rudern-aviron-canottaggio 5/2012 (Okt. 12) - Schweizerischer ...
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«ExPEDiTiOn»<br />
die Gezeiten für Holland aus und war mir in<br />
allen Fragen ein liebenswürdiger und hilfsbereiter<br />
Kollege. Zuletzt gelang es mir auch<br />
noch, die zentrale Frage der Betreuung,<br />
Logistik und Übernachtung zu lösen. Ein<br />
erfahrener Rheinskipper bot sich für diese<br />
anspruchsvolle und für den Erfolg des Vorhabens<br />
entscheidende Aufgabe an.<br />
Was wirklich zählt<br />
Es konnte also endlich losgehen. Mein Abenteuer<br />
«Rotterdam» startete am 21. April<br />
Auszüge aus dem Logbuch<br />
Auf dem Oberrhein:<br />
Aller Anfang ist schwer<br />
21. April <strong>20<strong>12</strong></strong>, Grenzach D/Niffer F<br />
Es konnte also losgehen. Der Starttag wurde<br />
auf Samstag, 21. April <strong>20<strong>12</strong></strong> festgelegt,<br />
Grenz ach, oberhalb der Schleuse Birsfelden.<br />
Ich war extrem nervös. Es hätte nicht viel<br />
gefehlt und ich wäre bereits in Basel vor lauter<br />
Aufregung in einen Brückenpfeiler<br />
gedonnert. Bei der Dreirosenbrücke fegte<br />
mich eine Windböe fast vom Rollsitz und es<br />
begann zu nieseln. Der Windmesser zeigt<br />
Beaufort 6! Später Regen. So habe ich mir<br />
das nicht vorgestellt.<br />
27. April <strong>20<strong>12</strong></strong> Speyer – Worms<br />
Diesem Abschnitt sehe ich mit gemischten<br />
Gefühlen entgegen. Im Ruderbeschrieb des<br />
deutschen Ruderverbandes steht u.a. bei<br />
Mannheim: «gefährliche Brecherbildung»<br />
und «Mannheim ist zweitgrösster deutscher<br />
Binnenhafen, sehr starker Schiffsverkehr,<br />
sowohl durchgehend als auch auf den beiderseitigen<br />
Reeden, aus der Neckar- und der<br />
Hafenmündung. Diese Rheinstrecke ist sehr<br />
gefährlich. Spundwände! Kreuzwellen! Ab<br />
Mannheim ist mit C-Boten – auch gedeckt –<br />
eine Weiterfahrt nicht zu empfehlen». Es ist<br />
bedrohlich, neben den stillliegenden Schiffen<br />
an den Reeden vorbeizu<strong>rudern</strong>. Die Schiffswände<br />
wirken wie Spundwände, aber ohne<br />
Leitern zum Reinklettern, wenn man kentert.<br />
Ich rudere langsam und versuche die Kurse<br />
der tal- und bergfahrenden Schiffe noch besser<br />
abzuschätzen also sonst.<br />
26 RudernAvironCanottaggio 05/<strong>12</strong><br />
<strong>20<strong>12</strong></strong>. Ich war teilweise zur gleichen Zeit<br />
unterwegs wie der Schwimmer Ernst Bromeis,<br />
wenn auch ohne Medienbegleitung.<br />
Trotzdem wurde es ein einmaliges, unvergessliches<br />
Erlebnis. Eine Reise mit unzähligen<br />
liebenswürdigen Begegnungen, mit<br />
Furcht und Freude, mit Wind und Wolken,<br />
mit Sturm und Nässe, mit Kälte und Angstschweiss.<br />
Am 13. Mai <strong>20<strong>12</strong></strong> bin ich in Rotterdam<br />
angekommen.<br />
Ich bin technisch keine sehr gute Ruderin<br />
und die meisten Ruderer würden diese Tour<br />
Der gebirgige Mittelrhein<br />
29. April <strong>20<strong>12</strong></strong> Worms – Mainz<br />
62,47 Km wird mein GPS am Schluss dieses<br />
Tages anzeigen. Der Tag beginnt nicht gut,<br />
sehr starker Wind. Am Mittag muss ich beim<br />
Eichsee Schutz suchen, die Wind stärke<br />
beträgt 6,4, Sturmböen, bedeckt. Der Rhein<br />
schäumt. Später wird es besser, aber nicht<br />
wirklich. Die Strecke ist nämlich zugelassen<br />
für Speedboote, eine ganz lästige Sache,<br />
wenn man am Rudern ist. Natürlich, es ist ja<br />
Sonntag, deshalb die vielen Motorboote und<br />
Wassertöffs. Die Berufsschifffahrt kennt keinen<br />
Sonntag und macht Welle um Welle…<br />
wesentlich schneller bewältigen als ich. Aber<br />
das ist gar nicht entscheidend. Von Bedeutung<br />
ist vielmehr, dass es etwas Grossartiges<br />
ist, auf ein Ziel hinzuwirken, Unterstützung<br />
zu erfahren, die mentale und körperliche<br />
Leistungsgrenze zu spüren, einen persönlichen<br />
Sieg zu erringen und sich einen Traum<br />
zu erfüllen.<br />
Auszüge aus dem Logbuch siehe auch unter<br />
www.kaufmann-kommunikation.ch<br />
Brigitte Kaufmann<br />
1.Mai <strong>20<strong>12</strong></strong><br />
St. Goar – Koblenz<br />
Brutale Strecke, sehr eng, sehr, sehr schnell.<br />
Ich habe keine Sekunde Zeit, die Landschaft<br />
zu bestaunen. Ich kämpfe, oben zu bleiben,<br />
nicht zu kentern, am Ufer zu bleiben, nicht<br />
auf die Buhnen zu fahren, die Stromschnellen<br />
zu sehen, den Bojen auszuweichen, nicht<br />
ins Widerwasser zu kommen usw. Und die<br />
Schiffe fahren ununterbrochen. Ich denke<br />
wieder an den Schwimmer, und passe einen<br />
Moment nicht auf. Aufprall auf riesige Boje,<br />
es haut mich aus den Ruderschuhen und es<br />
tut weh. Aber ich kentere nicht! Nasenblu-<br />
Wellen, Wind, Nässe, Kälte... und jede Menge kommerzielle Schiffe auf dem Rhein; einer der am<br />
stärksten befahrenen Wasserstrassen der Welt.