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KONZERN-GLOBAL 3<br />

Übergabe des Führungs- und Informationssystems Heer an die Deutsch-Französische Brigade in Müllheim<br />

Meilenstein auf dem Weg zur vernetzten Operationsführung<br />

Die Wirkungsweise<br />

des Systems wird<br />

in diesem Fachbeitrag<br />

am Beispiel<br />

einer Patrouille<br />

dargestellt werden.<br />

Findet diese<br />

im Einsatzland<br />

beispielsweise ein Kampfmittel wie eine<br />

noch scharfe Bombe, so setzte sich<br />

bisher folgende Ereigniskette in Gang:<br />

Zunächst muss die Patrouille ihre eigene<br />

Position mittels Karte, Kompass<br />

und Orientieren im Gelände bestimmen.<br />

Diese Koordinaten werden dann<br />

zusammen mit einer mündlichen Beschreibung<br />

des gefundenen Kampfmittels<br />

über Sprechfunk an die Leitstelle<br />

gemeldet. Diese trägt die Koordinaten<br />

in ihre Karte ein, warnt die eigenen<br />

Truppen und leitet Maßnahmen zur Beseitigung<br />

der Gefahr ein. So kann anschließend<br />

geprüft werden, welcher<br />

EOD-Trupp (Explosive Ordnance Disposal<br />

– Kampfmittelräumdienst) sich in der<br />

Nähe befindet und verfügbar ist. Da die<br />

aktuelle Position der EOD-Trupps nicht<br />

oder nicht mehr bekannt ist, kann dies<br />

eine mündliche Abfrage der aktuellen<br />

Positionen erforderlich machen.<br />

Sobald der zur Verfügung stehende<br />

Trupp ermittelt ist, werden diesem die<br />

Koordinaten und eine kurze Beschreibung<br />

des Fundes durchgegeben. Der<br />

Trupp trägt den Fund in seine Karte ein,<br />

plant die Route zum Fund und beginnt<br />

mit dem Räumauftrag. Ein generelles<br />

Problem stellt hierbei die Güte der<br />

Funkverbindungen dar, denn der verwendete<br />

VHF-Funk setzt eine quasi-optische<br />

Sicht voraus, welche in bergigen<br />

Gegenden oft nicht gegeben ist und<br />

dann zum Abbruch der Mission führt.<br />

Dieser vergleichsweise aufwändige<br />

Prozess lässt sich mit Hilfe eines modernen<br />

Führungssystems erheblich optimieren:<br />

Durch das Führungssystem ist der<br />

Patrouille die eigene Position und damit<br />

die des Fundortes jederzeit sehr<br />

präzise bekannt. Der Fundort wird direkt<br />

in der digitalen Karte eingetragen<br />

und an die Leitstelle übermittelt. Da<br />

neben der klassischen Funkverbindung<br />

auch Satellitenkommunikation zur Verfügung<br />

steht, erfolgt diese Übertragung<br />

fast überall mit hoher Geschwindigkeit.<br />

Darüber hinaus kann – wie bei einer<br />

E-Mail – ein digitales Foto zusammen<br />

mit der Meldung übertragen werden.<br />

Die Leitstelle kann nun nach Prüfung<br />

der Meldung zum einen alle Teilnehmer<br />

per Knopfdruck warnen; die jeweilige<br />

Gefahr wird direkt an der richtigen Kartenstelle<br />

sichtbar. Zum anderen kennt<br />

die Leitstelle die aktuelle Position der<br />

Müllheim/Düsseldorf/Kassel. Vor wenigen Wochen,<br />

am 17. Januar dieses Jahres, wurde das erste Los des<br />

Führungs- und Informationssystems Heer (FüInfoSys H)<br />

im Rahmen einer feierlichen Zeremonie durch die Firmen<br />

EADS, Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und Rheinmetall<br />

Defence im Müllheim nahe der französischen<br />

Grenze an den Inspekteur des Heeres und die Deutsch-<br />

Französische Brigade** übergeben. Damit gelingt dem<br />

