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8 curt // DER VERGLEICH<br />
UKraINe poleN<br />
Helena saß mir unter einem Himmel aus Plastik-Weinreben gegenüber, Tränen flossen stetig wie der Dnejpr<br />
durch die ukrainische Landschaft über ihre Wangen und ihre Hand suchte vergeblich auf dem von unzähligen<br />
Wodka-Säufern abgewetzten Resopaltisch nach meiner Hand. „Ich will nur, dass alles wieder so wird<br />
wie vorher.“ Allein der dunkle, gutturale Akzent deutschsprechender Ukrainerinnen macht mich schwach.<br />
Wenn die Worte dann noch aus einem Ich-will-dich-nur-einmal-küssen-und-dann-kann-die-Welt-untergehen-Mund<br />
kommen, und zwei unergründlich schwarze Augen dir Blicke zuwerfen, die jeden Touristen<br />
anheischenden Straßenköter aus Kiews Gassen neidisch machen würden, dann hast du nur zwei Möglichkeiten:<br />
Heirate die Ukrainerin oder sei ein Mann und bestelle noch einen Wodka. Ich entzog Helena meine<br />
Hand.<br />
Was ich sagen will: Ukrainische Frauen unterscheidet eines vom Rest der weiblichen Weltbevölkerung:<br />
Sie sind ein Versprechen der unendlichen Glückseligkeit – und halten es. Tag für Tag. Stunde um Stunde.<br />
Mann muss nur eines sein: Mann. Tag für Tag. Stunde um Stunde. Und genau da lag unser Problem: Ich war<br />
es leid, auf dem Sofa zu sitzen, bedient zu werden und zu jeder vollen Stunde zu Diensten zu sein. Ein Mann<br />
kann nicht immer tun, was ein Mann tun muss.<br />
Warum ich diese Episode erzähle? Weil sie vieles erklärt, was heute in der Ukraine vor sich geht. Man<br />
stelle sich die blond gezopfte Politik-Schönheit Julia Timoschenko vor, wie sie tränenüberströmt Wiktor<br />
Janukowitsch, dem Präsidenten der Ukraine, an seinem Mahagoni-Schreibtisch gegenübersitzt und mit<br />
Kiew-Köter-Blick fleht: „Ich will nur, dass alles wieder so wird wie vorher.“ Vorher, da war die schöne Julia<br />
Ministerpräsidentin, Wiktor war Oppositionschef und musste Julia zu Diensten sein. Tag für Tag. Stunde um<br />
Stunde. Ich kann mir nur zu gut vorstellen, wie es in Janukowitsch im Angesicht der flehenden Timoschenko<br />
gearbeitet hat. Und wie er unter qualvollen Gewissensschmerzen der verzweifelten Schönen seine Hand<br />
entzog und Julia seinen Schergen zum Prügeln übergab. Was sollte er tun? Ein Mann kann nicht immer tun,<br />
was ein Mann tun müsste.<br />
Was kann man also an diesem Land verstehen? Die Männer.<br />
Was kann man an diesem Land lieben? Die Frauen.<br />
Ich habe Helena schlussendlich doch noch die Hand gereicht. Zum Abschied. Ihr Blick verfolgt mich noch<br />
heute. In diesem Land musst du hart bleiben. Als Mann. In jeder Hinsicht. TEXT: BOB PFAFFENZELLER<br />
Der Verfasser dieser sinnbefreiten Zeilen ironiert für gewöhnlich so lange, bis er letztendlich beim Sarkasmus<br />
landet. Hier möchte er ausnahmsweise eine enthemmte Episode unverfälscht wiedergeben. Es ist die Rede<br />
von seiner erotischen Erstbesteigung von Kasia aus Warschau.<br />
Mit 17 reiste ich über Rudis Reiserampe in die USA, dem Land der ungedeckten Möglichkeiten, um dort ein<br />
halbstarkes Highschool-Jahr zu verbringen. Ebenda lernte ich die aufmüpfige Austauschschülerin Kasia bei<br />
einem gemeinsamen Glas Besatzerbrause kennen. Sofort hatte ich mich komplett in ihren ausgeprägten<br />
Gerätepark verguckt. Rubens wäre von ihrer Figur sicherlich begeistert gewesen. Wie sie vor mir kniete in<br />
ihrem kessen, auf Nerz gepeitschen Karnickelfell, eingehüllt in ehrenwertes Eau de Pologne. So verdammt<br />
heiß – sie musste der wahre Grund für die globale Erderwärmung sein. Ich kokettierte: „Wusstest du eigentlich,<br />
dass die Indianer gemeinsam mit den Polen die größten Liebhaber sind? Ach, übrigens, ich heiße<br />
Winnetou Koslowski …“<br />
Mir sind die hierzulande geltenden Vorbehalte gegenüber unseren arbeitslosen ausländischen Nachbarn<br />
völlig fremd. Gut, es gibt wohl derzeit zu viele Polen in Deutschland, was man daran erkennt, dass sogar<br />
die lokalen Zigeuner Hausratversicherungen abschließen. Und in den Himmel ist bisherig auch kein Pole<br />
gekommen, weil der Große Wagen sich nach wie vor an Ort und Stelle befindet. Trotzdem haben manche<br />
kaum den blassesten Schimmer von Polens Errungenschaften, z. B. der Erfindung des Kreisverkehrs. Wenn<br />
sie losfahren, ist nämlich das Lenkradschloss noch drin.<br />
Von Verklemmung spürte man bei Kasia jedenfalls wenig. Sie war zwar vom Alter her nur eine Teeny<br />
Tuss‘, aber bereits absolut sattelfest und in der Lage, Geschlechtskrankheiten am Geschmack zu erkennen.<br />
Ich weiß, einige Männer geben aus lauter Ansteckungs-Paranoia keiner Polin mehr die Hand. Stattdessen<br />
sagen sie zum Abschied kurz und knackig: „Ich habe das Geld auf den Nachttisch gelegt.“<br />
Titte wie Latte! An Kasia interessierte mich damals bloß, dass ich nicht nur endlich ins nebulöse Nackedonien<br />
einreisen durfte, sondern mir zu guter Letzt ganz Polen offen stand. Jammerschade, seit jenem glorreichen<br />
Erlebnis gebärdet sich sämtlicher Sexual-Sport bis dato ähnlich fesselnd wie der Affenzirkus Cirque de<br />
SO LAME und mein durchschnittlicher Verkehr dauert knapp fünf Minuten – inklusive Wählen und Auflegen.<br />
Der einzige Trost: Ich kann dabei wunderbar ein paar Brocken Polnisch üben. TEXT: CHRISTOPH BRANDT<br />
ILLUS: VALENTIN PLANK<br />
DER VERGLEICH // curt 9