt – Aufgaben der Landwirtschaftsämter<br />

<strong>Die</strong> <strong>Albert</strong>-<strong>Reis</strong>-<strong>Technikerschule</strong> <strong>Sigmaringen</strong><br />

<strong>sorgt</strong> <strong>für</strong> <strong>qualifizierte</strong> Junglandwirte<br />

und Jungunternehmer<br />

Von Gerhard Gommeringer, <strong>Sigmaringen</strong><br />

Wenn im Folgenden von der <strong>Albert</strong>-<strong>Reis</strong>-<strong>Technikerschule</strong> <strong>Sigmaringen</strong> oder – noch<br />

kürzer – von der <strong>Technikerschule</strong> die Rede ist, handelt es sich nach der Verordnung<br />

des Ministeriums <strong>für</strong> Er nährung und Ländlichen Raum über die Ausbildung und<br />

Prüfung an ein- und zweijährigen landwirtschaftlichen Fachschulen (Landwirtschaftsfachschulen-Verordnung)<br />

vom 3. Januar 2005 (GBl. 2005, 107) um eine Fachschule<br />

<strong>für</strong> Technik, Fachrichtung Landwirtschaft. Nach einer kurzen Vorstellung des<br />

„technischen“ Rahmens der Schule wird auf die Besonderheit des fachpraktischen<br />

