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FACHBEITRÄGE Steuerrecht<br />
eine Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung nicht mehr möglich,<br />
wenn vor Abgabe <strong>de</strong>r Selbstanzeige ein Amtsträger <strong>de</strong>r Finanzbehör<strong>de</strong><br />
zur steuerlichen Prüfung erschienen ist (§ 371 Abs. 2 Nr. 1a<br />
a. F. AO, jetzt lit c.). Die Frage hat allerdings nach <strong>de</strong>r gesetzlichen<br />
Neufassung <strong>de</strong>shalb erheblich an Be<strong>de</strong>utung verloren, weil nunmehr<br />
bereits die Bekanntgabe <strong>de</strong>r Prüfungsanordnung Sperrwirkung für<br />
die Selbstanzeige entfaltet.<br />
2.2.2. Fragen aus <strong>de</strong>r Neuregelung durch das<br />
Schwarzgeldbekämpfungsgesetz<br />
2.2.2.1. Vollständigkeit <strong>de</strong>r Selbstanzeige<br />
Nach § 371 Abs. 1 AO wird nunmehr ausdrücklich nur noch <strong>de</strong>rjenige<br />
straffrei, <strong>de</strong>r in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt,<br />
die unvollständigen Angaben ergänzt o<strong>de</strong>r die unterlassenen Angaben<br />
nachholt. Mit dieser Neuformulierung wird damit die Rechtsprechung<br />
<strong>de</strong>s BGH zum Ausschluss <strong>de</strong>r Teilselbstanzeige aufgegriffen.<br />
Allerdings ist <strong>de</strong>r Gesetzgeber sogar noch über die Rechtsprechung<br />
<strong>de</strong>s BGH hinausgegangen. 25 Der BGH bezog <strong>de</strong>n Ausschluss <strong>de</strong>r<br />
Teilselbstanzeige auf die Tat im strafrechtlichen Sinne, während <strong>de</strong>r<br />
Gesetzgeber nunmehr einen Ausschluss stets dann vorsieht, wenn<br />
nicht gegenüber <strong>de</strong>r Finanzbehör<strong>de</strong> zu allen unverjährten Steuerstraftaten<br />
einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben<br />
berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt o<strong>de</strong>r die unterlassenen<br />
Angaben nachgeholt wer<strong>de</strong>n. Warum <strong>de</strong>r Gesetzgeber diese<br />
Erweiterung vorgenommen hat, ist nicht erkennbar. Auch in <strong>de</strong>r<br />
Gesetzesbegründung fin<strong>de</strong>t sich hierzu nichts.<br />
Das neue Gebot <strong>de</strong>r Vollständigkeit <strong>de</strong>r Selbstanzeige wirft eine<br />
Vielzahl von neuen Problemen und Fragen auf. So stellt sich die<br />
Frage, was geschieht, wenn <strong>de</strong>r Steuerpflichtige versehentlich keine<br />
vollständige Selbstanzeige abgibt. Ursprünglich war vorgesehen,<br />
dass bei einer unvollständigen Selbstanzeige die Sperrwirkung nur<br />
dann eintreten sollte, wenn <strong>de</strong>r Täter dies wusste o<strong>de</strong>r damit rechnen<br />
musste. 26 Nunmehr ist diese Einschränkung nicht Gesetz gewor<strong>de</strong>n<br />
und ein Irrtum ist nach allgemeinen strafrechtlichen Kriterien zu<br />
beurteilen. Die Selbstanzeige ist nach nahezu einhelliger Ansicht<br />
ein persönlicher Strafaufhebungsgrund. 27 Fraglich ist, ob ein Irrtum<br />
über eine <strong>de</strong>r Voraussetzungen <strong>de</strong>r Selbstanzeige von Be<strong>de</strong>utung<br />
ist. Dieser Irrtum kann etwa darin liegen, dass <strong>de</strong>r Steuerpflichtige<br />
irrtümlich annimmt, die Tat sei noch nicht ent<strong>de</strong>ckt o<strong>de</strong>r seine<br />
