Viele Fragen und kaum Antworten - Aktuelle Ausgabe
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Seite 14 RatgebeR Rheintaler Bote, 13. Juni 2012<br />
Bislang dachte ich stets, ich<br />
sei in Sachen sexueller Gelüsten<br />
ein Durchschnittstyp. Eher<br />
durch Zufall als gezielte Suche,<br />
stiess ich nun auf etwas Neues.<br />
In einem Kontaktmagazin sah<br />
ich das Bild einer Frau, die sich<br />
ihrem ‘Meister’ unterwirft. Das<br />
hat mich echt angeturnt. Leider<br />
klappte es aber mit der Umsetzung<br />
daheim gar nicht. Meine<br />
Partnerin wies mein Ansinnen,<br />
es auszuprobieren, empört ab.<br />
Sie nannte es pervers. Frage: ist<br />
man da wirklich gleich pervers<br />
<strong>und</strong> soll ich bei ihr einen zweiten<br />
Anlauf nehmen? Einfach so<br />
aufgeben, liegt meiner Kämpfernatur<br />
nämlich nicht. Reto, 21<br />
Die sexuelle Präferenz ist Privatsache,<br />
so der Partner freiwillig mitmacht<br />
Lieber Reto<br />
Was deiner Natur eher entspricht,<br />
tatest du soeben deutlich<br />
k<strong>und</strong>. Du fragst zudem, ob<br />
‘Mann’ pervers ist, wenn er sich<br />
von ihr die SM-Variante wünscht.<br />
(Betonung auf wünscht, niemals<br />
erkämpft) Nun denn, das Perverseste<br />
von dem ich je hörte, war<br />
die im viktorianischen Zeitalter<br />
- das wohl prüdeste überhaupt -<br />
ausgeübte (Un-)Sitte, bei öffentlichen<br />
Klavierkonzerten die Klavierbeine<br />
mit Stoff abzudecken,<br />
damit sie nicht an nackte Frauenbeine<br />
gemahnten. Pervers?<br />
Und wie! Soviel zur Frage, wo<br />
Perversion anfängt <strong>und</strong> wo sie<br />
endet. Woran sich deine Fantasie<br />
entzündet, junger Mann,<br />
ist jene Form des Liebesspiels,<br />
bei dem der Mann gegenüber<br />
der Frau in sie beherrschenddominanter<br />
Weise auftritt. In<br />
einem Zusammenspiel aus abgestimmter<br />
Handlung, gekoppelt<br />
an die dazugehörige Verbal-<br />
Stets nur im gegenseitigen<br />
Einverständnis<br />
erotik, unterwirft sich die Frau<br />
ihrem ‘Meister’. Im Idealfall<br />
schöpfen daraus beide sexuellen<br />
Genuss. Natürlich kann das<br />
nur funktionieren, wenn gegenseitig<br />
auf echten Zwang verzichtet<br />
wird im Sinne, dass wirklich<br />
nur geschieht, was beide wollen.<br />
Dein Schlusspassus im Brief,<br />
du seiest nicht willens, einfach<br />
so aufzugeben, gefiel mir deshalb<br />
nicht so gut, lieber Reto.<br />
Hier geht es nämlich nicht um<br />
Kampf <strong>und</strong> Sieg, sondern um<br />
dein durchaus legitimes Recht,<br />
ihr eine neue Variante vorzuschlagen.<br />
Ihr hingegen vorbehalten<br />
bleibt das Recht, kategorisch<br />
abzulehnen. Woraus wiederum<br />
dir die Pflicht erwächst,<br />
halt eben doch aufzugeben.<br />
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24/ 2012<br />
Lieber Ratgeber<br />
Mein Schwiegersohn Albert, 33,<br />
treibt seine Frau, unsere Tochter<br />
Nina, 31, ins Unglück. Seit<br />
der Hochzeit nur Steuerschulden,<br />
Mietschulden, unbezahlten<br />
Rechnungen. Stets hatte er<br />
eine andere Erklärung für seine<br />
akute Geldnot <strong>und</strong> daraus resultierender<br />
Unfähigkeit, die<br />
Familie zu versorgen. Dann<br />
kam aus: er nahm Drogen! Er<br />
kam in die Therapie, nachdem<br />
er zweimal gutdotierte Jobs verlor.<br />
Heute ist es ganz schlimm:<br />
er nimmt Kokain, hat Schuldenberge<br />
angehäuft, bedroht Gläubiger<br />
anonym mit Mord, wird<br />
erpresst <strong>und</strong> bettelt uns alle<br />
um Geld an. Seiner Frau gibt<br />
er kein Haushaltsgeld mehr, sie<br />
muss es sich separat verdienen.<br />
Meinen Ex-Mann pumpte er um<br />
14’000 Franken für inexistente<br />
Kurse an. Wir sind völlig verzweifelt.<br />
Nina reichte nun die<br />
Scheidung ein, doch ich denke,<br />
sie fällt erneut um, wie schon<br />
einmal. Wie rette ich die Tochter<br />
<strong>und</strong> meine zwei Enkelkinder<br />
vor dem andauernden Leid?<br />
Judith<br />
Liebe Judith<br />
Nicht du als ihre Mutter hast<br />
