AA Tivoli Echo #06-1112 - Alemannia Aachen
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– die ersten anderthalb, zwei Jahre waren für uns<br />
sehr schwer, das war eine schlimme Zeit. Wenn<br />
der Anfang anders verlaufen wäre, hätten wir uns<br />
dort viel wohler gefühlt. Aber so ist das im Leben,<br />
man muss nach vorne schauen.<br />
Wenn man eine solche Reihe von Schicksalsschlägen<br />
und Negativerlebnissen mitmacht,<br />
wäre es völlig verständlich, irgendwann zu<br />
sagen: Es geht nicht mehr. Hattest du diesen<br />
Gedanken irgendwann mal?<br />
Ich bin oft morgens aufgewacht und habe gedacht:<br />
Jetzt musst du wieder den Tag mit dem Fitnesstrainer<br />
verbringen. Aber ich hatte ein Ziel vor<br />
Augen, und das lautete, wieder Fußball spielen<br />
zu können. Nach den ganzen Verletzungen bin ich<br />
jedes Mal wieder aufgestanden, und das ist mir<br />
jetzt auch wieder gelungen. Natürlich war letztes<br />
Jahr die schlimmste Zeit für mich. Aber ich hatte<br />
Ärzte und Physiotherapeuten, die mir wieder auf<br />
die Beine geholfen haben. Bei denen kann ich<br />
mich eigentlich nur bedanken.<br />
Mit welchem Gefühl hast du Sevilla verlassen?<br />
Man kann das schon Erleichterung nennen. Aber<br />
ich hätte mir einen schöneren Abgang gewünscht,<br />
als verletzt zu sein und meine Reha zu absolvieren.<br />
Nach all den Jahren hat nicht mal jemand<br />
vom Verein angerufen, um zu fragen, wie es mir<br />
geht. Aber im Fußball ist das wohl so, und ich habe<br />
daraus gelernt. Aber jetzt bin ich ja bei <strong>Alemannia</strong><br />
<strong>Aachen</strong>. Ich freue mich, dass ich hier einen Vertrag<br />
unterschreiben durfte und fühle mich wirklich<br />
sehr wohl.<br />
Du hast gesagt, allein in den Mannschaftsbus<br />
zu steigen und mit dem Team im Hotel zu sein,<br />
sei schon eine große Freude für dich. Ziehst du<br />
dich an den kleinen Dingen hoch?<br />
Man muss sich immer an den kleinen Sachen<br />
hochziehen. Ich finde, man muss diese kleinen<br />
Dinge des Lebens auch genießen können. Im<br />
Mannschaftsbus oder im Hotel erlebst du diese<br />
Gemeinschaft wieder, und das hatte ich in den<br />
letzten Jahren nur sehr selten. Mit den Kollegen<br />
Kaffee trinken, sich unterhalten, gemeinsam auf<br />
ein Spiel vorbereiten – das sind schöne Dinge,<br />
über die ich mich freue.<br />
Die Lage des Klubs ist kompliziert. Wie ist dein<br />
Blick auf die aktuelle sportliche Situation?<br />
In der ersten Woche, als ich noch im Probetraining<br />
war, habe ich mir noch nicht so viele Gedanken<br />
über die Situation der <strong>Alemannia</strong> gemacht. Mit der<br />
Vertragsunterschrift hat sich das dann geändert,<br />
man wird dann Teil der Mannschaft und bekommt<br />
die Dinge ganz anders mit. Wir sind Tabellenletzter,<br />
haben nur fünf Punkte und erst drei Tore erzielt.<br />
Ich will der Mannschaft helfen, da wieder rauszukommen.<br />
Ich denke, wir müssen uns nur auf<br />
uns selbst konzentrieren. Jeder Spieler muss in<br />
seinen Kopf einbrennen, dass wir 100 Prozent für<br />
den Verein geben müssen. Natürlich kann jeder<br />
von uns Spielern einen neuen Verein finden, falls<br />
wir absteigen sollten. Aber was ist mit dem Verein,<br />
was ist mit den Fans, was wird aus den Mitarbeitern<br />
auf der Geschäftsstelle, dem Zeugwart, dem<br />
Busfahrer? Das muss sich jeder Spieler vor Augen<br />
führen. Wir Spieler tragen eine Verantwortung für<br />
all diese Leute.<br />
Du hast jetzt fünf Spiele hinter dir. Wie ist dein<br />
Gefühl, wenn du auf dem Platz stehst? Merkst<br />
du, dass es Tag für Tag besser wird?<br />
Fitnessmäßig fühle ich mich sehr gut. Natürlich<br />
fehlt mir noch die Spielpraxis, aber die sammle<br />
ich ja gerade. Es ist ja klar, dass es einem immer<br />
leichter fällt, wenn auch die Mannschaft funktioniert.<br />
Dann blüht man einfach mehr auf, dann<br />
gelingt einem vielleicht mal ein super Pass. Aber<br />
wir sind Tabellenletzter, und jeder sieht, dass es<br />
spielerisch bei uns noch nicht so klappt. Dann<br />
muss man sich eben reinhängen und reinkämpfen.<br />
Das halten wir uns die ganze Zeit vor Augen, dass<br />
wir über den Einsatz wieder zu unserer Leistung<br />
finden müssen. Wenn wir das umsetzen, müssen<br />
wir keine Angst haben.<br />
Gegen Frankfurt gab es eine Szene, als du<br />
kurz nach deiner Einwechslung deinen Gegenspieler<br />
an der Eckfahne gestellt hast. Sofort<br />
ging ein Ruck durchs Publikum.<br />
Ich rede jetzt gar nicht von mir, sondern ganz allgemein:<br />
Wenn jeder Spieler immer an sein Maximum<br />
geht und jedem Ball hinterher läuft, dann stehen<br />
die Zuschauer hinter uns. In der Aktion gegen<br />
Frankfurt wollte ich einfach den Ball haben und<br />
meinen Gegner nicht aus der Situation herauslassen.<br />
Auch wenn wir mal in Rückstand liegen<br />
oder ein Spiel verlieren – wenn wir kämpfen,<br />
werden die Fans uns nicht böse sein. Aber wenn<br />
wir Halligalli spielen, dann sieht es schlecht aus.<br />
Der berühmte Schritt zurück war für dich ja<br />
ein Schritt nach vorne: Wieder Fußball spielen,<br />
wieder in Deutschland. Gibt es ein Ziel, das du<br />
noch im Kopf hast?<br />
Mein Ziel ist gesund zu bleiben, Woche für Woche<br />
hart zu trainieren und mit der Mannschaft Erfolg zu<br />
haben. Wenn ich das erreiche, brauche ich eigentlich<br />
nicht viel mehr. Das erste und wichtigste Ziel<br />
ist ganz klar: Wir müssen so schnell wie möglich<br />
wieder gewinnen!<br />
Interview<br />
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