Selbstanzeige sei vollständig. Nach herrschen<strong>de</strong>r Ansicht ist hier ein<br />
Irrtum unbeachtlich, weil es sich um objektive Strafbarkeitsbedingungen<br />
han<strong>de</strong>lt. 28 Es stellt sich sodann die Frage, ob dies wirklich<br />
<strong>de</strong>n gesetzgeberischen Interessen entspricht. Meines Erachtens kann<br />
dies nicht <strong>de</strong>r Fall sein.<br />
Die Einführung einer Bagatellgrenze erscheint angezeigt.<br />
Weitere Fragen resultieren aus <strong>de</strong>r Vollständigkeit von Selbstanzeigen<br />
in Schätzungsfällen, die im Rahmen <strong>de</strong>s § 371 AO durchaus zulässig<br />
sind. 29 Wie ist hier das Verhältnis von Schätzung und Vollständigkeit<br />
zu werten? Zu<strong>de</strong>m ist fraglich, ob die Schätzung nach strafrechtlichen<br />
o<strong>de</strong>r steuerrechtlichen Kriterien zu erfolgen hat, was durchaus zu<br />
unterschiedlichen Ergebnissen führen kann, da etwa <strong>de</strong>r Grundsatz<br />
„in dubio pro reo“ nur für eine Schätzung nach strafrechtlichen Kriterien<br />
gilt. Meines Erachtens müssen hier auch für eine Schätzung<br />
im Rahmen <strong>de</strong>s § 371 AO die strafrechtlichen Kriterien Anwendung<br />
fin<strong>de</strong>n.<br />
2.2.2.2. Erweiterung <strong>de</strong>r Ausschlussgrün<strong>de</strong><br />
Eine Selbstanzeige ist nunmehr nach § 371 Abs. 2 Nr. 1a AO n. F.<br />
bereits nicht mehr möglich ab <strong>de</strong>m Zeitpunkt <strong>de</strong>r Bekanntgabe <strong>de</strong>r<br />
Prüfungsanordnung. 30 Unzweifelhaft ist dies <strong>de</strong>r Fall, wenn eine<br />
rechtmäßige Prüfungsanordnung ergeht, 31 von beson<strong>de</strong>rer Be<strong>de</strong>utung<br />
dürfte aber zukünftig die Frage <strong>de</strong>r zutreffen<strong>de</strong>n Bekanntgabe<br />
<strong>de</strong>r Prüfungsanordnung sein, da eine Sperrwirkung nur dann<br />
eintritt, wenn diese zutreffend erfolgt ist. 32 Hier kommt neuer Prüfungsbedarf<br />
auf Steuerpflichtige und ihre Berater zu. Zu<strong>de</strong>m stellt<br />
sich die Frage, ob auch eine rechtswidrige, aber nicht angefochtene<br />
Prüfungsanordnung Sperrwirkung entfaltet. Dies wird man wohl so<br />
sehen müssen.<br />
2.2.2.3. Selbstanzeige erster und zweiter Klasse – Einführung<br />
eines Zuschlags<br />
Schließlich – und dies ist für die Systematik <strong>de</strong>r Selbstanzeige eine<br />
wesentliche Neuerung – gibt es nunmehr Selbstanzeigen erster und<br />
zweiter Klasse. Beträgt <strong>de</strong>r Hinterziehungsbetrag pro Tat bis 50.000<br />
EUR 33 gibt es keine Än<strong>de</strong>rung zur alten Rechtslage. Darüber hinaus<br />
kommt es nicht zu einer Straffreiheit, son<strong>de</strong>rn nach § 398a AO wird<br />
die Straftat nur nicht weiter verfolgt. Strafrechtsdogmatisch liegt<br />
also kein persönlicher Strafaufhebungsgrund vor, son<strong>de</strong>rn nur eine<br />
bewusste Nichtverfolgung <strong>de</strong>r Straftat. Zu<strong>de</strong>m soll diese Nichtverfolgung<br />
nur dann in Betracht kommen, wenn <strong>de</strong>r Steuerpflichtige<br />
einen Betrag von 5 % auf <strong>de</strong>n Hinterziehungsbetrag leistet. Hierbei<br />
stellt <strong>de</strong>r Zuschlag keine steuerliche Nebenleistung im Sinne <strong>de</strong>s § 3<br />