Unterrichts eingegangen.<br />

Tätigkeit im vor- und nachgelagerten<br />

Bereich der Landwirtschaft qualifizieren<br />

wollen. <strong>Die</strong> Schule vermittelt, aufbauend<br />

auf einer abgeschlossenen landwirtschaftlichen<br />

Berufsausbildung und<br />

mindestens einem Jahr Berufspraxis,<br />

die unternehmerischen Kenntnisse zur<br />

erfolgreichen Führung eines landwirtschaftlichen<br />

Unternehmens. Zentrales<br />

Unterrichtsfach ist die Unternehmensführung.<br />

Sie wird ergänzt durch die<br />

Betriebswirtschaftslehre, die Betriebliche<br />

Kommunikation, die Tierische und<br />

Pflanzliche Produktion sowie weitere<br />

Vertiefungsfächer wie Agrartechnik und<br />

Bauwesen, Agrarpolitik und Marktlehre,<br />

Agrarinformatik und Marketing. Im zweiten<br />

Schuljahr stehen zwei Wochen <strong>für</strong><br />

ein außerlandwirtschaftliches Praktikum<br />

in gewerblichen Betrieben der Wirtschaft<br />

oder <strong>Die</strong>nstleistungsunternehmen<br />

zur Verfügung.<br />

<strong>Die</strong> Lehrerinnen und Lehrer sind Mit -<br />

arbeiter des Landratsamts <strong>Sigmaringen</strong>,<br />

Fachbereich Landwirtschaft. Sie verfügen<br />

über die Lehrbefähigung <strong>für</strong> das<br />

Lehramt an landwirtschaftlichen Fachschulen.<br />

Der Lehrkörper wird durch externe<br />

Spezialisten und Praktiker ergänzt.<br />

Oberste Schulbehörde ist das Minis -<br />

terium <strong>für</strong> Ländlichen Raum und Verbraucherschutz<br />

(MLR), Schulträger ist<br />

das Landratsamt <strong>Sigmaringen</strong>.<br />

Theorie und Praxis<br />

wirken zusammen<br />

Theoretisches Wissen wird konsequent<br />

an der Praxis ausgerichtet. Dem Prinzip<br />

der vollständigen Handlung folgend,<br />

wird der Lernerfolg durch eigenstän -<br />

diges Arbeiten vor allem im Projekt -<br />

unterricht gefördert. Kenntnisse und<br />

Fertigkeiten werden durch selbständiges<br />

Erarbeiten und Durchführen von prak -<br />

tischen Arbeitsaufgaben gefestigt,<br />

Schlüsselqualifikationen erworben. <strong>Die</strong><br />

fächerübergreifende Verbindung von<br />

Theorie und Praxis wird an folgenden<br />

Beispielen deutlich.<br />

Erstmalig wird in 2011 eine Lehrfahrt in<br />

den englischsprachigen Raum durch -<br />

geführt. <strong>Die</strong> landwirtschaftliche Fachexkursion<br />

nach Irland bietet den Schülern<br />

die einmalige Gelegenheit das fachbe -<br />

zogene Englisch anzuwenden. <strong>Die</strong> Kommunikation<br />

in englischer Sprache wird<br />

bei der Besichtigung landwirtschaftlicher<br />

Betriebe und Einrichtungen intensiv<br />

geübt. <strong>Die</strong> Erfahrung eines Stücks euro -<br />

päischer Kultur wirkt allgemeinbildend.<br />

Wer wird Weizenkönig?<br />

Im Wettbewerb „Weizenkönig“ setzen<br />

die Technikerschüler theoretische ackerbauliche<br />

Kenntnisse in die Praxis um. Auf<br />

dem Zentralen Versuchsfeld Oberland,<br />

das vom Landratsamt <strong>Sigmaringen</strong> betreut<br />

wird, werden <strong>für</strong> den Wettbewerb<br />

mehrere Parzellen <strong>für</strong> den versuchsweisen<br />

Anbau von Winterweizen zur Verfügung<br />

gestellt. Aufgeteilt in vier Gruppen<br />

legen die Schüler ihre Anbaustrategie<br />

und die produktionstechnischen Entscheidungen<br />

<strong>für</strong> Winterweizen fest. Sieger<br />

des Wettbewerbs ist, wer den höchs -<br />

111


Landkreisnachrichten 50. Jahrgang<br />

ten Gewinn erzielt. Auf dem Versuchsfeldtag<br />

im Juli stellen die Schüler den<br />

Besuchern ihre Winterweizenversuche<br />

vor. <strong>Die</strong> unternehmerische Tätigkeit<br />

endet nicht nach der Ernte des Getreides.<br />

Ihre kaufmännischen Talente können die<br />

Schüler im Planspiel Warenterminbörse<br />

beim virtuellen Verkauf des Weizens<br />

unter Beweis stellen. Dabei ist es Ziel,<br />

einen möglichst hohen Verkaufserlös<br />

nach Abzug der Lager- und Transport -<br />

kosten zu erreichen.<br />

Marketing ist Wettbewerb<br />

Im zweiten Schuljahr werden den<br />

Schülern Grundlagen, Strategien und<br />

Instrumente des Marketings vermittelt.<br />

<strong>Die</strong> Ausrichtung der landwirtschaftlichen<br />

Betriebe am Markt und am Kunden<br />

setzt ein immer größer werdendes Maß<br />

an Flexibilität und Kreativität des Unternehmers<br />

voraus. Deshalb können die<br />

Technikerschüler in diesem Fach theoretische<br />

Inhalte gepaart mit eigener Phantasie<br />

im Projektunterricht erfahren.<br />

So ist Ziel des Marketing-Wettbewerbs,<br />

neue Ideen zu entwickeln, diese auf ihre<br />

Machbarkeit zu prüfen und auf gelernte<br />

Unterrichtsinhalte anzuwenden. Im Projektunterricht<br />

erstellen die Schüler ein<br />

Marketingkonzept <strong>für</strong> eine selbstgewählte<br />

Geschäftsidee zur Erschließung<br />

neuer Einkommensmöglichkeiten in der<br />

Landwirtschaft. An zwei Schultagen werden<br />

in Gruppen Einkommensalterna -<br />

tiven zur klassischen Landwirtschaft entwickelt<br />

und kalkuliert. Zum Beispiel<br />

wurden folgende originelle Konzepte erarbeitet:<br />

ein Silo-Komplettservice <strong>für</strong><br />

Landwirte, die Herstellung und Vermarktung<br />

von Heimtierfutter, ein Frühstückslieferservice<br />

und ein Offroad-Parcours als<br />

Freizeitbeschäftigung.<br />

Der Weg von der Idee zu einem tragfähigen<br />

Geschäftskonzept setzt Kenntnisse<br />

in Marketing, Unternehmensführung<br />

und Produktionstechnik voraus. Außerdem<br />

sind Erfahrungen in Informatik und<br />

Rhetorik gefordert, um die Ergebnisse<br />

überzeugend zu präsentieren. Den Höhe-<br />

112<br />

Technikerschüler beurteilen einen Grünlandbestand und dokumentieren das Ergebnis als Grundlage<br />