die Pflicht <strong>und</strong> Aufgabe, Ninas<br />
Leben stellvertretend für sich<br />
selbst zu meistern. Nein, sie<br />
selbst muss sich aus dem Sumpf<br />
ziehen, in dem sie unter alleiniger<br />
Ägide ihres Ehemannes Albert,<br />
bis zum Hals steckt. Analysieren<br />
wir doch mal die Situation,<br />
so wie sie sich von Beginn<br />
weg entwickelte <strong>und</strong> als<br />
aktueller Status so unglückselig<br />
zementierte. Wichtig, liebe<br />
Judith: erwarte von mir nicht,<br />
dass ich in kommender Schilderung<br />
der Geschehnisse irgend<br />
ein Blatt vor den M<strong>und</strong> nehmen<br />
werde. Schönrederei hast<br />
du in deiner ehrlichen Anfrage<br />
nicht verdient <strong>und</strong> darfst darum<br />
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(Jakob)<br />
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Schweiz.<br />
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engl.:<br />
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(Abk.)<br />
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Wand-,<br />
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ugs.: bevorm<strong>und</strong>en<br />
schweiz.<br />
Autor † 1957<br />
über Albert vorwirft, dem stelle<br />
ich die rhetorische Gegenfrage:<br />
wer ist hier Täter, wer ist Opfer<br />
<strong>und</strong> auf wessen Seite stehen wir?<br />
Wenn ich also sage, Albert muss<br />
gestoppt werden, so möchte ich<br />
nicht, dass man ihm tatenlos seiner<br />
Hilflosigkeit überlässt. Ihm<br />
soll seitens kompetenter Fachstellen<br />
aus Drogenberatung <strong>und</strong><br />
Behandlung, alle mögliche Hilfe<br />
zuteil werden. Aber ihm soll auch<br />
konsequent jede weitere Möglichkeit<br />
genommen werden, sein drogenbedingtes<br />
‘Zepter des häuslichen<br />
Terrors’ ungehindert weiter<br />
zu schwingen. So komme ich zurück<br />
an den Beginn, als ich sagte,<br />
nicht du, Judith musst deine Tochter<br />
Nina ‘retten’, sie muss es allein<br />
fürs Wohlergehen ihrer zwei Kinder<br />
<strong>und</strong> sich selber tun. Du, Judith,<br />
kannst für sie keine Scheidung<br />
einreichen <strong>und</strong> durchziehen,<br />
nur sie kann es. Nach Credo:<br />
Lieber ein Ende mit Schrecken,<br />
als ein Schrecken ohne Ende!<br />
Herzlichst, der Ratgeber<br />
<strong>Fragen</strong> an: «Ratgeber» Verlagshaus<br />
Zehnder AG, Postfach 30,<br />
9501 Wil oder völlig diskret via<br />
E-Mail: ratgeber@zehnder.ch<br />
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Einsendeschluss: Sonntag 24:00 Uhr<br />
Drögeler quält Familie<br />
auch eine ebenso ehrliche Antwort<br />
erwarten. Zu den Fakten: Albert<br />
ist ein chronisch drogenkranker<br />
Mensch <strong>und</strong> darum für seine<br />
Taten nur bedingt verantwortlich<br />
zu machen. (Was ihn jedoch keineswegs<br />
aller Eigenverantwortung<br />
enthebt) Dass ihr seinen Zustand<br />
viel zu spät entdeckt habt, ist euch<br />
nicht anzulasten. Der klassische,<br />
sogenannte ‘Edel-Drögeler’ - hat<br />
Arbeit, verdient Geld <strong>und</strong> lebt nach<br />
aussen in gutbürgerlichem Status -<br />
verfügt über immense Erfahrung,<br />
wenn es darum geht, sein persönliches<br />
Umfeld über die wahre Natur<br />
seines Persönlichkeitsstatus’<br />
hinwegzutäuschen. Ich würde sogar<br />
so weit gehen, die misslichen<br />
Entwicklungen aus Alberts Drogensucht,<br />
als nachgerade archetypisch<br />
für jemanden zu bezeichnen,<br />
der aus Eigenschuld oder<br />
auch nicht - wir sind hier keine<br />
Albert ist ‘Edel-Drögeler’<br />
<strong>und</strong> tut alles<br />
für seine Sucht...!<br />
Richter - sich im Drogensumpf verlor<br />
<strong>und</strong> den Pfad heraus nicht findet<br />
oder gar nicht erst beschreiten<br />
will. Das grösste Dilemma des<br />
‘Edel-Drögelers’ (wie jedes anderen<br />
auch) ist nämlich nebst seinen<br />
ges<strong>und</strong>heitlichen Problemen, die<br />
ständige Geldnot. Die Droge kostet<br />
einfach zuviel Geld <strong>und</strong> wenn<br />
er Kokain schnupft, wird es schon<br />
