Als PDF downloaden - Haufe.de
Als PDF downloaden - Haufe.de
Als PDF downloaden - Haufe.de
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
KANZLEI & PERSÖNLICHES Kanzleimanagement<br />
Interview<br />
„Die Kanzleiübergabe ist meist nicht gleich ein kompletter Abschied“<br />
Wolfgang Wehmeier, Geschäftsführer <strong>de</strong>s Steuerberaterverbands Berlin-Bran<strong>de</strong>nburg und Referent zur Bewertung von<br />
freiberuflichen Praxen, berät kostenlos Kanzleiinhaber aus <strong>de</strong>m ganzen Bun<strong>de</strong>sgebiet zum Thema Nachfolge.<br />
SteuerConsultant: Der Käufer für die Kanzlei<br />
ist gefun<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r Vertrag ausgehan<strong>de</strong>lt,<br />
<strong>de</strong>r Kaufpreis ist auf <strong>de</strong>m Konto eingegangen<br />
– kann <strong>de</strong>r Steuerberater jetzt eine<br />
Weltreise machen?<br />
Wolfgang Wehmeier: Das kommt darauf<br />
an, was vertraglich vereinbart wur<strong>de</strong>. In <strong>de</strong>r<br />
Regel verhin<strong>de</strong>rn Übergabeklausen, dass<br />
sich <strong>de</strong>r Kanzleiverkäufer sofort zurückziehen<br />
kann und verpflichten ihn dazu, <strong>de</strong>m<br />
Nachfolger unterstützend zur Verfügung<br />
zu stehen.<br />
SteuerConsultant: Welche Probleme können<br />
sonst entstehen?<br />
Wehmeier: Das größte Problem sogenannter<br />
Rückrechnungsklauseln ist, dass sich<br />
<strong>de</strong>r Kaufpreis nachträglich stark reduzieren<br />
kann, wenn die Kanzlei beim Nachfolger<br />
nicht <strong>de</strong>n erwarteten Umsatz o<strong>de</strong>r die<br />
erwartete Rendite bringt. Wenn Mandanten<br />
abwan<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r Mitarbeiter kündigen und<br />
schlimmstenfalls auch noch Mandanten<br />
zur Konkurrenz mitnehmen, ist Ärger vorprogrammiert.<br />
Noch Jahre später können<br />
For<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s Nachfolgers kommen. Ich<br />
kenne einen Fall, bei <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Kanzleiverkäufer<br />
mit seinem Nachfolger nach <strong>de</strong>r Übergabe<br />
noch 13 Jahre lang prozessiert hat.<br />
SteuerConsultant: Was können Steuerberater<br />
tun, um gerichtliche Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen<br />
zu vermei<strong>de</strong>n?<br />
Wehmeier: Damit es keine Probleme gibt,<br />
sollte die Kanzleinachfolgeregelung für<br />
bei<strong>de</strong> Parteien eine klassische Win-win-<br />
Situation darstellen. Es gibt immer Vertragslücken,<br />
die man ausnutzen kann, um <strong>de</strong>m<br />
an<strong>de</strong>ren zu scha<strong>de</strong>n. Wenn <strong>de</strong>r Nachfolger<br />
glaubt, einen zu hohen Kaufpreis bezahlt zu<br />
haben und sich darüber sehr ärgert, wird er<br />
absichtlich Mandanten vergraulen, um Geld<br />
von Verkäufer erstattet zu bekommen.<br />
SteuerConsultant: Gibt es eine Möglichkeit,<br />
Rückrechnungsklauseln zu umgehen?<br />
Wehmeier: Das ist Verhandlungssache.<br />
Die Kanzleiverkäufer wollen sie fast nie im<br />
Vertrag haben, weil sie zu Recht sagen, dass<br />
sie nichts dafür können, wenn <strong>de</strong>r Nachfolger<br />
die Kanzlei nicht gut genug führt. Die<br />
Käufer bestehen ihrerseits auf Rückrechnungsklauseln.<br />
Sie haben meist einen Kredit<br />
aufgenommen und sind darauf angewiesen,<br />
das zu erwirtschaften, was ihnen in Aussicht<br />
gestellt wur<strong>de</strong>. Oft wird das Problem<br />
so gelöst, dass man von Anfang an einen<br />
bestimmten Prozentsatz vom Kaufpreis<br />
als Abschlag vereinbart und dafür auf die<br />
Rückrechnungsklausel verzichtet. O<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Verkäufer verpflichtet sich, noch eine Weile<br />
