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St. Fidelis Blatt Nr. 4/2012 - slw – Soziale Dienste der Kapuziner

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4-<strong>2012</strong><br />

<strong>der</strong>n auch für die Umwelt. Vor allem<br />

Angehörige haben oft die Tendenz,<br />

depressive Menschen zu<br />

überfor<strong>der</strong>n, indem sie aus gutgemeinter<br />

Absicht an den Willen <strong>der</strong><br />

Kranken appellieren und sagen:<br />

„Jetzt raff dich endlich einmal auf<br />

und tu etwas!“ Der Appell an den<br />

Willen nützt nichts, weil <strong>der</strong> Wille<br />

gelähmt ist und weil dieser Appell<br />

oft das Gegenteil erreicht.<br />

Die Folge ist, dass sich <strong>der</strong> Depressive<br />

noch mehr als Versager fühlt.<br />

Es wäre aber auch falsch, es einfach<br />

hinzunehmen, wenn <strong>der</strong> Depressive<br />

z. B. nicht aufstehen will.<br />

Das würde dieser wie<strong>der</strong> als Gleichgültigkeit<br />

seiner Person gegenüber<br />

deuten.<br />

Wichtig ist, durch ein liebes Wort<br />

und die konstante Zuwendung das<br />

Selbstwertgefühl im Betroffenen<br />

aufzubauen. Auf aggressives Verhalten<br />

sollte man nicht mit Aggression<br />

antworten. Das alles können<br />

aber Familienangehörige allein<br />

nicht leisten. Sie müssen sich Hilfe<br />

und Beratung holen.<br />

Wenn sich ein Mensch umbringt,<br />

heißt es oft: „Das kam wie aus heiterem<br />

Himmel.“ Kündigt sich ein Selbstmord<br />

an?<br />

Wenn jemand sagt: „Mein Leben<br />

hat keinen Sinn mehr“, dann sollte<br />

man diese Aussage nicht einfach<br />

hinnehmen, son<strong>der</strong>n den Betreffenden<br />

ansprechen: „Wie meinst du<br />

das?“ Dann hat man die Möglichkeit,<br />

mehr zu erfahren und ins Gespräch<br />

zu kommen. Das ist sehr<br />

wichtig.<br />

Ein Signal kann auch sein, wenn<br />

jemand sich aus Beziehungen<br />

zurückzieht, unter Schlafstörungen<br />

leidet, unzuverlässig o<strong>der</strong> auch aggressiv<br />

wird. Um all das zu erkennen,<br />

braucht es viel Einfühlungsvermögen.<br />

Wenn Depression schon so schwer zu<br />

erkennen ist, wie schwierig ist dann<br />

die Heilung?<br />

Die Depression gehört zu jenen<br />

Krankheiten, bei denen am meisten<br />

AUS DEM LEBEN 3<br />

Aussicht auf Heilung besteht. Wir<br />

haben Medikamente, die allerdings<br />

noch nicht die Ursache <strong>der</strong> Krankheit<br />

bekämpfen. Gleich wichtig ist<br />

dann die Gesprächstherapie. Der<br />

Therapeut hilft dem Kranken, selbst<br />

nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen,<br />

Blockaden abzubauen und<br />

das Selbstwertgefühl aufzubauen.<br />

Das Ziel <strong>der</strong> Therapie ist eine Verän<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Lebensweise und des<br />

sozialen Umfeldes.<br />

Kann <strong>der</strong> Glaube einem Depressiven<br />

auch helfen?<br />

Bei Schwerdepressiven ist das religiöse<br />

Erleben so blockiert, dass<br />

man sie besser nicht darauf ansprechen<br />

soll, weil das nur wie<strong>der</strong> neue<br />

Schuldgefühle erzeugen würde. Ich<br />

habe aber die Erfahrung gemacht,<br />

dass jene, die in <strong>der</strong> Religion Geborgenheit<br />

erfahren, viel leichter<br />

ansprechbar sind und schneller<br />

geheilt werden können.<br />

In <strong>der</strong> Bibel finden<br />

sich ja so<br />

wun<strong>der</strong>bare<br />

Bil<strong>der</strong> und<br />

Geschichten,<br />

die<br />

Geborgenheit<br />

und Ruheschenken.Religion<br />

hat<br />

viel<br />

mit<br />

Heil<br />

und Heilung<br />

zu tun.<br />

Allerdings muss die Religion als<br />

Befreiung erlebt werden, angstbesetzte<br />

religiöse Vorstellungen können<br />

sehr belasten und müssen<br />

therapeutisch bearbeitet werden.<br />

Psychisch Kranke begegnen in unserer<br />

Gesellschaft vielen Vorurteilen und<br />

auch Ablehnung.<br />

Je<strong>der</strong> und jede von uns kann krank<br />

werden. Vorurteile und Ablehnung<br />

kommen vielleicht gerade dadurch<br />

zustande, dass viele Menschen<br />

selbst gestört sind und ihre eigene<br />

Gefährdung nicht wahrhaben wollen.<br />

Gerade depressive Menschen<br />

brauchen Verständnis und Nähe.<br />

Ablehnung würde ihren Zustand<br />

nur verschlechtern.<br />

Mit Dr. Rosemarie Nagel Folie sprach<br />

Pater Rober Prenner.<br />

Aus: <strong>St</strong>. Antoniusblatt <strong>der</strong><br />

<strong>Kapuziner</strong>stiftung Liebeswerk<br />

Meran / Südtirol<br />

Foto: Robert Kneschke<br />

Fotolia.com

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