eigenen Kräfte und kann daher dem<br />

der Fundstelle am nächsten gelegenen<br />

EOD-Trupp den Auftrag senden. Dieser<br />

kennt sofort sein Ziel und kann mit der<br />

Gefahrenbeseitigung beginnen.<br />

Mit einem Führungssystem ergeben<br />

sich also folgende Vorteile:<br />

★ Zeitersparnis,<br />

★ Medienbruchfreiheit,<br />

★ minimale Übertragungsfehler,<br />

★ weltweite Erreichbarkeit über Satellitenkommunikation<br />

und eine einheitliche,<br />

echtzeitnahe Lagedarstellung.<br />

Um ein solches System im mobilen<br />

Einsatz betreiben zu können, ist es erforderlich,<br />

die operationelle Software<br />

sowie die IT- und Kommunikationshardware<br />

in die jeweiligen Fahrzeuge<br />

zu integrieren. Der wesentliche Aspekt<br />

bei der Integration ist die Systemverträglichkeit:<br />

Es muss sichergestellt<br />

werden, dass die Komponenten des<br />

Führungssystems einerseits das Fahrzeugsystem<br />

(z.B. die Waffenanlage)<br />

nicht negativ beeinflussen und andererseits<br />

das Führungssystem in der<br />

rauen Fahrzeugumgebung uneingeschränkt<br />

funktioniert.<br />

Die systemverträgliche Integration ist<br />

eine der Kernkompetenzen im Geschäftsbereich<br />

Fahrzeugsysteme von<br />

Rheinmetall Defence und wird kundenseitig<br />

innerhalb von vielen Aufträgen in<br />

Anspruch genommen.<br />

Im Projekt „FüInfoSys Heer“ ist das<br />

Bundesamt für Informationsmanagement<br />

und Informationstechnologie der<br />

Bundeswehr (ITAmtBw) Auftraggeber.<br />

Das Amt wurde 2003 als Bundesoberbehörde<br />

gegründet und ist zentraler<br />

Beschaffer der Bundeswehr für Informationstechnologie.<br />

Der Auftrag wurde in zwei Verträge<br />

aufgeteilt. Für die Entwicklung der operationellen<br />

Software ist EADS Deutschland<br />

verantwortlich; die Beschaffung<br />

und Integration der Ausstattungen<br />

übernimmt die ARGE FüInfoSys Heer,<br />

an der KMW und Rheinmetall Defence<br />

(Rheinmetall Landsysteme GmbH) zu<br />

gleichen Teilen beteiligt sind.<br />

Zunächst wurde in 2004 die Beschaffung<br />

von zwölf Truppenversuchsmustern<br />

beauftragt. Diese wurden nach nur<br />

einem Jahr Entwicklungs- und Beschaffungszeit<br />

termingerecht geliefert und<br />

zunächst für die Ausbildung des Kaderpersonals<br />

genutzt. Anschließend folgte<br />

dann kundenseitig eine so genannte<br />

Einsatzprüfung, um die Tauglichkeit<br />

der Systeme einsatznah zu prüfen.<br />

Der erste Teil der Einsatzprüfung war<br />

eine Evakuierungsübung in Norwegen.<br />

Dazu wurden fünf Fahrzeuge mit Besatzung<br />

von Munster nach Norwegen verlegt.<br />

Die erste Aufgabe bestand darin,<br />

die Fahrzeuge nach dem Lufttransport<br />

in Betrieb zu nehmen und über das Fü-<br />

InfoSys eine Verbindung zum Heimat-<br />

Heer „der Einstieg in die vernetzte Operationsführung,<br />

auch im internationalen Rahmen“ so der Inspekteur<br />

des Heeres, Generalleutnant Hans-Otto Budde. Für die<br />

Bundeswehr ist die Einführung des Systems ein wichtiger<br />

Schritt, denn „dabei geht es im Kern um nichts<br />

weniger, als die Fähigkeit, schneller zu wissen, schneller<br />

zu verstehen und die bewertete Information<br />

schneller in die eigene Operationsführung umzusetzen“.<br />

Der Autor dieses „Profil“-Fachbeitrages, Dr. Marco Nöding, beim Fotoshooting, das die Integrationslösung für den Waffenträger<br />