Abs. 4 AO dar, son<strong>de</strong>rn es han<strong>de</strong>lt sich nach <strong>de</strong>r Gesetzesbegründung<br />
um eine freiwillige Zusatzleistung. Ob allerdings wirklich von einer<br />
Freiwilligkeit gesprochen wer<strong>de</strong>n kann, wenn die Alternative die<br />
Durchführung eines Strafverfahrens ist, erscheint durchaus fraglich.<br />
Zu<strong>de</strong>m erscheint meines Erachtens <strong>de</strong>rzeit vollkommen offen, wie<br />
<strong>de</strong>r Zuschlag festgesetzt wer<strong>de</strong>n soll – durch Verwaltungsakt o<strong>de</strong>r<br />
formlos? Ist dieser Zuschlag als Betriebsausgabe o<strong>de</strong>r Werbungskosten<br />
abzugsfähig?<br />
2.2.2.4. 50.000 EUR o<strong>de</strong>r 100.000 EUR<br />
bei Zusammen veranlagung?<br />
Es stellt sich die Frage, ob bei Eheleuten, die zusammen veranlagt<br />
wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r Betrag von 50.000 EUR nur einmal gewährt wird o<strong>de</strong>r ob<br />
je<strong>de</strong>r Ehegatte hier getrennt zu betrachten ist. Mittäter o<strong>de</strong>r Teilnehmer<br />
einer Steuerhinterziehung ist nicht, wer sich als Ehegatte darauf<br />
beschränkt, die gemeinsame Steuererklärung zu unterschreiben, in<br />
<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Ehegatte unrichtige o<strong>de</strong>r unvollständige Angaben über<br />
seine Einkünfte gemacht hat, obwohl <strong>de</strong>r unterschreiben<strong>de</strong> Ehegatte<br />
weiß, dass die Angaben <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>ren Ehegatten unzutreffend sind. Der<br />
Erklärungsinhalt <strong>de</strong>r Unterschrift beschränkt sich auf die Tatsachen,<br />
die <strong>de</strong>n jeweiligen Ehegatten betreffen. 34<br />
Daher dürfte zumin<strong>de</strong>st in Fällen, in <strong>de</strong>nen die Steuerhinterziehung<br />
auf falschen Angaben zu <strong>de</strong>n Einkünften beruht, je<strong>de</strong>m Ehegatten<br />
<strong>de</strong>r Betrag von 50.000 EUR bei <strong>de</strong>r Selbstanzeige zustehen.<br />
2.2.2.5. Tathandlung betrifft mehrere Steuerarten o<strong>de</strong>r Jahre<br />
Fraglich ist, ob <strong>de</strong>r Betrag von 50.000 EUR im Rahmen einer Steuerhinterziehungshandlung<br />
nur einmal anzusetzen ist. Eine Tathandlung<br />
betrifft mehrere Steuerarten, z. B. eine unzulässige Betriebsausgabe<br />
hat die Einkommen- und Gewerbesteuer gemin<strong>de</strong>rt o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Steuerpflichtige<br />
hat Einkommensteuer 2004 und 2005 hinterzogen. Ist die<br />
Obergrenze von 50.000 EUR für die Einkommensteuer und Gewerbesteuer<br />
isoliert zu berechnen und gleichfalls für 2004 und 2005 Der<br />
Gesetzestext <strong>de</strong>s § 371 spricht von <strong>de</strong>r verkürzten Steuer im Sinne<br />
<strong>de</strong>s § 370 Abs. 1 AO. Dies muss unseres Erachtens so ausgelegt<br />
wer<strong>de</strong>n, dass <strong>de</strong>r Grenzbetrag von 50.000 EUR pro Tat zu gewähren<br />
ist. Eine Tat im Sinne <strong>de</strong>s Gesetzes ist aber jeweils die Hinterziehung<br />
<strong>de</strong>r Einkommensteuer 2004, <strong>de</strong>r Einkommensteuer 2005 sowie <strong>de</strong>r<br />
24 SteuerConsultant 6 _ 11 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>