sehr teuer. Darum ist er gezwungen,<br />
sich überall nach Geld umzusehen,<br />
zahlt die Miete nicht, keine<br />
Krankenkasse <strong>und</strong> keine Steuern.<br />
Dass nun aber seine bedauernswerte<br />
Frau Nina, eure Tochter, in<br />
einem Schwerstbehindertenheim<br />
Geld verdienen muss, damit etwas<br />
zum Beissen im Kühlschrank ist,<br />
steht für Schande pur. Hat sie doch<br />
nebst ihrem schuldenmachenden<br />
Mann zwei eigene Kinder zu ver-<br />
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sorgen! Das sind unhaltbare Gegebenheiten<br />
liebe Judith, <strong>und</strong> ich<br />
pflichte dir bei, sie müssen enden.<br />
Gretchenfrage: wie sollen sie sich<br />
ändern, aufgr<strong>und</strong> welchen Geschehens?<br />
Aha! Merkst du, worauf<br />
ich hinaus will? Ja, Albert ist<br />
in seiner unstillbaren Sucht der<br />
alleinige Urheber all des Kummers<br />
<strong>und</strong> Leids, das deiner Tochter<br />
Nina, ihren zwei Kindern, dir<br />
<strong>und</strong> allen anderen wiederfährt.<br />
Wer mir nun Grausamkeit gegen-<br />
ergreifen<br />
Wanderhirte<br />
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Auflösung <strong>Ausgabe</strong> Nr. 22<br />
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Gewinner/in KW 22<br />
Isabelle Rieker Verhülsdonk<br />
Lösungswort: NACKEN<br />
Charly Pichler<br />
Liebe Pressefreiheit<br />
Wie schaut es aus mit dir, liegst<br />
du schon in den letzten Zügen?<br />
Blickt man auf das von der Zürcher<br />
Staatsanwaltschaft eingeleitete<br />
Verfahren gegen die<br />
Schweizer «WELTWOCHE»,<br />
könnte man zu dem Schluss<br />
kommen. Vor dem Kadi sollen<br />
die Verantwortlichen des Blattes<br />
nach Willen der Strafklageerheber<br />
antraben, weil im Magazin<br />
zusammen mit dazugehörigem<br />
Bericht, das Cover-Bild<br />
eines Jungen gezeigt wird, der<br />
mit einer Pistole auf den Betrachter<br />
zielt. Bilddokumentiert<br />
wurde das Foto mit dem Legendentext:<br />
«Die Roma kommen -<br />
Raubzüge in die Schweiz!»<br />
Nun entziehe ich mich hier freiwillig<br />
der Annahme, ich spräche<br />
zu besagtem Weltwoche-Artikel<br />
aus berufenem M<strong>und</strong>e. Ich<br />
las ihn gar nicht. Was ich aber<br />
trotzdem nicht verstehe, mündet<br />
in hypothetischer Gr<strong>und</strong>satzfrage:<br />
«Hat die «WELTWO-<br />
CHE» die Tatsachen verändert,<br />
ihre Leserschaft absichtlich<br />
unwahr zum Schaden der<br />
Ethnie der Roma falsch informiert,<br />
ja oder nein?» Kann ihr<br />
solches Vorgehen schlüssig <strong>und</strong><br />
auf Basis empirischer Beweisführung<br />
nachgewiesen werden,<br />
soll sie einem gerechten Urteil<br />
entgegensehen müssen - keine<br />
Frage! Da steht aber auch noch<br />
der argumentative Kontrapunkt<br />
im Raum: Liegt im Gegenzug ihr<br />
einziges Vergehen darin, dass sie<br />
Tatsachengeschehen für die Betroffenen<br />
unangenehm deutlich<br />
benennt, soll sie unter Würdigung<br />
unserer (dahin serbelnden)<br />
Pressefreiheit, dies auch<br />
tun dürfen. Das Blatt schrieb<br />
u.a., die Roma seien aus mehreren<br />
europäischen Ländern ausgewiesen<br />
worden. Wahr? Ja. Wir<br />
schreiben, die Roma seien einer<br />
ständigen Diskriminierung ausgesetzt.<br />
Wahr? Ja. Wir fragen:<br />
wo liegt der Gr<strong>und</strong> für solch<br />
seltene Übereinstimmung im<br />
innereuropäischen Beschluss?<br />
Wir behaupten, das Gros aller<br />
Roma im Lande ist gesetzestreu.<br />
Aber gehören recht viele jener<br />
Minderjährigen, die vom grenznahen<br />
Frankreich her oder von<br />
Mailänder Roma-Lagern aus, zu<br />
uns ins Land kommen <strong>und</strong> bei<br />
Betteltouren <strong>und</strong> Einbrüchen<br />
von der Schweizer Polizei aufgegriffen<br />
werden, zur Ethnie der<br />
Roma oder sind die Protokolle<br />
ausstellenden Polizeibeamten<br />
allesamt hemmungslose Lügner<br />
<strong>und</strong> Rassisten? Der Leser entscheide<br />
selbst oder «Liebe Pressefreiheit<br />
- quo vadis?»<br />
E-Mail: pic@zehnder.ch