Wiesel 1 TOW zeigt, bei dem die Führungsausstattung als so genannter Tablet-PC realisiert ist. Da der Bediener die meiste Zeit in der<br />

Luke stehend seine Aufgaben wahrnimmt, ist das System auf dem Lukenrand montiert und kann so optimal unterstützen. Man erkennt<br />

auf dem Display die digitale Lagedarstellung, die den Nutzer über seine eigene Position und die der eigenen Kräfte informiert.<br />

land aufzubauen. Dann folgten die eigentliche<br />

Evakuierung und der Rücktransport.<br />

Auf diese Weise wurden in<br />

diesem Anteil neben der eigentlichen<br />

Funktionalität auch die Luftverladbarkeit<br />

und die Kälteeignung geprüft. Die<br />

nachfolgenden Teile der Einsatzprüfung<br />

waren Übungen im Großraum<br />

Munster, an denen bis zu 1000 Soldaten<br />

beteiligt waren. Dabei wurden die<br />

Szenarien Landesverteidigung und<br />

Peace-Support-Operations abgedeckt.<br />

Mit dem erfolgreichen Abschluss der<br />

Einsatzprüfung wurde Ende Dezember<br />

2006 der Serienvertrag unterzeichnet.<br />

In diesem Rahmen werden – wie berichtet<br />

– rund 1600 Fahrzeuge mit dem<br />

Führungs- und Informationssystem<br />

Heer ausgestattet. Der Auftragswert<br />

beträgt insgesamt 327 Millionen €, der<br />

Anteil Rheinmetalls liegt bei etwa 170<br />

Millionen €.<br />

Bei den 1600 Fahrzeugen handelt es<br />

sich um 15 verschiedene Trägerfahrzeuge,<br />

die in insgesamt 31 Varianten<br />

ausgeliefert werden. Das Spektrum<br />

reicht von hochmobilen, in Hubschraubern<br />

wie der CH 53 luftverladbaren<br />

Waffenträgern (z.B. Wiesel 1 Mk 20 und<br />

TOW) bis hin zu weitestgehend stationär<br />

eingesetzten Gefechtsstandtrupps<br />

(GefStdTrp) wie dem Container 1:3 mit<br />

bis zu 12 Bildschirmarbeitsplätzen.<br />

Bei der Auswahl der zu integrierenden<br />

Führungsausstattungen ergibt sich<br />

Composing: Stephan Engel Foto: Katja Knöfel<br />

aus diesem Spektrum ein Kompromiss<br />

zwischen der logistischen Gleichheit<br />

der Komponenten, der Verwendung<br />

von handelsüblichen Komponenten<br />

und den unterschiedlichen fahrzeugspezifischen<br />

Umweltbedingungen und<br />

den daraus resultierenden Anforderungen<br />

an die Komponenten.<br />

Die Einteilung der verschiedensten<br />

Fahrzeuge in eine begrenzte Anzahl<br />

von Anforderungsklassen und die sich<br />

daraus ergebende Definition der verschiedenen<br />

Gerätesätze ermöglichen<br />

es hier, sowohl die Querschnittlichkeit<br />

innerhalb einer Klasse als auch die Erfüllung<br />

der spezifischen Anforderungen<br />

sicherzustellen. Die Voraussetzung<br />

für diese Vorgehensweise ist eine gesamthafte<br />

und fahrzeugübergreifende<br />

Betrachtung des Führungs- und Informationssystems.<br />

Für jedes einzelne Fahrzeug werden<br />

die IT-Komponenten, die Kommunikationsmittel<br />

und die Software unter<br />

Zuhilfenahme des Einbausatzes zu<br />

dem Teilsystem Fahrzeug bzw. Gefechtstandstrupp<br />

integriert. Die Sicherstellung<br />

der Systemverträglichkeit ist<br />

hierbei zwingende Voraussetzung für<br />