in <strong>de</strong>r Kanzlei als Angestellter weiterzuarbeiten,<br />
um die in Aussicht gestellte Rendite<br />
zu sichern. Das ist jedoch nicht unproblematisch,<br />
<strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r frischgebackene Nachfolger<br />
kann oft auf das Geld nicht verzichten, das<br />
er seinem Vorgänger als Gehalt bezahlen<br />
muss. Möglich ist es auch, eine freie Mitarbeit<br />
<strong>de</strong>s alten Chefs zu vereinbaren.<br />
SteuerConsultant: Ist ein schneller Schnitt<br />
aus Ihrer Erfahrung besser o<strong>de</strong>r ein langsamer<br />
Übergang vom alten zum neuen<br />
Kanzleiinhaber?<br />
Wehmeier: Das hängt vom Einzelfall ab und<br />
davon, was bei<strong>de</strong> wollen. Für die Mandanten<br />
ist ein gleiten<strong>de</strong>r Übergang meist besser,<br />
aber auch ein schneller Schnitt kann in vielen<br />
Fällen sinnvoll sein. Wichtig ist, dass<br />
sich nach <strong>de</strong>r Kanzleiübergabe so wenig<br />
wie möglich än<strong>de</strong>rt – we<strong>de</strong>r die Räume, die<br />
Organisation, noch die Mitarbeiter und <strong>de</strong>r<br />
Führungsstil.<br />
SteuerConsultant: Wie und wann sollte <strong>de</strong>r<br />
Steuerberater seine Mandanten über die<br />
Kanzleinachfolge informieren?<br />
Wehmeier: Die Mandanten müssen <strong>de</strong>r<br />
Nachfolgeregelung schriftlich zustimmen.<br />
Wenn <strong>de</strong>r Steuerberater einen Praxisnachfolger<br />
gefun<strong>de</strong>n hat und mit ihm einig gewor<strong>de</strong>n<br />
ist, sollte er die A-Mandanten auf je<strong>de</strong>n<br />
Fall im persönlichen Gespräch darüber informieren<br />
und um Erlaubnis bitten, ihnen beim<br />
nächsten Treffen <strong>de</strong>n Neuen vorzustellen.<br />
B- und C-Mandanten kann man schriftlich<br />
informieren, wenn sich keine Gelegenheit<br />
zum persönlichen Gespräch bietet. Sehr gut<br />
eignen sich Mandantenveranstaltungen, um<br />
<strong>de</strong>n Nachfolger einzuführen. Ein allgemein<br />
interessantes und wichtiges Thema sollte<br />
zum Anlass genommen wer<strong>de</strong>n, alle einzula<strong>de</strong>n.<br />
Der Nachfolger kann dann einen sehr<br />
kurzen, spannen<strong>de</strong>n Vortrag halten. Danach<br />
kann <strong>de</strong>r Verkäufer ihn mit <strong>de</strong>n Mandanten<br />
persönlich bekannt machen. Das ist allerdings<br />
noch keine konklu<strong>de</strong>nte Zustimmung,<br />
diese muss noch schriftlich erfolgen.<br />
SteuerConsultant: Darf man ein, zwei Mandate<br />
als Zubrot fürs Alter mitnehmen?<br />
Wehmeier: Man darf – aber <strong>de</strong>r Steuerberater<br />
sollte durchrechnen, ob sich das für<br />
ihn auch lohnt. Denn er ist verpflichtet, sich<br />
ständig weiterzubil<strong>de</strong>n, wenn er Mandate<br />
behält. Er wird die EDV-Lizenzen vorhalten,<br />
seine Mitgliedschaften in Berufskammer<br />
und Verband weiter finanzieren und seine<br />
Berufshaftpflichtversicherung aufrechterhalten<br />
müssen. Das ist nicht billig.<br />
SteuerConsultant: Was ist bei einer Kanzleiübergabe<br />
außer<strong>de</strong>m zu beachten?<br />
Wehmeier: Oft kommen Steuerberater erst<br />
nach <strong>de</strong>r Kanzleiübergabe zu mir in die Beratung,<br />
also wenn das Kind schon in <strong>de</strong>n Brunnen<br />
gefallen ist und es Streit gibt. Viel besser<br />
wäre es, sich schon in <strong>de</strong>r Planungsphase <strong>de</strong>r<br />
Kanzleinachfolge von <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>sverbän<strong>de</strong>n<br />
beraten zu lassen. Sie sind unabhängig und<br />
kassieren keine Provision für ihre Beratungs-<br />
und Vermittlungstätigkeiten.<br />
52 SteuerConsultant 6 _ 11 www.steuer-consultant.<strong>de</strong>