<strong>für</strong> eine gezielte Grünlandverbesserung.<br />

punkt des Wettstreits zwischen den<br />

Schülergruppen bildet die Vorstellung<br />

der Projekte vor einer fachkundigen<br />

Kommission, bestehend aus Praktikern<br />

und Vertretern von Banken. Bei der Bewertung<br />

zählen nicht nur das Fachwissen<br />

und die Schlüssigkeit des Konzepts,<br />

sondern auch die Originalität und der<br />

Einsatz unterschiedlicher Präsentationstechniken.<br />

Als Lohn <strong>für</strong> die Mühen winken<br />

den kreativen Schülern attraktive<br />

Preise.<br />

Schülerunternehmen in<br />

der Unternehmerschule<br />

Über die Direktvermarktung regional<br />

erzeugter landwirtschaftlicher Produkte,<br />

wie zum Beispiel den Verkauf von Weihnachtsbäumen,<br />

erleben sich die Tech -<br />

nikerschüler als eigenständige Unternehmer.<br />

Bei diesen Schülerunternehmen<br />

steht die praktische Umsetzung eines<br />

selbst gestalteten Marketingkonzeptes<br />

im Vordergrund. <strong>Die</strong> Produktbeschaffung,<br />

Preisfindung, die Logistik, die Werbung<br />

und der Verkauf werden gemeinschaftlich<br />

organisiert und durchgeführt.<br />

<strong>Die</strong> Schüler können sich so in ungewohn-<br />

ten Rollen wahrnehmen und neue Erfahrungen<br />

sammeln.<br />

Der landwirtschaftliche Betrieb<br />

als Klassenzimmer<br />

Das Klassenzimmer wird teilweise auf<br />

den elterlichen Betrieb der Technikerschüler<br />

verlegt. Dort wird Theorie in Praxis<br />

umgesetzt. <strong>Die</strong> künftigen Hofnachfolger<br />

stellen ihren Betrieb vor. In drei<br />

Gruppen bearbeiten die Schüler schwerpunktmäßig<br />

Themen des Pflanzenbaus,<br />

der Tierhaltung und der Unternehmensführung.<br />

Spezielle Betriebszweige erhalten<br />

besonderes Augenmerk.<br />

<strong>Die</strong> Schüler beurteilen Pflanzen- und<br />

Grünlandbestände, um sachgerechte<br />

Entscheidungen zur Bestandesführung<br />

mittels produktionstechnischer Maßnahmen<br />

treffen zu können. Futtermittel<br />

werden auf Qualität und Nährstoffe beurteilt<br />

und in einen Zusammenhang mit<br />

der Körperkondition der Nutztiere gebracht.<br />

Auch im Stall wird ein BMI (Body<br />

Mass Index) errechnet, bei Nutztieren<br />

heißt er Body Condition Score (BCS). Verbesserungsvorschläge<br />

zur Fütterung und


Haltung werden erarbeitet und begründet.<br />

<strong>Die</strong> Arbeitsgruppe Unternehmensfüh -<br />

rung schätzt den Gewinn des Betriebes<br />

über Faustzahlen und visuelle Eindrücke.<br />

Alter und Zustand der Gebäude und<br />

Maschinen spielen hierbei eine Rolle.<br />

<strong>Die</strong> realistische Gewinnschätzung der<br />

Schüler erstaunte schon so manchen<br />

Betriebsleiter. Anschließend findet ein<br />

fachübergreifender Austausch der Ergebnisse<br />

statt. <strong>Die</strong> mögliche Weiterentwicklung<br />

des Betriebs wird diskutiert.<br />

<strong>Die</strong> Schüler nehmen bereits hierbei Anre-<br />

Schwerpunkt – Aufgaben der Landwirtschaftsämter<br />

gungen <strong>für</strong> die spätere Technikerarbeit<br />

auf.<br />

<strong>Die</strong> Technikerarbeit<br />

<strong>Die</strong> Anfertigung der schriftlichen Abschlussarbeit<br />

ist ein Schwerpunkt des<br />

letzten Schulhalbjahres. <strong>Die</strong> Technikerarbeit<br />

bietet den Schülern die Gelegenheit,<br />

das elterliche Unternehmen intensiv zu<br />

durchleuchten und Alternativen der betrieblichen<br />

Weiterentwicklung aufzuzeigen.<br />

Nach der umfassenden Analyse des<br />

aktuellen Ist-Betriebes erfolgt dessen be-<br />

triebswirtschaftliche Optimierung. Da -<br />

rüber hinaus werden mögliche Varianten<br />

von Ziel-Betrieben kalkuliert, verglichen<br />

und beurteilt. <strong>Die</strong> zusammenfassende<br />

Beschreibung der Überlegungen endet<br />

teilweise in Werken mit weit über 100<br />

Seiten. <strong>Die</strong> Technikerarbeit diente bereits<br />

manchem Schüler als Masterplan <strong>für</strong> die<br />

spätere Betriebsübernahme.<br />

Gerhard Gommeringer ist Leiter des<br />

Landwirtschaftsamts beim Landratsamt<br />

<strong>Sigmaringen</strong><br />

113

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!