ein für den Bedarfsträger operationell<br />

nutzbares Gesamtsystem.<br />

Eine weitere Voraussetzung dafür ist<br />

die systemübergreifende Betrachtung<br />

logistischer Aspekte. Hierzu zählen logistische<br />

Untersuchungen, eine integrierte<br />

Systemprüfung, eine einheitliche<br />

und vollständige Dokumentation sowie<br />

die Ausbildung in den Bereichen Bediener<br />

und Instandsetzer, ergänzt um<br />

eine industrielle Unterstützung in der<br />

Nutzung.<br />

Neben diesen Aspekten sind jedoch<br />

auch weitere – aus dem Einsatzprofil<br />

der Bundeswehr resultierende – Anforderungen<br />

zu berücksichtigen. Dazu<br />

zählen insbesondere Mobilität, ABC-<br />

Schutz, Klimatisierung und Energieerzeugung.<br />

Die Mehrzahl der über das 1. Los Fü-<br />

InfoSys Heer auszustattenden Fahrzeuge<br />

sind bezüglich Minen, Beschuss<br />

und Ansprengung ungeschützt. Aufgrund<br />

der bestehenden Bedrohung der<br />

Soldaten im Einsatz wird eine Ausstattung<br />

der Bundeswehr mit geschützten<br />

Gefechtsstandtrupps erforderlich sein.<br />

Dazu wurden seitens Rheinmetall für<br />

die geschützten Fahrzeuge Gavial und<br />

Yak entsprechende GefStdTrupp-Varianten<br />

entwickelt, als Demonstrator realisiert<br />

und bereits auf den ersten Messen<br />

vorgestellt. Dr. Marco Nöding*<br />

* Dr. Marco Nöding ist als Abteilungsleiter innerhalb<br />

der Rheinmetall Landsysteme GmbH (Geschäftsbereich<br />

Fahrzeugsysteme von Rheinmetall Defence) verantwortlich<br />

für das Produktmanagement „Führungs- und Aufklärungssysteme“.<br />

Nach dem Studium der Physik und der<br />

Promotion in der Elektrotechnik arbeitet der 36-Jährige<br />

seit 2000 bei Rheinmetall.<br />

** Am 13. November 1987 vereinbarten der damalige<br />

französische Präsident François Mitterrand und der frühere<br />

deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl die Aufstellung<br />

einer gemeinsamen Brigade. Schon zwei Jahre später<br />

wurde die Deutsch-Französische Brigade in Dienst gestellt.<br />

Mit ihren rund 5400 Soldaten hat sie sich seither<br />

zu einem Modell für bi- und multinationale militärische<br />

Zusammenarbeit in Europa entwickelt. Mit ihren Standorten<br />

in Müllheim, Donaueschingen, Immendingen, Villingen,<br />

Stetten a.k.M., Meßstetten und Sigmaringen ist der<br />

Heeresverband, der kürzlich das erste Los des hochmodernen<br />

Führungs- und Informationssystems Heer (FüInfo-<br />

Sys H) erhielt, fest in den Regionen Südbaden und<br />

Schwarzwald verankert.<br />

Beide Länder wollen die Brigade zu einem Kernelement<br />

der schnellen Eingreiffähigkeit der Europäischen Union<br />

(EU), zu ihrer am schnellsten verfügbaren und universell<br />

einsetzbaren „Speerspitze” weiterentwickeln. Schon<br />

heute ist sie personell und materiell so ausgestattet,<br />

dass sie im gesamten Auftragsspektrum von Nato und EU<br />

von der humanitären Hilfe bis hin zu Frieden schaffenden<br />

Maßnahmen eingesetzt werden kann.

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